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nico suave + andere, 4.4k
nico suave, 13.6k

Everybody’s Darling

Das derzeitige Verhältnis auf dem Sektor der gesanglichen Interpretation namens Hip Hop lässt sich am wahrscheinlichsten mit einem Schwenk auf den europäischen Aktienmarkt beschreiben. Namen über Namen, hier Newcomer, dort Neuemissionen genannt, geben den Verfechtern der „Masse-statt-Klasse-Theorie“ die Nährstoffe, die bisweilen dringend benötigt wurden. Nun, die Zeiten haben sich geändert, die Ebbe, welche vor allem den Teilhabern der sog. „Mongo-Clikke“ aufgrund örtlicher Nähe in steter Erinnerung sein dürfte, ist der Flut, um nicht zu sagen der „Schwemme“, unverhohlenem Stumpfsinns gewichen. Ausnahmen davon sind selten, und sollte es doch welche geben, geraten gerade diese guten Aspekte vorschnell in den Hintergrund. Geschuldet ist dies dem qualitativen Niveau aller. Dass niemand was merkt oder gemerkt hat, gilt es demnach zu verhindern.

Nicoteen
Auf den ersten Blick scheint er der Liebling jedweder Schwiegermutter zu sein. Das Panorama vermittelt ein Individuum, dessen nähere Beschreibung es mit Worten nicht bedarf. Hier betrachtet man einen Menschen, der einzigartig, weil nichtssagend ist. Rundum ein Typ, der nichts als Harmonie ausstrahlt. Und diese Ausstrahlung allein besitzt die Kraft, die andere, in Genrekreisen Rapper genannte, Kollegen einzig mit dem letzten Lied auf ihrem Tonträger respektive auf einem Konzert zu versprühen wissen. Wenn dagegen gehalten werden sollte, dass, obschon die textliche Interpretation der mannigfaltigen Kraftausdrücke die Potenz der Künstler geradezu vor Augen führt, muß dem zugestimmt werden. Allerdings, und das bleibt unbestritten, sind die dargebotenen Reime, welche den harten Kern des Hip Hop und der Hip Hopper untermauern sollen, einzig dazu geeignet, die geistigen Mittäter auf die Knie zu zwingen. Dem objektiven Betrachter beliebt es dabei, die Intelligenz der Darbietenden durch das Dargebotene zu bewerten. Vornehmlich eine potentielle Intellektschätzung.
Der Ausdruck dieser anmutenden Harmonie äußert sich namentlich ein jedes Mal punktgenau mit der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Darbietung. Insofern der Tonabnehmer ausgemacht oder der Saal verlassen werden kann. Denn das schlimmste für einen Hip Hop-Fan ist hinlänglich die Tatsache, nicht dabei gewesen zu sein. Diese Angst vor dem Fehlgehen der eigenen Intuitionen, dem sog. „Verpassen“ verschafft der Branche diese ungeahnten Absatzmöglichkeiten. Mithin kann es schlechterdings als Wunder bezeichnet werden, wenn auf den sog. Jams, dessen nähere inhaltliche Erörterung überflüssig erscheint, einmal neue Gesichter, die sich zum Publikum zählen, zu sehen sind. Das gleiche kann und muß gerade für eine negative Betrachtungsweise gelten. Kaum ein „Event“, bei welchem die herausragenden Heroen der einschlägigen Cliquen, die sich hinlänglich gerade noch so zum Betrachterkreis zählen, obgleich auch ihnen der Ruhm aufgrund exorbitanter Kleidung oder gar extraordinären Graffitis ins Gesicht geschrieben steht, nicht erblickt werden. Die Apokalypse ist demnach das gleichzeitige Stattfinden zweier Veranstaltungen an einem Tag. Wie sich dabei verhalten wird, ist bislang unbekannt.

Vergissihnnicht
Ganz anders dagegen in unserem vorliegenden Fallbeispiel. Fernab des militanten Auftretens seiner Zeitgenossen, deren geistige Nähe zu den verschieden Organisationen des „Heiligen Krieges“ augenscheinlich ist, vermittelt Nico Suave Liebenswürdigkeit und natürlich auch ein wenig Unschuld. Eben ein Wunderkind, vergleichbar nur mit Michael Owen, der Englands Fußball retten soll.
Ob hier nun ein Retter des Hip Hop antritt, muß aufgrund vielerlei Aspekte bezweifelt werden. Erstens kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass gerade eben der wie ein Schüler anmutende Suave keinerlei Handlungsbedarf sieht. In der doch existierenden Hierarchie des Sprechgesangs hat man sich nun mit Beginn der Karriere erst mal unterzuordnen.
Zweitens sind die finanziellen Aspekte nicht dazu geeignet, großartige Experimente zuzulassen. Nur einer muß den Anfang machen. Das prominente Zitat Brechts kann auch hier nur Geltung erfahren. Mut zum Risiko ist also gefordert, obwohl das dem Namen „suave“ (nett, lieblich) widerspricht. Doch wer diese Wesenszüge getreu dem Motto „nomen est omen“ auf sich vereint, hat Voraussetzungen wie kein anderer.
Mr. Schnabel klingt da schon ein wenig unseriöser.
Teewald



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last modified: 28.3.2007