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Im folgenden dokumentieren wir einen Text des Anti-Atom-Netzwerkes Sachsen zu den anstehenden Castor-Transport und der Anti-AKW-Bewegung.

Castor-Alarm La Hague – Gorleben!

Dem Atomstaat (nicht nur) die Krallen zeigen!

Ganz sicher: das Frühjahr wird heiß! Aber nicht Klimakatastrophe oder Rinderwahn gehen dann in eine weitere bewegende Runde. Atomstaat und -industrie planen für Ende März, zwei CASTOR-Behälter von der französischen „Wiederaufarbeitung“ nach Gorleben fahren zu lassen. Und weil sich seit dem letzten CASTOR-Transport im März 1998 eine Menge atompolitisches Frustpotential angesammelt hat, bereiten sich in der BRD und Frankreich mehrere Tausend Leute darauf vor, wie diese Müllfuhre am besten zu verhindern ist. Nach Kontaminationsskandal und Transportestopp, nach dem Ausbau der Urananreicherung und AKW-Export, ab Ende März könnten sich einige Fragen in der Atompolitik neu stellen. Dass der Atomkonsensnonsens nicht Hilfe, Autonome, 10.8k weiter als ein Vertrag zum störungsfreien Weiterbetrieb der Schrottreaktoren ist, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben.

Wahrscheinlich um den 26./ 27. März herum werden sich etwa Zehntausend Leute allein im Gebiet um Gorleben versammeln, um den Castor-Transport zu blockieren. Da werden dann Bauern, Ökos, Spontis, Hippies, Lehrer, Schüler, Omas, schwarze Blöcke oder rote Röcke mit den unterschiedlichsten Aktionsformen nebeneinander auf engsten Raum agieren. Und wie vor jedem dieser Transporte, gibt es unter Linksradikalen eine Diskussion, ob es den korrekt ist, sich neben so vielen latent unkorrekten Leuten an den Anti-Atom-Protesten zu beteiligen. Dieser Text soll dazu ein paar Anregungen geben. Und wer von der geneigten Leserschaft gar nicht zu Ende lesen will, sondern gerne kurze Antworten hat: Der Protest ist eine gute Möglichkeit, um herrschende gesellschaftliche Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Also ein guter Anlass, jetzt schon mal die Koffer für Ende März zu packen.

Zunächst ein paar technisch-politische Details: Die deutschen AKWs brauchen dringend Castor-Transporte. Seit dem Kontaminationsskandal 1998 sitzen sie auf ihrem Atommüll und stehen vor der „Verstopfung“. Damit sie nicht abgeschaltet werden müssen, muss der Müll abtransportiert werden, vorzugsweise in die französische „Wiederaufarbeitung“. Frankreich weigert sich aber aktuell, neuen Müll entgegenzunehmen, bevor nicht „alter“ aus deutschen AKWs zurückgenommen wird. Deshalb wird im Moment ein Transport nach Gorleben vorbereitet, der dann auch mit aller Gewalt durchgesetzt werden soll. Diese Müllfuhre soll der Auftakt für Hundert weitere sein, die dann nach Frankreich rollen und dafür sorgen, dass die AKWs hier nicht vom Netz müssen.

Der Castor ist ein Symbol. Nicht nur für eine umweltzerstörerische Großtechnologie. Vielmehr für ein System, das Rassismus, Ausgrenzung, Kolonialismus verkörpert und dabei menschenverachtend und skrupellos agiert. Ein System, das sich repressiv-autoritär und reglementierend-unfehlbar gibt und dabei global agiert, versucht sich aber immer mehr, konkreten Einflussmöglichkeiten zu entziehen. Castor-Transporte sind ein Punkt, an dem Widerstand einen wirkungsvollen Hebel ansetzen kann. Und so steht der Kampf gegen die Castor-Transporte nicht nur stellvertretend gegen das Atomprogramm, sondern beispielhaft für alle Kämpfe gegen die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse.

Der Atomkonsensnonsens aus dem letzten Jahr kann natürlich nicht nur für sich betrachtet werden. Die Unterwerfung der Politik unter das Primat der Wirtschaft passt ebenso in die neoliberale Politik der neuen Regierung wie Abschiebepraxis, Kriegseinsatz und Überwachungsstaat. Atomindustrie kann sogar nur implizit so funktionieren. Die realen Opfer haben keine Chance, wenn es um Konzernbilanzen und Restlaufzeiten-Modelle geht. Der Uranabbau ist meist per se rassistisch, denn er geschieht in Gebieten, die von indigenen Völkern bewohnt sind und widerspricht den Interessen dieser Menschen. Die Menschenwürde hat (nicht nur) in Australien, Indien oder Kanada keine Chance, wenn es um die Durchsetzung von Interessen der reichen Welt geht. An jedem Punkt der Atomspirale lassen sich Punkte festmachen, an denen sich herrschende Verhältnisse zementieren. In der „Wiederaufarbeitung“ ist es unter anderem die Plutoniumabtrennung für Atombomben. Das abgereicherte Uran für die Uranmunition der Nato, die im Irak- und Kosovo-Krieg verschossen wurde, stammt aus der „Wiederaufarbeitung“ oder den Urananreicherungsanlagen (UAA). Von den UAAs steht im übrigen eine auch in der BRD, und trotz aller Ausstiegspolemik hat diese Anlage erst kürzlich eine Kapazitätserweiterung genehmigt bekommen.

Interessant an dieser Stelle ist auch, dass Trittin und Konsorten vor dem Gorleben-Transport plötzlich davon sprechen, dass „wir“ eine „nationale Verantwortung“ für „unseren“ Müll haben. Dabei scheinen diese Leute zu vergessen, dass es einige kriminelle Großkonzerne und nicht „wir“ sind, die den Müll produzieren. Seltsam auch, dass dieselben Leute, die eigentlich für den Globalisierungswahn stehen, jetzt plötzlich von „nationaler Verantwortung“ sprechen.

Dass die Anti-Atom-Bewegung als starke soziale Bewegung dem Staat gefährlich werden kann, hat dieser längst erkannt. Eine der größeren Repressionen der jüngeren Vergangenheit hieß „Aktion Goldene Hakenkralle“ und wurde durch das BKA im Sommer 1999 durchgeführt. Etwa 20 Leute haben seitdem [[section]] 129a-Verfahren (Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung) und/oder [[section]] 315-Verfahren (gefährlicher Eingriff in Bahnverkehr) am Hals. Ihnen wird vorgeworfen, Hakenkrallen geworfen zu haben. Durch reißende Oberleitungen sollen Reisende in den Zügen in ihrem Leib und Leben gefährdet worden sein. Bei den Ermittlungen des Staatsschutzes wurden alle modernen Möglichkeiten des Repressionsstaates bis aufs äußerste genutzt. Die Betroffenen erklären sich den immensen Aufwand des Staatsschutzes damit, dass „der Widerstand gegen Atomanlagen kriminalisiert, eingeschüchtert, in ‘Friedliche’ und ‘Gewalttätige’ gespalten und dadurch geschwächt werden soll.“ (Erklärung der Solidaritätsgruppe Goldene Hakenkralle, Juni 2000).

Die Kriminalisierung ist auch jetzt wieder in vollem Gange. Im Januar haben sowohl Deutsche Polizeigewerkschaft, Gewerkschaft der Polizei und CDU Atomkraftgegner unisono zu Gewaltfreiheit aufgefordert und dabei eine Diffamierung des Widerstands bezweckt. An dieser Stelle wurde wie üblich vergessen, wer das Recht auf Gewaltausübung für gewöhnlich recht frei interpretiert. Die aktuelle Diskussion um und in den Grünen macht ebenso deutlich, dass es nicht darum geht, ob sich die Gewalt gegen Menschen richtet, sondern einzig, wer diese Gewalt ausübt.

Vorwerfen muss sich die Anti-Atom-Bewegung, dass Denkansätze in der Vergangenheit meist beim Castor hängen geblieben sind. Es ist nicht nur politisch einleuchtender, die Atomspirale weiter vorne anzugreifen. Letztlich ist jede Aktion, die verhindert, dass die Maschinerie erst in Gang kommt auch praktisch viel sinnvoller. Deshalb sollen die Proteste im Frühjahr auch dazu genutzt werden, das Blickfeld zu erweitern. In der Anti-Atom-Bewegung gibt es eine Uran-Kampagne und deren vielfältiges Aktionsrepertoire sieht u.a. Störaktionen an der Urananreicherungsanlage Gronau sowie Blockaden von Urantransporten vor.

Wem das zur Motivation noch nicht reicht, Ende März ins Wendland zu kommen, dem sein noch fix ein Lieblingsfeind zitiert. Brandenburgs Innenminister Schönbohm äußerte sich am 3. Januar gegenüber der Nachrichtenagentur dpa zu bevorstehenden Castortransporten folgendermaßen: „Da werden wir mal sehen, wie die Linksextremisten sich zusammentun, um dieses zu behindern und zerstörerisch zu wirken.“

Anti-Atom-Netzwerkes Sachsen

Für die sofortige Stilllegung der herrschenden Klasse, Freiheit und Kuchen !!!

Weitere Infos sowie zahlreiche Veranstaltungstipps:
http://www.anti-atom-sachsen.de
presse@anti-atom-sachsen.de
Infotel.: 03425/81 77 65 oder 0177/ 77 84 043


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last modified: 28.3.2007