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Trodin on Tour 2000

gentleman, 0.8k

feat. Killin Riddim Section

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Tilmann Otto
Gentleman's Agreement

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Ein Grandseigneur der ersten Stunde bedeutet uns, einen Hauch von Leichtigkeit mit auf die Reise zu nehmen. Schwerelos, in stetiger Inspiration der real jamaicans und deren reggae culture. Lebendigkeit statt Beurteilung lautet das Lebensmotto. Doch genau diese beiden Grundsätze kritischer Denkweise sind manch einem Künstler jenes Genres abhanden gekommen.
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BEURTEILUNG
La force de l’habitude

gentleman, 14.4k Getrost kann die Ernennung eines Menschen zum Botschafter eines Landes als Staatsakt aller erster Güte interpretiert werden. Über die Notwendigkeit solcher Positionen läßt sich vortrefflich streiten. Jedoch nicht über die Anmaßung, sich als Missionsträger einer ihm fremden Kultur oder gar eines Volkes zu verstehen. Diese höchste Rangstufe diplomatischer Vertretung geschäftlich gut ausnutzend, wird dieser Herr und gleichzeitig vornehme Mensch alias Mister Gentleman als Reggae-Gesandter angepriesen. Ganz im Stile eines Jesus Christus, der die Vertretung Gottes auf Erden übernahm. Doch die hintergründigen Dimensionen sind divergent. Der Heiland soll auserkoren worden sein, bei diesem Gentilhomme ist das nur schwer vorstellbar. Jedenfalls sind die Adressaten seiner Erfahrungen von den Großen Antillen hinlänglich bekannt. Plattenkäufer, Konzertbesucher, schlichtweg allesamt Konsumenten, die sich in Anlehnung an klischeebehaftete jamaikanische Lebensweisen gerade einmal im Joint-Rauchen oder Dreadlock-Flechten verstehen. Auf keinen Fall jedoch wirklich Kulturinteressierte. Diese bevorzugen wahrscheinlich Literatur oder die Klänge eines Bob Marley.
Jamaika ist nicht das Paradies für legalen Hanfgebrauch. Nicht das Land, in welchem ständig die Sonne scheint. Und schon gar nicht eine Nation, in der alle Menschen ohne Rücksicht auf Herkunft, Glauben und Rasse friedlich nebeneinander oder gar miteinander, den Tag ganz schwerelos, ohne körperliche Ertüchtigung an sich vorbeiziehen lassen. Das weiß auch ein Herr Otto. Doch er teilt es uns nicht mit, wird seiner Rolle als Nuntius nicht im geringsten gerecht. „Ich will einfach mehr Positivität vermitteln.“, läßt er sich zitieren. Doch dann wäre die Herausforderung als Talk- oder Showmaster sicherlich größer als die eines Botschafters. Zwar hat auch er die Schattenseiten seiner Herzensheimat kennengelernt, doch das von ihm erkannte „großartige Redepodest“, daß er sich ob seiner qualitativ hochwertigen, außerhalb jeglicher Diskussion stehenden musikalischen Fähigkeiten erarbeitet hat, wird seinerseits nicht genutzt. Bei seinen unzähligen Aufenthalten in Jamaikas Metropolen, die „wesentlich mehr an westlichen Standards orientiert sind“, lernte er Gegenden kennen, „wo man als Weißer ohne respektable Credits“ lieber nicht auftauchen sollte. Doch wo kommen diese Animositäten her? Etwa seitens der 1655 erfolgten Okkupation durch das britische Königreich, welches sofort die Einführung von Sklavenarbeitern mit schwarzer Hautfarbe durchsetzte? Vielleicht durch die Ausrottung der Indianer im 16. Jahrhundert durch ebenfalls weiße, spanische Eroberer? Oder doch durch die nach langem Kampf 1962 erstrittene Unabhängigkeit mit der darauffolgenden Gründung einer eigenen Republik im Commonwealth. Natürlich ohne den hohen Anteil an Menschen mit schwarzer Hautfarbe innerhalb der Bevölkerung zu vergessen, die für Hungerlöhne Kaffee, Zucker und tropische Früchte anbauen, um sie letztendlich in Länder mit wirklich westlichem Standard zu exportieren. Es ist nicht alles Gold was glänzt, schon gar nicht in Jamaika. Nur wird man einzig und allein durch die Mission, den Reggae und die dazugehörige Kultur in Form von musikalischen Interpretationen auf die andere Seite des Erdballs zu tragen, auf bestehende Mißstände nicht hinweisen, geschweige denn diese beseitigen können. Wo bleibt die Verbundenheit eines Gentleman mit seinen Ghostwritern, seiner Herzensheimat? In seinen Melodien? In seinen Texten? Doch hier ist bei aller Liebe und Geduld nicht viel zu erkennen. Bleibt festzuhalten, daß ein Plattenkäufer oder Konzertbesucher nach beendetem exzellentem Hörgenuß vom Reggae genau so viel weiß wie vorher. Nämlich wie er klingt. Nicht mehr, nicht weniger.

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LEBENDIGKEIT
Rien ne va plus

gentleman, 19.7k Der Vermutung nachgehend, auch hier ein Schloß aus Sand vorzufinden, beginnt die Betrachtungsweise zwecks fehlendem, weil anscheinend ohnehin nicht notwendigem, Urteilsvermögen der Konsumenten nun bei der geforderten Lebendigkeit. Lebensfreude und Aufrichtigkeit, im Einklang miteinander, möchte der Ehrenmann aus Köln mit auf den Weg gegeben wissen. Idee gut, Ausführung schlecht. Erfahrungsgemäß erreicht man die zu großen Teilen junge Zuhörerschaft der Mr. Otto & Co. zwar durch vorgelebten Drogengebrauch (ganz im Stile eines Ferris MC: „Was, ihr wollt mehr? Ich geb euch das, was ihr braucht! Legaler Drogenflash, wird illegal geraucht.“), doch zu mehr Lebendigkeit animiert werden sie dadurch nicht. Geradezu beweislastig erscheinen hier einige Coverfotos, die beide gentlemanlike in eindeutiger Pose zeigen. Den Joint propagierend für mehr geistigen Elan auftreten wollen. Unvorstellbar, daß gerade dadurch eine agilere psychische wie natürlich auch physische Herangehensweise an den Tag gelegt werden soll. Wer jene unselbständigen, ausnahmslos wenig gesellschaftskritischen Teenager kennengelernt hat, wird bald festgestellt haben, daß gerade diese Generation jegliche Lebensfreude verloren hat bzw. sich gerade jene durch den Konsum von Drogen verschafft. Kiffen als Ausdruck einer rebellierenden Generation, die nichts anderes im Sinn hat als nichts im Sinn zu haben. Die allen geläufige und gern benutzte Phrase von der „Null-Bock-Generation“ ist zwar etwas antiquiert, wird jedoch desöfteren zur Einschätzung herangezogen. Zwar vermittelt ein Mr. Gentleman durch seine Melodien die Lebensfreude schlechthin. Ob er sich damit jedoch gegen die Übermacht von Gleichgültigkeit und Desinteresse durchzusetzen vermag, bleibt abzuwarten. Niemand wird von ihm erwarten, den Bildungsauftrag eines Lehrkörpers, als Sinnbild der Gesamtheit der pädagogischen Umtriebe, zu übernehmen. Doch als selbsternannter geistiger Mentor seiner Kunden kann auch er lebensfreudeerhaltende Maßnahmen nicht nur durch musikalische Interpretationen des Reggae einleiten.
Absolut unzureichend erscheint dabei die Vermutung, allein durch den Konsum von vielleicht nicht gesellschaftskonformen Klängen, gleich einer Infusion, Denkweisen wie auch Attitüden schlagartig verändern zu können. Eben gerade die Fähigkeit, Sachverhalte kritisch beurteilen zu können, führt letztendlich auf den Weg nach der Suche des Sinn eines jedweden Handelns. Sozusagen nach dem sense of life. Und wer Positivität, dieses unsagbar heuchlerische Wort, erkennen will, muß über kurz oder lang, die Negativität besiegen. Und dies gelingt nur durch die Kritik an der eigenen Vernunft. Doch wer sie gar anderen vermitteln möchte, muß, sofern die Betrachtungsweisen eines jeden human being nicht untergraben werden sollen, die Naivität eben jeder Person anprangern. Somit kann ausnahmslos nur der Weg sowie die Art und Weise, mehr Lebensfreude zu finden, aufgezeigt werden, nicht jedoch die plumpe Behauptung, auf Beurteilungen zu verzichten, statt dessen zu mehr Lebendigkeit anfeuern, aufrecht erhalten werden. Ein großartiger Künstler auf einem steinigen Weg.
TeeWald


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last modified: 28.3.2007