the sicken-diabolical scenario:
Der Einschlag des Kometen RAGNARÖK hatte die Welt zum
Angenehmen verändert. Überall errichteten die Gwaraner Sammelstellen
für ihre human race-Kabinetts, und wer von den wenigen outsidern das
Inferno überlebt hatte, der brauchte sich um seinen Lebensunterhalt keine
Gedanken mehr zu machen. Für ein paar lächerliche abgerissene
Gliedmaßen oder eine Schüssel Eingeweide bekam man genug für
den nächsten Drogenexzess zusammen und mit ein bißchen Mühe
ließ sich sogar ne ganze Menge verdienen, denn für besonders gut
erhaltene Kadaver oder gar lebende Exemplare ausgewiesener Gutmenschen wurde
hervoragend bezahlt.
Abends besuchte man einen der zahlreichen human rights-parks, sah das eine oder
andere menschliche Teil in künstlerische Installationen integriert wieder,
oder bekam es kulinarisch veredelt als Mac Humanburger zurück. Den Rest
der Kohle gab man für eine gute Show aus. Wer nicht auf Affenpornos stand,
wählte sich einen Führer - Saddam oder Joseph waren meist schon
belegt, aber Milosovicz oder Karadicz tatens auch - und bewunderte unter ihrer
Anleitung die ausgesuchtesten Qualen, die das jüngste Gericht der Gwaraner
für hervorragende Vertreter menschlicher Moral und Gewissens
auserwählt hatte.
Nichts für sanfte Gemüter, aber wer hat das schon, wenn man sich von
Leichenfledderei ernährt. Mit der berechtigten Schadenfreude, die einem
als Überlebenden zusteht, beobachtet man - wie eine Horde halbverfaulter
Embryos Jagd auf die Geschlechtsteile nordamerikanischer Abtreibungsgegner
macht, um diese mit einem Kraftakt, den man den kleinen Wabbelpuddingen gar
nicht zugetraut hätte, vom Rest des Körpers zu entfernen und die
damit sinnentleerte Beute, einfach hinter sich zu werfen - wie eine ekelhaft
nackte Mutter Theresa mit einem ebenso ekelhaften Papst zum Safer-Sex gezwungen
werden - wie in einem riesigen Aquarium Jack Costeau und Thilo Bode an Bord
einer zum Walfangschiff umgerüsteten Rainbow Warrior den
bedrohten Meeressäugern hinterherhetzen, und jedes mal, wenn sie wieder
absichtlich daneben geschossen haben, in dem durch eine plötzliche
Explosion sinkenden Schiff, einen qualvollen Erstickungstod sterben - wie die
Mitglieder des letzten deutschen Bundestages, zusammengefercht auf einem
Fußballstadion, eine Hand an den Rücken genagelt, in der anderen
eine stumpfe Rasierklinge, versuchen, sich gegenseitig Hakenkreuze auf die
Stirn zu ritzen (die durch dieses Spektakel anfallenden, in Pfützen
aufeinandertreffenden Blutüberschüsse, nutzen niedliche afrikanische
Wasserbauchkinder, um darauf ihre als MS Care oder MS
Schengen getauften Papierschiffchen gegeneinander kämpfen zu lassen)
- wie in einem mit Satanskreuzen und Pentagrammen behangenem Schulzimmer eine
Gruppe bayrischer Nächstliebender an Hand einer aufblasbaren, mit einem
überdimensionalen Steifen versehenen, Christuspuppe, das 1x1 schwulen
Geschlechtsverkehrs erlernen - wie eine als Cowboys verkleidete, berittene
Abordnung nordamerikanischer Präsidenten als Indianer verkleideten,
deutschen Touristen nachstellt, und nach deren schicksalshaftem Ende von einer
Armee kolumbianischer und zapatistischer Drogenbosse, begleitet von den Worten:
America must be destroyed, selbst erschossen zu werden ...
Genug von solchen oder ähnlichen Amüsements, zieht man sich
vielleicht noch ein paar Life-Hinrichtungen von merklich verwirrten
Todesstrafen-Protagonisten rein und dann verschwindet man wieder in eine der
unendlichen Nischen der verwahrlosten Geisterstädte, im sicheren Glauben
auch noch am nächsten Tag genügend Material zur Befriedigung seiner
Grundbedürfnisse auftreiben zu können.
The legent:
Vor Millionen von Jahren wütete eine Horde von Space-Piraten durch die
Galaxien, genannt: The Scumdogs of the universe. Wegen
Unstimmigkeiten mit ihrem Chef wurden einige von ihnen auf den Planeten Erde
verbannt. Hier beseitigten sie erst mal die Dinosaurier, konnten sich aber
ihres jetzt herausragenden Daseins nicht lange erfreuen - beim Experimentieren
mit irgendwelchen prehistorischen Affen, züchteten sie die menschliche
Spezies. Diese zwang sie dann später zum Abtauchen für einige
Jahrhunderte in der Antarktis und die Reinkarnation gelang nur in Form einer -
trotz allen Sendungsbewußtseins - mittelmäßigen Rockband -
GWAR.
Mittels metaphysicher Überkräfte kontaktete man mit den im Universum
herumstreifenden Artverwandten, die ihnen aufgrund der erdlichen
Realitäten verziehen und den Gefallen taten RAGNARÖK auf
den Weg zu schicken, um das madige Dasein der Menschen auf dieser Welt zu
beenden, und dabei vor allem die sentimentalen, schleimigen
Bewußtseins-Betroffenheits-Penner gehörig abzustrafen.
Das Conne Island Szenario:
Schon am frühen Abend bewegen sich erste Gruppen Bierdosen schwenkender
und nur in Moll kommunizierender Freaks in Richtung Veranstaltungsort. Die
äußerlichen Codes sind seit Jahren die selben geblieben und
begrüßt wird sich durch unspezifischen mündlichen Gebrauch
spezifischer Geschlechtsorganteile (Na du Sack! Na du Votze!). Die
Leute, die kommen, wissen, was sie erwartet. Dementsprechend wurde nicht die
beste Stretch-Jeans und auch nicht das neueste Napalm Death-Shirt angezogen.
Besonders clevere, meist jüngere Enthusiasten, tragen strahlend
weiße Shirts, sie sparen die sonst üblichen Kosten für den
Merchandise und erhalten ihr persönliches GWAR-Souvenir zum Eintritt
inklusive. Einzige Bedingung: Das Abhotten oder nur der pure Aufenthalt in den
ersten Reihen vor der Bühne. Die anderen stürzen zu dem besagten
Stand, decken sich mit ekelhaft bunten XL-Größen ein, die die
visuellen Vorteile einer Stretch erst unter den Kniekehlen
freigeben, schaffen die ganze Ladung in ihre Karossen, kehren zurück,
nehmen drei bis vier Bier und sind bereit. Bereit für eine im Backstage
total ruhige Band, die den Gebrauch des Wortes thanks nicht
unterschätzt, sich gehörig vollgefressen und ausgeschlafen hat und
sich völlig unscheinbar durch die Räume bewegt, die aber
spätestens auf der Bühne von allgemein als Menschen bezeichneten
Individuen zu Oderus Urungus (Voc.), Balsac-Jaws of Death (Guitar), Flattus
Maximum (Guitar), Jizmate Da Gusha (Drums), Beefcate the Mighty (Bass) +
einigem Zubehör, d.h. GWAR mutiert. Sie beginnen ihre Show.
Musikalisch ein bißchen Rock, ein bißchen Heavy Metal mit
Transzendenz zu Trash und Speed, nur selten schnell, hart, geschweige denn
besonders laut - eher uninteressant. Im Gegensatz zu den reichhaltigen
Arrangements verschiedenster Verkleidungen, Monsterimitationen und
Splattereffekten, welche die Grundlage für das auf der Bühne
abgehende Schlachtgeschehen sind. Mittels monstöser Plastewaffen und
anderer Stimulatoren wird fast jede Kreation zur Freigabe künstlich
blutig-eitrig-spermiger Flüssigkeiten gezwungen - einige Fans toben
hingerissen, einige schmunzeln. Der Saal wird innerhalb weniger Augenblicke
ziemlich versaut und nur vorher ausgelegte Folie verhindert schlimmeres.
Nach zwei Stunden GWAR sind alle Beteiligten erschöpft, die Show endet
kurz vor der langen Weile in einem flüssigkeitsintensiven Finale, in der
gegen die letzen Regeln des guten Geschmacks verstoßen wird. Die Besucher
ziehen größtenteils begeistert von dannen, vom Anspruch der Band den
amerikanischen Lebenstraum (und jeweilige, genauso moralisch legitimierte,
regionale Ableger) zu pervertieren, haben nur wenige etwas mitgekriegt. Das
nächste Mal höchstwahrscheinlich das gleiche Spiel, sollte bis dahin
nicht der den Mainstream erobernde Splatter-und Horrorboom solche
Veranstaltungen, auch für auf diesen Stoff gewohnheitsmäßig
stehende Metaller, uninteressant gemacht haben. ulle |