Bisweilen wird Migranten, welche ihren
Aufenthaltsort nach Deutschland verlegt haben, nachgesagt, die ganze
Bandbreite des hiesigen Sozialstaates für ihre Zwecke nutzen
zu wollen. Das Prinzip des do ut des ignorieren selbige hiernach
ebenso systemwidrig wie das ihnen nahegelegte Erlernen der deutschen Sprache.
Dabei ist die Frage nach einer Daseinsberechtigung längst nicht mehr zu
stellen. Das Phänomen innerhalb der deutschen Bevölkerung lässt
sich geradewegs daran festmachen, dass jene seit ihrer Existenz, statt Fragen
zu stellen, stets nur Antworten predigt. Sobald jedoch Forderungen nach
Veränderung desselben Zustandes einhellig und vor allem medienwirksam
Nachdruck verliehen werden soll, wird diesem Unterfangen kein Erfolg beschieden
sein. Auch wenn man dabei die Durchschlagskraft eines Gabriel Batistuta
für sich in Anspruch nimmt.
Kopfnigger
Unbestritten können die Produktionen von Afrob als hochintelligente
Ausnahmen unter den wenig wissenschaftlich ausgerichteten deutschen
HipHop-Interpreten Geltung erlangen. Hierüber jedoch längere
Ausführungen zu machen, erübrigt sich allerdings mangels Alternativen
recht schnell. Ebenso wie bezüglich der Notwendigkeit einer fortdauernden
Existenz des gesamten Genres der Worte genug gewechselt sind.
Währenddessen bisweilen die Grenze zwischen Profitgier,
Repräsentation der eigenen Person sowie Anspruchsdenken und weitergehendem
Aktionismus fließend verlaufen, kommen nunmehr sämtliche
Linguisten als große, ganze Familie daher, um die Interessen
der anderen wahrzunehmen. In Anlehnung an diverse Staatenbündnisse wird
dabei propagiert, was das Zeug hält. Jeder kann mit jedem und wenn der
eine mal aus der Reihe tanzt, dann hat nämlicher mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit einen Compagnero, der diese sich
auftuende Lücke zu schließen imstande ist. So erhält auch ein
Ferris MC nach jahrelanger Abstinenz wieder einmal die Möglichkeit, sich
zu äußern und einen Erfahrungsbericht der letzten Jahre zum Besten
zu geben. Viel Neues gibt es dabei selbstredend nicht zu berichten:
...saufen, rauchen und auf Bühnen abgehn / tausend Mal dein Namen
schrein / nonstop im Mittelpunkt stehn... So weit, so gut.
Auch der in Deutschland stationierte Botschafter Jamaikas Tilmann Otto alias
Gentleman, den sich Afrob verstärkend ins Boot holte, erläutert in
kognitiven Reimen, dass das Sprichwort nomen est omen auf ihn,
seinen Künstlernamen um genauer zu sein, gerade nicht zugeschnitten ist.
Dass er selbiges gar ad absurdum führt und die ehemals genannten
Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit, wie sie sich gerade in
seiner Person manifestieren, nachdrücklich untermauert, ist mittlerweile
in diesem Genre keine Seltenheit. Wiederum wird eine Lanze für all die
real jamaicans gebrochen und eine Grußbotschaft
für die votzen die das nie verstehn... nachgesandt. Und eben
hier endet ein politisches Selbstverständnis, auch wenn man gerade kein
zweiter Jimmy Hartwig sein will.
Und so wird es eben auch Afrob nicht gelingen, Veränderungen der
Denkvorgänge, wenn man so will, hinsichtlich scheinheiliger und
später Betroffenheit innerhalb der Gesellschaft zu bewirken. Insofern
muß gerade seine Botschaft Öffne die Augen weniger als
politisch motiviertes Statement denn als Aufforderung an seinen
Weggefährten Ferris MC, der aufgrund seines Drogenkonsums damit rechte
Probleme haben soll, verstanden werden.
Muschis, Homis, Wixerbullen
Nicht, dass Afrob alleine kommen würde. Nein, er hat sich Verstärkung
mitgebracht. Dass diese allerdings nur musikalischer Art sein wird, und nicht,
wie befürchtet, die sozialpolitische Creme de la creme, liegt auf der
Hand. Für die einen, Da Fource, gibt es außer HipHop nicht
viel, was zählt und das war eigentlich schon immer so, der Horizont
der anderen beschränkt sich auf die drei wesentlichsten Dinge im Leben,
zusammengefasst in dem Track MUSCHISHOMISWIXERBULLEN. Erstens reimt
es sich nicht einmal, zweitens ist es recht sexistisch und drittens
untergräbt dieser Zusammenschluss von Künstlern die
Authentizität eines Afrob. Wer einerseits alltäglichen
Rassismus und, in diesem Kontext anmutig erscheinenden,
Ungerechtigkeiten bekämpfen will, wird spätestens mit
einer solchen, ihn begleitenden Band nicht mehr ernst genommen. Denn ist nicht
auch eine Diktatur des Mannes über die Frau ungerecht?
Letzter Versuch
Ähnlich wie sich der VfB Stuttgart in der Fußball-Bundesliga
darstellt, erscheint auch der Werdegang der Stadt als HipHop-Metropole stark
gefährdet. Erfolgversprechende Newcomer sind so rar wie gute Spieler im
nämlichen Verein. Afrob ist da noch die einzige Ausnahme, und hat
angesichts der fehlenden Alternativen den Status des letzten Mohikaners inne.
Auch nach der wirklich vielversprechenden Letzten Warnung darf man
auf die Zukunft gespannt sein. Geflissentlich ist hierbei Ruhe vor dem Sturm
angesagt. Sollte dieser ausbleiben, hat der HipHop seinen letzten Kredit
verspielt. So als wenn Batistuta zu Lazio Rom wechseln würde.
Teewald
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