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Anläßlich der Verleihung des Friedenspreises
des Deutschen Buchhandels an Yasar Kemal und der einschlägigen Laudatio
von Günter Grass, die an drei Stellen eine Minimalkritik gegen die
deutsche Politik enthielt und das patriotische Schamgefühl des
Schriftstellers bloßlegte, stellte die taz fest, welche Rolle die
Intellektuellen allgemein hierzulande spielen: Während sie in
Frankreich etwa eine Bewegung für die menschenwürdige Behandlung von
Immigranten initiieren, beschäftigen sie sich hierzulande - je
jünger, je lieber - mit sich selbst und der Kunst. Was die ehemals alternative Zeitung damit zu verstehen geben will, ist dank ihrer sonstigen realpolitischen Berichterstattungen logischerweise schleierhaft. Die Konstatierung des Unterschiedes wirft jedoch die Frage auf, wie das alles so passieren konnte mit den deutschen Intellektuellen - wie das erklärlich ist.
Wer also denkt, den Begriff deutsch individuell besetzen zu können, hat sich mächtig geschnitten. Eine Dehnbarkeit des Begriffes ist aus seiner entwicklungsgeschichtlichen Entstehung heraus schlicht unmöglich. Das Deutsch-Sein ist das Band, das alle umfängt, die sich ihrer eigenen sozialen Rechte in dieser Gesellschaft vergewissern wollen. Aus dieser konstruierten Zusammengehörigkeit erwächst letztlich jede politische Forderung, die das eigene Leben hierzulande materiell sichern soll. Spätestens an dem Punkt, wo ein merklicher Einschnitt in die Lebensqualität angenommen wird oder als Angstmotiv existiert, wird die nationale Zugehörigkeit zum Hauptkriterium. Der eigene Wohlstandschauvinismus macht es dann möglich, auf unbedingten Ausschluß des als anders und fremd empfundenen zu setzen. Eine antinationale Forderung nach Loslösung vom nationalen Wahn wird in der deutschen Linken, von allen anderen politischen Kategorien ganz zu schweigen, grundsätzlich abgewehrt. Das eigene Verhaftetsein am deutschen Paß, der als Ausweis der völkischen Zugehörigkeit dient, wird als Inkonsequenz auf die antinationale Sichtweise projiziert, in dem die Forderung erhoben wird, wenn man denn antinational sei, hätte man auch gefälligst den nationalen Paß abzugeben. Mit einer Leichtigkeit, die tief blicken läßt, wird dabei über das Subjekt der ersten Person hinweggegangen. Zu fordern, die Annehmlichkeiten, die der deutsche Paß bietet, freiwillig aufzugeben, ist doch wohl ein Blödsinn, der nur daher rühren kann, daß den deutschen Linken die nationale Zugehörigkeit irgendetwas wert zu sein scheint, was sie niemals bereit sind aufzugeben. Statt der Abkehr vom nationalen Bekenntnis, geht es gegen die, die das einfordern. So neigt man auch eher dazu, die Antinationalen aufzufordern, ins Flüchtlingslager zu ziehen oder in die eigenen vier Wände Flüchtlinge aufzunehmen, als die Forderung nach gleichem Lebensstandard für alle zu erheben. Würden sich diese Linken darüber im Klaren sein, wie sehr sie damit die nationale Logik verinnerlichen, das Ergebnis wäre nicht der Schiß auf die Nation, sondern die verstärkte Markierung des eigenen deutschen Reviers. Die Intellektuellen haben das genauso erkannt, wie alle anderen Deutschen. Günter Grass absolut eingeschlossen. |