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Das Richtige als Konjunktiv – der Konjunktiv als Richtiges


Über die Strategie der USA und Logik der Möglichkeit


Das Kernstück unserer gemeinsamen Bestrebungen muß die Entschlossenheit bilden, an der Seite von Männern und Frauen in jeder Nation zu stehen, die für das eintreten, was Präsident Bush als die `nicht verhandelbaren Forderungen der Menschenwürde' bezeichnet hat – Redefreiheit, gleiche Rechte für alle, die Achtung von Frauen, religiöse Toleranz und die Beschränkung der Staatsmacht (...). Wir müssen die herablassende Ansicht zurückweisen, daß Freiheit auf dem Boden des Nahen Ostens nicht gedeihen kann – oder Muslime nicht den Wunsch hätten, frei zu sein.“ So betont es Condoleeza Rice, die Sicherheitberaterin des US-Präsidenten, und der linke Menschenverstand läßt sofort wittern, wie hier gelogen und betrogen wird, daß sich die Balken des Weißen Hauses biegen: Alles nur Produkte der „imperialistischen Propagandamaschine“ (J. Elsässer) und der „Geofaschisten“ (deutscher Pazifistensprech).
Es ist das optimistische Bild von der Veränderlichkeit des Menschen und der Zustände, was die eigentlich banalen Worte von Condi Rice gegenüber Linken aller coleur so sympathisch macht.

Weltordnung und Weltunordnung

Der nach wie vor wichtigste Hintergrund, um zu verstehen, daß man sich gegenwärtig positiv auf die US-Politik beziehen muß, besteht darin, den Wechsel zu erfassen, der sich mit den Jahren 89/90/91 verbindet. Wer diesen nicht in seiner ganzen Tiefe der Koordinantenverschiebung begreift – also auch in der gesamten Tragweite der Erschütterung von linker Identität und linken Selbstverständlichkeiten –, hat keine Chance, die Wirklichkeit zu erfassen. Bleibt die Reflexion aus, so liegt ein antiimperialistisches Wahngebäude blank, das bis Anfang der neunziger Jahre durch die Bipolarität der Weltordnung mittels einer vermeintlich fortschrittlichen realsozialistischen Fassade verdeckt werden konnte. Heutzutage nun steht endgültig fest, daß es unter solchen ideologischen Vorzeichen nicht um den Verein freier Menschen gehen kann, sondern nur um Gegenaufklärung. Das heißt, eine „sozialistische Weltrepublik“ (Ernst Busch) kann nur noch autoritär und barbarisch sein. Den Springpunkt allen objektiven Wandels des Weltzustandes nach der Implosion des Ostblocks und seiner weltweiten Sympathien stellt die Tatsache dar, daß es Menschen unter antiwestlichen bzw. antiamerikanischen Souveränen nicht etwa besser gehen könnte. Nein, genau umgedreht verhält es sich: Der objektive Weltzustand sieht so aus, daß es heutzutage unter US-Ägide weitaus bessere Lebensbedingungen gibt als gegen US-Einfluß und -Kontrolle. Diesen fundamentalen Wandel nach 1989 können Linke allerdings auf Grund ihrer anachronistischen ideologischen Koordinanten notwendig nicht verstehen.
Im Gegensatz zu 1991, als von der US-Regierung die Notwendigkeit der Herstellung einer sogenannten Neuen Welt-Ordnung ausgerufen wurde, geht es den USA heute darum, eine neue Welt-Unordnung zu verhindern. Anfang der neunziger Jahre wurde das multilaterale Handeln der USA groß geschrieben und der Blick namentlich nach Deutschland gerichtet, das man als „partner in leadership“ neben anderen NATO-Staaten dabei haben wollte. In einer Erklärung von Bush senior hieß es anläßlich des Krieges 1991 gegen den Irak: „Es geht um mehr als ein kleines Land, es geht um eine neue Weltordnung, in der verschiedene Nationen sich um eine gemeinsame Angelegenheit kümmern (...).“ Als es einige Jahre später zum NATO-Angriff auf Jugoslawien kam, ließ sich mit Abscheu feststellen, daß die US-Politik – dem Multilateralismus verpflichtet – der deutschen Vorstellung einer nach ethnischen Kriterien sortierten Landkarte folgte und dabei mit der völkischen Bande der UCK kooperierte, über die Robert Gelbhard, der US-Sondervertreter für den Balkan, noch 1998 wußte, daß sie „ohne jede Frage eine Terroristengruppe“ sei. Es läßt sich hier jener Vorsatz umgesetzt finden, der in der Proklamation einer Neuen Weltordnung zum Ausdruck kommt: Die Vorstellung einer Ordnung der gleichberechtigten Partnerschaft ohne unmittelbares direktes Interesse seitens der USA. Wie gut die Deutschen damit umzugehen wußten, verdeutlichte Bundeskanzler Schröder, der im April 1999 im Hinblick auf die US-Rolle verkündete: „(Es) mußte gezeigt werden, daß die Schwachen in der NATO einen starken Verbündeten für die Durchsetzung ihrer unveräußerlichen Rechte, der Menschenrechte, haben.“
Der NATO-Angriff auf Jugoslawien unter Führung der USA war so etwas wie der abschließende Höhepunkt der multilateralen „humanitären Interventionen“, die im Zuge der Schaffung einer „Neuen Weltordnung“ durch die USA forciert wurden und die dem damaligen Präsident Bill Clinton eine gehörige Portion Kritik in den USA einbrachte. Der US-Stratege Henry Kissinger formuliert dies so: Die Einsätze „spiegelten keine traditionelle Auffassung des amerikanischen nationalen Interesses wider, und zwar in dem Sinne, daß ihr Ausgang keinerlei Auswirkungen auf die Sicherheit Amerikas nach irgendeiner historischen Definition haben konnte.“ Unter dem Eindruck, daß die USA im Kosovo ausdrücklich auf die völkische Karte gesetzt haben, ist entscheidend, ob nach dem 11. September die völkische Spielwiese nicht mehr in Frage kommt. Es wäre zwar vermessen, kategorisch auszuschließen, daß sich dies ein für alle mal erledigt hätte. Zu offensichtlich ist jedoch derzeit, wie sehr die USA davon beeindruckt sind, zur Zielscheibe der von ihr insbesondere im Kalten Krieg unterstützten Kräfte geworden zu sein.

Feind und Helfer Weltpolizist

Die proklamierte Errichtung einer multilateralen Neuen Weltordnung hat sich in den Augen der US-Politik als ein Höllenspektakel entpuppt. Anders als 1991, als man sich gemeinsam mit den Europäern als „Sieger der Geschichte“ wähnte, sind die USA inzwischen gezwungen, auf eine direkte territoriale Bedrohung zu reagieren. Nicht nur, weil das nach den Anschlägen die Sicherheitsinteressen gebieten, sondern weil das Massaker auf mehr oder minder offenes Verständnis stieß und sich seither – von den Globalisierungsgegnern über die Arabische Liga bis zur EU – der globale Widerstand gegen die USA rasend formiert.
So sehen sich die Vereinigten Staaten mit der Konstellation konfrontiert, ihre eigene unmittelbare nationale Sicherheit mit einem globalen Agieren zu verknüpfen: Man muß im ureigensten Interesse nicht nur die Rolle des Weltpolizisten, sondern auch die des globalen Entwicklungshelfers einnehmen.
Die neu formulierte nationale Sicherheitsdoktrin der USA liest sich als direkte Reaktion auf diese entstandene Lage. Sie ist folgerichtiger Ausdruck der in den USA heißdiskutierten Pläne für eine Neuordnung des Nahen Ostens. In dem Papier zur „Nationalen Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten“, das Mitte September vorgelegt wurde, ist die endgültige Abkehr von der jahrzehntelangen Sicherheitsdoktrin der Abschreckung festgeschrieben worden. Darin wird u.a. betont, daß man sich weltweit für die Stärkung „freier und offener Gesellschaften“ einsetzt, in denen „für jede Person, in jeder Gesellschaft“ Freiheit, Demokratie und freies Unternehmertum maßgebend seien. Das sei „eine besondere Art des amerikanischen Internationalismus“, der sich vorbeugend gegen alle richte, die „die Vereinigten Staaten und alles, wofür sie stehen, hassen.“ Wenn es ebenda abschließend heißt: „Der Präsident wird es nicht zulassen, daß irgendeine fremde Macht den großen Abstand aufholen wird, der sich seit dem Zerfall der Sowjetunion vor mehr als einem Jahrzehnt gebildet hat“, dann kann dieser Welt, so wie sie ist, derzeit wohl realpolitisch leider nichts besseres passieren.
Angesichts des wohlüberlegten Vorgehens im Falle Afghanistans und dem intensiven Abwägen hinsichtlich des Irak gibt es gute Gründe zu der Annahme, daß sich die US-Strategie des sogenannten Nation Building gegen das ethnische Reinheitsgebot der Selbstbestimmung der Völker richtet, in dem man grundsätzlich für die Souveränitätsbildung nach dem politischen Territorialprinzip optiert.
Unter dem Begriff des Nation Building geht es den USA dabei um die Errichtung und Stabilisierung von staatlichen Souveränen, die ein Garant dafür sein sollen, eine Weltunordnung zu verhindern, deren Folge eine Katastrophe im Weltmaßstab wäre.
Dabei dreht sich das Vorgehen nicht um die Herstellung wirtschaftlich prosperierender blühender Landschaften, sondern um pragmatische Elendsverwaltung. Dieser Ausdruck perfider kapitalistischer Logik kann gerade dann nichts anderes sein, wenn die Weltkrise des Kapitals Expansion von Akkumulation, Produktion und Absatz im großen und ganzen ausschließt. Wenn man also abwägt, ob man ein Vorgehen der USA begrüßt, dann kann diese Entscheidung angesichts der katastrophalen Weltwirtschaftslage nicht zwischen der objektiv gegebenen Möglichkeit einer aufblühenden Demokratie nach westlichem Muster und der prowestlicher Despoten erfolgen, sondern nur zwischen pro-westlicher und antiwestlicher Orientierung. Allerdings macht dies im Weltmaßstab betrachtet insbesondere in Krisenzeiten einen Unterschied ums Ganze aus. Einen, der – zynisch genug – nur zwischen einer Welt der absoluten Katastrophe und einer des relativen Elends unterscheiden läßt.

Wandeln durch Handeln

Der Charakter des Vorgehens der USA bestimmt sich nicht an sich selbst, sondern daran, wogegen vorgegangen wird und die Frage ist nicht, ob man sich der US-Politik widersetzt, sondern wer und warum. Seit den Anschlägen vom 11. September wird über die US-Politik geredet, als wäre es ihr Ziel, die gesamte Welt ins Chaos zu stürzen. Daß es den USA um die Herstellung von Bedingungen zum „freien“ Welthandel und um das konsequente Vorgehen gegen diejenigen geht, die sie daran zu hindern gedenken, ist nun wahrlich kein Geheimnis, dessen die US-Politik zu überführen wäre. Bekanntlich liegt das darin begründet, daß gemäß der bürgerlichen Ideologie die unsichtbare Hand des Marktes gerade im Sinne des american way of life die höchste menschliche Vernunft verkörpert.
Wenn das als das grundlegende Interesse an Selbsterhaltung seitens der USA bestimmt ist – als Antwort auf die höchst wichtige Frage nach dem Warum –, dann muß man sich Begriffe davon machen, erstens mit welchen Mitteln die USA dies durchzusetzen gedenken, zweitens welche notwendigen Bedingungen hergestellt werden sollen und drittens gegen wen sie dies meinen durchsetzen zu müssen. Nur so ist man in der Lage, Dinge wirklich ins Verhältnis zueinander zu setzen und daran ihre notwendige Bestimmung vornehmen zu können. Ohne diesen Weg wird man nur falsche Antworten auf Fragen wie etwa jener nach Sinn und Zweck der jahrelangen Unterstützung des Irak durch die USA geben und nicht begreifen, was es bedeutet, wenn es in der US-Politik gegenwärtig konsensual heißt: „Der Weg zu einem Frieden im Nahen Osten führt durch Bagdad.“ Man wird diese Tatsache dann skandalisieren müssen. Genau darin ist der Grund dafür zu finden, was notwendig zum antiamerikanischen Reflex verkommen muß.
Die Hauptfragen gegenwärtiger US-Strategie formulierte Henry Kissinger in seinem Buch „Die Herausforderung Amerikas“ so: „Was müssen wir, um unseres Überlebens willen, zu verhindern suchen, wie sehr die Mittel dafür auch schmerzen mögen? Was müssen wir, um uns selbst treu zu bleiben, zu erreichen suchen, wie klein der erreichbare internationale Konsens auch sein mag, nötigenfalls auch ganz allein? Welches Unrecht müssen wir unbedingt beseitigen? Welche Ziele liegen einfach außerhalb unserer Möglichkeiten?“
Angesichts dieser Fragestellungen sollte genügend Nüchternheit einkehren. Denn in diesen schließt sich genau jener Altruismus aus, der über das Maß an Unmittelbarkeit des Eigeninteresses für die USA hinausgeht. Diese Unmittelbarkeit läßt sich als ein Maß an Stabilität nicht etwa für die Weltgesellschaft, sondern für die USA begreifen. Alle Lobgesänge für das Vorgehen der USA gegen den Islamismus müssen also in die Irre oder zum Bekennertum führen, wenn man sich nicht ständig dieser nüchternen Tatsache bewußt ist. Damit sind auch die Grenzen antideutscher US-Sympathie bestimmt, denn das Hauptinteresse der USA besteht nicht im Kampf gegen den antisemitischen Vernichtungswahn, sondern in der Herstellung von notwendiger Ruhe und Ordnung für die Vereinigten Staaten.
Wenn es um die Beantwortung der Frage geht, inwieweit in den USA der Zusammenhang von Antiamerikanismus und Antisemitismus begriffen wird, dann kann man endgültige Gewißheit darüber nicht erlangen. Deshalb bleibt nur, unter den gegeben Vorzeichen und Tatsachen der US-Strategie eine Art Konjunktiv des Richtigen als Logik der Möglichkeit richtigen Handelns zu unterstellen: Sie müßten begreifen, weil ihnen letztlich keine andere Wahl bleibt. Nur dann ist nachzuvollziehen, was in Bahamas Nr. 39 redaktionell so formuliert wurde: „Die US-Amerikaner beginnen zu verstehen, daß die weltweite Befriedigung über den islamischen Terror sie den am meisten Bedrohten, den Juden und ihrem Staat, immer näher bringt.“
Schlußendlich kann den USA auch nicht definitiv klar sein kann, wohin die Reise gehen wird. Daß allerdings die Reise unter Vorzeichen steht, denen man Solidarität entgegenbringen muß, erklärt sich daraus: Auch wenn die Grenzen der USA die Grenzen eines Souveräns markieren, der sich aus Gründen des Selbsterhaltes nicht bewußt unterminieren kann, gilt es zur Kenntnis zu nehmen, unter welchen Bedingungen gegen den Islamismus vorgegangen wird. Diese Bedingungen sind die, daß die Ideologie des neuen Eine-Welt-Internationalismus gegen die USA und Israel den qualitativen Wechsel vom traditionellen partikularen Universalismus als „normalen“ Inter-Nationalismus hin zum universellen Partikularismus eines globalen antiimperialistischen Konsens vollzieht.
„Zum ersten Mal“, betont Henry Kissinger, sei Amerika „gezwungen, eine globale Strategie für eine unbestimmte Zukunft zu entwickeln (...)“, bei der die „ultimative Herausforderung“ darin bestünde, „Macht in moralischen Konsens zu verwandeln.“ Und der Weg zur einschlägigen Konsensbildung kann letztlich nichts anderes sein als eine Kampfansage an den globalen Antiimp-Konsens.
Gerade weil die Strategie der USA nicht nur im militärischen Intervenieren besteht, sondern in der Verschränkung von Idealismus und Realismus, von Werten und Interessen, um die Welt für sich sicherer zu machen, ist ausgewiesener Pessimismus fehl am Platz. „Wir verstehen das Wesen des Feindes. Wir wissen, daß sie uns für das hassen, was wir lieben“, erklärte George W. Bush Ende November 2002 und betonte außerdem, daß man gegen „Gefahren eines neuen Zeitalters“ vorgehen müsse.
Wenn es um die Kritik an den USA geht, läßt man nur allzugern die Tatsache unter den Tisch fallen, daß unter „Enduring Freedom“ nicht nur das militärische Element zu verstehen ist, sondern ebenso die Forcierung der Entwicklungshilfe. Daß die USA mit über 10 Milliarden Dollar mehr Hilfe leisten als jedes andere Land der Welt und daß dazu noch dreimal soviel aus privaten Wohltätigkeitsinstitutionen in Entwicklungsländer fließt, wird von der weltweiten Antiimp-Propaganda verdrängt. Nach dem 11. September ist die Aufbau- und Entwicklungshilfe ein wesentlicher Teil des US-Sicherheitskonzeptes. Konkret bedeutet dies eine enorme sukzessive Erhöhung im US-Haushalt. Intensive Anstrengung wird auch darauf verwendet, „die geschmeidigen Verführungskräfte der amerikanischen Kulturindustrien“ (FAZ) via Radio, TV und andere Medien ihre unfehlbare Wirkung insbesondere in den arabischen Ländern tun zu lassen. Darüberhinaus läuft nach und nach eine große Aufklärungskampagne an, die im Stile gezielter Gegeninformation den Einfluß von Moscheen und Religionsschulen in Europa, dem Nahen Osten und in Asien als „Brutstätten für radikale Islamisten und Antiamerikanismus“ (New York Times) zurückdrängen soll. Statt wie die Deutschen moralisierenden Karneval der Toleranz bzw. den Monolog der Kulturen zu veranstalten, läuft das Unterfangen unter dem Namen „Information Operations“, um „die öffentliche Meinung in befreundeten oder neutralen Ländern zu beeinflußen“, wie ein führender Offizier gegenüber der New York Times bekundete. Das ganze „Enduring Freedom“-Gesamtpaket bezeichnete Condoleeza Rice mitte Oktober 2002 als ein notwendiges „Zusammenspiel, (das) einen Augenblick enormer Chancen“ in sich berge.

„Entwestlichung der Welt“

Ist man sich eingedenk einer globalen Wirtschaftskrise darüber einig, daß aus der Krise nichts gutes folgen kann, dann es ist wohl mehr als überfällig, darauf mit Nachdruck zu insistieren, den Begriff des Faschismus endlich ernst zu nehmen. Wenn man sich hinsichtlich des Faschismusbegriffes über vieles gestritten hat, so ist man sich doch bisher immer darüber einig gewesen, daß der Faschismus eine Krisenreaktion und barbarische Krisenlösungsoption darstellt. Dieses Einmaleins für Antifaschisten scheint allerdings, wenn es um die Wahrnehmung des barbarischen Bedrohungspotentials geht, das vom Islamismus herrührt, bei bekennenden Antifaschisten auf taube Ohren zu stoßen. Sollte dieser Vorwurf an die Adresse aller bekennenden Antifaschisten fehl gehen, dann müßte die Erklärung her, warum gerade in einer unwägbaren Situation der globalen Krise der Faschismus als die globale barbarische Krisenlösungsoption – also als Antwort auf die Krise – global nicht auf dem Vormarsch sein soll. Schier unglaublich ist die weitverbreitete Position, daß man zwar die Krisensituation des Kapitals benennen könne, aber nur dann gegen seine barbarischen Formen kämpfen dürfe, wenn man auch bestimmt zu sagen weiß, was nach dem Sieg über sie folgt. Bleibt also die Frage, seit wann sich der Kampf gegen Faschisten danach zu richten hat, was geschehen soll, wenn von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht?
In diesem Zusammenhang ist vor der durchaus nicht abwägigen Gefahr eines gegen die USA und Israel agierenden Weltsouveräns zu warnen, der die Gegenaufklärung im Weltmaßstab als neue Weltunordnung verwalten könnte. Zu einem solchen Souverän der Völkerrechtsadministration könnte sich durchaus die UNO transformieren, wenn die unilaterale Position der USA geschwächt würde. Eine dahingehende Tendenz drückt sich in der Legitimierung und Förderung des weltweiten antiwestlichen Racket- und Bandenwesens aus, wobei das wohlwollende Verhältnis zu den Palästinensern so etwas wie das entscheidende Pilotprojekt ist. Ein sich barbarisierender Weltgeist erfüllt also zunehmend die globale Atmosphäre – als universeller „Ruf nach einer Entwestlichung der Welt“ (Bassam Tibi), der sich in dem linken Wochenblatt Freitag hinsichtlich Israel und der USA so Ausdruck verleiht: „Beide sehen sich als erwiesenermaßen `auserwählte Völker'. Als solche stehen sie im Selbstverständnis (...) über einem Völkerrecht, das sich die anderen, die normalen Staaten, gegeben haben.“
Daß jene, die alles als Resultat des US-Imperialismus und Zionismus begreifen, in Abgrenzung zu den USA und Israel Weltbürgerrechte formulieren, ist nicht zufällig. Beide gelten als die Personifikation globalisierter Ungerechtigkeit, als eine Art „Allianz der Auserwählten“ (Freitag), des „nationalistischen Messianismus“ (Le Monde Diplomatique). Insofern muß man verstehen, daß diese Weltbürgerrechte in Wahrheit nichts anderes sind als ein ethnisches Reinheitsgebot für das Völkergemeinschaftsgebräu in Form von Rechtsfetischismus. Wer gedenkt, die UNO oder andere internationale Gremien des Völker- und Menschenrechts wie den internationalen Strafgerichtshof gegen die USA und Israel stärken zu müssen, stärkt bewußt oder unbewußt das völkische Prinzip und befördert damit die Barbarisierung.

Irak, Al Quaida und die Golfregion

Die USA bestimmen den weltweiten Terrorismus weniger an einer strengen Definition des islamischen Fundamentalismus, sondern in erster Linie am Hass auf den american way of life. Daran erklärt sich auch aus deren Sicht der Zusammenhang von Bin Laden und Saddam Hussein. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, welche Verbindungen zwischen Al Quaida und dem Baath-Regime bestehen. Tatsächlich spricht einiges dafür, daß es solche Verbindungen aus Gründen der Erzrivalität gar nicht gibt und dies nur ungeschickte US-Propaganda ist. Man sollte sich aber gerade deshalb folgende Frage stellen: Wenn es sich bei Al Quaida und dem irakischen Regime um Rivalen handelt, worum dreht sich diese Rivalität? Nun, Bin Laden und Saddam Hussein ringen deshalb um die Vormacht am Golf, weil beide der stärkste arabische Feind der USA und Israels sein wollen, hinter denen sich dann alle anderen Feinde des Westens sammeln müßten. Wenn es in diesem Zusammenhang um Öl geht, dann nur so: Die USA wollen verhindern, daß das arabische Öl als strategische Waffe eingesetzt werden kann. Henry Kissinger erklärt dies folgendermaßen: „Tatsache ist ganz einfach, daß die demokratischen Industriestaaten es nicht zulassen dürfen, daß ihnen der Zugang zum Golf-Öl verweigert wird, oder ruhig zusehen können, daß der Golf von einem Land oder einer Gruppe von Ländern kontrolliert wird, die unserem Wohlergehen gegenüber eine feindliche Haltung einnehmen.“ Spätestens mit dem Rauswurf der UN-Inspekteure aus dem Irak 1998 haben sich die USA nicht nur blamiert, sondern in gewisser Weise auch zahnlos gemacht. Mit einiger Berechtigung kann in diesem Zusammenhang davon ausgegangen werden, daß dies den schlafenden Hund Bin Laden endgültig wachrüttelte. Der Irak ist zum Präzedenzfall nicht nur für die gesamte Golf-Region geworden, an dem sich bemessen wird, ob die USA im Zweifelsfall auch unilateral gegen den Rest der Welt in der Lage sein werden, mit der Beseitigung des Tyrannen Saddam Hussein ein entscheidendes Exempel für Veränderungen in der Region zu statuieren. Kissinger dazu: „Die Länder in der Region, die auf die Vereinigten Staaten angewiesen sind, werden deren Bedeutung für ihre Sicherheit letztlich an Amerikas Fähigkeit messen, entweder Saddam abzusetzen oder so weit zu schwächen, daß von ihm keine Gefahr mehr ausgeht – was auch immer sie dazu öffentlich verlautbaren mögen. Mit den Vereinigten Staaten als De-facto-Garanten aller Grenzen in einer der unbeständigsten Regionen der Welt hängt die Sicherheit des Golfs heute von der weit verbreiteten Wahrnehmung der Fähigkeit Amerikas ab, mit den Folgen der fortgesetzten Herrschaft und wachsenden Stärke Saddam Husseins fertig zu werden.“ In Anbetracht dieser Zeilen darf man nicht vergessen, inwieweit es dem Baath-Regime gelungen ist, eine Lockerung der UN-Sanktionen mit der Tendenz weitgehender Normalisierung der weltweiten Beziehungen zu erreichen, bis die USA ihren Druck auf die UNO 2002 immens erhöhten und so eine neue Irak-Resolution des Sicherheitsrates erzwangen.
Im Zusammenhang mit der Strategie sogenannter vorbeugender Selbstverteidigung ist für die US-Politik eine Beseitigung Saddam Husseins schon deshalb notwendig, weil es ihnen nicht mehr um Einschüchterung von Staaten geht, sondern um deren Umbildungen. Diese Umbildungen sollen Souveräne zur Folge haben, die die Bedrohung für die Vereinigten Staaten weitestgehend einzudämmen vermögen. So und nicht anders versteht sich auch das Diktum, daß wer nicht für die USA ist, automatisch gegen sie stünde. Mit diesem de facto Neutralitätsverbot geht einher, daß sich insbesondere Despotien wie Saudi-Arabien kein doppeltes Spiel für die Stärkung der islamistischen Internationale mehr erlauben sollen.

Hoffnung und Spinnerei

Man muß sich klarmachen, daß die arabische Region kein Pulverfaß ist, das durch eine US-Intervention im Irak explodieren würde, sondern eher einem riesigen Ölfaß mit islamistischem Bodensatz gleicht. Dies verdeutlicht einen Zustand, in dem insbesondere die sogenannten Massen zunehmend dem islamistischen Wahn verfallen. Diesen Zulauf zu stoppen und dagegen die prowestlichen und säkularen Kräfte zu stärken, liegt spätestens nach dem 11. September im Interesse der USA. Es geht deshalb um die Kontrolle einer Region, deren desolater und unberrechenbarer Zustand sich in jedem einzelnen arabischen Herrscher spiegelt.
Wenn US-Vize Dick Cheney feststellt, daß ein Regimewechsel im Irak für die Region „eine Reihe von Vorteilen“ bedeutet, dann bringt er damit zum Ausdruck, was Zbigniew Brzezinski als die Wiederbelebung „des verlorengegangenen Optimismus des Westens“ einfordert und was der grundsätzliche Unterschied zur völkisch orientierten EU und ihrer Linken ist. Man kann es drehen und wenden wie man will: Ein Sturz Saddam Husseins eröffnet die Chance, daß Bewegung in die Region kommt. Und etwas besseres kann dieser derzeit nicht passieren. So eröffnete sich auch die Chance, daß die Menschen für säkulare Ideen empfänglich würden, die ihnen Anlaß zu Selbstzweifel und Selbstreflexion über ihre Existenzweise sein könnten. Die durchaus wahrscheinliche Enttäuschung über die erfahrene materielle Nichterfüllung dieser Ideen muß aber gerade nicht notwendig die mythologische Gottverfallenheit und Ausprägung eines völkischen Stammesbewußtseins zur Folge haben, sondern kann durchaus die Profanisierung des Selbstbewußtseins fördern – also den entzauberten materialisierten Wunsch nach Veränderung durch Mangelerfahrung.
Man kann diese Hoffnung als antideutsche Spinnerei verhöhnen. Aber erstens ist diese gemäß der bestehenden Wirklichkeit in der arabischen Region gerechtfertigt und zweitens zig mal besser, als der ekelhafte Pessimismus der Antiimperialisten, die derzeit, wenn es um den Nahen Osten geht, allenthalben nur eine Forderung kennen: alles soll so bleiben wie es ist.
Für die USA ist seit dem 11. September endgültig klar, daß im „Abwarten ein größeres Risiko als im Handeln“ liegt, wie US-Vize Dick Cheney betont. Und das widerspiegelt ein Umdenken der USA hinsichtlich der Bedrohung durch den Islamismus – der derzeit einzigen Massenbewegung mit riesigem Zulauf weltweit. „Die Wahrheit ist, daß diese Zeiten nicht nur Gefahren, sondern auch Möglichkeiten bergen.“ So sagt es Cheney und dem ist zuzustimmen. Wer dies nicht sehen will, begreift nicht, daß die Geschichte auch ohne einen weitergeht – macht sich also zum offenen Apologeten der Lüge vom Ende der Geschichte –, und ignoriert die Gefahr des neuen Faschismus.

Prinzip Antiimperialismus

Das einzige, was man von links über die USA weiß, ist, daß man ihr gegenüber schon aus Prinzip nichts richtig finden darf. Das tautologische Prinzip Antiimperialismus – antiimperialistisch zu sein, weil man antiimperialistisch ist – versetzt als ein wirres Gebräu aus Ressentiment und Wahn, aus Focaultschem Machtbegriff, Leninismus, Völkerrechtsapologetik und Abscheu vor Kosmopolitismus heutzutage nicht mal mehr in die Lage, wenigstens noch ein Stück Restvernunft für sich reklamieren zu können.
Man würde nicht nur ruhiger und entspannter Leben können, sondern auch endlich mal klaren Kopf behalten, würde nur einmal angefangen, die simple Tatsache, daß kein Staat der Welt interesselos handelt, nicht etwa zum Endpunkt der vermeintlichen Analyse und Kritik zu machen, sondern zum Ausgangspunkt. Daß darüberhinaus nicht gerade wenige im Zweifel lieber gar nichts mehr richtig oder falsch finden wollen, ist letztlich das Produkt des grassierenden postmodernen Bedürfnisses, das alles nur noch als unübersichtliche komplizierte Dinge begreifen läßt. Entsprechend drückt man sich davor, die metaphysischen Kategorien wie Vernunft und Fortschritt in seine Welterklärung aufzunehmen.
Im antiimperialistischen Kampf gegen die USA tut man alles, um das Bestehende zu zementieren. Damit macht man sich zum Steigbügelhalter und Erfüllungsgehilfen der Barbarei. Das umso mehr, weil die Konstellationen sich dergestalt verschoben haben, daß es die USA sind, die sich zur Aufgabe gemacht haben, „den Status quo in Frage zu stellen“, wie W. Bush betont. Einen Status quo, der in den Augen der US-Politik als Ursache dafür zu sehen ist, was in den Anschlägen vom 11. September gipfelte. Wollte man vor diesem Datum eine Sicherheitsstrategie für die USA, in der es eines ganz konkreten Feindbildes ermangelt, ist dies bis auf weiteres anders: Der Hauptfeind steht im arabischen Land und ist der Islamismus. Hatte man vor dem September-Massaker sich immer dafür entschieden, unter den arabischen Despotien pragmatisch das kleinere Übel zu wählen, so gilt gegenwärtig die Devise, diese weitestgehend durch den sukzessiven Versuch des „Regime Change“ zurückzudrängen.

israelisch-amerikanische Freundschaft

„Ihre scheinbare Frömmigkeit kann uns nicht täuschen. Sie sind die Erben aller mörderischen Ideologien des 20. Jahrhunderts. Indem sie ihrer radikalen Weltanschauung Menschenleben opfern, machen sie den Willen zur Macht zu ihrem einzigen Wert und folgen so dem Weg des Faschismus, des Nationalsozialismus und des Totalitarismus“, betonte W. Bush kurz nach dem 11. September im Bezug auf den islamistischen Terror und stellte damit en passant so gut wie alles an linker Analyse in den Schatten. Mit der Feststellung, daß der Wille zur Macht der einzige Wert des neuen Faschismus sei, verknüpft sich zugleich, warum man hinsichtlich der Sicherheitsdoktrin der USA einen Wandel konstatieren kann. Insofern knüpft sich die Hoffnung daran, daß sie aktiv ihre Rolle als einzigster Garant der Verhinderung einer Weltunordnung wahrnehmen.
Man kann davon sprechen, daß im Vorgehen gegen eine Weltunordnung objektiv das Primat der Negation wirkungsmächtig ist. Daß also der Unvernunft die Zähne gezeigt werden müssen, kann man nur erfassen, wenn man sich nicht gänzlich vom Vernunftbegriff verabschiedet hat. Der Unvernunft ihre Grenzen aufzuzeigen heißt, der Vernunft den Rücken frei zu halten, in dem man ihr eine Atempause verschafft.
Die Bewertung der USA sollte sich aber vor allem daran bemessen, inwieweit sie in der Lage sind, dem Staat Israel ein Durchatmen von permanenter Bedrohung zu verschaffen. Allein schon des Umstandes wegen, daß die USA die einzige Schutzmacht für Israel sind, ist ihr Status als einzige Weltmacht unbedingt zu begrüßen. Eingedenk der Tatsache, wie viele Feinde Israel nur allzugern den Garaus machen wollen, wenn sie nur wirklich könnten, eröffnet sich erst, was auf dem Spiel steht, wenn die USA geschwächt würden.
Man darf allerdings nicht vergessen, daß das Verhältnis der USA zu Israel ein instrumentelles ist, das sich zuvorderst nicht an den israelischen Sicherheitsinteressen orientiert, sondern an den eigenen. Das ist nach dem 11. September insbesondere an zwei Punkten deutlich geworden: Zum einen an der Verweigerung der Aufnahme Israels in die Anti-Terror-Koalition und zum anderen an der Forcierung einer palästinensischen Staatsgründung.
Es ist fraglich, ob die USA überhaupt fähig sind, jederzeit die Gefahr für Israel insbesondere unter dem Gesichtspunkt des unmittelbaren eigenen Interesses ausreichend wahrzunehmen. Gerade die immer wieder von US-Seite betonte Trennung von palästinesischem Terror auf der einen Seite und dem der Islamisten auf der anderen spricht dafür. Deutlich wurde dies beispielsweise mit dem Anschlag auf ein Hotel in Kenia ende November 2002, der vor allem Juden galt, und dem parallel mißglückten Raketenangriff auf ein israelisches Passagierflugzeug am gleichen Ort, wo der US-Geheimdienst Erkenntnisse im Zusammenhang mit den Anschlägen im Vorfeld nicht an die israelischen Behörden weitergegeben hat. Daraus läßt sich ableiten, daß die Kooperation zwischen den USA und Israel im Kampf gegen die Islamisten wohl nicht zufällig lückenhaft funktioniert.
Was das Projekt einer palästinensischen Staatsgründung betrifft, so könnten die USA durchaus bestrebt sein, dieses als Zugeständnis an die arabische Liga mit heißer Nadel zu stricken. Das wäre dann nichts anderes als ein Pyrrhus-Frieden für Israel, den einzig die USA zu verantworten hätten. Eine „kleine Nahost-Konferenz“ zum „Aufbau solider Verwaltungsstrukturen“ in den Autonomiegebieten anfang 2003 in London weist unter explizitem Ausschluß Israels und ausdrücklichem Einschluß palästinensischer Vertreter genau in diese Richtung.
Unter all diesen Vorzeichen ist Mathias Küntzel mit Nachdruck zuzustimmen, der in konkret 10/01 schrieb: „Selbstverständlich müssen die amerikanische und die britische Politik weiterhin kritisiert werden. Jedoch nicht deshalb, weil sie Djihadisten verfolgt, sondern weil sie diese nicht zielgenau und konsequent genug verfolgt.“ Daß man sich seitens der USA mehr implizit denn explizit gegen die Bedrohung Israels durch die Islamfaschisten wendet, könnte über kurz oder lang für Israel fatale Folgen haben. Denn die Bekämpfung der Islamisten wird nicht in jedem Fall zwingend mit dem Schutz Israels in Verbindung gebracht, sondern durchaus an Israel vorbei. Damit verbindet sich gleichzeitig eine Art Neutralisation israelischer Handlungsfähigkeit, die nur einmal mehr den Schluß zuläßt, daß Israel sich nur auf die eigene Stärke wirklich verlassen kann.

Sozialkitsch vs. Antifaschismus

In seiner Rede am 25. Mai 2002 vor dem Deutschen Bundestag betonte George W. Bush: „Armut bringt keinen Terror hervor.“ Damit verdeutlichte er nicht weniger, als daß er gegenwärtig über mehr Realitätssinn verfügt als alle antiimperialistischen Ideologen von Gerhard Schröder, Saddam Hussein, Kofi Annan bis Jürgen Elsässer und Hermann L. Gremliza. Allein mit der Anerkennung dieses Satzes stürzten ganze linke Sozialkitsch-Welten in sich zusammen, die sich so mühsam aus der weltweiten imperialistischen Unterdrückung, dem Elend und der Armut zurechtgebastelt wurden. So auch gleichermaßen die eines Hermann L. Gremliza und eines Jürgen Elsässers. Ersterer verkündete in seinem Blatt im November typisch deutsch: „In der Tat unterscheidet sich der neuere Terrorismus von dem der Vorwendezeit durch vollendete Hoffnungslosigkeit.“ Zweiterer tat in seiner Funktion als geschaßter konkret-Redakteur kund: „Offensichtlich gibt es noch eine andere Methode als den Krieg, um Antisemiten unschädlich zu machen: Wer ein erträgliches Zuhause und ein Auskommen hat, wird es sich gut überlegen, ob er all das aufs Spiel setzt, indem er nach Feierabend als Selbstmordbomber auf Judenjagd geht.“
Das romantische Gerede von der sozialen Hoffnungslosigkeit und dem materiellen Elend, die Menschen zu gewaltsamen Taten treiben würden, ist nicht nur eine Rhetorik der Entschuldigung, die man zur Genüge etwa aus dem Verständnis für deutsche Neonazis kennt. Nein, dieses Gerede steht dafür, wie viel Hoffnung sich die islam-faschistische Bewegung auf ihr Anwachsen machen darf und wie groß der klammheimliche Zuspruch für sie durch nachträgliche Rationalisierung und Legitimierung ist.
Es ist völlig unverständlich, wie Leute, denen man immer gerne ein Fünkchen mehr Verstand attestiert hat als dem deutschen Rest, auf dem Niveau eines Wilhelm Heitmeyers verständnisvoll davon reden können, es handelte sich bei den islamischen Faschisten um so etwas wie eine Art globale Modernisierungsverlierer. Wieso nur ist man nicht in der Lage, seine antifaschistische Position, daß nämlich Faschisten keine armen Schweine sind und für rationale Argumente in aller Regel unempfänglich, sie also die Grenzen der Aufklärung markieren, nur ein wenig konsequenter zu denken? Würde man die antifaschistische Binsenweisheit ernst nehmen, daß man den autoritären Charakter nicht mit netten Worten, sondern mit konsequenten Taten bekämpft, erledigte sich so die Friedenssehnsucht als anti-antifaschistisch von selbst.

Sören Pünjer

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last modified: 28.3.2007