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Wenn man, wie ich, nicht unbedingt zu den innigsten Liebhabern der Szene-Zeitschrift gehört, weil einem die Themenbreite des Heftes zu diffus oder zumindestens falsch gewichtet scheint, weil die politischen Meinungen einiger Autoren den eigenen konträr sind oder einfach aus dem pragmatischem Grund, daß vieles, was im Klarofix thematisiert wird, woanders besser und fundierter steht, dann könnte man eventuell das Nichterscheinen der Publikation im Februar, mithin die Möglichkeit der endgültigen Einstellung des Projekts, mit abgeklärter Gelassenheit, ja mit selbstgerechter Ironie oder Häme kommentieren.Aber trotz allem Abstand ist nichts dergleichen angebracht. Das Klarofix ist einer der wenigen Bausteine linker Strukturen in dieser Stadt, und auch jenseits der Einschätzung des sächsischen Verfassungsschutzberichts des Jahres 1996, das Heft wäre das herausragende Organ zur Weitergabe autonomer Wertvorstellung, handelt es sich doch beim Klaro um sowas wie eine Instituition.Entstanden in Folge der Straßenschlacht vom November 92, entwickelte sich die Zeitschrift zwar nicht zum Sprachrohr, aber zu einem wichtigen, natürlich lückenhaften Spiegel der politischen Aktivitäten und Diskussionen linker Zusammenhänge in der Region. Das Heft veränderte sich, es wurde thematisch vielseitiger, äußerlich professioneller und vor allem, es wurde gekauft. Nimmt man den Verteiler der Zeitschrift, also die Möglichkeiten, die bestehen, das Klaro zu erwerben, als Maßstab, so expandierte es weit über seinen ursprünglichen Focus, dem Kiez, hinaus. Doch wie die ausgefallene Februar-Ausgabe zeigt, trog dieser Erfolg. Über die Gründe der Zäsur, die nicht, wie bei linken Zeitschriftenprojekten als erstes zu vermuten, ausschlaggebend externen Ursprungs (z.B. Finanzierungsprobleme, LeserInnenmangel, Repression) sind, gibt ein Faltblatt der MacherInnen des Klarofix Auskunft. Die mangelnde Motivation zur Weiterführung des Zeitschriftenprojekts wie bisher, ergibt sich demnach besonders daraus, einer arbeitsteiligen Produktionsweise nicht mehr zugunsten von kollektivem Handeln ausweichen zu können und dem Umstand, daß die Energie, welche von den ProduzentInnen in das Heft gesteckt wird, sich nicht in politischen Aktivitäten der LeserInnen wiederspiegelt. Selbst beim mehrmaligen Lesen, wird man aus dieser Erklärung nicht so richtig schlau, erscheint doch ersterer Aspekt weder besonders schlimm und zweiterer alles andere als neu. Dementsprechend überraschend wirken die Konsequenzen, die daraus abgeleitet werden. Was ist denn an einer arbeitsteiligen Herstellung eines Heftes verkehrt? Meint man wirklich die unterschiedlichen Interessenlagen und Vorlieben der am Klaro beteiligten Personen im Mikrokosmos der Kleingruppe aufheben zu können oder soll gar die marxsche Analyse der Arbeitsteilung als allgemeine Grundlage der Warenproduktion Ausgangspunkt für ein antikapitalistisches Mini-Experiment sein? Natürlich sind gemeinsame Diskussionen die Voraussetzung für ein Projekt wie das Klarofix. Sie müssen den Rahmen abstecken und Prioritäten setzen. Das Problem beim Klarofix dürfte in dieser Hinsicht sein, daß sich die MacherInnen nicht von ihrem Selbstbild einer per se politischen Kleingruppe zu lösen vermögen, in der das Politische sich aber nicht über eine bestimmte kritische Sichtweise oder über die Verankerung in Antifa/Antira-Zusammenhänge definiert, sondern als quasi-automatisches Ergebnis der kollektiven, halb-klandestinen Arbeitsweise, implizit dem selbstreformerischen Ansatz des richtigen Lebens im Falschen, angesehen wird. Dabei spricht der jetzige Aufbau des Heftes mit einem nur geringen Teil politischer Artikel in Eigenregie von Klarofix-Autoren, einer Vielzahl von Fremdbeiträgen und Dokumentationen und ein stetig wachsender Kulturteil, der die alternative Klientel und ihre Lebensstile bedient, für die Notwendigkeit einer solchen Reflexionsleistung. Die Differenzierung der Arbeits- und Bewußtseinsebenen innerhalb der Gruppe muß als Grundlage akzeptiert werden, will man weiterhin an der Zusammensetzung des Kollektivs, welches ja als konstituierend für das Klarofix gelten muß, festhalten. Gelänge es dann noch den wirklich politischen Bereich des Heftes festzuschreiben, hielte sich der vereinnahmende Angriff auf Kreuzer, Vergammelte Schriften, etc. in Grenzen und dem Klaro-Team gelänge vielleicht sogar, ein selbstgewähltes, dafür um so bezeichnenderes Manko zu beheben. Sie könnten ihrer Zeitschrift einen eingrenzenden Untertitel geben. Die Grenze zwischen alternativer Kultur und linksradikaler Politik zu ziehen, wäre auch eine Voraussetzung dafür, nicht an der Beobachtung kaputt zu gehen, daß es momentan keine großartigen politischen Bewegungen im linken Spektrum gibt. Die Gründe für linke Publizistik in einer nach rechts gerückten Gesellschaft sind, herauszufinden, was ist und warum dies so ist. Darüber sollte weiterhin geschrieben oder eben im Falle des Klarofix oft nur abgedruckt werden. Wen dies interessiert, ist, zumahl, wenn sich das Heft durch die Ökonomie der Selbstausbeutung am Leben erhält, erstmal sekundär. Es sei denn, man möchte immer noch das Pferd von hinten aufzäumen. In diesem Sinne ist die jetzige Erkenntnis des Klarofix, daß sich nicht herbeischreiben läßt, was nun mal nicht ist, als analytischer Erfolg zu werten. ulle |