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Verbale Onanie. |
Rückblick auf die Martin Büsser Lesung am 3.10.1998, bei der es zu einer hitzigen Debatte des Autors mit einigen Leuten aus dem Auditorium kam.Ich muß zugeben, daß es mir schwerfällt, jetzt noch über diese Lesung zu schreiben. Sie liegt mehrere Wochen zurück hängengeblieben ist nichts als ein Unmutsgefühl im Magen. Nicht gerade schmeichelhaft für einen Schreiber, von welchem auf Grund seiner Biographie erheblich mehr zu erwarten sein könnte. Aber wenigstens habe ich gelernt, daß eine vielversprechende Lebensgeschichte allein eben noch keinen guten Autoren macht.Wenn Martin Büsser Unverständnis darüber äußert, daß die in der Diskussion angebrachte Kritik an seiner Lesung so persönlich ausgefallen sei, muß ich mich ernsthaft fragen, wie mensch wohl sonst jemanden kritisieren sollte, der ausschließlich von sehr persönlichen Erfahrungen berichtet, mit welchen ich mich glücklicherweise nicht identifizieren kann. Und überhaupt denke ich, daß Herr Büsser froh sein sollte, daß das Publikum ihn nicht mit einem einfachen: Hau bloß ab, Du bist doch Scheiße! nach Hause geschickt hat. Seiner verbalen Onanie länger als zehn Minuten zu folgen, grenzte schon an geistigen Masochismus. Seine netten Geschichten von nebenan waren für mich weder informativ noch irgendwie witzig. Und bissig ironisch, wie er sie selbst nannte, waren sie schon gar nicht. Wer dem Zuhörer einen derartigen Anspruch an die eigene Arbeit eröffnet, sollte diesen auch erfüllen. Selten habe ich eine solch plumpe Aneinanderreihung von Klischees über mich ergehen lassen müssen. Oder wie sonst ist es zu bezeichnen, daß alle sich auf amerikanischen Straßen bewegenden Autos Riesenschiffe sind, sich in dortigen Hotelzimmern keine Aschenbecher finden lassen, jedoch drei Bibeln, oder der Barmann in jeder guten, amerikanisch abgewrackten Bar natürlich ein ziemlich breiter, grinsender Mexicaner sein muß? Als ob das nicht schon genug wäre, mußten wir uns in der darauffolgenden Geschichte von langen Ergüssen über in der Realität wahrscheinlich in dieser Form nicht, außer in Person von Büsser existierende Plattensammler langweilen lassen. Der dritten Ausführung, welche eigentlich am ehesten dem Anspruch AntiPop genügen sollte, konnte ich dann kaum noch folgen. Nicht etwa, weil mein wahrscheinlich viel zu junger Geist durch derartige, versucht intellektuelle Höhenflüge überfordert wäre, sondern eher, weil mein Geduldsfaden schon lange gerissen war. Die folgende Debatte empfand ich als hochgradig unbefriedigend. Der Autor war weder in der Lage, vom Publikum gestellte Fragen zu beantworten, noch die ihm entgegengeworfene Kritik abzuschmettern. Er verstrickte sich zunehmend in Widersprüche und beendete schließlich sichtlich entnervt die Veranstaltung. Ich weiß, daß in der derzeitigen AntiPop-Diskussion keine Patentrezepte zu erwarten sind, und daß durch eine selbstkritische Einschätzung der Lage oft schon viel gewonnen ist. Diese war jedoch bei Büsser nicht zu finden. Vielmehr setzte er zu einem völlig unsachlichen Rundumschlag an, ohne sich über seine eigene Rolle klar zu sein. Auf meine Frage nach möglichen Lösungsansätzen erhielt ich nur die Antwort, daß ihm (Martin Büsser) Leute suspekt wären, die immer gleich eine passende Lösung parat hätten. Mir sind Leute suspekt, welche nur kritisieren um des kritisierens Willen, und das nicht einmal originell, ohne auch nur den Versuch zu wagen, diskutable Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Purer Opportunismus, der mit Opposition nichts gemein hat. Ich frage mich wirklich nach dem Sinn solcher Publikationen und Lesungen. So richtig neu war das ja alles nicht. Im Nachhinein wurde ich darüber aufgeklärt, daß der Autor sicherlich von uns zum Nachdenken angeregt wurde. Aber Moment mal, sollte das nicht umgekehrt sein? Oder hätte dann nicht der Autor ans Publikum zahlen müssen? Wenn schon persönliche Befindlichkeiten für bedeutend genug erachtet werden, schlechte Bücher darüber zu schreiben, darf ich mir auch einen sehr persönlichen Ratschlag erlauben: Wer sich nicht den Appetit auf Lesungen verderben möchte, sollte auf den fraglichen Genuß von Martin Büssers Lesungen lieber verzichten. Oder vielleicht doch nicht. Schließlich möchte ich niemandem die Einsicht ersparen, daß mensch am wenigsten enttäuscht wird, wenn sie/er mit möglichst geringen Erwartungen eine solche Veranstaltung besucht. Ulli |
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