Der Mann spielt eine herausragende Rolle in der
Geschichte der jamaikanischen Musik, steht seit über 40 Jahren auf der
Bühne und ist bereits zu Lebzeiten eine Legende.
Laurel Aitken wurde am 22. April 1927 (!!!) auf Kuba geboren und kam mit seinen
Eltern und fünf Geschwistern im Alter von 11 Jahren nach Jamaika. Neben
Calypso und der einheimischen Spielart Mento erfreuten sich in den 50ern vor
allem die etwas flotteren amerikanischen R&B-Nummern auf der Insel
großer Beliebtheit. Im Sound der frühen Stücke von Laurel ist
diese Affinität deutlich hörbar und ein durchgängiges
Markenzeichen seines Stiles geblieben, er hat den Boogie in den
Knochen. Noch bevor die Soundsystems von Coxsone und Duke Reid
berühmt wurden, hatte Laurel 1957 seine erste Platte aufgenommen. Er hat
nie für die Soundsystems gearbeitet, weil diese oftmals Aufnahmen
ausschließlich für die Dancehalls machten und die Stücke nur
dort gespielt wurden und nicht im Plattenhandel erhältlich waren - Laurel
wollte als Sänger bekannt werden. Der entscheidende Schritt dazu gelang
ihm, als er 1958 einen hochkarätigen Talentwettbewerb gewann, ein
typischer Weg für jamaikanische Nachwuchssänger. Als erster
Jamaikaner schaffte er 1959 den Sprung in die Charts der Nationalen
Radiogesellschaft JBC, die bis dahin von US-Musikern dominiert wurden. Die
Erfolgssingle Boogie In My Bones/Little Sheila stand zehn Wochen an der
Spitze der Hitliste.
1960 übersiedelte Laurel nach England. Einerseits spielten
künstlerische Ambitionen eine Rolle. Seit dem Ende der 40er Jahre gab es
in England eine wachsende westindische community, die an ihren
Hörgewohnheiten festhielt. Dadurch gab es eine beachtliche Nachfrage nach
jamaikanischer Musik und Live-Auftritten bekannter Interpreten. Andererseits
schienen die finanziellen Aussichten weitaus verheißungsvoller als auf
Jamaika, denn dort wurden zu dieser Zeit angesichts der Vielzahl begnadeter
Sänger, die vor den Studiotüren der bekannten Produzenten
buchstäblich Schlange standen, selbst erfolgreiche Leute mit
äußerst geringen Gagen abgespeist (wie in dem Film The Harder
They Come mit Jimmy Cliff zu sehen). Der Erfolg von Laurels Singles auf
Bluebeat, einem Sub-Label von Melodisc gewissermaßen
Vorreiter in Sachen Weltmusik war derart groß,
daß Ska in England eher unter dem Namen Bluebeat bekannt wurde! Aus der
Ära des Skinhead-Reggae am Ende der 60er stammen einige von Laurels
größten Hits wie Skinhead Train, Jesse James und
Landlords And Tenants (im Soundtrack von Absolute Beginners mit
David Bowie zu hören). In den 80ern spielte Laurel mit verschiedenen
Bands. Zunächst mit The Beat und später mit Potato 5; die
während der eineinhalbjährigen Zusammenarbeit entstandenen
Stücke Sally Brown und Sahara wurden vom New Musical Express
als pick of the week geführt. Danach wurde er meistens von der von
ihm selbst zusammengestellten Gruppe The Pressure Tenants begleitet, aber auch
u.a. von den Bad Manners und No Sports. Auf der Skasplash-Tour Ende 1996 stand
er nach vielen Jahren wieder mit den Skatalites auf einer Bühne und sang
auch ein Duett mit Doreen Schaffer.
Sicherlich dürfen wir von einem 70jährigen nicht die gleiche
Vitalität erwarten, wie von den Toasters oder Dr. Ring-Ding. Wer das
Konzert von Beginn an erleben will, sollte daher vorsichtshalber bis etwa halb
zehn im Laden sein. Selbst wenn der Sauerstoff inzwischen für nicht mehr
als eine gute Stunde ausreicht, hat während der zahlreichen Auftritte in
den vergangenen Jahren der Vortrag seiner größten Hits immer wieder
für gute Party-Stimmung gesorgt.
Nach dieser Tour will der Godfather kürzer treten, also ein Grund mehr
dabeizusein, zumal es bei den Gigs im Conne Island inzwischen eigentlich
selbstverständlich wieder ein musikalisches
Rahmenprogramm geben wird und demzufolge keine Veranlassung besteht,
sofort nach dem Konzert in die hoffentlich laue Mainacht zu entschwinden
es sei denn mit Eurem Sweetheart... Arne |