keinen einzigen schritt zurück eine standortbestimmung innerhalb der antideutschen migrantInnen-selbstorganisierung in der brd
die tradition der unterdrückten belehrt uns darüber,
daß der ausnahmezustand in dem wir leben, die regel ist walter benjamin
im folgenden text sprechen wir darüber, was es für uns bedeutet, als
ethnisierte frauen in deutschland zu leben, welche konsequenzen wir daraus
ziehen und weshalb wir zu dem entschluß gekommen sind, uns innerhalb
einer antideutschen migrantInnen-selbstorganisierung zu verorten.
wir sprechen von deutschland für uns und viele mehr täglich
erlebbar als feindesland, dessen volk es ist, das die regel
festlegt und uns beharrlich auf einen zustand festschreibt, der uns von
vomherein ausnimmt. wir sprechen von dem ungeheuerlichen
vernichtungswillen, den deutsche all jenen entgegenbringen, die sie ausnehmen.
wenn wir auch versuchen, die dimension von ausgrenzung und psychischen
vemichtungsversuchen durch die zusammenhänge, in welchen wir uns bewegten,
zu beschreiben, so tun wir dies nicht (mehr) mit der hoffnung, daß sich
die eine oder der andere noch zur umkehr bewegen ließe. dafür gibt
es nicht die geringsten anhaltspunkte. unser text richtet sich vor allem an all
diejenigen, die ähnliche erfahrungen haben, die vom völkischen sumpf
mitsamt seinen linken erscheinungsformen ausgegrenzt und
angegriffen werden, die aber womöglich ganz vereinzelt und mutlos sind
und an alle, die sich fürs menschwerden statt deutschsein entscheiden und darin befreiung erahnen können.
zwischen assimillation und ethnisierung
hier aufzuwachsen, mit jeweils einem hierher migrierten elternteil und einem
deutschen, heißt von anfang an: zur anderen gemacht werden
bei gleichzeitig vermitteltem assimilierungszwang. das anderssein
wird in form von rassistischen zuschreibungen permanent vermittelt:
während eine häufig als besonders schön,
besonders interessant bezeichnet wird, ist sie gleichzeitig der
abschaum, mit dem im kindergarten niemand spielen will, neben dem man in der
u-bahn besser nicht sitzt und der von den deutschen nachbarn rausgeschmissen
wird. bei hervorhebung des besonderen kann die umarmung auch nur
auf der gleichen grundlage des zugewiesenen objektstatus passieren, auf welcher
schon an der nächsten ecke die ausgrenzung und der angriff lauert. da der
jeweilige deutsche eltemteil offenbar eine entschuldigung bei der eigenen
volksgemeinschaft ob des fehltritts braucht, gibt es auch von
dessen seite ein hemmungsloses exotisieren und bewundern vor allem
nach außen, jedoch bei gleichzeitiger dämonisierung per
abstammungslogik innerhalb der familie. ein großer
unterschied besteht für eine dabei, ob sie in der stadt lebt oder auf dem
land, ob mit beiden elternteilen oder mit einem und vor allem mit welchem.
im grunde gleich bleibt allerdings die klare forderung der deutschen
mehrheitsumgebung nach überanpassung, möglichst noch dankbarkeit
für die gnade der aufnahme in den volkskörper. bei
zunehmender verweigerung von unterwerfungsgesten liegt das dann, der
deutsch-völkischen logik entsprechend, am beigemischten
blutanteil durch den nicht-deutschen eltemteil. unsere erfahrung ist,
daß der weg zur dekolonisation des eigenen subjekts umso mehr sackgassen
und irrwege hat, desto weniger eine andere als deutsch-normierte vorbilder und
modelle hat, desto mehr eine sozusagen communitylos ist. das
bedeutet auch: keine stimme zu haben außer unserer eigenen, auch
keine über mehr oder weniger etablierte migrantInnen-vereinigungen, die
sich für gewöhnlich an nationalen/kulturellen identitäten
orientieren. angesichts des völkischen wiedererwachens infolge der
deutschen vereinigung haben wir am eigenen leib erfahren, welche illusionen wir
uns über die deutschen und insbesondere über die zusammenhänge,
in welchen wir eine stimme zu haben glaubten, sprich die linke in diesem land, gemacht hatten.
linksdeutsche strategien der ausgrenzung
fakt ist, daß einer jeden von uns in den letzten jahren von nahezu allen
ehemaligen genossInnen und freundInnen im zuge von
auseinandersetzungen um rassistische macht- und gewaltstrukturen sämtliche
politischen und sozialen zusammenhänge entzogen wurden und wir zu
anderen erklärt worden sind. mittlerweile ist uns klar,
daß es kein zufall ist, wenn sich die ausgrenzungswut der deutschen
linken überall ähnlich äußert: die
radikale linke hat begriffen, daß es noch einiger weniger,
aber unerläßlicher anstrengungen bedarf, um bei der rasenden
entwicklung der völkischen formierung nicht hintan zu stehen. deshalb
grenzt der linke mob alles aus, was ihm nicht-arisch erscheint,
sich nicht seiner gewalttätigen dominanzkultur unterwirft und darin
lebender beweis des antagonismus zwischen linksradikaler
volx-politik und gleichzeitiger gelegentlicher
antirassistischer verlautbarungen sein könnte, zu diesem zweck
finden sie mit akribischem spürsinn das geeignete angriffsmittel, und um
das soll an größtmöglicher verletzung zu erreichen, ist ihnen keine aussage zu dreckig.
es gab das tabu, überhaupt die frage zu stellen, ob die
unterschiedliche ausgangslage relevant ist, lamentieren sich deutsche
feministinnen der ehemaligen frauengruppe einer von uns in die opferrolle. sie
beschweren sich, daß ihnen rassistische strukturen vorgeworfen werden, wo
sie doch noch nicht einmal gelegenheit hatten, diese in angemessener form
auszuleben. da gab es ein tabu, und dabei hätten sie geme
darüber entschieden, ob es überhaupt relevant ist, daß eine auf
der rassistischen realität als ausgangslage besteht. einzelne beschweren
sich auch darüber, daß es nicht anginge, wenn eine
freundschaft keine unterschiedlichen meinungen aushalten würde, und
es auch keine perspektive zusammen gäbe, wenn du immer recht hast
(...) und dir meine sicht noch nicht einmal anhörst.
diese frauen spiegeln in wenigen sätzen das gesamte völkische projekt
der opfer-täterlnnenumkehrung wider, sie verorten sich ganz
selbstverständlich als opfer und beharren darauf, daß es in einem
gewaltverhältnis zweierlei sichtweisen gäbe. da sind
dcutsche feministinnen ganz töchter ihres volkes wehrmachtssoldaten bestehen ebenso auf ihrer sicht.
nach der offenlegung der rassistischen struktur ist dieses den deutschen frauen
der eigentliche skandal: nicht ihre gewaltstrukturen, die eine an den rand der
existenzmöglichkeit bringen, sondem deren öffentliches sprechen
darüber. denn genau damit verlassen wir die einzige grundlage, auf der uns
die teilnahme gnädig gewährt wurde: das verhindem des offenwerdens
von differenz aufgrund der rassistischen realität um jeden preis (den wir
zahlen sollen), einschluß unter der bedingung des ausschlusses jeglicher
eigenen erfahrungen. schweigt eine nicht länger, sondern spricht über
die gewaltverhältnisse, so wird sie selbst für den ausschluß verantwortlich gemacht.
zu schade sind sie sich bei der verrichtung ihres ausgrenzungsprogramms
für nichts, auch nicht für sprüche wie was denn das
bißchen farbe im gesicht für einen unterschied machen soll!
deutsche feministinnen die sich selbst ausschließlich in der rolle
des opfers, der angegriffenen, verorten wollen wußten schon seit
jahren, daß ausländische typen einen rassismus-vorwurf schnell
parat haben, wenn sich eine gegen sexistische anmache wehrt. unter dem
deckmantel der wahmehmung von differenz wurde einer von uns der
zwangsausschluß von selbstemannten antirassistInnen
erklärt als betroffene könne sie nicht an einer
gemeinsamen auseinandersetzung um rassismus teilnehmen. dieser logik folgend,
werden wir auch schon einmal darauf hingewiesen, daß ebenfalls von
rassismus betroffene diese oder jene position hätten und man/frau
doch wüßte, daß selbige sich immer gegen
gleichmacherei verwahren und diese als vereinnahmung kritisieren
würden! in diesem sinne wird auch schon längst nicht mehr mit
uns, sondem über uns gesprochen und da lassen sie ihren
ausgrenzungs- und venichtungsphantasien freien lauf. von rassismus könne
ja eine von uns gar nicht sprechen, da ihr doch keine/r an den kragen
wolle, heißt das dann. denn für deutsche linke ist
rassismus, wenn ihre landsleute häuser anzünden und menschen
ermorden. drunter geht nichts mehr. sie selbst haben das nicht nötig,
für sie gibt es andere mittel und wege für rassistische angriffe. mit
sicherem rückgriff auf traditionelles deutsches blutsrechtgedankengut
erzümte sich eine arierin darüber, daß eine von uns sich doch
nicht so aufzuführen habe, sie besitze schließlich sogar einen
deutschen paß! das kennen wir bereits: wer einen deutschen
paß sozusagen per gnadenerlaß hat, also im eigentlichen deutschen
sinne zu unrecht, ist gast und wer gast ist, hat sich gefälligst auch so
zu benehmen, ansonsten verwirkt sie/er das gastrecht.
unsere ehemaligen deutschen genossInnen scheinen einen besonderen
haß zu entwickeln, wenn die von den vorfahren übemommenen
selektionsraster nicht einwandfrei funktionieren. das ist offensichtlich dann
der fall, wenn ihrer meinung nach welche zuviele privilegien haben.
dann erstreckt sich die linksdeutsche abstammungsforschung sogar bis zu den
privilegierten verwandten in fernen ländern. ein/e gute/r
migrant/in hat, damit sie/er auch etwas hergibt zur
antirassistischen identitätsstiftung, ein verdroschenes opfer
zu sein und zu bleiben, sich möglichst ruhig zu verhalten, damit das
linkspaternalistische geseiher, das in ihrem/seinem namen veranstaltet wird,
umso lauter zu hören ist. vorher allerdings befinden deutsche ersteinmal
darüber, ob eine/r das etikett von rassismus betroffen mit
ausreichendem recht zusteht. bereits vergessen sind an diesem punkt die
debatten um den ohnehin sehr fragwürdigen begriff der
definitionsmacht, es geht ausschließlich um die absolute
definitionshoheit über selbsterrichtete protektorate. der
assimilationszwang, die atmosphäre des scheinbar-gleichen in der linken
schlägt dann in zerstörungswahn um, wenn die unterwerfung bzw. die
leistung des bereicherns durch exotische authentizität von einer von uns
verweigert wird. dabei wird uns letztlich die verweigerung des denkens in
ethnischen kategorien, die im völkischen katalogisierungswahn
herausgefundene identitätslosigkeit zum größten
vorwurf gemacht, da wir weder als authentische migrantInnen noch
als natürliche elemente des volkskörpers verwendbar sind.
links oder deutsch daß innerhalb einer deutschen linken kriterien bestünden oder
sich entwickeln ließen, die grundlegend dazu geeignet sein könnten,
auf eine zerstörung von machtstrukturen und gewalt- und
eigentumsverhältnissen hinzuarbeiten, ist ein trugschluß.
eine linke, die nach einem kurzen hochschrecken angesichts der verfolgungs- und
mordlust ihrer landsleute nach der deutschen vereinigung sich weiterhin und
ausdauemd ihrem populistischen alltagsgeschäft widmet, trägt in
deutschland ausschließlich dazu bei, den frieden innerhalb des
völkischen projekts abzusichem. daß eine reale vorstellung von
befreiung hier nur minoritär sein kann, angesichts dessen,
daß die deutschen auschwitz hervorbrachten, will der linken nicht in den
kopf. sie hat sich mittlerweile klar entschieden, lieber deutsch als links sein zu wollen.
dementsprechend werden allerorten debatten um sozialabbau
geführt, die zur vereinigung mit dem dcutschen arbeitermob führen,
welcher derzeit in verschiedenen städten die auf baustellen arbeitenden
migranten angreift und der unter führung seiner gewerkschaften ein
national-sozialistischcs modell arbeit zuerst für deutsche
vorantreibt. während nahezu jeden tag wohnungen und häuser von
migrantInnen brennen, täglich menschen von deutschen mob-ansammlungen oder
einzelnen verletzt oder ermordet werden, widmet sich die hiesige
linke dem hauptfeind castor-transport oder mittels der
völkischen globalisierungsdebatte dem kampf gegen das
multinationale kapital. bei organisierten nazis heißt das etwas
klarer formuliert gegen system und kapital unser kampf ist
national. einige andere, die noch einen widerspruch haben, sich auch nach
außen klar der nationalen formierung anzuschließen, machen
gemeinschaftlich front gegen die säuberungen unserer
innenstädte. wieder andere sind da schon ein stückchen weiter
in der offensive, wie etwa die völkische hausgemeinschaft in berlin, die
vor einigen wochen ihr unliebsame, weil antideutsche migrantInnen aus deren räumen geworfen hat.
wurzellos und destruktiv
in anbetracht der deutschen zustände haben wir gelemt, daß es oft
nur einiger kleiner nadelstiche bedarf, um das notdürftig umspannte
konstrukt von den geläuterten deutschen zum platzen zu
bringen. wir haben begriffen, daß die entscheidung zum bruch mit allem,
was sich an bewegung orientiert, in deutschland
unerläßlich ist. für uns geht es darum, unsere
selbstverteidigung in die eigenen hände zu nehmen und die völkische
gemeinschaft in diesem land zu denunzieren, solange es noch geht. in diesem
sinne ist der destruktive ansatz in bezug auf deutschland der einzig
konstruktive. die wurzellosigkeit begreifen wir als unsere
stärke, die die konstruktion nationaler/- kultureller identitäten
ausschließt, und eine grundlage, auf der wir uns gegenseitig erkennen und
verständigen können. in diesem sinne verwenden wir für uns den
begriff migrantinnen vorerst als selbstgewählte bezeichnung unserer
politischen position in diesem land, wenngleich wir wissen, daß er auch
dadurch zustande kam, daß man/frau uns auf die position des
anderen, fremden verwiesen hat. |