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das letzte, 1.8k
„Das deutsche Protektorat“.
Unter dieser Headline informiert Der Spiegel seine geneigte Leserschaft über die Vorgänge in Prizren, der Hauptstadt der deutschen Besatzungszone im Kosovo:
„Sicher hatten es die Deutschen von der ersten Stunde an leichter als die übrigen Kfor-Truppen. Deren Parteinahme zu Zeiten Hitlers für die Unabhängigkeit der Albaner haben die heute noch lebenden Jahrgänge absichtsvoll zu einer geschichtlich beglaubigten Bruderschaft verewigt und an ihre Enkel weitergereicht. Ehrensache selbst für die Jüngsten, die auf ihren Kleinpanzern, Typ ‘Wiesel’, patrouillierenden Soldaten mit einem lauten ‘Hallo, wie geht’s?’ zu begrüßen.
Die derart fest ans Herz gedrückten vermeintlichen Freunde fühlen sich ermuntert. Ihre Bestrebungen, nicht allein den Albanern, sondern der Menscheit insgesamt nahe zu bringen, ‘was wir hier für tolle Sachen machen’ (so der Oberleutnant Michael Godel), geben sich in einem eigenen Rundfunkprogramm zu erkennen. Jeweils von 18 bis 21 Uhr verantwortet der Soldat aus Oldenburg auf dem einzigen verfügbaren Kanal von Radio Prizren die ‘operative Information’.
Neben viel Musik werden die Einheimischen zur immerhin besten Sendezeit (und in dieser Phase ohne Alternative) ‘ein bisschen auf die pädagogische Schiene’ gehoben. Um ‘langfristig Verhaltensänderungen zu erzeugen’, lässt Godel im Plauderton über die schöne Bundesrepublik und die Demokratie berichten.
Den Abschluss bildet der offenbar unsterbliche Hit der Lale Andersen von ‘Lili Marleen’.“
Die demokratische
„Parteinahme zu Zeiten Hitlers“
führt dazu, daß die Deutschen schon wieder gezwungen werden – wie damals:
„Vermeintliche Freunde fühlen sich ermuntert, ihre Bestrebungen (...) der Menschheit insgesamt nahe zu bringen“.
Ach Gottchen, dabei wollen die Deutschen nur ihre Ruhe! So aber bleibt nichts anderes, als diese Albaner
„auf die pädagogische Schiene (...) der Verhaltensänderung“
zu hieven und sie mit dem
„offenbar unsterblichen Hit (...) von Lili Marleen (...) zum Abschluss“
zu bedröhnen.
Beim Spiegel-Autor Hans Joachim Noack liegen bei solch einer Frontberichterstattung die Nerven wie von selbst blank. Und die Muttersprache geht mit ihm durch. Hier nochmal der schöne Satz in Gänze:
„Ehrensache selbst für die Jüngsten, die auf ihren Kleinpanzern, Typ ‘Wiesel’ patrouillierenden Soldaten mit einem lauten ‘Hallo, wie geht’s’ zu begrüßen.“
Außerdem, so steht’s im obigen Text,
„geben sich (...) die Bestrebungen (...) zu erkennen“
und nicht etwa die Personen ihre Intentionen. Noack geht’s schließlich auch um die Sache und nicht um die Menschen, nicht wahr.
Der Spiegel-Slang hat endgültig fertig – spätestens jetzt!

Weil wir grad beim Rundfunk sind. Und bei deutschen Medien überhaupt. Der Berliner Liedermacher Jürgen Eger hat da eine Anmerkung:
„Als Jugoslawien überfallen wurde, schrie die Presse auf, Milosevic habe den einzigen oppositionellen Sender schließen lassen. Nehmen wir einmal an, Deutschland würde überfallen. Gäbe es irgendeinen Sender, den Gerhard Schröder aus Gründen der Opposition schliessen müßte? Daran haben die Medienidioten keinen Gedanken verschwendet.“
Also wenn der Eger noch einmal das Wort
„Idioten“
gebraucht... Die Medienleute haben schließlich alle studiert.
„Idioten“
gibt’s da keine!

BILD kommentiert den Wahlerfolg der PDS:
„Gleich scharenweise sind enttäuschte SPD- und Grünen-Wähler zu den Postkommunisten der PDS abgewandert. Gregor Gysis Truppe ist im Aufwind.
Für alle Demokraten im Lande höchste Zeit, die Konzepte und Programme der PDS sachlich auseinander zu nehmen.“
Achtung!
Die Freunde der Demokratie greifen an! Jetzt wird’s für die PDS richtig ernst. Doch die merkt das definitv nicht.
Woll’n wa wetten?!

headline, 9.7k

„Harald Juhnke (70) hat schon viele Schläge einstecken müssen – doch so weh getan wie dieser hat kaum einer: Tumult bei seiner Abschiedsgala im Berliner Friedrichstadtpalast. Juhnke zittert vor Wut, brach das Konzert ab. Hintergrund: Das Publikum wütete gegen seinen Gast-Star, die farbige Sängerin Jocelyn B. Smith. Schreie: ‘Wir wollen Harald!’ bis zu ‘Weg mit der Negerschlampe!’“
Ja so ist das: Jeder bekommt das Publikum, das er verdient. Juhnke hat sich diesen Mob jahrelang hochgezüchtet und nun wendet der sich gegen ihn selbst – äh, ich meine natürlich gegen eine
„Negerschlampe“.
Weil es aber bloß eine
„farbige Sängerin“
ist, steht in BILD auch kein Wort über deren Empfindungen. Wichtig ist nur eins:
„(...) So weh getan (...) hat kaum“
was. Und Harald ist das Opfer – das ist, wie immer, das Entscheidende.
Ralf


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last modified: 28.3.2007