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Im aufblühenden Zeitalter
des Chicagoer Modells


Trans Am (Thrill Jockey Rec./Washington D.C.),
Jeans Team (Kitty Yo/BLN)
      „Wenn amerikanische Bands ihr berechtigtes Anliegen gegen die USA vortragen, ist das keine Berechtigung für deutsche AntiamerikanistInnen, diese Bands als Legitimation für ihre Argumentation zu verwursteln, da der deutsche Kontext immer mitgedacht werden muss.“
      (aus „NO VOLKSMUSIK! NO ANTIAMERIKANISMUS!“, Conne Island Plenum 14.04.2003)


TRANS AM, 48.9k

TRANS AM aus WASHINGTON D.C. haben mit ihrem siebten Album „LIBERATION“ ein Album ausgekoppelt, dass nicht nur dem Namen zufolge den Focus auf die Situation nach dem 11.09 richtet. Ein Focus, der allerdings nicht als Ergebnis jene unkritischen plumpen Antworten parat zu haben scheint, wie wir es derzeit von zumeist deutschen ProtagonistInnen um die Ohren geschmissen bekommen. Vielmehr klingt das ganze nach einer Art beklemmenden Milieustudie über die derzeitige Situation ihrer Stadt Washington D.C., die sich nach den verheerenden Anschlägen vom September 2001 von Grund auf geändert zu haben scheint. So wurde die Platte bewusst bei teilweise offenem Fenster aufgenommen und Soundbits von Hubschraubern und Polizeisirenen mit verarbeitet, um konkret die verschärfte Überwachungssituation samt Stimmung nach dem 11. September bis hin zum stattgefundenen Irakkrieg einzufangen. Was hier aus amerikanischer Sicht mehr als berechtigte Thematik aufgegriffen, bleibt dennoch aus Sicht eines sich auf das platte „Feindbild Amerika“ einigendes Deutschland und „old Europe“ nicht unproblematisch. Nun bleibt natürlich die Frage, ob ein Bewusstsein vor allem bei amerikanischen Acts vorausgesetzt werden kann, das die Rezeption eines deutschen Publikums reflektiert und deren heuchlerisches „FUCK BUSH“ als Ressentiment entlarvt. Doch soll es bei der Debatte darum gerade nicht gehen: so ist es umso erfrischender, dass Kritik am Antiamerikanismus von amerikanischen KünstlerInnen in der Auseinandersetzung nachvollzogen werden kann.
So fanden beispielsweise die letztes Jahr im CONNE ISLAND gastierenden MELOMANE aus New York, die unsere angebrachten Bedenken über ihren Anti-Bush-Song mehr als berechtig und äußerten im Gegenzug ihre Zweifel an der Legitimität der Aufmärsche der Hundertausenden von Deutschen gegen den Irakkrieg mit Hinblick auf deren unkritischen regierungskonformen Charakter. Oder aber die Chicagoer Band 90 DAY MEN, die sich beim Bier erfreulich angewidert von der Überpräsenz eines Michael Moore allerorts auf ihrer Europatour zeigten. Die Geschichte über die plötzliche Wiederentdeckung des Dokumentarfilms der Deutschen beim Thema „Bowling for Columbine“ blieb auch ihnen suspekt.
Doch genug vom derzeitigen heißesten Eisen der semikritschen Diskussion samt Geplapper von Zensur und Beschneidung der künstlerischer Freiheit, hin zum amerikanischen Elektro-post-kraut-heavy Rock der Formation Trans Am. Im aufblühenden Zeitalter des Chicagoer Modells eines neuen Musikverständnisses entstanden, dürfen sich Trans Am ganz klar als Geschwisterteil von TORTOISE sehen. Musikalisch zwar vollkommen different zur genannten Schwester, sind sie als ebenfalls ursprünglich instrumental agierende Musiker dennoch das passende Gegenstück mit ähnlichem Ansatz zur bekennenden und benötigten Offenheit künstlerischer Mittel. Von Anbeginn wurde sich nicht gescheut, schwerste Gitarren eines Steve Albini samt Vinyl-Vorgängers SHELLAC mit gefälligem Synthesizer Electro Pop der 80er zu paaren, um grenzwertig mit allen persönlichen Vorlieben zu spielen ohne dabei das over crossing jedoch zum Konzept zu erheben. Sie sind eine Konstante und eine Genre für sich, auch wenn sie sich offen zu Kraftwerk bekennen.

JEANS TEAM, 30.8k


Umso passender sind die Berliner JEANS TEAM, über die mal jemand schrieb, „ich werde jetzt nicht den zum Scheitern verurteilten Versuch unternehmen, diese Gruppe stilistisch einzuordnen, sondern sage nur soviel, dass diese Musik viele Türen öffnet und andere zumacht.“ Somit bleibt nur diesem Eröffnungszitat des Presseinfos von JEANS TEAM zuzustimmen.

jeremy


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last modified: 28.3.2007