home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt
[148][<<][>>]

Cyber-Report, 1.7k

Auf der Suche nach Wahrheit…

www.memri.org

In den Debatten um den Nahost Konflikt wird immer wieder memri.org als Quellenangabe genannt. Grund genug, die Seite des Middle East Media Research Institute (MEMRI) einmal näher zu inspizieren. Die seit 1998 existierende non-profit Organisation aus Washington, die dem Anspruch folgt, die arabische Welt mittels ihrer Medien zu analysieren, wertet etwa 50 Satellitensender und 70 der wichtigsten Zeitungen in arabischer und persischer Sprache aus und übersetzt Wichtiges in hauptsächlich englische Artikel, die alle frei zugänglich sind. Dadurch soll eine Überwindung der Sprachbarriere, die dem Verständnis der arabischen Welt entgegensteht, geleistet und somit eine Auseinandersetzung mit vorherrschenden Meinungen und Wahrnehmungen möglich werden. Die Medienbeobachtung richtet sich hauptsächlich auf Polizeidiensthundführerschulenschild in Brandenburg, 15.8k die islamistischen und antisemitischen Positionen, wobei sie sich mehr auf allgemein gesellschaftliche Tendenzen als auf tagespolitische Neuigkeiten fokussiert. Zudem greift man Friedens- und Menschenrechtsfragen auf, in dem man den Artikeln von oppositionellen und kritischen Kräften überproportional viel Geltung verschafft. Die Übersetzungen und Interpretationen arabischer und persischer Medien aber auch zum Teil Analysen eigener Autoren werden thematisch unter den verschiedenen Kategorien wie beispielsweise „Jihad und Terrorismus“, „USA und Naher Osten“, „Reformen in arabischer und muslimischer Welt“ oder im „Dokumentationszentrum Antisemitismus“ zusammengefasst. Diese sind analog dazu auch nach Ländern sortiert.
MEMRI leistete bis letztes Jahr auch ihr Service auf Deutsch - inklusive eines Büros in Berlin. Als aus finanziellen Gründen diese Dependance geschlossen werden musste, gab es Stimmen, die ihre Freude nicht verbergen konnten. Die Kritiker verweisen immer wieder darauf, dass der Gründer der Organisation Yigal Carmon in den 70er und 80er Jahren die leitende Position der Zivilverwaltung im Westjordanland inne hatte und dem Israelischen Geheimdienst Mossad angehört. Vorurteilsbeladen tritt dann die reduzierte Beschuldigung zutage, Israeli oder rechtsradikaler Zionist zu sein, der die Araber vertreiben will.(1)
In anderen Vorwürfen wurde MEMRI angelastet, den israelisch-palästinischen Konflikt bewusst anzuheizen und das Bild von der arabischen Welt propagandistisch negativ beeinflussen zu wollen, in dem es vorwiegend extremistische Positionen übersetzt. Auch wenn es sich bei dem amerikanischen Institut um einen konservativen Think Tank mit gezielter Lobbypolitik handelt, wird oft vergessen, dass MEMRI keinen ausgewogenen Pressespiegel intendiert, sondern versucht, spezielle Informationen zugänglich und vor allem verständlich zu machen, die sonst für eine Analyse nicht zur Verfügung stehen würden.

Jeder Konflikt vermittelt sich über die Medien und filtert sich in seiner Berichterstattung durch die vorherrschenden Wahrnehmungsmuster, dementsprechend kann auch eine Informationsdienstleistung dieser Art nicht neutral sein. Über die Intentionen und politischen Standpunkte, die hinter einem solchen Projekt stehen, kann nur gemutmaßt werden. Dabei muss beachtet werden, dass die Deutung des Nahost-Konfliktes und die Wahrnehmung der arabischen Welt von Land zu Land anders strukturiert sind. In Deutschland bietet die Webseite auf alle Fälle eine kritische Abwechslung zur sonstigen Nahost-Berichterstattung.

Während der Debatten um die Mohammed Karikaturen, die zu großer Empörung und Aufruhr in den arabischen Ländern führten, wies MEMRI immer wieder auf die Rolle der Medien vor Ort hin.(2) Diese hatten durch ihre Artikel und Darstellungen zur Eskalation des Konfliktes beigetragen. Stimmen der Besonnenheit konnte man nur selten und vor allem erst nach den Ausschreitungen finden. In diesem Zuge veröffentlichte MEMRI auf ihrer Webseite zahlreiche antisemitische Karikaturen und Propagandavideos aus arabischen Zeitungen und Fernsehen, die ohne juristische oder sonstige Konsequenzen regelmäßig in der Presse auftauchten. Ein veröffentlichtes Kinderbuch der Hamas stellt ein anderes Dokumentationsbeispiel dar. Aus den dokumentierten Bildern geht eindeutig die Verherrlichung von Gewalt und Jihad hervor. Mit solch einer Berichterstattung kann vielleicht ansatzweise der Verharmlosung der Hamas und der Ignoranz gegenüber den existierenden Hassfantasien entgegengewirkt werden.

Auch wenn man sich eigentlich über die Hintergrundinformationen freuen sollte, so muss doch bezweifelt werden, dass MEMRI mit seinem aufklärerischen Anspruch viel erreichen wird. Denn wie MEMRI Berlin in ihrer Selbsteinschätzung zugibt, verhält sich die Realität anpassungsfähig. Jedes Medium benutzt jene Quelle, die sich adäquat zu seinen eigenen Vorstellungen und Interpretationen vom Konflikt verhält. Zeitungen wie die TAZ bringen dann gerne Interviews mit gemäßigten Palästinensern heraus, während die konservative Presse mit den Quellen die Gefahr des Islamismus belegen will.(3) Trotz des Wissens um die Festigkeit von Ressentiments und Ideologie, die sich schwerlich durch Gegenbeispiele aufweichen lassen, ist es bedauernswert, dass die deutsche Ausgabe von MEMRI nicht mehr abzurufen ist. Eine Kraft weniger, die Antisemitismus als Gefahr wahrnimmt und emanzipatorische Kräfte unterstützt.

Wer sich dennoch die Mühe macht, die englischen oder spanischen Texte zu lesen, wird mit Informationen belohnt, die noch nicht im journalistischen Einheitsbrei verloren gegangen sind. Oder wusste schon jemand etwas über die Metal-Szene in Teheran?

Barbara Hauck

Anmerkungen

(1) www.dradio.de/dlf/sendungen/marktundmedien/528609/

(2) www.tagesschau.de/ausland/meldung133958.html

(3) www.d-a-s-h.org/dossier/07/17_MEMRI.html

home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt |
[148][<<][>>][top]

last modified: 22.10.2007