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Die Angst des Chefs (aus SPEX 12/94)

Das Schlimmste, was sich der Programmchef eines modernen kommerziellen Radiosenders, ob nun öffentlich-rechtlich oder privat, vorstelen kann: Weltuntergang, Pest, Armageddon, Rinderwahnsinn? Nun, ist alles nichts gegen eine zu gute Moderatorin, einen zu guten Moderator.

Smoother Gleichklang soll aus dem Radio kommen und unsere Räume beschallen. Medium Radio: Ein Stetigkeit vorgebender Soundtrack zur Stetigkeit des Alltags- und Berufslebens. Das Radio, ein Begleiter, der nicht über Gebühr Aufmerksamkeit auf sich lenkt, in dem er gute Grimassen schneidet und lustig um einen herumhüpft, sondern der bescheiden Grimassen schneidet und professionell neben einem herhüpft. Und sich ansonsten in bloßer Anwesenheit genügt. Eine zu gute Moderation, eine zu gute einzelne Sendung im Tages- oder Wochenprograrmm könnte auf den Gedanken bringen, alle anderen gegen diese abzuwägen, sie nicht mehr in den Gesamtablauf integrieren und auflösen zu können. Sie könnte zur Entscheidungshilfe gegen das restliche Progranm werden - die größte Angst des Wellenchefs. Und wenn dann ein Redakteur kommt und sagt: Chef, unsere Dancefloor-Sendung am Samstag abend hat tolle Reichweiten, dann kommt die Antwort: schön. Dabei wird aber gedacht: Scheiße, das könnte das Gesamtbild verzerren, die ganzen jungen Dancefloor-Hüpfer schalten ein, und die ganze andere Durchschnittshörerschatt schaltet weg. Wir wollen doch den mit allem einverstandenen Durchhörer nicht verschrecken. Die Mitte, den Mainstream als ein ästhetisches Prinzip, das sich in ein Ökonomisches, ohne gefährliche Amplituden nach oben oder unten, verlängert.


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last modified: 28.3.2007