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...oder jemandem die Nase brechen und sagen „Dies ist meine Liebesgeschichte.“Ein junger Koreaner namens Sugihara, lebend in Japan, ist Mittelpunkt eines Films, der sehr dezent und dennoch in teilweise chaotischen Bildern seine Intention preisgibt, um am Ende in den üblichen Romanzenquatsch abzusickern.Der Film beginnt, wir sehen Sugihara (der den wohlklingenden Spitznamen „Depp“ trägt) in Sportklamotten, haben Teil an seinen ersten filmischen Gedanken, welche ein Auskotzen darstellen, das sich auf Begriffe wie Nation, Patriotismus, Vaterland etc. bezieht. Sportunterricht, seine Mitschüler drangsalieren ihn aufgrund der koreanischen Herkunft, was in einem musikalischem Stakkato endet, während dessen der Junge ordentlich austeilt, eins zu zwölf. Szenenwechsel, Vergangenheit, in einer U-Bahn-Station steht er nun auf den Gleisen, wartend auf den Zug, vor dem nach seinem Eintreffen ein knapper Spurt hingelegt wird, dem seine begeisterten Freunde beiwohnen, und an dessen Ende die obligatorische Verhaftung steht, welcher der Satz folgt: „Ach ja, falls ihr es noch nicht bemerkt habt, dies hier ist meine Liebesgeschichte.“ Schnell, verstörend, ästhetisch eher an ein Musikvideo auf MTV erinnernd als an einen Film. Doch das passt exakt zum Lifestyle von Sugihara und seinen Freunden, die allesamt irgendwie sehr stark an Punkrocker erinnern, kaum aber an junge ordnungsliebende Sozialisten. Ach ja, Sozialismus. Der Vater des Jungen ist ursprünglich Nordkoreaner, weshalb er seinen Sohn auf eine nordkoreanische Schule schickt, an der es verboten ist, japanisch zu sprechen – wir befinden uns noch immer in Japan. Dort gibt es so amüsante Dinge wie eine „Selbstkritik-Stunde“, in der fleißig denunziert wird und dann gibt’s vom Lehrer was aufs Maul. Später wechselt unser junger Freund auf eine japanische Schule, an der sich eingangs beschriebene Begebenheit abspielt, woraufhin er, wenn auch nicht gemocht, zumindest respektiert wird. Dieser Respekt beschert ihm jede Menge Herausforderer, die er allesamt zu Boden schickt, und zwar auf eine Art und Weise die eines Clint Eastwood würdig ist. Fällt doch vorm Niederschlag des Gegners der Satz: „Ich mach dich berühmt, sagte Billy the Kid und zog seine Waffe.“ Doch er greift nie an, agiert immer aus der Position des Verteidigers, wenn auch nicht, zum Glück, immer fair. Spätestens jetzt ist einem der junge Outlaw, der so gar kein Anti-Held sein will, mehr als sympathisch. Hinzu kommt die wunderbar typische Konstellation der Konkurrenz zu seinem Vater, die eigentlich jeder Junge, sofern einer vorhanden, durchlebt, ob bewusst oder auch nicht. Dieser hat ihm einmal das Boxen beigebracht und ist ihm immer noch technisch weit überlegen, was der Junge öfters zu spüren bekommt, physisch. Genau, die Liebesgeschichte. Sugihara lernt ein junges Mädchen kennen, die ihm ihren Vornamen nicht preisgeben will, was er ihr gleichtut und des weiteren verschweigt, wahrscheinlich weil es für ihn völlig unerheblich scheint, das er koreanischer Abstammung ist. Beide kommen sich näher, alles total süß und typisch japanisches Teeniezeugs, machen rum und kommen aber nie richtig zur Sache. Schließlich wird ein guter Freund Sugiharas abgestochen, als er sich für eine Koreanerin einsetzt, die auf eine subtil-rassistische Art belästigt wird. Als Konsequenz bricht Sugihara mit seinem alten Freundeskreis, die auf Rache um ihrer selbst Willen sinnen, weiß er doch, dass der tote Freund dies nie gewollt hätte. Um ihn zu trösten, schleift seine Freundin ihn in ein Hotel, um dort zum erstenmal mit ihm zu schlafen. Doch „gesteht“ er ihr nun seine Abstammung, für ihn im Grunde völlig unwichtig, woraufhin sie rassistische Ressentiments zum Besten gibt. So, jetzt sind die Fäden gespannt für einen tragischen Helden, der am Ende an dieser Welt zerbricht und ihre grausame Unerträglichkeit akzeptiert. Aber nein, das bürgerliche Glücksversprechen bricht sich Bahn, der Junge erkennt die edlen Motive des rauhen Patriarchen (seinem Vater), wird ein braver Student und versöhnt sich, in einem unglaublich kitschigen Ambiente, mit seiner Ex. Ende. Schöne Scheiße, hätte mich jemand gewarnt, ich wäre zehn Minuten vor Schluss gegangen, was ich wirklich jedem ans Herz legen möchte. Der Film beginnt wunderbar, behandelt Rassismus nicht mit dem üblichen moralischen Zeigefinger, rückt die verzweifelte Perspektivlosigkeit des Jungen mit rauhen, manchmal zarten Bildern in den Vordergrund und kann kameratechnisch so einiges aufweisen. Mag man am Anfang den Titel als Aufforderung verstehen, einfach auf die Regeln zu scheißen und das zu tun, was spontan in einem aufsteigt, interpretiert man ihn am Ende als bekloppte Sinnsuche, als Ergreifen der Möglichkeiten des bürgerlichen Lebens. Schade um das vergeudete Potential, dennoch sehenswert, allein schon wegen der Seitenhiebe auf den Realsozialismus, der klasse inszenierten Gewaltszenen, dem erfrischend guten Hauptdarsteller und dem teilweise niedlichen Kitsch. Wie gesagt, ausleihen, ansehen, ab der ca. 110 Minute schnell auf die Stoptaste drücken. Schlaubi |
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