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RAG-Schrift, 23.7k

Wie der Stahl gehärtet wurde

Das ganze Leben ist ein Quiz. Vor allem hinsichtlich derer, für welche das ganze Leben kein Quiz, sondern ein „Battle“ ist. So wie für die Mitglieder der Ruhrpott AG, die uns mit bedeutungsschwangeren Idiomen wie „Klassenkampf, Schicksalbewältigung (und) Streben nach Zufriedenheit...“ eine Marschroute vorgeben scheinen zu wollen. Dabei sind Start und Ziel derselben ebenso nebensächlich wie das angebliche Bestehen eines „Hip Hop-Selbstverständnisses“. Wichtig ist, was dahinter steht. Dies ist das ewig Gleiche und äußert sich vorliegend in abstrusen Visionen: „Wär doch’n Riesenscheiß, wenn der Ruhrpott nie beweist, was Liebe und Teamgeist heißt“. So wie die Fangruppen von Schalke 04 und Borussia Dortmund etwa.

Klassenkampf
Ober-, Mittel- oder Unterklasse, das ist hier die Frage. Während der VfL Bochum, die ehemals als „unabsteigbar“ geltenden Fußballmacht aus dem Ruhrstadion, ein wiederholtes Mal den Gang in die Zweitklassigkeit antreten musste, ist es der wahren Hip Hop-Metropole Hamburg unterdessen gelungen, ein weiteres Team in der Bundesliga, der obersten Spielklasse, zu installieren. Ob die maßlose Selbstüberschätzung nun ein spezifisches Bochumer Problem ist, kann dahin gestellt bleiben, gibt es doch im Falle der RAG keinerlei Anzeichen für solch ein Verhalten, was über das ohnehin schon stringente Selbstbewusstsein eines Rappers hinausgeht. Die von ihnen dargetanen Äußerungen, die ein „...gesundes Gegengewicht zu eindimensionalem Party-Rap verkörpern...“ sollen, erheben zwar obendrein den Anspruch, dem eigenen nämlichen „Qualität vor Quantität“ gerecht werden zu müssen. Was und vor allem wer dabei diesem „eindimensionalen Party-Rap“ zugeordnet werden muß, bleibt selbstredend unbeantwortet. Zu groß die Gefahr, sich Feinde zu machen, die heile Welt des Genres zu sprengen und wohl auch die Angst vor der eigenen Courage – einem zwingend darauffolgenden „Battle“.

Schicksalsbewältigung
Obschon es das Ziel eines jeden Lebewesens in jeder Lebenslage sein mag, dem Anspruchsdenken von Qualität und Quantität die rechten Proportionen beikommen zu lassen, erscheint selbiges Unterfangen vorliegend mit „einer scheinbar unerschöpflichen Skill-Vielfalt“ aussichtsloser denn je. Selbige strapaziert wahrscheinlich gleichsam „Pottriot“ Herbert Grönemeyer, dessen tief im Westen verstaubender Stern „Sonne“ mittlerweile untergegangen zu sein scheint, auch für sich. Nur wird er sich diesen unsäglichen Wortes „Skill“ nicht bedienen. Nur, dass macht seine Musik auch nicht gerade besser.
Was nun die eigene Schicksalsbewältigung im Falle der RAG anzugehen betrifft, setzt selbige denknotwendig einen Schicksalsschlag oder doch zumindest ein Schicksal voraus. Und hierfür reichen „die miesen Tricks im Leben“ nun gerade nicht aus.

Streben nach Zufriedenheit
Wer rastet der rostet, und da nämlicher Korrosionsvorgang im Stahlstandort Nummer eins gehasst wird wie die Pest, ist man ständig um Veränderung bemüht. Schalke und der BVB verstärken ihre Mannschaften unter Investition von mehreren Millionen Mark, welche der hart schuftende Stahlarbeiter Wochenende für Wochenende in die Kassen spielt. Ein wenig intelligenter stellen sich dabei die „vier Wahl-Bochumer“ an. Erstens sind selbige nicht in der metallverarbeitenden Industrie sondern im „business“ beschäftigt. Zweitens leben sie in Bochum und da sind die Eintrittspreise ohnehin, weil es eben zweite Liga ist, viel billiger. Und drittens machen sie auch recht ordentliche Musik, die wahrscheinlich das Existenzminimum zu sichern imstande ist. Zumindest sind sie neben „Creutzfeld & Jakob“ die Aushängeschilder des „Reviers“. Ein wirklich seltener und vor allem hoffnungsvoller Lichtblick am Horizont des Hip Hop-Himmels. Das Album sowie die Crew hat tatsächlich „Pottential“, wer hätte das gedacht. Nur hinsichtlich des ewig Gestrigen Informationsmaterials liegt noch einiges im argen. Doch so ist es nun einmal beim Hip Hop – einer Subkultur, wo es viele Münder gibt, die reden, und sehr wenige Köpfe, die denken.
Gehbald
Ruhrpott-AG, 26.5k



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last modified: 28.3.2007