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Müssen wir uns wieder aktiv um den Aufbau einer attraktiven Subkultur bemühen...? |
von Moses...lautet der Anfang der Frage, zu der ich gebeten wurde, Stellung zu beziehen. Schon alleine die Formulierung der Fragestellung an sich läßt Böses erahnen und stellt uns selbst in ein unerreichbares Abseits, aus dem wir nichts mehr bewegen können.Ähnlich wie bei der Frage nach antifaschistischer Jugendarbeit bauen wir Grenzen auf und spalten in Gruppen. Im Hintergrund herrscht bei diesen Frage das Bewußtsein, daß wir eine Elite darstellen. Wer sind wir? Begreifen wir uns etwa als ERWACHSENE oder KULTURSCHAFFENDE? Beides sind seit jeher Feindbilder rebellischer Jugendlicher. Subkulturen spielen sich fast ausschließlich im Jugendbereich ab, oder haben dort ihre Wurzeln. ERWACHSENE sind doch nichts anderes als ein Haufen von rational denkenden ehemaligen Jugendlichen, die ab einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer Entwicklung die Zustände, in denen wir Leben, als mehr oder weniger normal oder auch als reformierbar ansehen. ERWACHSENE haben einfach nicht mehr die Kraft oder den Mut, ihren berechtigten Zorn und die Wut ohne konkrete Ziele weiter zu pflegen und den Spürsinn für Ungerechtigkeit ohne politische Schablonen jeden Tag aufs neue und auf immer wieder verschiedene Situationen anzuwenden. Wer sind dagegen die Jugendlichen, die Mitglieder von Subkulturen? Eine Masse auf der anderen Seite? Ist das ein Haufen unzurechnungsfähiger Vollidioten, der nur darauf wartet, daß irgendwelche verrunzelten, verbitterten, enttäuschten ALTEN kommen und irgendetwas erzählen, vielleicht ein tolles Jugendzentrum hinstellen, mit allem Pipapo, das man prima kaputt machen kann oder in dem dann die Band von Harald, dem netten Nazi von nebenan, proben kann? Oder ist ein Subkultur-Jugendlicher in erster Linie ein Kind, unverbraucht und unverdorben, das irgendwann merkt, daß die Scheinwelt, wie sie ihm vorsuggeriert wird, im Grunde falsch und schlecht ist. Wie sich sogenannte Jugendliche letztendlich damit auseinandersetzen oder arrangieren ist bekannt. In letzter Zeit neigen nicht wenige zu sehr einfachen angeblichen Lösungen. Ich würde es nicht wagen zu behaupten, daß es früher nicht so gewesen wäre, nur hat das rechte Lebensgefühl jetzt in Mode und Musik ihren Ausdruck in einer attraktiven Subkultur gefunden und zieht somit logischerweise auch Mitläufer an. Aber was heißt überhaupt attraktiv? Der verquastete vollbärtige Sozialarbeiter, mit Norwegerpulli und Birkenstock ist sicher für viele nicht attraktiv. Er ist einfach nur uncool. Soll man ihn deshalb in smarte Klamotten stecken, tolle Tätowierungen verpassen und andere Musik hören lassen, so daß er wenigstens ernst genommen wird? Irgendjemandem von außen oder von oben etwas zu erzählen, bringt überhaupt nichts, vor allem wenn man auch noch Scheiße aussieht. Diese verkrusteten Traditionen, dieses Outfit, diese Sprache. Das kotzt doch jeden subkulturellen Rebellen an. Die GOLDENEN ZITRONEN beispielsweise waren mal eine echt coole mehr oder weniger gutaussehende Teenie-Punk-Band, die viele 13 16 Jährigen mit rebellischem Punk in Berührung gebracht hat. Heute interessieren sich doch höchstens noch irgendwelche linken Kleinstzirkel mit schlechtem Kunstgeschmack für solche Erscheinungen. Welcher 16jährige läßt sich von einem über 30jährigen, der aussieht wie seine Mutter, etwas über guten Geschmack oder sogar Politik erzählen? Typen, die jugendlich und stark aussehen, die jede Kneipenschlägerei gewinnen, sich nicht von den Bullen erwischen lassen und dazu auch noch etwas im Kopf haben, sind einfach die besseren Sozialarbeiter und die Helden einer jeden Subkultur sowieso. Es sei denn, man möchte zu einer Subkultur der ewigen Verlierer gehören, was leider in manchen Gegenden auf Punk zutrifft. Sind ersteinmal die Regeln festgelegt, steht einer negativen Auslese nichts mehr im Wege. Umgedreht gibt es natürlich auch Regionen, in denen nur extrem bescheuerte und häßliche Leute Nazis werden können und dürfen, weil dort die Regeln so sind. Punk und Hardcore war vor 15 20 Jahren eine Subkultur. Heute ist es Mainstream. Schauen wir uns Mode und Medien an. Dort dominiert diese ehemalige Subkultur neben HipHop und anderen Erscheinungen. Parallel dazu gibt es jedoch eine extrem andere, zahlenmäßig in manchen Landstrichen sogar stärkere Subkultur, die sich in zahlreichen Bands, Fanzines, Mode und riesigen Verkaufszahlen manifestiert. Diese Subkultur wird tatsächlich totgeschwiegen und blitzt höchstens bei extremen Gewalttaten in der Presse kurz auf. Durch dieses versteckte Überleben gewinnt sie für viele Jugendliche jedoch an Attraktivität. Die TOTEN HOSEN oder DIE ÄRZTE auf MTV zu sehen, Bands bei denen der Sozialkundelehrer früher schon auf Konzerten war, sind einfach nicht gefährlich und schon gar keine Subkultur. Was man den netten Leuten dieser Bands in keinster Weise ankreiden kann. Sie sind sicher noch wesentlich radikaler als die meisten ihrer angeblich so politisch korrekten Kritiker. Mit der massiven Präsenz verwässert auch der Inhalt. Wer kriegt heute noch wegen einem BAD RELIGION T-Shirt oder gefärbten Haaren Ärger? Wir können diese Form der sogenannten Subkultur nicht zurückholen oder sie zurück in den Untergrund stoßen. Auch wenn im Westen häufig subkulturelle Strukturen mit ihr ausgefüllt werden, ist es nicht selten nur ein schales Aufkochen und Traditionspflege, wenn auch mit netten Inhalten. Auf der anderen Seite bedeutet dies auf gar keinen Fall, daß Punk und Hardcore wieder an Wert gewinnen würden, wenn die jetzige rechte Subkultur die Rolle im Mainstream einnehmen würde, die diese Bewegung momentan einnimmt. Eine wirklich andere Kultur, so wie es mit Punk und Hardcore einmal gemeint war, wird auf dem Weg zur Masse entschärft. Die momentan in den Untergrund gedrängte rechte Subkultur hat als Inhalt Werte, die in dieser Gesellschaft sowieso schon vorherrschen und dadurch sicher nicht entschärft sondern auf dem Weg zur Masse verstärkt werden und den vorhandenen diffusen Konsens bezüglich Rassismus zum Beispiel manifestieren und in Worte fassen. Von daher entsichere ich bei dem Wort Subkultur 1999 zunächst einmal meine Waffe! Der Autor war jahrelang einer der Koryphäen der HC- und Punkbewegung und Herausgeber des HC-Magazins ZAP |