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review-corner, 2.7k

Heimholung nach Deutschland

Während die Autoren des Buches „Das RAF-Phantom“ behaupten, es habe die 3. Generation der RAF nie gegeben, müssen wir die leidvolle Erfahrung machen, daß mit dem Buch „Operation RAF“ und dem neuen Film „Das Phantom“ die Verschwörungstheorie der Autoren dagegen die 3. Generation unbeschadet erreicht hat.
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Buchtitel, 27.9k

Gerhard Wisnewski/Wolfgang Landgraeber/Ekkehard Sieker:

Das RAF-Phantom.

Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen
Knaur: 1992, 464 S., ISBN 3-426-80010-1


Gerhard Wisnewski/Wolfgang Landgraeber/Ekkehard Sieker:

Operation RAF.

Was geschah wirklich in Bad Kleinen?
Knaur: 1994, 223 S., ISBN 3-426-80048-9


Dennis Gansel:

Das Phantom.

Im Mai 2000 auf Pro7 ausgestrahlt.

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Wie alles anfing

Die drei linksliberalen Autoren Wisnewski, Landgraeber und Sieker waren nicht sonderlich bekannt. Sie hatten Bücher gegen die Wehrpflicht, Hochrüstung, Fast Food und Atomenergie geschrieben. Damit hatten sie sich hochgearbeitet. Und es zu eigenen Beiträgen bei den Polit-TV-Magazinen Panorama und Monitor gebracht.
Doch dann wollten sie so richtig berühmt werden. Sie nahmen sich des Themas RAF an, machten eine spannende Agentengeschichte daraus, der von allen Seiten vehement widersprochen wurde. Und deswegen verkaufte sich ihr Buch „Das RAF-Phantom“ gut. Sie behaupteten, daß es die 3. Generation der RAF nicht wirklich gäbe. Vielmehr würden Geheimdienste die Attentate im Interesse der Wirtschaft und Politik begehen.
Als in Bad Kleinen die mutmaßlichen RAF-Mitglieder Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld erschossen bzw. festgenommen wurden, geriet unser Trio in Erklärungsnot. Also legten sie mit ihrem zweiten Buch „Operation RAF“ nach. In diesem Buch können sie zwar nicht viel erhellendes zum Thema beitragen, aber die krude Theorie wurde gerettet.
Sechs Jahre später wird das RAF-Phantom verfilmt. Jetzt mit noch mehr Action, komplizierten Verwicklungen und einer tragischen Liebe. Ein schöner Film für den Abend...?

Spaß, 6.6k

Die guten Bullen vom SEK – "Könige von Deutschland" – sind für jeden Spaß zu haben; fallen trotzdem einer bösen Intrige zum Opfer.

...unter der Dusche, 15.7k

Doch der dahinterliegende Plot verwundert. Herrhausen als der gute deutsche Banker, der sich für die Entschuldung der Dritten Welt einsetzte und dafür sterben mußte. Auftraggeber: US-amerikanische Banken. Ausführende: eine belgische Anwaltskanzlei, die die RAF unterwandert hat. Die RAF-Terroristen sind die guten deutschen Kinder, die nur ein bißchen gegen den Vietnamkrieg protestieren wollten und dann in den Untergrund getrieben wurden. Von ebenjener Anwaltskanzelei. Der im Film vorkommende RAF-Terrorist wird in dem Moment, wo er auspacken will, ebenfalls umgebracht. Von der Anwaltskanzlei. Und die dritten im Bunde: Die Polizei und der Staatsschutz, die guten deutschen Bullen, die beim Aufklären des Verbrechens ebenfalls ihr Leben lassen. Zwei Polizisten sterben direkt durch den Agenten der belgischen Anwaltskanzlei, einer wird von belgischen Kollegen ermordet.
Banker, Terroristen und Bullen sitzen also alle in einem Boot und kämpfen gegen den Feind von außen. Die Kanzlei in Brüssel – Sitz der EU-Behörden – wird aber nicht nur von US-amerikanischen Finanzkreisen gesteuert, sondern arbeitet auch eng mit dem israelischen Geheimdienst Mossad zusammen... Es geht also um „das Weltjudentum“ – so neu ist das Feindbild dann doch nicht, wie uns der Thriller glauben machen will. Ein Grund, sich mit den Büchern genauer zu beschäftigen.

Ein Phantom entsteht

Warum es die RAF oder wenigstens ihre 3. Generation nie wirklich gegeben hat, will das Buch „Das RAF-Phantom“ belegen. Am Anfang steht eine kriminalistische Auseinandersetzung mit Anschlägen, Bekennerschreiben und Ermittlungspannen der Polizei. Zu den Inhalten der Aktionen wird kaum etwas gesagt, vielmehr geht es um technische Details. Aber das kennen wir ja schon. Stefan Aust (jetzt Spiegel-Chefredakteur) hat sich in seinem Buch „Der Baader-Meinhof-Komplex“ (Knaur, 1989) auch lieber seitenweise an der vermeintlichen Dekadenz von Andreas Baader ergötzt (er trug nämlich teure Seidenhosen im Untergrund), als sich mit der Politik der RAF auseinanderzusetzen.
Um glaubwürdig zu erscheinen, legen sich die Autoren eine linkradikale Attitüde zu. So schreiben sie schon auf der ersten Seite, daß sie das Buch veröffentlichen mußten, um der „Hatz, die seit den Anfängen der >RAF< auf kritische und >terrorismusverdächtige< Bevölkerungspotentiale betrieben wird“, etwas entgegen zu setzen. Dabei schlagen sie jedoch zuweilen über die Stränge hinaus. Während es Linken wie Butter runtergeht, wenn davon die Rede ist, die westlichen Geheimdienste wären so schlimm wie die Stasi und daß „das Grundgesetz der BRD allmählich zur radikalen Literatur von Randgruppen zählt“, hinterläßt eine Passage wie die folgende schon einen ranzigen Nachgeschmack:
„Die >Sicherheitspolitiker< befinden sich auf der Suche nach einem neuen inneren Feind. Dies ist (...) eine Entwicklung, die jeden angeht. Jedermanns Telefon kann morgen abgehört werden, jeder kann schon bald eine Wanze in seiner Wohnung entdecken, aufgrund einer öffentlichen Äußerung oder eines zweifelhaften >linguistischen Gutachtens< verhaftet werden und monate-, wenn nicht jahrelang im Gefängnis verschwinden. Vielen Bürgern dieses Landes ist dies bereits passiert.“
So etwas behauptet ja nicht mal das aufrüttelnde Pamphlet zur bundesweiten Demonstration „Save the resistance – Gegen Überwachungsgesellschaft und Sicherheitswahn“ am 14.10.2000 in Leipzig.

50 ways to leave the „Mythos RAF“

1. Die Aktionen der RAF wären immer kontraproduktiv gewesen.
2. Schon mit der ersten Aktion der RAF (Kaufhausbrand, 1968) setzte sie sich an die „Spitze einer Protestbewegung“ und hatte „sie damit zum Tode verurteilt.“
3. Der Anschlag auf den Treuhand-Chef Rohwedder (1991) war der Todeskuß für die sich neu formierenden Montagsdemonstrationen im Osten. Wer es vergessen hat, was damals los war: Die ex-DDR-Bevölkerung, „noch ausgestattet mit mit einem frischen >revolutionären Bewußtsein<, drohte, sich ein zweites Mal zu erheben und gleich noch eine Regierung hinwegzufegen. – >Kohl muß weg<, lautete der Slogan einer Montagsdemo.“
Ausschnitt aus dem Film, 12.5k

Herrhausen – umgebracht vom US-amerikanischen Finanzkapital, weil er dieses Kind vor dem Verhungern bewahren wollte?

4. Der Staat ist viel zu stark, um eine eigenständige Terrorgruppe ungestört agieren zu lassen.
5. Die erste Generation der RAF wurde wenige Monate nach ihren Aktionen, manche sogar schon vor ihrer ersten Aktion, hochgenommen. Und inzwischen hat der Überwachungs-Staat aufgerüstet.
6. Die Aktionen der RAF dienen dem Staat, um Protestbewegungen in ein schlechtes Licht zu rücken, sie zum Aufgeben zu zwingen, die Loyalität der BürgerInnen zu stärken und die Kriminalisierung gegen unliebsame politische Gruppen voranzutreiben. Die RAF hat also der Linken bislang immer nur geschadet. Und den RAF-Gefangenen, die für Hafterleichterung und Freilassung kämpfen, ebenso.
7. Es gibt keine Indizien, welche Mitglieder die RAF haben könnte.
8. Der RAF-Stern sieht jedesmal anders aus.
9. Außerdem kann ihn jedes Kind nachmachen. „Auch dieses Buch ist mit einem >RAF<-Stern dekoriert. Wir sind gespannt, wann wir deshalb mit einem der Anschläge der vergangenen Jahre in Verbindung gebracht werden.“
10. Die heutige RAF unterläßt es, die Bekennerschreiben eindeutig – z.B. mit Fingerabdruck – zu unterschreiben.
11. Auch die Bekennerschreiben lassen sich dank Tintenstrahldrucker, Kopierer und modernen Schreibmaschinen nicht mehr zuordnen.
12. Es gab RAF-Bekennerschreiben, die durch das BKA als authentisch eingestuft wurden. Der Widerruf der RAF, das Schreiben wäre gar nicht von ihr, wurden dann ebenfalls der RAF zugeordnet.
13. Die Anschläge gelangen immer an Orten erhöhter Sicherheit.
14. Während selbst normalen Passanten die Anschlagsvorbereitungen auffielen und sie zum Teil deswegen die Terroristen ansprachen, wollen die Personenschützer des BKA nichts bemerkt haben.
15. Obwohl die vom BKA so gut ausgebildet sind und in ihren Lehrbüchern steht, auf was alles zu achten ist.
16. Die Wortwahl und Ausdrucksweise läßt keine Schlußfolgerungen zu. Linguistische Gutachten sind unseriös. Wie überhaupt alle Gutachter des BKA. Während alle Experten, die sich im Sinne der Buchautoren äußern, als angesehen und zuverlässig gelten.
17. Die Ermorderten waren immer die Guten, zur Not auch nur das kleinere Übel.
18. So war Herrhausen einer, der den deutschen Banken zu mehr Einfluß verhelfen und die Schuldenmisere der Länder der Dritten Welt beseitigen wollte. (Letzteres jedoch nur, um ersteres besser durchzusetzen – als Imagekampagne und Kampfansage gegen die US-amerikanischen Banken, bei denen der Trikont stärker verschuldet war als bei der Deutschen Bank. Dieser Hintergrund wird im Buch wenigstens noch kurz erwähnt, im Film wird aus Herrhausen dann vollends der menschenfreundliche Samariter, der nur die Hungernden auf dieser Welt retten wollte.)
19. „Selbstverständlich berührten Herrhausens Initiativen zumindest den Geist des Abkommens von Jalta“ geht dem Autoren-Trio auch mal ein richtiges Licht auf. Aber selbst das spricht gegen die RAF. Denn gute Deutsche wissen: „Die in Jalta vorgenomme Aufteilung des Kontinents war über Nacht ungültig geworden, und mit dem wiedervereinigten Deutschland, seiner Wirtschaftsmacht und geographischer Lage, betrat plötzlich ein neuer Global oder Continental Player die Szene, bereit, die Lücke nach dem Zusammenbruch des Systems von Jalta auszufüllen. Das wurde im Ausland, insbesondere den Jalta-Staaten, mit Aufmerksamkeit registriert.“ Oder anders gesagt: „Die ausländische Kritik unterschied sich nicht besonders von jener in den Bekennerbriefen der >RAF<.“ Der britische Industrie- und Handelsminister hatte in Zusammenhang mit der Europäischen Union den Faschismus-Vorwurf an Deutschland gerichtet: „Das ist alles ein deutscher Vorstoß, sich ganz Europa unter den Nagel zu reißen. Diese überfallartige Übernahme der Deutschen, mit den Franzosen als Pudel an der Seite, ist absolut unannehmbar. (...) Ich bin nicht grundsätzlich gegen die Preisgabe von Souveränität, aber nicht an diesen Haufen. Da könnte man sie offen gestanden gleich an Adolf Hitler abtreten.“ Also kann nur der Geheimdienst der Jalta-Staaten, der alten Feinde aus dem Zweiten Weltkrieg, hinter den Attentaten stehen, die den exponierten Vertretern der deutschen Großmachtpolitik (die in dem Buch aber nicht als solche benannt wird) galten. Daß der britische Minister – anstelle Deutschland weiter bekämpfen zu können – nach dem Interview zurücktreten mußte, wird zwar im Buch vermerkt, vermag aber nicht, das Theoriegebäude der Autoren ins Wanken zu bringen.
20. Gewisse deutsche Politiker, die mit Herrhausen an einer Tagung teilgenommen hatten, starben ebenfalls auf mysteriöse Weise (z.B. Barschel).
21. Herrhausen wurde nach seinem Tod abgelöst, von einem, der von Expansion und globaler Finanzpolitik nicht viel wissen wollte, sich dagegen mehr auf das Einzelkundengeschäft in den fünf neuen Bundesländern konzentrierte.
22. Die US-Banken, die Herrhausen nicht leiden konnten, freundeten sich schnell mit dem Nachfolger an.
23. Ähnlich bei Rohwedder. Auch er war unbeliebt in den USA.
24. Rohwedder war auch ein Guter. Er wollte nämlich als Treuhand-Chef die maroden Ost-Betriebe sanieren, um Arbeitsplätze zu sichern.
25. Die Firmen aus den USA wollten aber nur viel Geld machen und nicht sanieren.
26. „Mit der insbesondere amerikanischen Unternehmern eigenen Arroganz konnten sie auch in Arbeitsschutzbestimmungen und Gewerkschaftsgesetzen eigentlich nichts anderes als böse Fallstricke auf dem Weg zur Teilnahme an einem neuen deutschen Wirtschaftswunder sehen. Daß solche Bestimmungen tatsächlich für die Arbeitnehmer gemacht worden waren, kam ihnen nicht recht in den Sinn.“
27. Nach Rohwedder kam Birgit Breuel. Ein Gräuel.
28. Die Birgit – wie kann es anders sein – kommt aus einem Bankenhaus und ist nicht wie Rohwedder sozialdemokratisch, sondern eher wirtschaftsliberal eingestellt. Und ihre Familie hatte schon immer gute Kontakte zu den US-Banken.
29. Die Autoren hätten einer echten RAF empfohlen, zusammen mit Herrhausen und Rohwedder gegen Breuel und Konsorten vorzugehen. (Dann wäre uns auch die EXPO erspart geblieben. möchte man fast meinen.)
30. Alle Opfer und Begünstigten der RAF-Attentate hatten irgendetwas mit der Organisation „Atlantik-Brücke“ zu tun. In dieser Organisation sind neben „deutschen Politik- und Wirtschaftsführern“ die „Creme der US-amerikanischen Hochfinanz und -industrie sowie der deutschen und amerikanischen Geheimdienste“ vertreten.
31. Aber die Atlantik-Brücke hat nicht nur die besten deutschen Manager und Politiker irgendwie auf dem Gewissen. Auch daß es den alten, wohl echten, deswegen guten RAF-Gefangenen so schlecht geht, hängt mit der neuen RAF zusammen. Obwohl sich verdiente Menschen, wie Martin Walser, Antje Vollmer und Familie Braunmühl für die Zusammenlegung einsetzten, wurden alle Bemühungen durch den Anschlag auf Herrhausen zu nichte gemacht.
32. Aber warum sich immer nur im latenten Antisemitismus üben. Die Verrenkungen mit der US-Hochfinanz strengt auf Dauer an.
33. Neben dem CIA, der Terrorismus als sein Tagesgeschäft verstehen würde, wird nur noch der Mossad genannt als ein Geheimdienst, der z.B. die Roten Brigaden steuert.
34. Die Umerziehung nach dem Zweiten Weltkrieg hat Deutschland infiziert, so daß auch deutsche Geheimdienste nicht sauber geblieben sind: „die Spezialisten haben keine Berührungsängste gegenüber international berüchtigten Killer-Regimen (...) GSG 9 in den Krisengebieten, wo beispielsweise auch Israelis den gezielten Todesschuß auf Palästinenser üben...“
35. Alle Untergrundorganisationen sind von Geheimdiensten unterwandert, sei es in Italien oder in Griechenland – also muß es in der BRD auch so sein.
36. Zumal sich die RAF in ihren Erklärungen auf diese Gruppen (17. November, Rote Brigaden) bezieht.
37. Und diese Gruppen erscheinen „in einem dubiosen Licht“: „Die Terrorgruppe hatte das Thema deutscher Reparationen an Griechenland entdeckt. (...) Der Eintreibung dieser Schulden hat sich der >17. November< voll und ganz verschrieben.“ Daß inzwischen sogar die griechische Justiz sich dem Kampf angeschlossen hat und kurzerhand deutsche Einrichtungen in Griechenland, wie das Goethe-Institut versteigern lassen will, spricht in der Diktion der Autoren wahrscheinlich sogar mehr gegen die Gruppe als für sie.
38. Die Kronzeugen gegen die RAF standen alle unter Drogen, hatten psychische Probleme und wurden vom Verfassungsschutz erpreßt.
39. Don’t forget: Celler Loch.

Die restlichen 11 erspare ich euch...

Nichts neues in Bad Kleinen

Nach Bad Kleinen legt unser Trio mit dem Buch „Operation RAF“ nach. Schließlich tauchten in Bad Kleinen zwei vermeintliche RAF-Mitglieder auf, von denen es im ersten Buch noch hieß, daß überhaupt nicht klar wäre, inwieweit sie etwas mit der RAF zu tun hätten.
Am Anfang setzen sie sich mit den Kritiken an ihrem ersten Buch in den linken Medien (taz, konkret) auseinander, geben auch Wolfang Grams post mortem zu Bedenken: „Die >RAF<, deren Mitglied der skeptische, sorgfältige und einfühlsame Wolfgang Grams gewesen sein soll, kann wohl kaum jene Killertruppe sein, die in den letzten Jahren zielsicher ausgerechnet solche Personen beseitigt hat, die in ihren Tätigkeitsfeldern auf ihre Weise unkonventionell gehandelt haben. Sei es nun Alfred Herrhausen in Fragen der Schuldenkrise, Detlev Karsten Rohwedder mit seinem Drängen auf Privatisierung und Sanierung von Treuhandbetrieben und Gerold von Braunmühl mit seiner kritischen Haltung gegenüber US-amerikanischen Vormachtstreben und dem absurden SDI-Projekt.“
Ansonsten besteht das Buch aus einem Aufguß der alten Thesen. Unstimmigkeiten des ersten Buches wurden geglättet, um es einem noch größeren Publikum zu erschließen. In diesem Buch findet sich z.B. kein Hinweis darauf, daß die Ermordeten sehr wohl Exponenten deutschen Großmachtstrebens waren und somit berechtigterweise sowohl in das Schußfeld der USA als auch der RAF geraten konnten.
Lang und breit wird der konkrete Tathergang der Ermordung von Wolfgang Grams durch die GSG9 hergeleitet – was sich auch in linken Publikationen mit ähnlicher Qualität finden läßt. Aber auch nicht weiter interessant ist.
Wie schon im ersten Buch können die Autoren keine eigenen Thesen zu den Hintergründen der RAF-Anschläge liefern. Es wird nur versucht, die gängigen Theorien wortreich zu widerlegen. Die LeserInnen können sich dann nach Belieben ihre eigene Verschwörungstheorie zurecht basteln – ob mit Mossad oder ohne, mit US-Hochfinanz oder der Atlantikbrücke oder beiden, mit einer RAF, die nur von den Geheimdiensten gesteuert wird oder einer eigenen Geheimdienstgruppe.
Nach dem Lesen bleibt nur unerklärlich: Entweder der Staat und die Geheimdienste stecken nicht dahinter und die ganzen Pannen sind echt. Oder sie haben etwas zu verbergen und stecken wirklich hinter den Morden. Warum machen sie es dann nicht perfekter? Es ist unwahrscheinlich, daß sie sich, sollten sie die Drahtzieher im Hintergrund sein, so viele Blößen geben würden. Und warum sind z.B. die einzigen, die das Komplott durchschaut haben, Wisnewski, Landgraeber und Sieker, nicht auch schon längst entsorgt worden? Muß ja nicht immer so spektakulär sein wie bei Herrhausen...

König von Deutschland

Im Film: Zwei Bullen des SEK, die gleich zu Anfang Sympathie-Punkte beim Publikum sammeln sollen: Weil sie einer Frau hinterhersehen, rempeln sie ihren Vorgesetzten an und zeigen ihm dann den Stinkefinger. Unter der Dusche schlagen sie sich wie ausgelassene Kinder mit ihren Handtüchern gegenseitig auf den Hintern. Bei der Observation singen sie – anstatt aufzupassen – Rio Reisers „König von Deutschland“. Die nationalen Bestandteile der
Ausschnitt aus dem Film, 8.2k

Aber auch für die Agenten des Mossad und US-Hochfinanz ist irgendwann mal Schluß mit lustig, wenn alle deutschen Banker, Bullen und Hausbesetzer zusammen halten.

68er sind also in dem Film dort angekommen, wo sie in der Realiät auch schon längst sind. Aber eben noch nicht alle. Die RAF muß noch heimgeholt werden. Aber erstmal wird sie ermordert und der eine SEKler gleich noch mit dazu. Von Müllmännern. Wir lernen, daß die Agenten aus Belgien sehr verwandlungsfähig sind: In den ersten 15 Minuten treten sie auch noch als Polizist und Taxifahrer auf – jedesmal aber schwer bewaffnet und schießwütig. Aber nicht nur das, die Gefahr ist übermächtig: Die belgischen Agenten hören Telefone ab und kennen die Sicherheitsverstecke der deutschen Polizei. Der andere SEKler, der immer nur knapp seiner Ermordung entkommt, löst unter erschwerten Bedingungen – schließlich sucht ihn auch die deutsche Polizei, da die belgischen Agenten so clever waren, den Verdacht von sich abzulenken, z.B. indem sie seine Dienstwaffe für einen Mord benutzten – das Rätsel um das RAF-Phantom. So entdeckt er in einer Wohnung eines Anwaltes, der versucht, exilierten RAFlerInnen die Rückkehr zu ermöglichen (der im Film umgebracht wird, in der Realität aber auch Benz heißt, für den Verfassungsschutz arbeitet und sich bester Gesundheit erfreut), Zeitungsartikel mit Titeln wie „CIA läßt Terrorgruppen unterwandern.“
Der Vater des vermeintlichen RAF-Mitglieds erzählt, daß Herrhausen „dafür eintritt, der Dritten Welt ihre Schulden zu erlassen. Wäre er nicht rechtzeitig ermordert worden, wären die wirklich Leidtragenden die großen amerikanischen Banken gewesen. Damit war Herrhausen eigentlich dem Großkapital im Weg und nicht der RAF.“
Als das BKA die Ermittlungen an sich zieht, weil „Bereiche der Inneren Sicherheit tangiert werden“, schöpfen die anderen SEKler Verdacht und ermitteln nicht mehr gegen ihren abtrünnigen Kollegen sondern fortan gegen die belgischen Agenten. Bei einer Personalienrecherche sind auf dem Computermonitor kurz die Lebensdaten des Hauptagenten zu erkennen: französische Legionär, Israel – Defense Force, Anti Terror Unit. Außerdem bekommen sie heraus, daß die Kanzlei 1971 im Zusammenhang mit Geheimdienstoperationen gegründet wurde und seitdem z.B. eine Kaution für einen Verbindungsmann des Mossad gezahlt hat, der mit Terroranschlägen im Westjordanland den Friedensprozeß torperdieren wollte.
In Brüssel zeigt sich der Chef der Kanzelei in seiner Badewanne von seiner schwachen Seite und der gute Rio-Reiser-Bulle erbeutet am Ende das Tonband mit dem Mitschnitt des am Anfang ermordeten RAF-Aussteigers. Der erzählt dem Anwalt Benz dort, daß er als linker Polit-Aktivist bei einem Verhör von der Polizei zur Zusammenarbeit erpreßt und in die RAF hineingeschleust wurde. Dann erhielt er über ebenjene Kanzlei Anweisung, der RAF Herrhausen als nächstes Opfer vorzuschlagen. Gesagt, getan. Happy End ist trotz allem nicht. Die belgische Polizei ist korrupt und wohl fest in den Händen der Geheimdienste und bringt den guten Bullen kurz vor der deutschen Grenze – auf der anderen Seite sehnsüchtig von seinen Kollegen und seiner neuen Liebe erwartet – mit einem perfiden Trick um. Der war aber schlauer, als die Polizei erlaubt, und hat das besagte Band per Post über die Grenze nach Deutschland geschickt. Dort gibt es dann der Vater vom RAF-Mitglied-wider-Willen bei der Polizei ab.

Da bleibt zum Abschluß nur zu sagen: Ob RAF, Bomber Harris oder Mossad – Do it again!

Paul



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last modified: 28.3.2007