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Das Erste: Die Mobilisierung des Ressentiments. | ||
Leider muss man diese Fragen mit einem klaren Nein beantworten. Für den 02.02. lud die Rote Hilfe zu einer Informationsveranstaltung ins LinXXnet. Der Text des werbenden Plakats verriet Ort und Datum, sowie Zweck des Treffens: „G8 Treffen 2007 in Deutschland“. Für das unterlegte Bildmotiv hatte man sich etwas ganz besonderes ausgedacht. Charlie Chaplin als der große Diktator, in seiner Hand die Weltkugel. In diesem Motiv findet sich so ziemlich alles versammelt, was man der Antiglobalisierungsbewegung je vorwerfen konnte. Dröseln wir die Bedeutungsebenen der Reihe nach auf: Man sieht Hitler in Uniform, wie er die Welt beherrschen will. Da Hitler wohl kaum auf dem G8 Gipfel anweisend sein wird, sind es wohl die acht wirtschaftsstärksten Nationen der Welt, die in den Augen der Plakatmacher hier die Rolle Hitlers spielen werden. Intendiert ist letztlich eine Bush-Hitler-Gleichsetzung, ein beliebtes Motiv deutscher Vergangenheitsbewältigung. Die eigene deutsche Tradition wird exkulpiert, indem man zu verstehen gibt: Die anderen sind genauso schlimm. Damit wird zum einen der Holocaust verharmlost und zum zweiten die Rolle der USA bzw. der „führenden“ Nationen wahnhaft verkannt. Mobilisiert wird also zu einer Veranstaltung in Leipzig von einer linksradikalen Gruppe mit Unterstützung der PDS unter Aufbietung finsterster Vergleiche, die keinen Realitätsbezug mehr haben, sondern lediglich die vorhandenen Ressentiments eines sich als linksradikal bezeichnenden identitären Mobs mobilisieren. Das Motiv der beherrschten Welt und der manipulierten Weltkugel hat zudem eine lange, lange Tradition. Im wesentlichen ist diese antisemitisch. Wer wissen möchte, wie diese Karikaturen aussehen, soll sich arabische Zeitungen kaufen oder ins Internet gehen. So weit wie ihre islamischen Brüder und Schwestern sind unsere GlobalisierungskritikerInnen aber noch nicht, man begnügt sich mit der Dämonisierung der G8, die die Welt mit ihren Machenschaften in den Ruin treiben wöllten. Vielleicht haben unsere GlobaliserungskritikerInnen das aber auch alles nicht so gemeint. Schließlich ist ja nicht Hitler zu sehen, sondern Chaplin, die perfiden Bedeutungen sind popkulturell gebrochen. Mit der Zitation des Films entschuldigt man sich quasi für seine Meinung. Der Vernichtungsdrohung, die hinter der Bedeutung des Bildes steht, verliert so ein Stück weit an Schärfe. Diese Distanz ist das Fünkchen Rationalität, was im Bild noch zum Ausdruck kommt. Bleibt zu hoffen, dass nicht auch dieses noch verlöscht. Michael Reich |