Angekündigt als Abend für low-Fi und
Homerecording-Freunde. Geht das überhaupt? Ralf über den Zusammenhang
von Tocotronic, Beck, Uni, WG-Zimmer, Club, Generation X und diesen beiden
Gruppen.
Es ist inzwischen fast vier Jahre her, daß aus San
Francisco ein zusammengeschustertes Ding namens Neo-Folk via Sampler (Hit
Me With A Flower) die Post-Punk und HC Welt endgültig ad acta legen
sollte; zumal Seattlesche Auswüchse durch die fettigen Haare die
Kreativitätsporen einer ganzen Männergilde verstopften. Das Maskuline
verlor seinen Reiz mit zunehmender Ablösung einer Dominanz durch die
andere (Post HC zu Grunge).
So verband sich die Gender-Diskussion, mit der erweiterten Zuordnung des
Backlash, mit jenen Rockgefilden, die auch Ausnahmen wie HENRY ROLLINS nicht
gelten lassen konnten, da beispielsweise sein MTV-Schaden ein expandiertes
Machobild verursachte.
Nach dem Neo-Folk Flop beschleunigte sich der Rückzug ins Private. Low-Fi
und Homerecording wurden zu subalternen Größen, deren Perspektiven
in einem Indie-Surrogat zu liegen schienen. Mit BECK war diese Zukunft
passé. Das Image der permanent gescheiterten Existenz koppelte sich vom
intellektuellen Underdog-Dasein ab. Low-fi wurde der heimliche Soundtrack zur
Generation X - Lüge. Offiziell war es Grunge.
Erklärbar wird auch nur so die Popularität von TOCOTRONIC in hiesigen
Breiten. Trotz der Verdrängung des intellektualisierten Rahmens gilt
Homerecording als Schanier zwischen Uni, WG-Zimmer(!) und Club.
Die MOUNTAIN GOATS sind mehr low- als anti-fi, vermutlich auch
anti-fa (GOAR-Fanzine), was auch den Ausschlag für die Einladung von
SEBADOH und CHRIS KNOX gegeben haben mag. Trotz hörbarer
Einflüsse verschiedenster Genre-Helden (zwischen KNOX und BOB DYLAN) sind
die wahren Bezugspunkte VAN MORRISON, NICK CAVE und GARY NUMAN (SPEX).
Als hätten wirs vermutet, liegt das Songwriting eher im New
Wave-Schatten, denn im Beatnik-Exzess. Dort also, wo auch THE CAKEKITCHEN
desöfteren hingepackt werden. Ergänzt natürlich durch den
obligatorischen Akzent der Eigenständigkeit. (Sei hier
bei dem einen oder anderen Titel eine gewisse Nähe zu JOYDIVISION oder
WIRE unterstellt, so bleibt es letzten Endes doch immer CAKEKITCHEN. -
westfälische nachrichten)
CAKEKITCHEN sind, genauer betrachtet, die Essenz der musikalischen Erfahrungen
des Neuseeländers Graeme Jefferies, dessen Werdegang über die
Spät-Punk/New Wave-Band NOCTURNAL PROJECTIONS, die Wegbereiter der
neuseeländischen Szene- die kreativste, innovativste Band, die
Neuseeland je hervorgebracht hat (Info) - THIS KIND OF PUNISHMENT, heute
ausschließlich bei sich selbst angekommen ist.
The Cakekitchen: Uneingeweihten ist dies Band als eine Mischung aus
Velvet Underground und Talk Talk zu beschreiben - der Effekt des Zurückgeworfenseins
auf Erklärungsmuster.
Unterstützung erfährt Graeme Jefferies auf seiner aktuellen Tour
durch Markus Acher von THE NOTWIST am Schlagzeug.
Uneingeweihten diese Band als eine Mischung aus VELVET UNDERGROUND und
TALK TALK zu beschreiben (GOAR-Fanzine), ist der Effekt des
Zurückgeworfenseins auf Erklärungsmuster für eine Musik, die
zu melancholisch und stellenweise zu düster daherkommt.
Könnte man meinen, setzte der Maßstab nicht da an, wo zeitlos
großartige Musik keine klinischen 32-Spur Aufnahmen braucht. So
macht der Verweis auf 39 CLOCKS das Kraut(!?) auch nur abschließend
fett.
Dem Umstand, daß low-fi und Homerecording nicht annähernd
öffentlich(!) existieren können, ist es zu verdanken, zwei
herausragende Acts live zu erleben, deren Selbstverliebtheit Ausgangspunkt der
Mitteilung eines hohen musikalischen Niveaus ist - knorzig und zum
Anfassen nahe (ZAP).
Ralf |