DIE UNTERDRÜCKUNG DER KURDINNEN
Die Kurdinnen und Kurden sind mit ihren ca. 30 Millionen Menschen eine der
größten Bevölkerungsgruppen der Erde, welche keine staatliche
Vertretung besitzen und denen das Recht auf S+elbstbestimmung verweigert
wird.
Seit der Gründung der türkischen Republik, 1923, ist die kurdische
Bevölkerung ständigen Verfolgungen und grausamen Massakern
ausgesetzt. Entgegen vorherigen Absprachen, den Menschen in den kurdischen
Gebieten weitgehend Autonomie zu gewähren, begann die
Atatürk-Regierung die KurdInnen durch eine gnadenlose Assimilationspolitik
zu unterdrücken. Diese Politik beinhaltete neben dem Verbot der kurdischen
Sprache und Kultur, um die soziale und politische Struktur in den kurdischen
Gebieten zu zerstören, genauso die physische Vernichtung kurdischer
Menschen.
DER KURDISCHE WIDERSTAND
In den zwanziger und dreißiger Jahren gab es zahlreiche regional
beschränkte Aufstände, die jedoch unter Atatürk blutig
niedergeschlagen wurden. In den siebziger Jahren änderte sich die
regionale Beschränkung der Aufstände. Es bildete sich aus der
sozialistischen Intellektuellen- und Jugendbewegung eine Gruppe, die den Kampf
gegen die Unterdrückung der Kurdinnen und Kurden aufnahm. Sie definierte
eine scharfe Kritik am türkischen Kolonialismus und forderte das Recht auf
Selbstbestimmung für die kurdische Bevölkerung. Aus dieser Gruppe
ging im September 1978 die PKK (Patiya Karkeren Kurdistan), die Arbeiterpartei
Kurdistans, hervor. Am 12. September 1980 kam es in der Türkei zu einem
faschistischen Militärputsch. Kurze Zeit später wurden tausende von
kurdischen und türkischen RevolutionärInnen und AntifaschistInnen
ermordet oder in Gefängnisse gesperrt. Das gesamte türkische
Staatsgebiet, somit auch der größte Teil Kurdistans, der von der
Türkei besetzt ist, wurde für Jahre unter Ausnahmezustand gestellt.
Ein Jahr nach diesen Ereignissen, von denen die PKK durch die Verfolgung und
Verhaftung ihrer AktivistInnen schwer angeschlagen war, beschloß die 1.
Parteikonferenz der kurdischen Arbeiterpartei, den Guerillakampf auf kurdischem
Boden zu beginnen. Die HRK (Einheit zur Befreiung Kurdistans) wurde gebildet,
aus ihr ging später die ARGK (Volksbefreiungsarmee) hervor.
Am 21. März 1985 wurde die ERNK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans)
gegründet. Sie trug im wesentlichen dazu bei, daß der Rückhalt
der PKK in der kurdischen Bevölkerung immer größer wurde und
ihre Politik immer mehr Zulauf und Unterstützung bekam. Die ERNK ist auch
in vielen anderen Ländern der Welt aktiv, wo sie um die Vertretung der
Interessen und um die Politisierung der KurdInnen bemüht ist. Damit stellt
sie den politisch-theoretisch aktiven Teil der PKK dar.
Am 15. August 1984 gelang es dann der ARGK, dem bewaffneten Arm der PKK, mit
dem Angriff auf zwei Militärstationen und dem Versuch der Besetzung zweier
Kleinstädte, den eigentlichen bewaffneten Kampf für die Befreiung
Kurdistans und gegen den türkischen Faschismus aufzunehmen.
Die PKK, welche sich aus drei Teilen, der ERNK, der ARGK und der YAJK
(Frauengruppe in der PKK) konstituiert, wurde zur führenden
revolutionären Kraft im kurdischen Befreiungskampf.
DIE GEGENWART IN KURDISTAN
Das türkische Militärregime führt seit 1984 einen offenen Krieg
in Kurdistan. Die Waffen und das Militärarsenal dafür werden
vorrangig aus der BRD geliefert. Sie unterstützt den Krieg gegen die PKK
ökonomisch, militärisch und politisch. Neben den weithin in der
Öffentlichkeit bekannt gewordenen Waffenlieferungen produzieren deutsche
Konzerne wie die Daimler-Benz AG Joint-Ventures-Waffen in der Türkei.
Türkische Offiziere werden in der BRD von der Bundeswehr ausgebildet.
Das im Jahr 1993 von Ex-Bundesinnenminister und Schreibtischtäter Kanther
erlassene PKK-Verbot, welches noch bis heute besteht, und die
staatlichen Abschiebungen von KurdInnen in Folter und Tod verdeutlichen die
menschenrechtsverletzende, politische Unterstützung des türkischen
Regimes durch die BRD.
Mit dieser massiven Hilfe war es der Türkei möglich, den Krieg gegen
die PKK zu intensivieren. Durch die Vertreibung der Bevölkerung und die
Zerstörung der Infrastruktur der kurdischen Gebiete gelang es, die PKK zu
isolieren, und sie damit der für den Guerilla-Kampf existentiell
notwendigen Basis zu berauben. Die BRD ist nicht das unschuldige
Opfer des Kurdenterrors, wie es so gern in den
deutschen Medien zitiert wird.
Von 1987-1992 kontrollierte die PKK mit mehr als 20 000 KämpferInnen
große Teile der kurdischen Bergregion und die Gebiete um Botan und konnte
diese gegen die Angriffe des türkischen Militärs verteidigen. Diese
Situation änderte sich aber 1992, als die türkischen
Streitkräfte ihre militärischen Handlungen, die sich bis dahin
ausschließlich gegen die PKK richteten, auf die Landbevölkerung und
die kurdischen BewohnerInnen der Städte ausdehnte.
Die Verhandlungen zwischen den Vertretern der G7-Staaten, der NATO und der PKK
im selben Jahr sollten zu einer Autonomieregelung für Kurdistan
führen. Schnell wurde deutlich, daß man den KurdInnen nur dann
politische und kulturelle Unabhängigkeit gewähren würde, wenn
sie sich dem imperialistischen Weltsystem unterordnen. Da die PKK keineswegs
gewillt war, sich dem kapitalistischen Verwertungsprozeß zu unterwerfen
und sich von ihrer marxistisch-leninistischen Grundhaltung zu verabschieden,
kam es zu einem Abbruch der Verhandlungen. Die PKK war nun weltpolitisch
isoliert und wurde als terroristische Organisation abgestempelt.
Die Türkei erhielt ab diesem Zeitpunkt weltpolitische Unterstützung
im Kampf gegen die PKK.
Am 1. September 1998 verkündete die PKK, schwer angeschlagen, einen
einseitigen Waffenstillstand. Die Antwort der Türkei beinhaltete schon wie
in den Jahren 1993 und 1995, als die PKK einseitige Waffenruhe verkündete,
eine Verschärfung des Terrors gegen die kurdische Bevölkerung.
Die Lage spitzte sich immer mehr zu, als die Türkei Kriegsdrohungen gegen
Syrien erhob, welche weder von Europa noch den USA verurteilt wurden. Damit
sollte die Auslieferung des PKK-Vorsitzenden Abdulah Öcalan, der sich zu
dieser Zeit in Syrien aufhielt, erpreßt werden.
Von Syrien ausgewiesen, begann eine Flucht über Moskau nach Rom. Von dort
aus wollte er auf die Situation der KurdInnen aufmerksam machen und Europa zu
einem Handeln gegen das türkische Regime bewegen.
Doch die Möglichkeiten einer friedlichen Lösung des Konflikts in
Kurdistan und die Menschenrechtsverletzungen seitens der Türkei waren nur
kurz Bestandteil der europäischen Nachrichtenagenturen. Man
beschränkte sich darauf, die Suche Öcalans nach politischem Asyl zu
einem Medienspektakel heranreifen zu lassen.
Die Stimmen Ankaras Verbündeter, welche forderten, Öcalan vor ein
internationales Tribunal zu zerren, verstummten schnell wieder, denn dies
hätte für die Türkei und ihre NATO-Bündnispartner in einem
politischen Fiasko enden können. Schnell hätten sich die Türkei
und ihre Verbündeten, allen voran die BRD und die USA, mit dem Tatvorwurf
Völkermord auf der Anklagebank wiedergefunden. Daher forderte die
Türkei, mit Hilfe massiven Druckes der USA auf die italienische Regierung,
die Auslieferung Abdulah Öcalans.
DIE ZUKUNFT DER KURDISCHEN BEFREIUNGSBEWEGUNG
Mit der Verschleppung A. Öcalan durch den türkischen Geheimdienst
und den CIA am 15. Februar 1999 von Kenia in die Türkei, dem danach
folgenden Prozeß gegen den PKK-Vorsitzenden, der mit dem Todesurteil
endete, sieht sich die türkische Regierung am Ziel ihrer Pläne, den
kurdischen Befreiungskampf zu unterdrücken und zu liquidieren. Dieses
Todesurteil stellt eine Menschenrechtsverletzung dar, welche von allen
europäischen Staaten und UN-Mitgliedsstaaten, ohne jegliche Konsequenzen
für die Türkei, zur Kenntnis genommen wurde. Das türkische
Regime ist entschlossen, den PKK-Vorsitzenden A. Öcalan zu ermorden,
genauso wie es in den letzten Jahrzehnten mit tausenden kurdischen
BefreiungskämpferInnen geschehen ist. Die kurdische Befreiungsbewegung ist
entschlossen, den Kampf für ein von Unterdrückung freies Kurdistan
fortzusetzen und zu verstärken.
Die Kurdinnen und Kurden, die hier in der BRD gegen die
Menschenrechtsverletzungen des türkischen Staates protestieren, werden
kriminalisiert, verhaftet und abgeschoben.
In den Medien werden sie als Angst machende, Gewalt
ausübende und bedrohliche Masse dargestellt.
Rassistische Hetze kommt wieder unverhohlen und offen in deutschen Medien zum
Ausdruck, so zum Beispiel in der Bildzeitung, die den Begriff des
Terror-Kurden definierte.
Auch wir sind mit einigen inhaltlichen und strategischen Entscheidungen der PKK
nicht einverstanden. Jedoch sind wir, als revolutionäre AntifaschistInnen,
mit allen von kapitalistischen und faschistischen Systemen angegriffenen
linken, revolutionären Gruppen solidarisch, ohne WENN und ABER!
Wir fordern die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen der PKK und
aller anderen linken Bewegungen, WELTWEIT!
Rote Antifaschistische Aktion Leipzig Juli 1999
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