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sports, 1.2k

gemischtes Doppel


Antizionisten gegen Sportler und Sportler gegen Antizionismus


Qureshi und Hadad, 23.0k

Aisam-Ul-Haq Qureshi und Amir Hadad
Dass Sport Menschen nicht immer friedlich zusammenbringt, sondern als politische Bühne auch tödlich genutzt wird, hat sich 1972 bei Olympia in München auf schreckliche Art und Weise mal wieder bewiesen. Damals hatte die Terrorgruppe „Schwarzer September“, welche für das Anliegen der Palästinenser kämpfte, der PLO nahe stand und deren Mitglieder nicht nur Palästinenser, sondern auch Syrer und andere waren, elf israelische Sportler als Geiseln genommen und umgebracht. Als Forderungen stellten sie die Freilassung palästinensischer Gefangener in Israel und die Freilassung von fünf RAF-Terroristen, die in deutschen Gefängnissen saßen. Die Terroristen erreichten damals nicht ihr Ziel, die Gefangenen zu befreien, hatten es aber geschafft, internationale Medienpräsenz zu erzeugen, um ihr Anliegen in die Öffentlichkeit zu rücken. Die RAF-Struktur hatte den Terroristen damals logistische Hilfe gegeben und allgemein war es seit den siebziger Jahren in der deutschen Linken üblich, im antizionistischen Kampf mitzumischen. Israel galt nicht nur vielen Menschen im Nahen Osten als Bedrohung, sondern im Antiimperialismus/Antizionismus weltweit kam der Antisemitismus als ein zentrales Moment von bürgerlicher Ideologie neu verkleidet wieder zu sich. Als Feind war wieder das „jüdische Prinzip“ ausgemacht, welches die Völker knechtet und als kaum verschworene mächtige Macht sein Unwesen treibt.
Glücklicherweise gibt es immer wieder Menschen, die aus antisemitischen und antizionistischen Kollektiven trotz der Bedrohung, selber Ziel der feindlichen Aktionen des Mobs zu werden, auszusteigen wagen.
Aisam-Ul-Haq Qureshi ist in Wimbledon bis ins Achtelfinale gekommen. So erfolgreich war ein Spieler aus Pakistan noch nie. Doch statt eines Ordens und einer persönlichen Belobigung durch den Präsidenten geriet der 22-Jährige ins Visier hässlicher Attacken. Qureshi, ein Moslem, spielt nämlich an der Seite von Amir Hadad – und der ist Jude und kommt aus Israel. Das politisch gemischte Doppel wurde beim größten Tennisturnier der Welt zu einer einmaligen Sensation. Als die beiden krassen Außenseiter Runde für Runde siegten und erst spät gegen ein Favoriten-Doppel ausschieden, wurden sie von den begeisterten Zuschauern mit Applaus verabschiedet. Aus der Heimat Qureshis kamen andere Töne. „Wenn ein Spieler bei einem Profiturnier antritt, untersteht er dabei nicht dem nationalen Verband. Aber wir verurteilen seinen Auftritt und fordern eine Erklärung. Wenn unsere Regierung es wünscht, werden wir Maßnahmen einleiten“ sagte Pakistans Verbandschef Syed Dilawar Abbas. Sportdirektor Saulat Abbas forderte Sanktionen: „Pakistan unterhält keine Beziehungen zu Israel, deshalb sollte Qureshi für seinen Auftritt gesperrt werden“. Der pakistanische Sportminister verurteilte die Paarung als „moralisch verwerflich“. Und der Vorsitzende des nationalen Sportbundes drohte mit dem Ausschluss.
Qureshi und Hadad hatten sich erst wenige Tage vor dem Turnier zufällig kennen gelernt und gleich Gefallen aneinander gefunden. Man harmonierte auf dem Tennisplatz und teilte die gleichen Freizeitinteressen. An mögliche politische Verwicklungen hatte das Paar keinen Gedanken verschwendet. „Wir sind nicht hier, um internationale Konflikte zu lösen,“ erklärte Qureshi. Und zu den Stimmen der Politiker und Sportfunktionäre seines Landes meinte er: „Sie sollten lieber über mein Tennisspiel sprechen.“ Besorgnis löste nicht nur der drohende Bannstrahl der Politiker aus. Sympathisanten der Terrororganisation El Kaida haben gleichzeitig eine Hass-Kampagne angezettelt und im Internet alle Moslems aufgerufen, gegen dieses Doppel mit allen Mitteln zu protestieren. Die Bedrohung durch radikale Moslems wurde den beiden Spielern erst nach ihrem Ausscheiden richtig bewusst. „Ich war sehr schockiert, als ich davon hörte“, gab Qureshi zu. Die israelische Regierung hatte dem Doppel frühzeitig die volle Unterstützung signalisiert.
„Ich kann es nur positiv sehen, wenn zwei Jungs aus verschiedenen Ländern zusammen Tennis spielen“, erklärte denn auch Amir Hadad, der sich als „nicht besonders religiösen Menschen“ einstuft, der lieber trainiere als bete. Sein Partner führt den Profi-Stress als Entschuldigung für seine Distanz zum Islam an. Es sei eben sehr schwer, während der Turniere fünf Mal am Tag zu beten.
Begleitet vom Beifall des Publikums, nahm das Doppel Abschied von Wimbledon. Für das Erreichen des Achtelfinales bekamen sie einen Scheck über 24 000 Euro. Von den Drohungen wollen sie sich nicht einschüchtern lassen. Auch in Zukunft werden sie im Doppel spielen.

Viel Erfolg wünscht Hannes


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last modified: 28.3.2007