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Sie sind egal, aber...

Währenddem in deutschen Landen mittlerweile das Backen kleinerer Brötchen die Tagesordnung bestimmt, sieht die Welt des runden Leders in den Mutterländern desselben ein wenig rosiger aus. Im Mittelpunkt des Interesses stehen fortan zwei Mannschaften, deren Einfluss auf den gesamten Sektor des Fußballsports ungeahnte Qualitäten erfährt. Real Madrid und Manchester United – die Repräsentanten von Viva Espana und Good Old England.

Manchester United Bier, 17.3k

Manchester United nach dem Bier, 18.1k

Surreal Madrid
Dieses Jahr feiert Real Madrid Geburtstag, den 100. Wenn es nach den Verantwortlichen des spanischen Vorzeigeklubs ginge, würden an diesem Tag alle Arbeiten weltweit ruhen und alle Menschen, ob sie denn wollten oder nicht, einem Imperialisten gedenken, der durch dubiose Handlungsweisen weit mehr Menschen in den Ruin und an den Rande des Verderbens manövriert hat als ein Schiedsrichter mit seinen roten oder gelb-roten auszurichten vermag.
Nun erstreckt sich der Einflussbereich der Vorstandmitglieder der „Königlichen“ obschon auch in politische Sphären hinein, weiß Gott aber beliebt es den exzentrischen Hausherren dabei, mitunter nur die spanische Regentenschar zu beweihräuchern. Doch auch diese weigerte sich beharrlich, dem Volk am fraglichen 100. Geburtstag des Vereins einen Nationalfeiertag zu verabreichen, wohl mit dem Hintergedanken, dass Real nicht gerade der beliebteste Klub in Südeuropa ist.
So begab man sich zu einer Audienz bei FIFA und UEFA, deren Generalsekretären Blatter und Aigner, und erwirkte, dass zumindest die gesamte Fußballwelt den Feiertag gebührend begeht. Nunmehr findet zu Ehren der ruhmreichen Figo, Raul und Co., zum Jubiläum Reals ein Freundschaftsspiel statt und die ganze Welt schaut zu. Zumindest ward es ihr strikt verboten, an nämlichem Tage, Pflichtspiele irgendeiner Art auszutragen. Das gilt weltweit. Zuwiderhandlungen werden mit empfindlichen Geldstrafen bis hin zum Ausschluss aus UEFA und FIFA geahndet.
Ein Phänomen anderer Art ist derweilen die finanzielle Situation der „Königlichen“. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass die Manager und Sportdirektoren den Superstars der Welt des Fußballs Offerten mit atemberaubenden Inhalten anbieten. Nachdem vergangene Saison der Weltfußballer des Jahres 2000 Luis Figo vom Erzrivalen C.F. Barcelona für ca. 90 Millionen Dollar das Trikot, Stadt und Stadion wechselte, buhlt man inzwischen um die Gunst von Beckham (Manchester United) und Rivaldo (C.F. Barcelona). Die Ablösesummen für diese erreichen ein weiteres Mal neue Dimensionen, so dass für Rivaldo allein schon 120 Millionen Dollar gezahlt werden müssten. Nun, das alles ist nichts erstaunliches mehr, betrachtet man jedoch den Schuldenberg von Real Madrid, reibt man sich verwundert die Augen. Dort stehen Verbindlichkeiten von 1,2 Milliarden Dollar (im Jahre 2004) zu Buche. Doch das Geschäft läuft, solange man die besten der Besten verpflichten kann, interessieren die Schulden weit weniger. „Das ist das Problem der Gläubiger. Nicht meins.“, erklärte der Präsident unlängst. Nur, ob diese zum Feiertag auf Real anstoßen werden?

United, not divited
Weitaus vielversprechender dagegen die Situation bei den bodenständigen Engländern. Geld ist hier nur Nebensache, was zählt ist der Erfolg. Und da die nationale Konkurrenz dem Serienmeister das Wasser nicht mal halbwegs reichen kann, international ebenso das erreicht ist, was es als Klubmannschaft zu erreichen gibt, hat man sich neue Ziele auf dem Sektor „Ein Fußballverein verhundertfacht sein Geld.“ gestellt. Herausragender Akteur hierbei wieder einmal der „Retter der Nation“ Sir Bobby Charlton.
Fürs Detail fühlt er sich schon lange nicht mehr zuständig. 1966 verhalf Charlton als Spielmacher mit seinem zentimetergenauen Timing England zur Weltmeisterschaft, auf solche Präzision kommt es ihm heute als Ehrendirektor des englischen Fußball-Meisters Manchester United nicht mehr an. Repräsentieren ist seine Aufgabe, da reicht es meist, ein paar griffige Zitate auszuspucken. Die Pressekonferenz Anfang dieses Monats in New York war reine Routine für ihn. United und das Baseballteam New York Yankees, die beiden wohl bekanntesten Sportmannschaften, stellten eine „strategische Allianz“ vor, und als dann jemand wissen wollte, was so eine strategische Allianz eigentlich sei und was sie United bringe, sagte es Sir Bobby: „Wir machen das nicht, um Geld zu scheffeln. Aber natürlich werden wir damit Geld scheffeln, denn darin sind wir gut.“
Die Botschaft kam an. Dankbar klammerten sich selbst die seriösen Medien an Charltons saloppen Leitfaden. „Bahnbrechend“ sei der „Mega-Deal“, der „womöglich Milliarden bringt“. Es sind die bekannten Reflexe: Sobald die börsennotierte United AG, mit einem Jahresvolumen von 356,1 Millionen Mark der umsatzstärkste Fußballklub der Welt, eine neue Marketingidee vorstellt, sehen alle nur noch Dollarzeichen.
Die Wirklichkeit jedoch ist ein wenig komplizierter als Bobby Charltons Sprechblasen. Obwohl ManU geschätzte 30 Millionen Fans hat, tut sich der Klub schwer, aus seiner erdumfassenden Popularität tatsächlich Kapital zu schlagen. Als erster Fußballklub versucht der Champions-League-Gewinner von 1999 im großen Stil international zu operieren, doch bislang hat der Versuch vor allem Zweifel gebracht, ob Fußballklubs als Wirtschaftsunternehmen wirklich global player sein können.
Gerade mal 6,7 Millionen Mark, nicht einmal zwei Prozent des Umsatzes, erwirtschaftet United fern der Heimat. Der Fanshop in Singapur, vergangenes Jahr als erster in einer geplanten Reihe von „emotionalen Hauptquartieren in Übersee“ eröffnet, ist „in Schwierigkeiten“. Im Fanshop in Dublin ist der dritte Stock derzeit leer, nachdem das „Red Cafe“ mangels Erfolg nach drei Monaten wieder schließen musste. Die Ausgabe der Hochglanzzeitschrift „United-Magazin“ auf Thai wurde eingestellt, auf Norwegisch und Englisch verkauft sich die Vereinszeitschrift außerhalb Großbritanniens mickrige 14 000mal im Monat. MUTV, der vereinseigene Fernsehsender, ist wegen technischer und rechtlicher Schwierigkeiten im Ausland noch immer nicht zu empfangen und bringt jährlich 3,1 Millionen Mark Verlust.
In der Theorie klang es plausibel, als Vorstandsvorsitzende vor zwei Jahren erklärten: „Fußball ist der globale Sport, Asien ist ein wichtiger Markt, eine fußballverrückte Region und markenversessen. Sie wollen die Guccis, die Manchester Uniteds.“ Die Praxis jedoch zeigt, dass Fans, die mehrere tausend Kilometer vom Old Trafford Stadion entfernt leben, zwar United im Fernsehen schauen, aber deswegen noch lange nicht in Massen offizielle Fanartikel kaufen wollen; zumal sie gerade in Asien die Trikots auch als billige Raubkopien bekommen. Vor zwei Jahren versprachen sie noch euphorisch Fanshops „in Peking, Shanghai, Hongkong – mindestens“. Passiert ist nichts.
So wird das auch mit dem Yankees-Vertrag sein, dem bahnbrechenden, dem Mega-Deal. Man wolle beim Verkauf von Fernsehrechten und beim Merchandising kooperieren. Dabei haben weder die Yankees noch United die Möglichkeit, ihre TV-Rechte zu veräußern; dies wird kollektiv von ihren Ligen erledigt. Und auch United-Trikots und -Bettwäsche dürften nur schwerlich in die Yankees-Fanshops gelangen. Denn die Yankees haben ihre Marketingrechte zu mehr als 90 Prozent an Lizenznehmer abgetreten. Diese Subunternehmer werden kaum Merchandisingartikel verkaufen, an denen sie nichts verdienen. Zudem hat ManU selbst gerade vom Sommer 2002 an für 71,5 Millionen Mark pro anno sein Merchandising 13 Jahre lang dem Sportartikelhersteller Nike überlassen. Eine Firma, die wenig Interesse hat, ihre Ware in den Shops der Yankees feilzubieten. Das Baseballteam wird von adidas gesponsort.
Seinen wirklichen Zweck hat das „Yankees-United-Abkommen“ vermutlich schon mit Bekanntgabe erfüllt: kurzzeitig die Fantasie der Londoner Börse und somit den derzeit lahmen United-Kurs zu beflügeln. Als die Nachricht von der Partnerschaft vorab bekannt wurde, stieg Uniteds Aktie prompt um sieben Prozent. Als Bobby Charlton in seiner unnachahmlichen Art die Strategie der Allianz erläutert hatte, sank das Papier allerdings sofort wieder um drei Punkte.
Teewald



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last modified: 28.3.2007