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Im folgenden dokumentieren wir einen offenen Brief ehemaliger Bekannter des Kronzeugen Tarek Mousli an eben jenen. Im Verfahren gegen sechs mutmaßliche Mitglieder der ehemaligen Revolutionären Zellen/Rote Zora (RZ) machte Mousli als ebenfalls Beschuldigter umfangreiche Aussagen, deren Angaben aber in sich sehr widersprüchlich sind. Anläßlich des inzwischen beendeten Prozesses gegen Mousli Verurteilung zu zwei Jahre auf Bewährung am sechsten Dezember wurde jener Brief veröffentlicht. |
Ausgerechnet gegenüber der PolizeiTag Tarek!Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. Nach deiner ersten Inhaftierung im Frühjahr 1999 hast du jeden Kontakt zu einzelnen von uns abgelehnt. Ende November 1999 erfuhren wir von deiner zweiten Inhaftierung im Zusammenhang mit Vorwürfen einer angeblichen Mitgliedschaft bei den Revolutionären Zellen. Wenig später hast du gegenüber den Ermittlungsbehörden begonnen, umfangreiche Aussagen über die angebliche Verwicklung von konkreten Personen in Aktivitäten dieser nicht mehr existenten Gruppe zu machen. In deinen Aussagen hast du den Ermittlungsbehörden zudem eine Unzahl von Namen ehemaliger Genossen und Genossinnen genannt. Eine Folge davon war der zweimalige, zum Teil zerstörungswütige Besuch von bis zu 1.000 Polizisten im Mehringhof, um den dort angeblich versteckten Sprengstoff zu finden. Doch weder den, noch irgendwelche Spuren davon haben die staatlichen Behörden gefunden. Zumindest da ist für jeden offensichtlich, daß du deinen Vernehmungsbeamten Unfug erzählst. Nichts desto trotz hast du aber mit deinen Aussagen dafür gesorgt, sechs Leute, die wir zum Teil gut kennen, mittlerweile für fast ein Jahr in den Knast zu bringen. Eine wahrlich deprimierende Bilanz für einen ehemaligen Genossen aus den vielfältigen autonomen Bewegungen der 80er Jahre. Tarek, du weißt, wie wenig wir in den letzten Jahren miteinander zu tun gehabt haben. Bei den einen ergab sich das so zufällig wie das Leben selbst, bei den anderen wirst du dich vielleicht selbst noch an die guten Gründe dafür erinnern können, warum sie kein Interesse an einem Kontakt zu dir hatten. Da und dort warst du für einige von uns noch Gegenstand privater Anekdoten. Nicht alle haben vergessen, was du auch an guten Sachen für die autonomen Bewegung gemacht hast. Einige von uns können sich noch gut daran erinnern, daß sie gerne mit dir diskutiert haben und zu Demos gegangen sind. Und mancher Polizist mußte bei Auseinandersetzungen aufgrund deines praktischen Engagements einsehen, daß eine Festnahme unmöglich ist. Doch nun hast du dich aus welchen Gründen auch immer dazu entschlossen, eine ganze Reihe von uns zum Teil gut bekannten Leuten bei der Staatspolizei anzuschwärzen; und das nicht nur im heute noch strafrechtlich relevanten Sinne über angebliche Mitglieder der RZ, sondern auch über Beteiligte an vielfältigen autonomen und antifaschistischen Aktionen. Zeigt mir die Lichtbilder, und ich sage euch, wer was wann wo gemacht hat, so lauten sinngemäß deine Worte gegenüber deinen Vernehmungsbeamten. Die einen von uns waren davon absolut geschockt, für andere wiederum war dies nur eine Bestätigung, was sie dir schon immer zugetraut hatten. Gefragt haben wir uns aber alle, was du dir eigentlich dabei denkst, ausgerechnet gegenüber der Polizei über eine Geschichte irgendwelche Aussagen zu tätigen, an der wir in den 80er Jahren mit mehreren zehntausend Leuten in der BRD in einem politischen wie gesellschaftskritischen engagierten Sinne beteiligt waren? Die Binsenwahrheit, daß sich die Zeiten und damit die politischen Handlungskonstellationen gegenüber den 80er Jahren gravierend verändert haben, gibt dir nicht das Recht dazu. Und von uns bekommst du dafür auch nicht einen Millimeter Verständnis oder Zustimmung. Im Augenblick hast du ein falsches Leben mit wahrscheinlich viel Geld und neuer Identität (!) gewählt. Tarek auch bei allem, was bei dir in deinen persönlichen Lebenszusammenhängen noch ungeklärt ist du kannst dir denken, wie groß unsere Verachtung für so ein niederträchtiges Verhalten ist. Durch deine Intensive Zusammenarbeit mit der Polizei hast du jede Möglichkeit zerstört, an dich appellieren zu können, als gäbe es noch eine Gemeinsamkeit zwischen uns. Aber dennoch irrst du dich, wenn du glaubst, daß du damit frei bist zu tun, was du für dich für nützlich hältst. Wir garantieren dir unser unmißverständliches NEIN, wenn du glaubst, mit Teilen unserer politischen Geschichte mit all ihren guten wie schlechten Seiten so billig vor der Polizei und auf Kosten von sechs von dir in den Knast gebrachten Leuten abrechnen zu können. Es ist aber auch wahr, daß man nur in den Filmen von James Bond so einfach die Seiten wechseln kann. Du wirst damit konfrontiert werden, wenn das Gericht dich dazu auffordert, in der konkreten Gegenüberstellung die Gefangenen mit der aktenkundigen Einlassung für Jahre im Kerker verschwinden zu lassen. Da hast du dann die letzte Chance, deine Aussagen zurückzunehmen. Nicht nur im politischen Sinne finden wir, daß du diese letzte Chance, auch um deiner selbst willen, unbedingt ergreifen solltest. Deshalb haben wir auch keine Probleme damit, dich hiermit aufzufordern, deine bei der Polizei, Bundesanwaltschaft und sonstigen Staatsschutzbehörden gemachten Aussagen wieder zurückzunehmen. Und deine von den Staatsschutzbehörden bislang erhaltenen Gelder hast du selbstverständlich den Inhaftierten als Wiedergutmachung zur Verfügung zu stellen. Soweit!
Freiheit für Lothar, Axel, Matthias und Harald, Sabine und Rudolf! |