Währenddem in deutschen Landen mittlerweile das
Backen kleinerer Brötchen die Tagesordnung bestimmt, sieht die Welt des
runden Leders in den Mutterländern desselben ein wenig rosiger aus. Im
Mittelpunkt des Interesses stehen fortan zwei Mannschaften, deren Einfluss auf
den gesamten Sektor des Fußballsports ungeahnte Qualitäten
erfährt.
Real Madrid und
Manchester United die Repräsentanten
von Viva Espana und Good Old England.
Surreal Madrid
Dieses Jahr feiert Real Madrid Geburtstag, den 100. Wenn es nach den
Verantwortlichen des spanischen Vorzeigeklubs ginge, würden an diesem Tag
alle Arbeiten weltweit ruhen und alle Menschen, ob sie denn wollten oder nicht,
einem Imperialisten gedenken, der durch dubiose Handlungsweisen weit mehr
Menschen in den Ruin und an den Rande des Verderbens manövriert hat als
ein Schiedsrichter mit seinen roten oder gelb-roten auszurichten vermag.
Nun erstreckt sich der Einflussbereich der Vorstandmitglieder der
Königlichen obschon auch in politische Sphären hinein,
weiß Gott aber beliebt es den exzentrischen Hausherren dabei, mitunter
nur die spanische Regentenschar zu beweihräuchern. Doch auch diese
weigerte sich beharrlich, dem Volk am fraglichen 100. Geburtstag des Vereins
einen Nationalfeiertag zu verabreichen, wohl mit dem Hintergedanken, dass Real
nicht gerade der beliebteste Klub in Südeuropa ist.
So begab man sich zu einer Audienz bei FIFA und UEFA, deren
Generalsekretären Blatter und Aigner, und erwirkte, dass zumindest die
gesamte Fußballwelt den Feiertag gebührend begeht. Nunmehr findet zu
Ehren der ruhmreichen Figo, Raul und Co., zum Jubiläum Reals ein
Freundschaftsspiel statt und die ganze Welt schaut zu. Zumindest ward es ihr
strikt verboten, an nämlichem Tage, Pflichtspiele irgendeiner Art
auszutragen. Das gilt weltweit. Zuwiderhandlungen werden mit empfindlichen
Geldstrafen bis hin zum Ausschluss aus UEFA und FIFA geahndet.
Ein Phänomen anderer Art ist derweilen die finanzielle Situation der
Königlichen. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass die Manager
und Sportdirektoren den Superstars der Welt des Fußballs Offerten mit
atemberaubenden Inhalten anbieten. Nachdem vergangene Saison der
Weltfußballer des Jahres 2000 Luis Figo vom Erzrivalen C.F. Barcelona
für ca. 90 Millionen Dollar das Trikot, Stadt und Stadion wechselte, buhlt
man inzwischen um die Gunst von Beckham (Manchester United) und Rivaldo (C.F.
Barcelona). Die Ablösesummen für diese erreichen ein weiteres Mal
neue Dimensionen, so dass für Rivaldo allein schon 120 Millionen Dollar
gezahlt werden müssten. Nun, das alles ist nichts erstaunliches mehr,
betrachtet man jedoch den Schuldenberg von Real Madrid, reibt man sich
verwundert die Augen. Dort stehen Verbindlichkeiten von 1,2 Milliarden Dollar
(im Jahre 2004) zu Buche. Doch das Geschäft läuft, solange man die
besten der Besten verpflichten kann, interessieren die Schulden weit weniger.
Das ist das Problem der Gläubiger. Nicht meins., erklärte
der Präsident unlängst. Nur, ob diese zum Feiertag auf Real
anstoßen werden?
United, not divited
Weitaus vielversprechender dagegen die Situation bei den bodenständigen
Engländern. Geld ist hier nur Nebensache, was zählt ist der Erfolg.
Und da die nationale Konkurrenz dem Serienmeister das Wasser nicht mal halbwegs
reichen kann, international ebenso das erreicht ist, was es als Klubmannschaft
zu erreichen gibt, hat man sich neue Ziele auf dem Sektor Ein
Fußballverein verhundertfacht sein Geld. gestellt. Herausragender
Akteur hierbei wieder einmal der Retter der Nation Sir Bobby
Charlton.
Fürs Detail fühlt er sich schon lange nicht mehr zuständig. 1966
verhalf Charlton als Spielmacher mit seinem zentimetergenauen Timing England
zur Weltmeisterschaft, auf solche Präzision kommt es ihm heute als
Ehrendirektor des englischen Fußball-Meisters Manchester United nicht
mehr an. Repräsentieren ist seine Aufgabe, da reicht es meist, ein paar
griffige Zitate auszuspucken. Die Pressekonferenz Anfang dieses Monats in New
York war reine Routine für ihn. United und das Baseballteam New York
Yankees, die beiden wohl bekanntesten Sportmannschaften, stellten eine
strategische Allianz vor, und als dann jemand wissen wollte, was so
eine strategische Allianz eigentlich sei und was sie United bringe, sagte es
Sir Bobby: Wir machen das nicht, um Geld zu scheffeln. Aber
natürlich werden wir damit Geld scheffeln, denn darin sind wir
gut.
Die Botschaft kam an. Dankbar klammerten sich selbst die seriösen Medien
an Charltons saloppen Leitfaden. Bahnbrechend sei der
Mega-Deal, der womöglich Milliarden bringt.
Es sind die bekannten Reflexe: Sobald die börsennotierte United AG,
mit einem Jahresvolumen von 356,1 Millionen Mark der umsatzstärkste
Fußballklub der Welt, eine neue Marketingidee vorstellt, sehen alle nur
noch Dollarzeichen.
Die Wirklichkeit jedoch ist ein wenig komplizierter als Bobby Charltons
Sprechblasen. Obwohl ManU geschätzte 30 Millionen Fans hat, tut sich der
Klub schwer, aus seiner erdumfassenden Popularität tatsächlich
Kapital zu schlagen. Als erster Fußballklub versucht der
Champions-League-Gewinner von 1999 im großen Stil international zu
operieren, doch bislang hat der Versuch vor allem Zweifel gebracht, ob
Fußballklubs als Wirtschaftsunternehmen wirklich global player sein
können.
Gerade mal 6,7 Millionen Mark, nicht einmal zwei Prozent des Umsatzes,
erwirtschaftet United fern der Heimat. Der Fanshop in Singapur, vergangenes
Jahr als erster in einer geplanten Reihe von emotionalen Hauptquartieren
in Übersee eröffnet, ist in Schwierigkeiten.
Im Fanshop in Dublin ist der dritte Stock derzeit leer, nachdem das
Red Cafe mangels Erfolg nach drei Monaten wieder schließen
musste. Die Ausgabe der Hochglanzzeitschrift United-Magazin auf
Thai wurde eingestellt, auf Norwegisch und Englisch verkauft sich die
Vereinszeitschrift außerhalb Großbritanniens mickrige
14 000mal im Monat. MUTV, der vereinseigene Fernsehsender, ist wegen
technischer und rechtlicher Schwierigkeiten im Ausland noch immer nicht zu
empfangen und bringt jährlich 3,1 Millionen Mark Verlust.
In der Theorie klang es plausibel, als Vorstandsvorsitzende vor zwei Jahren
erklärten: Fußball ist der globale Sport, Asien ist ein
wichtiger Markt, eine fußballverrückte Region und markenversessen.
Sie wollen die Guccis, die Manchester Uniteds. Die Praxis jedoch zeigt,
dass Fans, die mehrere tausend Kilometer vom Old Trafford Stadion entfernt
leben, zwar United im Fernsehen schauen, aber deswegen noch lange nicht in
Massen offizielle Fanartikel kaufen wollen; zumal sie gerade in Asien die
Trikots auch als billige Raubkopien bekommen. Vor zwei Jahren versprachen sie
noch euphorisch Fanshops in Peking, Shanghai, Hongkong
mindestens. Passiert ist nichts.
So wird das auch mit dem Yankees-Vertrag sein, dem bahnbrechenden, dem
Mega-Deal. Man wolle beim Verkauf von Fernsehrechten und beim Merchandising
kooperieren. Dabei haben weder die Yankees noch United die Möglichkeit,
ihre TV-Rechte zu veräußern; dies wird kollektiv von ihren Ligen
erledigt. Und auch United-Trikots und -Bettwäsche dürften nur
schwerlich in die Yankees-Fanshops gelangen. Denn die Yankees haben ihre
Marketingrechte zu mehr als 90 Prozent an Lizenznehmer abgetreten. Diese
Subunternehmer werden kaum Merchandisingartikel verkaufen, an denen sie nichts
verdienen. Zudem hat ManU selbst gerade vom Sommer 2002 an für 71,5
Millionen Mark pro anno sein Merchandising 13 Jahre lang dem
Sportartikelhersteller Nike überlassen. Eine Firma, die wenig Interesse
hat, ihre Ware in den Shops der Yankees feilzubieten. Das Baseballteam wird von
adidas gesponsort.
Seinen wirklichen Zweck hat das Yankees-United-Abkommen vermutlich
schon mit Bekanntgabe erfüllt: kurzzeitig die Fantasie der Londoner
Börse und somit den derzeit lahmen United-Kurs zu beflügeln. Als die
Nachricht von der Partnerschaft vorab bekannt wurde, stieg Uniteds Aktie prompt
um sieben Prozent. Als Bobby Charlton in seiner unnachahmlichen Art die
Strategie der Allianz erläutert hatte, sank das Papier allerdings sofort
wieder um drei Punkte.
Teewald
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