Tätliche Angriffe auf Ausländer, brennende Asylbeweberheime, Tote an der hochgerüsteten
Ost-Grenze Deutschlands sowie in den Selbstmord getriebene Flüchtlinge in hiesigen Abschiebeknästen gehören zum Alltag in diesem Land.
Der institutionelle Rassismus, abgesichert durch die Änderung des Asylrechtsparagraphen im
Grundgesetz, korrespondiert dabei mit medialen Hetzkampagnen, welche Nicht-Deutsche an Hand ethnischer
Zuschreibungen kriminalisiert und regelmäßig das Jagdfieber auf diese anheizt. Die Grundlage für politisch institutionalisierten und medial
verbreiteten Rassismus bildet die wachsame Volksgemeinschaft, welche, sieht sie sich in ihren
Ressentiments und Einstellungen nicht ausreichend vertreten, immer wieder gern zum Brandsatz oder anderen Methoden des neu-deutschen Plebiszits greift. Linke
Initiativen, die dieser gesellschaftlichen Realität etwas entgegensetzen wollen, können kaum
mehr als die Folgen für die Betroffenen mindern, die fortschreitende Entwicklung dokumentieren und in punktuellen Kampagnen diese kritisieren, oder fü
r einen bestimmtem Raum deren exzessivsten Erscheinungen bekämpfen. Doch ist man selbst mit
diesem begrenzten Aufgabenbereich überfordert, denn die damit verbundenen politischen Intentionen richten sich nun mal gegen den breiten Mainstream der
bundesrepublikanischen Bevölkerung. Die relative Ohnmächtigkeit liegt aber nicht zuletzt
auch daran, daß eine Vielzahl derer, die sich als durch und durch antirassistisch einschätzen, sich mit Vorliebe in linken subkulturellen Zusammenh&
auml;ngen wohlfühlen, daraus keineswegs die Konsequenz ableiten, eine der wenigen Gruppen, die in
diesem Bereich tätig sind, zu unterstützen, vielmehr im Bewußtsein ihres guten Gewissens den kleinen Rassismus, entweder im
Sinne des Allgemeinplatzes Wer schweigt, stimmt zu oder direkter, zum Beispiel speziell
hier in Leipzig durch den Besuch einer Location, in welcher das Publikum mit Hilfe solcher Kriterien wie Hautfarbe aussortiert wird, affirmieren.
Im Namen des Volkes: Kein Problem mehr für unsere Kulturstätten.
Es ist dem KlaroFix (1/96) und dem Kreuzer (3/96) zu verdanken, die ausländerfeindliche
Einlaßpolitik am Beispiel der Etablisements You Too und Moritzbastei (mb) in
einem größeren Rahmen thematisiert zu haben, wobei beide Publikationen einen Aspekt vergaßen. Ein nicht geringer Teil der eigenen Leserschaft
dürfte zum Stammpublikum zumindest der mb gehören, also zu den Personen, die ohne eine Spur
von Schuldbewußtsein oder der hierzulande so beliebten Betroffenheit die Maßnahmen solcher Clubs sanktionieren. Weil dies so ist
und ebenfalls eine ganze Menge der mb-Besucher mit der gleichen Selbstverständlichkeit im Conne
Island verkehren dürften - ganz davon abgesehen daß im Studentenclub aufgrund des dort vermuteten Potentials des öfteren für C.I.-
Veranstaltungen geworben wird - soll die Problematik hier noch mal aufgekocht werden -
wenigstens mit dem Ziel, daß sich die Verteidigung der individuellen Entscheidung über die Wahl des favorisierten Veranstatungsortes nicht mehr mit
Das hab ich doch nicht gewußt. legitimieren läßt.
Abschiebeknast: for foreigners only. Baustellen: for krauts only.
Ich gebe ja zu, daß unsere Einlasser nicht immer diplomatisch vorgehen, aber die Ausweiskontrolle ist die einzige Möglichkeit, die Probleme, die wir immer wieder mit randalierenden und
dealenden Ausländern haben, in den Griff zu kriegen. So die Worte des mb-Chefs Rüdiger Pusch im Kreuzer-Interview. Und weiter:
Komischerweise habe ich noch nie einen Ausländer bei einer
programmatischen Veranstaltung gesehen. Die kommen nur mittwochs und samstags
zur Disko. Ihre einzige Motivation sind Frauen und klauen. Ja so isser
der Ausländer - potentiell gefährlich, nur auf Randale, Diebstahl
und, da die anständige deutsche Frau von ihm eh nichts wissen will, auf
Vergewaltigung aus und dann auch noch das programmatische (=
integrative?) Angebot ignorieren. Und das, was der mb-Chef zur Begründung
der Praxis der Ausweiskontrollen anführt, welche natürlich nur
diejenigen trifft, die der Einlaß aufgrund äußerlicher
Merkmale nicht seiner eigenen Sippe zuordnen kann, und die zur Folge hat,
daß Asylbewerbern der Eintritt verwehrt wird, unterscheidet sich kaum von
den rassistischen Stereotypen, welche die große Masse der Medien meist
mit Rückgriff auf unseriöse Statistiken der Polizei zur Untermauerung
der deutschen Flüchtlings- und Ausländerpolitik gebrauchen. Dabei ist
es nicht erst seit der im vorigen Jahr veröffentlichten Studie des
Kriminologischen Forschungsinstituts Köln klar, daß die Behauptung,
Ausländer begingen mehr Straftaten als Deutsche durch amtliche Statistiken
nicht bewiesen und auch gar nicht beweisbar ist. Sie berücksichtigen weder
die sozioökonomischen Unterschiede zwischen deutscher und nicht-deutscher
Bevölkerung, noch verweisen sie darauf, daß sogenannte
ausländertypische Delikte, wie z.B. ein Verstoß gegen
das Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können.
Mit der Konstruierung der Drittstaatenregelung und der
sicheren Herkunftsländer im Zuge der faktischen
Außerkraftsetzung des Asylrechtsparagraphen ist somit jeder
Grenzübertritt von Flüchtlingen ein Verstoß gegen das Gesetz.
Ebenso ist bei einem nur geduldeten Aufenthaltsstatus schon das Verlassen des
von den Ausländerbehörden zugewiesenen Lebensraums, der sich auf ein
Bundesland beschränkt, eine kriminelle Handlung. Doch wie man sieht,
erfüllen die Statistiken trotzdem ihren Zweck, sie steigern die
rassistische Einbildungskraft und werden Personengruppen einmal als Bedrohung
wahrgenommen, steigt die Bereitschaft, deren Mitglieder auch
anzuzeigen, sie generell als die Schuldigen für alle Übel zu
bezichtigen, was sich wiederum in den folgenden polizeilichen Erhebungen
wiederspiegelt, in denen oft Beschuldigten-Daten mit rechtskräftigen
Verurteilungen vermischt werden. Besonders praktisch wirksam sind die
Feindbilder im Zusammenhang mit dem Empfinden der Bevölkerung und der
einzige tendenzielle Unterschied der hierbei auffällt, begrenzt sich auf
die wechselseitigen Schuldzuweisungen gegenüber
Asylbetrügern, Schwarzarbeitern,
rumänischen Tresorknackerbanden, gewaltätigen
Kurden oder schwarzen, dunkelhäutigen,
kaum deutsch sprechenden, aus dem Balkan stammenden
Kriminellen. Und in diesem Zusammenhang erfüllen die Argumente des
mb-Verantwortlichen ihre eigentliche Bedeutung. Sie stehen für eine
spezielle Art der Umsetzung des allgegenwertigen Rassismus.
Innenminister Kanther: Dies ist kein Einwanderungsland.
Der Versuch, gerade diesem Vorwurf auszuweichen, in dem
auf noch offensichtliche Rassismen, konkret auf andere Clubs verwiesen wird,
wie z.B. die Rockfabrik, welche prinzipiell Ausländern den Einlaß
verwehrt und deswegen auch nicht ständig zu hören (bekomme),
sie seien ausländerfeindlich oder der Rat für
ausländische Studenten an der Universität Leipzig, der sogar
noch viel rabiatere Maßnahmen gegen straffällige Ausländer
vorgeschlagen hätte, zur eigenen Rehabilitation herangezogen wird,
offenbart nur um so deutlicher den begrenzten Horizont, bis zu dem hier gedacht
wird. Warum beweist man die eigene Liberalität und Toleranz nicht gleich
im Vergleich mit offiziellen Fascho-Treffs, und legitimiert die eigenen
restriktiven Maßnahmen mit Verweis auf die humanere Wirkung
gegenüber Brandanschlägen. Auf die Idee zu kommen, mit besserem
Beispiel voranzugehen, egalitäre Einlaßpolitik zu praktizieren,
antirassistische (programmatische) Veranstaltungen zu organisieren,
die Beschuldigten in erster Linie als Opfer der gesellschaftlichen
Zustände zu begreifen und mit ihnen zusammen gegen diese anzugehen, ist
bei solchen Äußerungen wahrlich zu viel verlangt.
ulle
Mensch und Barbar
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