Hell yeah!, mögen einige Enthusiasten
begeistert aufjubeln, steht mit den us-amerikanischen karma to burn doch
endlich mal wieder Rock mit dem erprobten Label Wüste ins
Haus. Mit dazu gebucht sind die Leipziger diario, und die sind ja
inzwischen Stadtgespräch.
Die Shows mit Unida, Nebula und
Beaver, die im vergangenen Jahr bedeuteten, in Sachen desert rock
auch in Leipzig endlich eine klaffende Lücke zu schließen, sind noch
nicht vergessen, da finden sie schon Fortsetzung. By day I make the cars,
by night I make the bars hieß es so schön in der letzten
Newsflyer-Ausgabe zu Blood On The Honky Tonk Floor; eine bessere
Klassifizierung läßt sich auch für karma to burn und
Konsorten nicht finden. Schnörklicher Rock, Bombast und auch die
Inszenierung des schönen Scheiterns sind hier die Zutaten. Im
vorliegenden Fall verringert oder besser erweitert zur instrumentalen Variante,
was letztendlich mehr Raum bedeutet, sich hinsichtlich Rhythmus und Struktur
austoben zu können, gängigen Rockklischees wie dem
untentbehrlichen Frontmann nicht zu entsprechen, ja fast technoide
Züge, wenn auch analoger Art, anzunehmen. Im übrigen ein Merkmal
wohl, durch den der maßgeblich Kyuss-inspirierte Sound am meisten lebt
und sich definiert: Aber Weite haben die Amis ja ohnehin reichlich gefressen.
(Hard-) Rock-Avantgarde also? Schon im Vorfeld zum Unida-Konzert gab es
Diskussionen, ob und wieweit sich die Integrität dieses Stoner-Rockdings
dank dem unwiederruflichen Kyuss-Ableben einerseits und dem hochmotorigen
Rotieren der Revivalmaschine andererseits nicht ohnehin erledigt hat;
institutionalisierterweise, betrachtet man sich das unvermindert anhaltende
Bombardement seitens von Visions, Intro etc., besteht kaum Hoffnung auf
Besserung. Wie nicht anders zu erwarten, steht verkaufsfördernd und
vermeintliche Radikalität heraufbeschwörend immer noch nur die
Verpackung im Vordergrund. Die habens aber auch schwer. Blickt man
sich nämlich die Basis an, wird deutlich, daß auch hier einiges im
Argen liegt. Unida- oder FuManchu Veröffentlichungen klingen nach AC/DC
2000, die alte Frische und Kreativität scheint abhanden gekommen zu sein
und errinnert inzwischen gar zu oft an den ganzen Mainstream-Dreck, der
spätestens seit Creeds take me higher als integer und
brandheiß verkauft wird. Wo ist die musikalische Respektlosigkeit hin,
die solche Vergleiche früher gar nicht erst aufkommen ließ und
für die nötige Abgrenzung sorgte, weil die Mucke einfach als zu
schwer und wenig faßbar gilt? Löst sich die ganze Sache durch
Belanglosigkeit und ewige Reproduktion gar in sich selber auf? Nun, karma to
burn haben die Chance, uns eines besseren zu belehren; Mittwoch-Abend-Konzerte
und die Möglichkeiten der instrumentalen Umsetzung lassen den Weg nach
vorne offen.
Und dann gibt es da ja noch die Herren Barisch & Co. aka Diario, die
ja, inzwischen bekannt als Garant für gelungene Abendgestaltung, die
Kastanien aus dem Feuer holen können. Nicht daß man sie in eine
Schublade mit den Kollegen aus West Virginia stecken könnte,
augenscheinlichster gemeinsamer Nenner ist hier erstmal die instrumentale
Besetzung. Geht man tiefer, stößt man auf unverfrorene Offenheit
gegenüber musikalischen Einflüssen von Jazz über Chicago bis
Dischord und findet spätestens im Beharren auf dem benötigten
Freiraum die Analogie zu karma to burn. Vertracktheit wird Groß
geschrieben. Groove Puzzle und Harmoniespiele titelte die LVZ
anläßlich eines Diario-Gigs Ende Januar in der Nato und war voller
Lob über die in Leipzig schon vergessen geglaubte Unbefangenheit und
Kreativität junger Bands. Recht hatte sie mal; keine hinlänglich
bekannten Britpopadaptionen, keine Anbiederung, kein Schielen auf den
Großen Preis.
Aber genug des Lobes, schließlich soll hier ja keine große
Karriere an die Wand projeziert werden; diese Packung sollte
man sich besser 1:1 abholen Live, direct und ohne Gequatsche.
pheltz
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