Wie fertig hat die Antifa, wozu war sie gut und wozu
braucht es sie noch?
Ein Beitrag von Ralf
Das Grundgesetz ist nicht der Staat. Aber mit
unserem Grundgesetz können wir gut Staat machen. Dazu brauchen wir
Bürgerinnen und Bürger, die nicht darauf warten, daß die
anderen etwas machen, sondern die begreifen, daß der Staat die Sache
aller ist.
(Johannes Rau, Bundespräsident)
Randgruppen sind freilich nur polizeilich existent. Nach der
Rationalisierung des Kapitals gehören sie ausgemerzt. (...)
Ich selbst stelle an diesem Punkt die Grenze meines kritischen
Geschäfts fest. Ich laufe Gefahr, keine Kritik der Politik und des
bürgerlichen Staats überhaupt zu liefern, sondern in bestimmten
Entwicklungen verwickelt zu bleiben, die in der relativ begrenzbaren Situation
stattfinden.
(Johannes Agnoli)
Der Sprung in die Praxis kuriert den Gedanken nicht von der
Resignation, solange er bezahlt wird mit dem geheimen Wissen, daß es doch
nicht gehe.
(Theodor W. Adorno)
Ein Mißverständnis sei gleich von vornherein ausgeräumt: Nicht
der deutsche Staat ist schuld an der Vereinnahmung und damit der Krise von
Antifa, sondern die Antifa selbst hat sich durch ausschließlich eigenes
Verschulden und Versagen in jene Sackgasse manövriert, aus der sie, wenn
sie unter dem Begriff weitermacht, nicht mehr herauskommen kann selbst
wenn sich das Ganze dann vielleicht noch ein paar Jahre rauszögern
sollte.
Im Zusammenhang mit dieser Feststellung soll gleich die Gretchenfrage gestellt
werden, um deren Beantwortung sich jeder ernstzunehmende Antifa nicht
herumdrücken kann: Was verliert man, wenn der Begriff des Antifaschismus
als zu füllende Form eines Linksradikalismus wegfällt, und was
gewinnt man, wenn der Begriff weiterhin als Grundlage des Konzeptes
Antifa dienlich ist?
Die historische Dimension des Antifaschismus knüpft sich bekanntlich
unmittelbar an die Volksfrontpolitik gegen den Faschismus insbesondere in
Italien, Deutschland und Spanien. Aus der Politik ergab sich eine Fixierung auf
die Verteidigung verfassungsmäßig garantierter Rechte im
bürgerlichen Rechtsstaat, dem eine überdimensionierte hochmoralische
Note beigegeben war. Indem man (...) das politische System des
Bürgertums verteidigte, schon weil dieses System seinerzeit die
Überwindung des Faschismus bedeutete, verfiel man in eine falsche
Identifizierung von bürgerlicher Demokratie und Kampf für den
Sozialismus. Was ein Ausgangspunkt war, den man im Kampf gegen den Faschismus
errungen hatte, verwandelte sich in ein Ziel für den viel umfassenderen
Emanzipationskampf (...).(1)
Schon hier scheint ein Mißverständnis auf, das sich als
Geburtsfehler der postautonomen deutschen Antifa bezeichnen läßt:
die Antifa versuchte in genau diese geschichtliche Kontinuität zu
schlüpfen, quasi überhaupt in Geschichte zu machen, ohne den
Bruch mit der Volksfrontstrategie anzustreben. Der erfolgte implizite Bruch
spätestens ende der 90er, der heute als scheibchenweise Konzession an die
deutschen Realitäten eruiert werden muß, war eine nachholende Form
linksradikaler Realpolitik(!), die sich zwar den Massenansatz endgültig
austrieb, den Begriff des Antifaschismus aber quasi zu einer überreifen
Hülsenfrucht machte, der man mit einiger Berechtigung durchaus den
Charakter einer Art stinkenden Leichnams (R. Luxemburg) zuschreiben
könnte.
Warum die Antifa alles in allem dieser faulen Begriffs-Kompromißlerei
nicht gewahr werden kann, liegt daran, daß sie sich in eine
Praxis, wie es immer so schön heißt, verbissen hat, in
der die Analyse in einer tautologischen Endlosschleife die Praxis nur immer
wieder bestätigt, weil die Praxis die Analyse immer schon vorwegnimmt.
(Soll heißen: Vor der ernsthaften Analyse steht die Aktion,
die ein Ergebnis oberflächlicher vorwegnehmender Wahrnehmung ist, so
daß die Legitimaion der Aktion das analytische Denken antreibt und nicht
umgekehrt.)
In dieser Tautologie schlummert der Zwangscharakter der Identität Antifa
als Ausdruck eines Bewegungsmonsters. So ist dafür gesorgt, daß der
gänzliche Bruch mit der eigenen Identität undenkbar
wird.(2)
Identitätskritik als Ideologiekritik versus Theorie
Bei Hegel ist Identität etwas naturhaftes des Geistes, das dem
Zurückkommen aus der Natur äußerlich (also nicht
immanent) ist. Dieser Hegelsche Weltgeist beansprucht Wahrheit, weil er
die zu ihrem Fürsichsein gelangte Idee ist, wo die wahre Natur
verschwunden sei. Aus diesem Fürsichsein leitet Hegel absolute
Negativität ab, die erst wieder zur (positiven)
Identität wird, wenn sie eben aus der Natur zurückkommt.
Schon in seiner ersten Veröffentlichung, der sogenannten Differenzschrift
(Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der
Philosophie, 1801), bestimmt er die Formel der spekulativen Grundfigur
seines Denkens: sie besitzt Identität der Identität und
Nichtidentität.
Es geht also bei Hegel immer darum, daß das konkrete (an sich) immer auch
gleichzeitig sein Gegenteil (für sich) ist. Daraus wird also ein
An-und-für-sich, deren vermittelnde Instanz bei Hegel der oben
beschriebene Geist als äußerliche dritte ist.
Marx bezeichnete sein dialektisches Denken als das direkte
Gegenteil. In der Kritik des Hegelschen Geistes als Idee von einem
selbständigen Subjekt erklärte Marx das Ideelle zu nichts
anderem als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte
Materielle.
Der Marxsche Materialismus enthebt sich also der Mystifikation der
idealistischen Philosophie. Diesem Grundverständnis folgend, sollte es
einem linken Subjekt immer um die Austreibung selbst von Restbeständen des
Idealismus gehen. Eine Kritik des Idealismus ergibt sich so selbstredend.
Marx wollte Hegel, wie er selbst schrieb, umstülpen und vom
Kopf auf die Füße stellen. Er trieb seinem Denken eine vermittelnde
dritte Instanz aus und erklärte alles Denken und alle Erkenntnis als den
gesellschaftlichen Verhältnissen immanent.
Marx wäre nicht Marx wenn man ihn nicht selbst als widersprüchlich
begreifen würde als doppelten Marx. Er war negativer
Kritiker wie positivistischer Theoretiker, er war Historiker, Philosoph und gar
Politiker. Deshalb auch muß bedacht werden, daß sein Werk zwischen
den genannten Polen oszilliert, zumal es sich bei der Bestimmung dessen nicht
um einfache Wortspielereien handelt, sondern um die Unterscheidung des
esoterischen vom exoterischen Marx.(3)
Seine Historisierung verbunden mit der Rede von Gesetzmäßigkeiten
zeigt genauso wie mysteriöse Begriffe von z.B. Arbeit oder Gebrauchswert,
daß er neben idealistischen Resten über ein gehöriges Maß
an Positivismus verfügte, der schlichtweg die Voraussetzung für
Identitätsbildung ist. Kategorien wie Erkenntnis und Bewußtsein
waren bei Marx nur dann Gegenstand negativer Kritik, wenn er sich strikt der
dialekischen Synthesis von analysierter Verdinglichung in Bezug auf das
reflektierte Denken des einzelnen Menschen und dem davon abstrahierten
gesellschaftlichen Verhältnis verpflichtet sah. Ansonsten nämlich
geriet auch bei Marx die Rede von Wertform, Warenform und Geldform (...)
zur Propaganda (...).(4)
Es bleibt festzustellen, daß Marx insbesondere die Vernachlässigung
einer gesellschaftlichen Totalität bürgerlicher Gesellschaft
vorzuwerfen ist, was ihm das Subjektdenken als positivistische Größe
einbrachte, mit der insbesondere nach seinem Tod in der Geschichte der Linken
bekanntermaßen so mancher Schindluder getrieben wurde.
Der kritischen Intention des Positivismus gesellt von Anbeginn sich eine
affirmative. Hinter dem szientifisch aufgeputzten kategorialen Ansatz waltet
apologetische Absicht schreibt Adorno.(5) Als Mitbegründer
der Kritischen Theorie ging es gerade Adorno um die einzig mögliche
Konsequenz aus der Totalität der Verhältnisse, die vor ihm in
Anknüpfung an das Warenfetischkapitel bei Marx eigentlich nur Georg Lukasz
in seiner Schrift Geschichte und Klassenbewußtsein als
konkrete Totalität und eigentliche
Wirklichkeitskategorie zu Grunde legte einer Wendung dialektischen
Denkens ins vollends negative: Im gesellschaftlich-totalen Aspekt des
Kapitals terminiert der alte Fetischcharakter der Ware, der Beziehungen von
Menschen als solche von Sachen zurückspiegelt. Zu solchen Sachen ist heute
die ganze Ordnung des Daseins geworden. In ihr wird dem Proletariat mit dem
freien Markt, der für die Arbeiter immer schon Lüge war, die
Möglichkeit zur Klassenbildung objektiv versperrt und schließlich
durch bewußten Willen der Herrschenden im Namen des großen Ganzen,
das sie selber sind, durch Maßnahmen verhindert. (...) Oligarchie,
Ideologie, Integration, Arbeitsteilung werden aus Momenten der
Herrschaftsgeschichte, deren dunklen Wald man vor den grünen Bäumen
des eigenen Lebens nicht mehr sieht, zu generellen Kategorien der
Vergesellschaftung der Menschen. Und diese Allgemeinheit der
Vergesellschaftung ist die Form, unter der Herrschaft historisch sich
durchsetzt.(6)
Festzustellen ist also, daß Adorno und die Kritische Theorie, wie sie
hier in der Hautpsache verstanden werden soll, im Marxschen Sinne eine
materialistische Erdung vornimmt, was insbesondere die Zugrundelegung der
Marxschen Kritik der politischen Ökonomie meint, die bei Adorno gerade
für den gesellschaftlich konstruierten Begriff von
Individualität als bindend zu verstehen ist.(7) Somit greift die
Kritische Theorie das entscheidende Übel (Ulrich Enderwitz) an
das Übel nämlich, daß im kapitalistischen System
die gesellschaftliche Reproduktion nur statthat, wenn sie der Produktion von
Mehrwert zwecks Produktion von weiterem Mehrwert dient, und daß also die
Versorgung der Menschen mit Bedürfnisbefriedigungsmitteln eine
abhängige Funktion und ein bloßes Vehikel der Versorgung des
Kapitals mit Kapital ist, anders gesagt, der Versorgung des Kapitals mit dem,
was es braucht, um die Versorgung der Menschen mit
Bedürfnisbefriedigungsmitteln in immer quantitativ umfassenderer und
qualitativ vielfältigerer Form in den Dienst seiner eigenen, stets
erweiterten Reproduktion zu stellen.(8) Zu schlußfolgern
ist daraus, daß selbst linke Theorie als Bedürfnis zu einem
allgemeinen Bewußtseinsschicksal geworden ist, das uns alle zu
Ideologen des Erscheinungswissens (Ulrich Enderwitz) macht. Alle
Erfahrbarkeit ist somit von einem Widerspruch gekennzeichnet, der
Objektivität beansprucht. Es ist der Widerspruch zwischen der
systematisch-ideologischen Unvermitteltheit und der empirisch-praktischen
Vermitteltheit aller Realität. Das daraus resultierende falsche Bild
von Wirklichkeit ist ein notwendig falsches und damit Ideologie als
notwendig falsches Bewußtsein (Georg Lukacs).
Ideologie ist also ein falsches Verständnis von Realität, deren
Notwendigkeit sich als gesellschaftlich totaler Zwang ergibt, dem nicht
entronnen werden kann. Das vorausgesetzt, wiegt das Begreifen von
Identität als Urfom der Ideologie (Adorno) umso schwerer. Es
prägt das Denken und wohnt ihm selber seiner puren Form nach
inne.(9)
Die Wendung des Positiven ins absolut negative stellt bei der Kritischen
Theorie also die spezifische Radikalität der Kritik dar, durch
die die Gesellschaft als Ganzes in Frage zu stellen wäre und nicht
mehr durch einzelne Reformen verändert werden
könne.(10)
Selbst die Sucht nach Theorie und Ontologisierung (Philosphie-Werdung) als
Ausdruck von Identität unterliegt somit der Kritik der vielzitierten
Elften Feuerbachthese von Marx, nach der die Philosophen die Welt zwar
unterschiedlich interpretiert haben, es aber darauf ankomme, sie zu
verändern. Hier schimmert durch, was der Kritiker zu leisten imstande sein
muß: Der Zusammenhang von Waren- und Denkform besteht darin,
daß die Kritik der politischen Ökonomie nur mit Erkenntnis- und
Ideologiekritik zugleich zu haben ist.(11) Und insofern ist
diese Kritik in genauer Absetzung von Theorie zu allererst als Opposition
gegen die Versuchungen der Denkform Theorie zu bestimmen, deren schönste
Verlockungen einmal das Eigentliche, das Ansich ist und zum anderen
das Für uns.(12)
Das Bedürfnis nach Theorie ist eines nach dem Identischen der Ideologie,
die jede Kritik zu einer zweckgerichteten ummünzt und sie somit als
zugerichtet entwaffnet. Die Totalität der Denkform als der Warenform
identisch macht es unumgänglich, sich dem Identischen negativ gewendet
zuzuwenden. Aus einer Totalität läßt sich nicht
aussteigen auch nicht erkenntnistheoretisch. Sie kann weder
immanente Emanzipation noch linke Rettungsinseln der Glückseligkeit
zulassen. Das heißt also, daß die vollziehende Negation der
Negation (der Totalität) die Voraussetzung von Theorie ist.
Warenförmiges Denken läßt sich nicht rationalisieren. Selbst
wenn es als partiell verifzierbar erscheint, ist es nicht so.
Warenförmiges Denken ist Wert-förmiges Denken, weil jede Ware ihren
Wert hat. Der Warentausch steigert diese Wert-Förmigkeit ins schier
unermeßliche zur Selbsverwertung des Werts:
(...) In der Tat (...) wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses,
worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine
Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als
ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die
Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung
also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu
setzen, weil er Wert ist.(13) Diese Selbstverwertung macht vor
nichts und niemanden halt. Eben auch vor Marxschem Denken nicht. So erhält
auch dieses einen positivistischen prognostischen Wert (Walter
Benjamin), der sich nur in der Negativität Marxschen Denkens vermeiden
läßt.(14)Das Abstruse wird hier so deutlich wie nirgends.
Was soll die Theorie, eine linke zumal, von einer okkulten Sache!
Eine Theorie des Werts jedenfalls scheint hier unvorstellbar, weil der Wert
hier ein wenig von dem Preis gibt, was er ist: in der bürgerlichen
Gesellschaft, was Gott für die Christen. Wert ist die Kategorie der
Totalität.(15) Den Wert deshalb verstehen zu
wollen, vielleicht ja noch mit Hilfe einer Theorie, verhilft nur dem notwendig
falschen Bewußtsein zum Ausdruck als eben Ideologie das es ist.
Wertkritik weiß deshalb nur, daß die Aufhebung
der negativen Emanzipation in den objektivierten Gesetzen der Wertverwertung
(...) identisch (ist) mit der Aufhebung der Wertform selber und als
solcher, weil auch die einfache Wertform (...) nur ein
historisches Phantasma der Ideologie ist.(16)
Der Unterschied zwischen dem Bedürfnis nach Theorie als positivistischer
Faselei und Kritik ist der, sich nicht etwa ein kritisches Bild von
der Sache der politischen Ökonomie machen zu wollen, sondern
sie wegen ihrer konstitutionellen ideologischen Allmacht zu kritisieren
eine Kritik der politischen Ökonomie zu leisten. Der Wille,
die Wirklichkeit theoretisch in Gedanken zu reproduzieren, mündet immer
nur in Fetischismus und Ideologieproduktion.(17)
Ideologieproduktion ist eine Sucht in der bürgerlichen Gesellschaft. Sie
begegnet einem zum Beispiel in dem bauernschlauen Meinungs-Gewand wer
kennt es nicht , daß Marx zwar ein gute Idee gehabt hätte, die
Menschen aber von Natur aus anders wären der Mensch
eben des Menschen Wolf sei, den man vor sich selbst schützen müsse.
In diesem Beispiel vergegenständlicht sich, daß es sich zum einen
bei solcherlei Meinungen erstmal nicht um Meinung, sondern um Denkform handelt,
und zum anderen nicht um phänomenologische Kultur, die man von links zu
analysieren hätte. Hier hat etwas Naturhaftigkeit gewonnen, was als
bürgerliches privates Subjekt mittels zweiter Natur (Marx) mit
sich selbst identisch geworden ist und deshalb nichts weiter als pure Ideologie
beansprucht. Die Menschen haben durch diese Identität ihre Versöhnung
mit dem Schein vom menschlichen Naturcharakter gefunden, der ihnen als solcher
verdinglicht zurückgespiegelt wird.
Das zwanghafte Festhalten der Antifa an der eigenen Identität (Die
Antifa ist tot es lebe die Antifa, O-Ton Antifa M aus
Göttingen) das sollte hier dargestellt werden, ist einer Ideologie
verhaftet, die positivistischen Charakters ist und starke Züge der
Bereitschaft zum konstruktiven Mitmachen trägt.(18)
Verlorengegangen ist darüber längst die Fähigkeit zur radikalen
Selbstreflexion, die als Voraussetzung hat, sich selbst zur Disposition zu
stellen. So ist die Angst vor der Spaltung der Bewegung zwanghaft
kollektiver Ich-Identität die im Unbewußten längst schon
vollzogene Spaltung: von denen nämlich, die die Identität in Frage
stellen! So ist die Abwehr der Kritiker der reflexhafte Kampf um die
verfestigte Identität, der selbst die Form (Praxis) vor dem
Inhalt (Theorie) gerinnt. Insofern entpuppt sich der selbstgesetzte
Weg der linksradikalen Bewegungshuberei durchaus als moralistischer Magnetismus
mit passender Spielwiese für wildgewordene Bürgerkinder, die mit
Bestimmtheit wieder handzahm zu werden gedenken und bei denen im Zweifelsfall
die bürgerliche Verkehrsform über alle Kritik erhaben ist. Dagegen
ist die Entlarvung in Permanenz die negative Kritik zu setzen.
Staatskritik als Unvernunft
Die Motivation für das plötzliche Engagement der
Zivilgesellschaft gegen Rechts wird nicht hinterfragt, so
stellt das Leipziger Bündnis gegen Rechts unisono mit allen anderen
Antifa-Gruppen fest. Es gebe den Versuch, das Image Deutschlands
aufzupolieren. (Die) ideologischen Grundlagen der Berliner Republik
werden jedoch nicht zur Disposition gestellt.(19)
Man könnte meinen, hier linke Binsenweisheiten niedergeschrieben zu
finden. Mit allerlei Berechtigung aber steht zu vermuten, das sie es, gerade
wegen der Inbrunst des Vortrages, in Kreisen der Antifa mitnichten sind.
Der Einstieg ins Links-Sein über das Konzept Antifa
(Antifaschistische Aktion Berlin) hat sich nicht als Lösungsstrategie
erwiesen, sondern als Problem linker Sozialisation, der die
Antifaschismusangötzung ausgetrieben werden muß, um einen
ungetrübten Blick auf die konstituierte bürgerliche Gesellschaft
werfen zu können. Von der Anti-Nazi-Fixierung wegzukommen und den
Antifa-Begriff aufzublähen, war den einen bei der Antifa schon immer Ziel,
den anderen mit der Zeit Notwendigkeit. Das mittlerweile zum Axiom gewordene
Bedürfnis nach inhaltlicher Erweiterung und eigenen
inhaltlichen Akzenten macht die Antifa zum Versorgungsladen ihrer eigenen
definitorischen Unschärfe, die den Begriff des Antifaschismus mit allem
vollzustopfen gedenkt, was gerade oder perspektivisch in den Kram paßt.
Daß somit also das Platzen der Antifa-Blase nur eine Frage der Zeit war,
kann in der Retrospektive der 90er-Antifa und damit ihrer überhaupt
tatsächlich nur einleuchten und nicht entkräftet werden
alles andere ist, wie gesagt, pure Identitätshuberei.
Das Schwadronieren über Begriffe (...), ohne Rücksicht darauf,
was diesen Worten als Sachverhalten entspricht und wie weit ihr Geltungsbereich
sich erstreckt, ist so falsch, nämlich irrational, wie eine
Verhaltensweise, die, ihrer blind-nominalistischen Vorstellung vom Sachverhalt
zuliebe, dagegen sich sperrt, daß Begriffe wie Tauschgesellschaft ihre
Objektivität haben, einen Zwang des Allgemeinen hinter den Sachverhalten
bekunden, der keineswegs stets zureichend in operationell definierte
Sachverhalte sich übersetzen läßt.(20)
Die Antifa hat seit ihrer Entstehung in und aus der Bewegungslinken heraus das
Scheitern der Linken auf der ganzen Linie nie begriffen. All ihr Tun und
Handeln entpuppt sich deshalb als ein verlängerter Arm des Staates.
Beispielhaft hat das im Jahre 2000 vom Leipziger Bündnis gegen Rechts
vorgenommene und von allen relevanten Antifa-Gruppen getragene Reden von einer
Überwachungsgesellschaft statt von einem
Überwachungsstaat verdeutlicht, wie sehr es der Antifa nicht um das Was
der Herrschaft geht, sondern nur um das Wie geht. Damit hat sich die Antifa
folgerichtig in das Bodenlose des postrukturalistischen Zirpens begeben und
sich quasi den Teufel des M/L-traditionalistischen
Basis-Überbau-Schemen-Denkens mit dem Belezebub des differenzialistischen
Rumhüpfens ausgetrieben, deren Ursache das postmoderne
Bedürfnis und die Wirkung das Gebrabbel über dies und
das (Bahamas) ist.(21)
Wir haben es also mittlerweile bei der Antifa mit einer unvermeidbaren
Kinderkrankheit in einem postmodernen Leben zu tun, bei der sich das
linksradikale Etikett mit der Zeit des zunehmenden Sachzwanges ablöst
wie der Wundschorf nach verheilter Akne aus der
Pubertät.(22)
Gerade wegen der gängigen Begriffs-Beliebigkeit ist mit der Antifa Staat
zu machen. Sie setzt also ungebrochen die Tradition der Linken fort, die darin
besteht, daß wie (...) alle Wege nach Rom, (...) alle Wege zum
Staat führen.(23) Die Antifa ist längst bereit, jene
Verantwortung für andere Mitglieder oder Wunschkandidaten des
bürgerlichen Gemeinwesens zu übernehmen, die Norm setzt und die Max
Weber dem bürgerlichen Individuum anempfohlen hat. Handelt eine
Gruppe verantwortlich, so legt sie alles Subversive ab, arbeitet mit am Auf-
und Ausbau und erlangt dort volle Akzeptanz: Sie wird oppositionsfähig.
(...) Sie wird systemische Funktion ebenso wie ihre Vertreter sich in
Funktionäre der Repräsentanz verwandeln.(24)
Adorno/Horkheimer ging es bekanntlich in ihrer Dialektik der Aufklärung
trotz positivistisch eingeforderter Selbstbesinnung in der Kritik
an der bürgerlichen Aufklärung um Loslösung von der
Verstrickung in blinder Herrschaft. Unmittelbar mit der
bürgerlichen Aufklärung verbindet sich der Vernunft-Begriff, dem
jedes bürgerliche Individuum sich zu unterwerfen hat. Das auf den Punkt
kommende dieser Vernunft focussiert sich in dem Kantschen Imperativ
handle so, daß der freie Gebrauch deiner Willkür mit der
Freiheit von jedermann nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen
könne (In: Metaphysik der Sitten). Er bringt auf den Punkt, was
Vernunft für eine Kategorie im bürgerlichen Sinne ist: das
Prinzip Parteilichkeit, die soziale Verantwortung.(25)
Das Entstehen des modernen bürgerlichen Staates bedingte die
wechselseitige Entwicklung von kapitalistischer Produktionsweise und
Bürgertum als herrschende Klasse. Der Staat ist somit bekanntlich die
kapitalistische Form bürgerlicher Herrschaft. Er ist Souverän, in dem
er sich alle Bürger unterwirft und auf die kapitalistische Form der
Vergesellschaftung verpflichtet. Der bürgerliche Staat agiert nach seinem
Selbstverständnis nicht primär und direkt als Agent des Kapitals,
sondern als Subjekt des Allgemeinwohls. Seine wichtigste Funktion
besteht darin, die Existenz einer Gesellschaft zu sichern, die die
Menschenrechte fraglos erfunden oder entdeckt hat, und sich
in erster Linie als kapitalistisch produzierende Gesellschaft
konstituiert.(26)
Weil bürgerliche Vernunft sich im Staatsbürgerdasein bündelt und
dort zu sich selbst kommt, ist sie von Links als Unvernunft zu begreifen. Was
die bürgerliche Ideologie somit als vernünftige Gesellschaft
kennzeichnet, nämlich das Kapitalverhältnis als
Produktionsverhältnis, heißt soviel wie: Die
Produktionsverhältnisse in ihrer Gesamtheit bilden das, was man die
gesellschaftlichen Verhältnisse nennt, wobei eben auch das
Kapital (...) ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis ist. Und
zwar ein bürgerliches Produktionsverhältnis, das
Produktionsverhältnis der bürgerlichen
Gesellschaft.(27)
Der Staat vollzieht den Interessenausgleich innerhalb seines Gemeinwesens
mittels Gewalt, besser: mittels geteilter Gewalt, der Gewaltenteilung er
spricht Recht, setzt es durch und besitzt die politische Macht. Als
Souverän erscheint er als doppelcharakterhaftes Wesen: (als)
politische Darstellung des Kapitalverhältnisses als einem
ökonomischen und als die ökonomische Darstellung
politischer Zentralität.(28) Als zuständig für
die allgemeine Sicherung der Produktionsbedingungen zugunsten des Kapitals
muß der Staat von individuellen Einzelinteressen der Kapitalisten
abstrahieren, um so allgemeine Geschäftsbedingungen zu gewährleisten.
Deshalb tritt er als ideeller Gesamtkapitalist auf. Der Staat ist also
objektiver Zweck des Kapitals. Und als solcher nur darf er als Subjekt handeln.
Das heißt, der Staat kann letztlich in gewisser autonomer Weise über
die Mittel verfügen, die er dem Zweck gemäß anwendet. Dazu
gehört z.B. die Forcierung oder Abmilderung von Nationalismus, Sexismus
oder Rassismus.(29)
An dem so bestimmten Charakter des bürgerlichen Staates wird deutlich,
daß sich die Antifa also nicht gegen den Zweck des Staates wendet,
sondern außschließlich gegen seine Mittel. Das Allgemeine, der
Staat selbst, ist nicht Gegenstand der Kritik, sondern das Besondere, sein
Formgehalt, seine Erscheinung. Diese Feststellung ist insofern wesentlich, weil
sie den radikalen Charakter der Antifa oder besser: den nicht-radikalen
bestimmt. Der Kampf gegen Nationalismus ist also keineswegs der Kampf für
die Abschaffung des Staates, sondern der Kampf um zivilisierte
Mittel zum Zweck dem Staat. Die Antifa ist sich diesem aber nicht
unbewußt, sondern bewußt: sie hat vor dem Staat nicht kapituliert,
weil sie gar nicht mußte! Im Vorhinein schon hat sie sich vom
Souverän freiwillig auf die Plätze verweisen lassen und anstatt das
Besondere über das Allgemeine zu kritisieren das Besondere am Besonderen
als anstößig empfunden. Das Defizitäre der Radikalität
offenbart, daß sie gar keine ist. Sie ist in diesem Sinne mehr Flunkerei
und Koketterie mit Revolutionsromantik. Hier offenbart sich das Fehlen
einer Analyse, die die enge Beziehung zwischen dem Staat als Zwangssystem und
dem Zwangscharakter der Tausch- und keine Gebrauchswerte produzierenden Arbeit
thematisiert.(30)
Die bürgerliche Gesellschaft, als ein hybrides Geschöpf aus
ökonomischer Macht und politischer Autorität, ist, mit anderen
Worten, der geschichtsmächtige Umstand, daß die bürgerliche
Klasse in dem Augenblick, in dem sie ökonomisch an die Macht gelangt,
dieser Macht sich politisch auch schon wieder entäußert und sie in
Staat wirft.(31)
Was da also im sogenannten Sommer der Staatsantifa in Deutschland vor sich
gegangen ist, läßt sich auf der Abstraktionsebene der Staatskritik
auf der Grundlage der Anerkennung tatsächlich gegebener Handlungsautonomie
des Staates als ideellen Gesamtkapitalisten begreifen. Diese Autonomie ist zwar
im idealiten Sinne bürgerliche Propaganda pur, sie besteht aber gerade
darin, daß der Staat nicht vom Kapital abhängig ist, sondern der
Staat dem Kapital als souveränes Subjekt dient. Wie er das tut, wie er das
unauflösliche Abhängigkeitsverhältnis durch den Staatszweck
regelt, das ist letztlich in einer bürgerlichen Demokratie seine Sache und
das Staatsinteresse Ergebnis von demokratischer Interessebildung. Insofern kann
der Staat selbst bestimmen, was für das Kapital gut sein soll und was
nicht. Die Politik des Lobbyismus, des Interessestreits, macht so die
Staatsmeinung die Staatspolitik. Daß sich etwas ändert im
Staat ist also tatsächlich insofern von der Politik abhängig, als
daß weder die Produktionsverhältnisse noch die Produktionsweise zur
Disposition stehen können, weil der Staatszweck sich ja gerade der
Aufrechterhaltung dessen grundlegend verpflichtet sehen muß und ansonsten
seine Existenz flöten geht.
Beim modernen Staat handelt es sich um eine Form Staat als der Synthese
der bürgerlichen Gesellschaft.(32) Der objektive
Zwangscharakter der bürgerlichen Gesellschaft besteht wie beschrieben in
der notwendigen Aufrechterhaltung des Kapitalverhältnisses. Weil der Staat
aber seinen Bürgern wie auch immer in der Form verpflichtet
ist, tritt er als ein Gesamtorganisator auf, dem es um Kaptitalakkumulation als
Staatsinteresse geht, was er als absolutes gesellschafliches Bedürfnis
schlechthin begreift und deshalb alles andere dem unterzuordnen bereit ist.
Was also während des Antifa-Sommers sich mittels politischer
Willensbekundung von Oben Ausdruck verlieh, hat explizit mit einem
Perspektivwechsel der staatlichen Sorge um Kapitalakkumulation zu tun. Agnoli
stellt dazu fest: Die Perspektivwahl selbst erfolgt nicht nach dem freien
Ermessen der Politiker, sondern nach dem unterschiedlichen Druck in der
Akkumulation der einzelnen Industriezweige und Produktionsabteilungen. (...)
Gerade die Möglichkeit der Perspektivwahl verdunkelt das ganze
Verhältnis: Was spezifischen Kapitalbewegungen folgt, erscheint als freie
politische Entscheidung. Formal hingegen tritt die Autonomie unverhüllt
hervor: sie ist klar erkennbar und gibt sich freudig zu erkennen, denn gerade
in der offenen Art ihrer Durchsetzbarkeit steckt ihre Fähigkeit, den
realen Prozeß zu verdecken. (...) Auf der zwar nicht ökonomiefreien,
aber von der material unmittelbaren Herrschaft des Kapitals frei gelassenenen
Ebene tummeln sich selbständig Politiker, Parteien, Sittlichkeitsvereine,
der Sportbund und die Dichter. Gerade für die Rolle eines
Gesamtorganisators aber ist diese partielle Autonomie nützlich. (...) Die
propagierte Orientierung des Staats am Allgemeinwohl erhält eher
Überzeugungskraft, wenn solche Bereiche einer inhaltlich werdenden
formalen Eigenständigkeit erstens breit genug sind; zweitens und vor allem
öffentlich verbreitet werden. Daher auch das
unverhältnismäßige Gewicht, das sie bei den Massenmedien
bekommen. Daraus sei, so Agnoli, zu schlußfolgern, daß ein
Perpektivwechsel eine vermutlich völlig frei von ökonomischen
Pressionen zustandegekommene Entscheidung sein kann, die
wirkungsvoll die Freiheit eines politischen Systems dokumentiert, dessen
organisatorische Macht vielmehr im Dienst der Erhöhung der
Arbeitsintensität steht und der Bestätigung des
Ausbeutungsverhältnisses dienlich ist.
Der Staat fungiert also nicht als Agentur des Kapitals. (...) Im
wesentlichen organisiert er die gesamtgesellschaftliche Reproduktion in der
allgemeinen Linie des gemeinsamen Interesses aller Einzelkapitale an der
Akkumulation.(33) Wenn ein vom Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie initiierter Aufruf unter dem Motto
Ausländer gehören zu uns von allen großen
Verbänden Deutschlands, von DGB bis BDI mitgetragen wird, in dem die
kulturelle Vielfalt als eine wichtige Ressource für
unsere gesamte Gesellschaft benannt wird, bei der wir uns es nicht
leisten (können), uns in der immer kleiner werdenden Welt mit global
vernetzter Wirtschaft abzuschotten, dann ist das kein reines
Lippenbekenntnis nach Gutdünken, sondern gebündeltes politisches
Interesse, das sich ein gemeinsames (Meinungs-Bild) von der ökonomischen
Notwendigkeit zur Grundlage der Interessenbündelung gemacht hat. Der Staat
kann dabei Mittler, Anstifter und Multiplikator in (meistens) ungleicher und
ungleichzeitiger Gewichtung sein auch keines von dreien oder auch nur
eine Funktion ausüben. Das ist variabel gestaltbar und soll auch so
sein.
So etwas verändert in durchaus erfolgversprechender Art und Weise die
Mittel zum Zweck des Staatsbetriebes. Und das umso mehr, wenn sie mit
historischen Komponenten korrespondieren, die in ihrer wechselseitigen
Bestimmung sich als Doppelcharakter des neuen Staatsverständnisses
bürgerlicher Demokratie begreifen lassen, bei der die jeweilige
Instrumentalisierung eines Gegenstandes (z.B. Auschwitz und Ausländer)
unmittelbar mit der Nichtinstrumentalisierung (z.B. von Auschwitz und den
Ausländern) jene Staatsauthentizität hervorbringt, die die FAZ
dann so beschreibt: Das politische Denken der heute die Bundesrepublik
regierenden Achtundsechziger-Generation ist einst der Bewußtmachung
historischer deutscher Schuld entsprungen. Um so wichtiger ist es zu
beobachten, wie Schröder und Fischer versuchen, den Einfluß der
Geschichte auf die operative Politik behutsam neu zu
gewichten.(34)
Auschwitz also als tatsächlicher Fixpunkt deutscher Staats-Politik
fällt grandios mit dem tatsächlich langfristig angelegten
Antifa-Sommer als verordneter Antifaschismus für die deutsche
postfaschistische Volksgemeinschaft und ihrem autoritären Charakter
zusammen. Die Durchsetzung eines staatlichen Perspektivwechsels in Bezug auf
seine Bürger erfolgt im Interesse wie gegen das Interesse der
Staatsbürger. Deshalb ist das Gefälle von staatlicher Antifa-Politik
und national befreiter Zonen ein Unterschied zwischen Wesen und Erscheinung,
der im Sinne des Staates letztlich ein nicht zu duldender Widerspruch, eine
Abweichung vom verordneten Perspektivwechsel darstellt. Dieser Widerspruch
wird, über kurz oder lang, von Oben zugunsten des staatlichen
Antifaschismus aufgehoben werden müssen, weil dieser dem Wesen des Staates
und seinen Mitteln zum Zweck unkalkulierbaren Schaden zufügen kann. Oder
anders: das Recht der Nazis auf Kritik des Staates und das Recht auf
konstruktive Mitbestimmung um die Wahl der Mittel (Nationalismus, Rassismus und
Antisemitismus) wurde ihnen vom Staat langfristig entzogen es hat im
Gegenzug die (staatlichen) Rechte der Antifa gestärkt. Es liegt nun an der
Antifa, dieses Recht durch Selbstauflösung und dem expliziten Bekenntnis
zum Linksradikalismus radikal zu verweigern. In diesem Sinne hat die Antifa aus
eigener Kraft eine Transformationsleistung zu erbringen, die sich des Begriffes
Antifaschismus weitgehend entledigt. Nur so kann vermieden werden, sich dem
Staat vollends auszuliefern und zu seinem kritischen
Erfüllungsgehilfen zu mutieren.
In der nächsten Ausgabe erscheint Teil 2
Fussnoten:
(1) Johannes Agnoli, Der Staat des Kapitals, S.109, Freiburg 1995
(2) So heißt es in einem Artikel in der Leipziger linken
Zeitschrift Klarofix (Ausgabe 01/2001) zum Thema Das Projekt
Antifa bezeichnend: Weil gegenwärtig die grundsätzliche
Kritik des real existierenden Kapitalismus eine Voraussetzung der Analyse ist,
gehören linksradikal und Antifaschismus zusammen. Deutlich wird hier
ein Prinzip der Seiteneinsteigerei: vor der Analyse kommt die Kritik, die aber
hier nicht notwendiger Weise die nach der Analyse ist. Kritik des Kapitalismus
wird hier verwechselt mit einer pauschalen Ablehnung desselben was bei
weitem noch keine Kritik bedeutet , die einer Fundierung der Kritik
vorbeugt, weil sie den ersten vor den zweiten Schritt zwar pauschal voraussetzt
aber nicht tut. Verhängnisvoll ist das deshalb, weil so die notwendige
dialektische Synthesis als der Analyse des Konkreten entgegengesetzt, immer
eine verhunzte ist, die das zerlegte Objekt der Analyse nicht wieder aufzuheben
vermag. Daraus folgt, daß dem dialektischen Denken bei Marx, das sich in
der Abstraktion durch nichts imponieren läßt und seinem
Wesen nach kritisch und revolutionär sein soll, kaum
entsprochen werden kann.
(3) vergleiche dazu: Robert Kurz, Postmarxismus und Arbeitsfetisch
Zum historischen Widerspruch in der Marxschen Theorie; in Krisis, Heft
15 1995 oder www.krisis.org
(4) Initiative Sozialistisches Forum, Der Theoretiker ist der Wert,
S.16, Freiburg 2000
(5) Theodor W. Adorno, Gesellschaftstheorie und Kulturkritik S.35,
Frankfurt am Main 1975
(6) a.a.O. S. 14 u. 16
(7) Es sei darauf verwiesen, daß hierin der wesentliche
Unterschied schlechthin zum postmodernen Bedürfnis
(Bahamas) zu sehen ist.
(8) Ulrich Enderwitz, Was ist Ideologie?, www.isf-freiburg.org
(9) Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, S.17, Frankfurt am Main
1973
(10) Barbara Brick/Moishe Postone, Kritischer Pessimismus und die
Grenzen des traditionellen Marxismus, S. 179. Der Vorwurf, daß die
Kritische Theorie sich selbst nicht negativ genug ist, wird von mir an dieser
Stelle vernachlässigt.
(11) Initiative Sozialistisches Forum, Der Theoretiker ist der Wert,
S.17, Freiburg 2000
(12) a.a.O. S.32
(13) Karl Marx, Das Kapital Erster Band, S.161, Berlin 1955
(14) vergleiche Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner
technischen Reproduzierbarkeit, S.09 Frankfurt am Main 1963. Er schreibt dort:
Als Marx die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise unternahm, war
diese Produktionsweise in den Anfängen. Marx richtete seine Unternehmungen
so ein, daß sie prognostischen Wert bekamen.
(15) Initiative Sozialistisches Forum, Der Theoretiker ist der Wert,
S.18, Freiburg 2000
(16) Robert Kurz, Postmarxismus und Arbeitsfetisch Zum
historischen Widerspruch in der Marxschen Theorie, in Krisis, Heft 15 1995 oder
www.krisis.org
(17) Manfred Dahlmann, Kritische Theorie am Ende?,
www.isf-freiburg.org
(18) So wird in der Leipziger Zeitschrift Klarofix (01/2001) in dem
Artikel Das Projekt Antifa gegen Kritik eingewandt, sie sei sich selbst
genügend und abwartend und müsse deshalb
Produktionsbedingungen schaffen, unter denen sie praktisch
werden kann. Neben exemplarischer positivistischer Selbstaustreibung von
Kritik als geliebtes Primat der Politik, drückt sich hier der
Praxisfetisch aus, auf dessen Charakter ich später im Text noch eingehen
werde.
(19) Bündnis gegen Rechts Leipzig, Antifa, was geht?,
www.nadir.org/bgr
(20) Theodor W. Adorno, Gesellschaftstheorie und Kulturkritik, S.160,
Frankfurt am Main 1975
(21) vergleiche Bahamas Nr. 26/1998. Angemerkt sei, daß der
beschriebene Tod des Subjektes von Focault und Co. eine schwerwiegende
Verwechslung mit gesellschaftlich bedingter bzw. zwanghafter Subjektlosigkeit
darstellt. (...) Vom Tod des Subjekts zu schwafeln, wie es die
berüchtigten Franzosen tun, verbietet sich von selbst. Ein
totes Subjekt kann sich schlecht als Subjekt begreifen. Daß es sich so
begreift, ist gerade das Problem. (Manfred Dahlmann, in: Kritische
Theorie am Ende?)
(22) ebenda
(23) vergleiche die Selbstdarstellung von Initiative Sozialistisches
Forum
(24) Johannes Agnoli, Der Staat des Kaptials, S.18, Freiburg 1995
(25) ebenda
(26) ebenda
(27) Karl Marx, Lohnarbeit und Kapital, S.80 ff., Berlin 1966. Marx
schreibt weiter zum grundlegenden Verständnis von Kapital überhaupt:
Das Kapital besteht nicht nur aus Lebensmitteln, Arbeitsinstrumenten und
Rohstoffen, nicht nur aus materiellen Produkten; es besteht ebensosehr aus
Tauschwerten. Alle Produkte, woraus es besteht, sind Waren. Das Kapital ist
also nicht nur eine Summe von materiellen Produkten, es ist eine Summe von
Waren, von Tauschwerten, von gesellschaftlichen Größen. (...)
Produkte, die gegen andere austauschbar sind, sind Waren. Das bestimmte
Verhältnis, worin sie austauschbar sind, bildet ihren Tauschwert oder, in
Geld ausgedrückt, ihren Preis. (...) Wie nun wird eine Summe von Waren,
von Tauschwerten zu Kapital? Dadurch, daß sie als selbständige
gesellschaftliche Macht, d.h. als die Macht eines Teils der Gesellschaft sich
erhält und vermehrt durch den Austausch gegen die unmittelbare, lebendige
Arbeitskraft. Die Existenz einer Klasse, die nichts besitzt als die
Arbeitsfähigkeit, ist eine notwendige Voraussetzung des Kapitals. Die
Herrschaft der aufgehäuften, vergangnen, vergegenständlichten Arbeit
über die unmittelbare, lebendige Arbeit macht die aufgehäufte Arbeit
erst zu Kapital. Das Kapital besteht nicht darin, daß aufgehäufte
Arbeit der lebendigen Arbeit als Mittel zu neuer Produktion dient. Es besteht
darin, daß die lebendige Arbeit der aufgehäuften Arbeit als Mittel
dient, ihren Tauschwert zu erhalten und zu vermehren.
(28) Initiative Sozialistisches Forum, Der Theoretiker ist der Wert,
S.108, Freiburg 2000
(29) Mir ist bewußt, daß ich hier in der Abstraktion
vernachlässige, wie gesellschafltich konstitutiv historische Kategorien
für die Staatsform (also nicht dem Staatszweck), z.B. den
Nationalcharakter, also dem Nationalismus, wie auch für Antisemitismus,
Sexismus und Rassismus sind.
(30) Johannes Agnoli, Der Staat des Kapitals, S.22, Freiburg, 1995
(31) Ulrich Enderwitz, Linker Strukturalismus, www.isf-freiburg.org
(32) Johannes Agnoli, ebenda S.144
(33) ebenda S. 46 ff.
(34) FAZ vom 03.01.2001
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