Die St. Pauli-Fankultur ist unzeitgemäss, weil sie weder links noch für die Dritte Halbzeit ist
Von Ralf
Die Fans des FC St.Pauli müssen damit leben, als
links, antirassistisch, antifaschistisch zu gelten. Dafür haben viele St.
Paulianische Faninitiativen gestritten und geackert. Insbesondere wollten sie
eine andere Fankultur als die rassistische und vulgär-sexistisch
untersetzte, die in deutschen und europäischen Stadien weit verbreitet
ist.
Allerdings stellt sich diese Fankultur mittlerweile als eine intelligentere
Kopie der tiefsten 70er Jahre Kuttenkultur dar: bunt-folkloristisch, prollig,
lustisch Fun und Saufen ohne Ende mit mehr Frauen dabei als sonst
üblich. Der entscheidende Unterschied zu den Kutten-Tieren der 70er
besteht lediglich in der Länge der Haare. St. Pauli-Fans von heute haben
keine Matte, sondern Dreadlocks dick wie Haschtüten oder eine
Kurzhaarfrisur a la Zeitgeist. Beiläufig schimpft man sich links,
stilisiert sich selbst zum Daueropfer der Gewalt. Dabei will man
doch nur Spass ohne Ende. Und man vermittelt das selbst Gelernte: Irgendwie ist
der St. Pauli-Spass links. Warum, weiss keiner so genau. Wieso auch. Das
öffentliche Bild, die öffentliche Wahrnehmung der St. Pauli-Fans ist
tatsächlich keine verzerrte. Die Fans sind anders, weil sie
noch mehr Spass machen, noch bunter sind, noch öfter Bengalfeuer
zünden, noch ausgelassener sind als der Rest. Ein Produkt und billiger
Abklatsch findet sich auch hiesig mit dem Roten Stern Leipzig.
Wenn das Millerntorstadion tatsächlich das Freudenhaus der
Nation ist, ist die St. Pauli-Fankultur die Prostitution für Spass
ohne Ende: der Fußball als Geldmaschinerie und der Spass als Sex-Ersatz.
Die St. Paulianer sind vergleichbar mit den Ravern der Love Parade. Die
politische Message läßt sich auf den Punkt von Friede, Freude,
Eierkuchen reduzieren.
Das Stigma des Links-Sein dieser Fans sollte inzwischen eine Beleidigung
für Linke darstellen. Schliesslich hat diese Fan-Kultur sich definitiv mit
der rebellischen Note als Begleitumstand des Fussballs entsolidarisiert. Der
linke Klub FC St. Pauli ist eine Altlast der Achtziger wie die
Autonomen mit ihrer Kiezromantik und Lebenslüge von der
Selbstbestimmung ihres Lebens. In gewisser Weise war es der Versuch
eines Ersatzes für das Wegfallen alter Arbeitervereine, das mit dem Ende
der Arbeiterklasse, wie wir sie kannten, einher ging.
St. Pauli-Fans stehen für die Tugenden der 60er Hippiegeneration. Die
Dritte Halbzeit ist ihnen ein rotes Tuch, die sie uns dann als linke rote Fahne
andrehen wollen.
Ohne weiteres läßt sich feststellen, das die Fans des BFC Dynamo
allesamt der Dritten Halbzeit jederzeit zugeneigt x-mal mehr an
zeitgemässer Fankultur repräsentieren, als alle St. Paulianer dieser
Welt. Deshalb: lieber Hände weg vom St. Pauli!
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