In den 70ern eine anarchistische, brandneue und unsere
Gesellschaft ablehnende Bewegung. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist sie
kommerzialisiert, salon-fähig, hip und hat sich doch ein kleines
Stückchen Rebellion und Subversion bewahrt, auch wenn von Gegenkultur
natürlich nicht mehr die Rede sein kann. Ist die Punk & Oi!-Subkultur
somit tot, hat sie sich verkauft, das Kriegsbeil wieder vergraben oder ist sie
einfach nur erwachsen geworden? Kommt das Hören von Punkalben der
neuen Schule, einem Griff in die Kloschüssel der Popmusik
gleich? Wenn wir heute von Punk & Oi!-Einflüssen sprechen, meinen wir
damit eine Rückbesinnung auf alte Punk-Werte oder beschreiben wir einen
minimalistischen Drei-Akkorde-Sound? Muss der Punker, um authentisch zu wirken,
Ramones, Stiff Little Fingers, Cockney Rejects... hören und Bands wie
Green Day, Millencolin, Blink182... belächeln? Fragen, deren Beantwortung
vielleicht ein Buch füllen könnte. Und um die Sache mit dem real
existierenden Punkrock noch komplizierter zu machen, kommen plötzlich
unzählige Skandinavier, vereint unter dem Plattenlabel Burning Heart
Records daher und glauben, alles, was mit verzerrten Gitarren zu tun hat,
neu erfinden zu müssen. Welcome to Punkrock College and 59 TIMES THE
PAINs new world of Hardcore... liest man auf deren Homepage. Wie
bitte?! denken jetzt sicher einige, doch ohne respektlos zu erscheinen,
verweise ich auf Veröffentlichungen von Refused, Turbonegro, The
Peepshows, Bombshell Rocks, The Hives, Millencolin... und behaupte, die
können sich mit jeder verdammten Scheibe aus den Staaten oder GB messen.
Leider haben wir jedoch nicht die gesamte Rock-Elite Schwedens zu Gast, aber
mit 59 Times The Pain einen würdigen Vertreter. Die 4 smarten, vielleicht
schüchternen jungen Herren, gründeten 1992 ihre Band und sind seit
dem Erscheinen ihrer ersten Single Blind Anger & Hate (1994)
mitverantwortlich für den anhaltenden Hardcore/Punkrock Boom in Schweden.
Ein paar Jahre später ist auch der Rest Europas auf den unverbrauchten
Sound von 59TTP aufmerksam geworden (sicherlich bedingt durch den ersten
Cheap Shots-Sampler), was der Band unzählige Gigs
außerhalb der Grenzen Skandinaviens ermöglicht. Das Album 20
Percent of My Hand ist diesem Triumphzug alles andere als
abträglich. Eine äußert gesunde Symbiose aus gängigen
HC-Riffs und einer fetten Portion RocknRoll. Nach dem Hören
des letzten Albums End of the Millenium (1999), würde ich
20 Percent of My Hand jedoch eher als Warm Up verstanden wissen,
denn was einem da durch die Gehörgänge fegt, ist so wirklich noch
nicht da gewesen.
Ein potentieller Evergreen basierend auf der alten, simplen Drei-Akkorde-Magie,
amerikanischem Streetpunk und dem fast schon vergessenem He Ho-Lets
Go Feeling, gepaart mit der schwedischen Spielfreude, Kreativität
und den grundlegenden Ideen des Hardcore; Toleranz, Stärke, Unity und
Freundschaft. Daß Tonstudios nach 20 Jahren auch besser werden, muß
wohl nicht erwähnt werden. Über den Opener an jenem Abend herrscht
noch keine endgültige Klarheit, doch ist davon auszugehen, dass die
Berliner Beatsteaks sich die Ehre geben. Setzt man ein
bißchen Musikgeschmack voraus, sollten sie keine Unbekannten sein. No
sleep till 48/49! Und eins muß ich jetzt noch loswerden. Die
Donots, einst Vorband der Beatsteaks, findet man inzwischen in der
Viva Zwei Rotation. Verdientermaßen? Naja, zeigt sich mal wieder: das
Leben ist kein Wunschkonzert. Oder doch?!
Bieny Man
|