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Let’s talk about feelings

„Stille, bitte“, stand auf Transparenten in vielen Fanblocks, und angesichts von 250 000 Zuschauern in sieben Stadien war es für Augenblicke wirklich sehr, sehr still. In der Stille vieler drückte sich Trauer intensiver aus als in den Worten einzelner.

Wir trauern mit!, 28.9k Denn darum nur ging es ja an diesem sechsten Spieltag der Fußball-Bundesliga, dem ersten nach dem 11. September 2001: Symbolhaft die Traurigkeit zu zeigen, die alle begleitete, auch wenn wir taten, was sie gewohnt waren zu tun. Es war alles etwas leiser geworden an diesem Wochenende, das öffentliche Leben und das private Erleben; der Fußball sollte sich mit dieser Stille solidarisieren, und das hat er getan, so gut er eben kann.
Und doch gab es keinen Automatismus für solch einen Tag, um am Ende jedem die Sicherheit zu geben, das Richtige getan zu haben. Es ist manchem Profi schwer gefallen, in dem einen Moment seinen Gegenspieler an die Hand zu nehmen und ihm im nächsten hinterherzulaufen, so schwer, dass er sich hinterher wünschte, man hätte ihn nicht vor diese Aufgabe gestellt. Diejenigen, die eine Absage des Spieltags auch dann noch befürworteten, als er vorbei war, schienen in der Mehrheit. Der Münchner Torwart Oliver Kahn gehörte dazu und sein Schalker Kollege Oliver Reck. Der rief sogar nach der Spielervertretung, der Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV), von der kein Wort zu hören gewesen sei, als die Liga noch mit sich rang, ob sie spielen sollte oder nicht. Reck fand das „völlig unverständlich“. Und Mario Basler, das enfant terrible aus Kaiserslautern, fragte seinen gleichsam wenig intellektuell herausragenden Teamchef Andreas Brehme: „Trainer, hat’s das wirklich gegeben?“

Angenehme Normalität
Giovane Elber, 22.0k
Giovane Elber formt mit seinen Händen eine Friedenstaube
Nur eine Zwischenfrage: Was hätten eigentlich Vereine mit einem Spieler gemacht, der um seine Freistellung für diesen Tag gebeten hätte, wegen Betroffenheit? Weil er vielleicht nicht im Stande war, „den Hebel umzulegen“, wie Kahn das nannte, Leistung abzurufen, wie Bayern-Trainer Hitzfeld immer fordert, umzuschalten von innerer Abwehr gegen die Angst, die einen befällt, auf Angriff gegen das Tor des Gegners? Was hätte eigentlich die UEFA gemacht, wenn sich an jenem Dienstag, dem „verhängnisvollen“ 11. September 2001, ein Verein tatsächlich couragiert dem Diktat widersetzt hätte, in der Champions League spielen zu müssen? Und: haben Formel-1-Fahrer nicht schon wegen weniger gestreikt als weltweiter Trauer, wegen zu steiler Kurven und zu schlechter Straßenbeläge zum Beispiel? Was wäre eigentlich passiert, wenn sie nicht gefahren wären in Monza?
Manche meinen, dann hätte der Terror gesiegt. Die Fußballspiele auszutragen und anzuschauen war ja auch eine Möglichkeit für die Spieler und die Zuschauer, ihr ganz persönliches Zeichen zu setzen gegen das Verstecken – und sich abzulenken. Die Normalität eines Fußballspiels ist angenehm berechenbar und in der Lage, jeden anderen Gedanken zu verdrängen. Deswegen jubelten Fußballer nach Toren seit jenem Samstag wie zuvor, deswegen pfiff das Publikum bei schlechter Leistung und applaudierte bei gelungenen Aktionen. Wie immer. Warum auch nicht?
Und trotzdem war es nicht wie immer, auf den Anzeigetafeln stand diese Botschaft: „Der gesamte deutsche Fußball und seine Fans trauern mit den Angehörigen der Terroranschläge vom vergangenen Dienstag. Dieses Spiel findet statt um zu demonstrieren, dass wir Terror verabscheuen.“ Die Trikots der Bremer Spieler waren mit einem trotzigen Slogan beflockt worden: „Keine Macht dem Terror“. In Nürnberg lagen Kondolenzbücher aus, in die sich die Fans eintragen konnten. Dortmunder und Schalker Offizielle trafen sich vor dem Spiel ihrer Mannschaften zur Andacht in der Kapelle unter der Schalke-Arena. Andreas Brehme, Big Brehme, sagte, er könne sich gar nicht über die beiden Tore freuen, die seiner Elf gelungen waren. Etliche Zuschauer schwenkten US-Flaggen, und Giovane Elber formte mit seinen Händen eine Friedenstaube, nachdem er zum 1:0 gegen Freiburg getroffen hatte. Das Münchner Olympiastadion war frei von Bandenwerbung. „Give peace a chance“, lautete die einzige Botschaft auf den Reklame-Reitern rund um den Rasen, eine Maßnahme, die der Freiburger Trainer und Sozialpädagoge Volker Finke als „sehr beruhigend, verlässlich, angemessen“ empfand.
Beruhigend, verlässlich und angemessen: Im Rahmen ihrer Möglichkeiten hat die Bundesliga getan, was sie konnte. „Die Trauer muss man ewig tragen“, sagte Bayern-Manager Uli Hoeneß. Und trotzdem Fußball spielen.
Teewald



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last modified: 28.3.2007