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VOM POLITISCHEN INS PRIVATE. |
Von RALF |
Brüllen · Les Robespierres |
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Von welcher Position aus besteht noch die
Möglichkeit, kritisch zu reflektieren, was um einen herum passiert?
Anknüpfend an die hiesig laufende Debatte um Bands wie Lokalmatadore und
Kassierer, bei denen die textliche Aufgabe der Ich-Position im Gleichklang mit
der Hinwendung zum vulgären Sexismus verknüpft wird weil ihnen im
rotzlöffelnden Punkverständnis nicht mehr einfällt, als auf dem
rumzureiten, was ihnen wie (anti-pc-er) Tabubruch erscheinen mag, stellt sich
die Frage vor dem Hintergrund eines absolutistischen Marktkonformismus. Voraussetzung für die Kritik von Verhältnissen sollte die Gewißheit sein, daß Populärkultur nur solange dissident sein durfte, wie die Einbindung auf dem jeweils ästhetischem wie dem gesamtgesellschaftlich-ökonomischem Feld auf die symbolische Abwehr durch den gesellschaftlichen Mainstream traf. Nicht erst die verkündete Symbiose aus Pop und Politik beförderte den Niedergang der angestrebten Subversion, sondern das Setzen auf selbige war und ist der Fehler. Die weithin verbreitete Annahme, adornitisches Denken von keinem richtigen Leben im Falschen insofern aushebeln zu können, als daß die alleinige verbale Hinwendung zum Dissidenz-Begriff ausreiche, um dem Sachzwang aus dem Antagonismus von Kapital und Arbeit zu entfliehen, entlarvte sich anhand dutzender Beispiele gerade der Post Punk-Ära in den Achtzigern als ausgemachter Blödsinn. So entpuppte sich beispielsweise auch der etwas später folgende Verbalradikalismus seitens der Band Sterne (Fick das System) als partizipierender Beischlaf für die schönen Seiten des Kapitalismus. Verweigerung bedeutete im Sinne des postrukturalistischen Kauderwelsches vom Diskurs-Pop nicht mehr, als der Rückzug auf die Minimalforderung des Dazugehörens unter dem Vorzeichen, tatsächlich anders sein zu wollen, weil ja alles nur eine Frage des Sprechens und des Gespräches sei. Daraus entsprang dann sogar eine reformerische Strukturkosmetik innerhalb der Musikindustrie befördert durch den Gang in die Institutionen mehrerer, mutmaßliche Authentizität verkörpernder Aktivisten , die solcherlei Deregulierung und Flexibilisierung nach anfänglichem Widerstand heutzutage gar mit Kußhand herbeisehnt. Oder anders: Was bleibt von einer Band wie Chumbawamba, wenn von ihnen nicht mehr transportiert werden kann, als irgendwie(!) linksradikal zu sein und damit manifestiert wird, daß linker Radikalismus mit dem Erwerb eines Konzerttickets endet. Es gibt meineserachtens kein Entfliehen vor der treffenden Analogie, die Günter Jacob aus dieser Konstellation allzugern ableitet: Ob Platten- oder Briefmarkensammeln, das macht wahrlich keinen Unterschied. Demzufolge macht es auch nur noch Sinn, darüber zu streiten, ob es denn je eine Situation gegeben hat, wo man das mal nicht gelten lassen konnte. Eine politische Praxis, die aus der Hinwendung zur expliziten Popkultur entspringt, scheint passé. Vor einiger Zeit stellte ich anläßlich eines Konzertes der Goldenen Zitronen im Conne Island hier in diesem Heft sinngemäß fest: Links oder Hipster beides zusammen wird nicht mehr gehen (Vergleiche CEE IEH #26, Oktober 1996). Daran hat sich meineserachtens bis heute nichts geändert im Gegenteil. Daß auf der anderen Seite vorgebliche politische Ästhetik à la Proletenkult und Agit-Prop-Sachlichkeit fröhlichen Urständ bei nicht wenigen Polit-Gruppen gerade der Antifa-Szene feiert, macht die Sache um so problematischer. Nicht zuletzt weil ich glaube, daß politisch kein anderer Ausweg bleibt, als überall zu polarisieren, zu trennen, auf Abkehr von der Anbiederung an die Massen zu setzen. Doch weder Pop noch alte Neue Sachlichkeit in der Tradition der unsäglichen Arbeiterbewegung kann dies möglich machen. Tatsächlich, so denke ich, fliegt bei näherer Betrachtung sogenannter linker Kunst und Ästhetik ohnehin auf, daß es eine solche niemals gegeben hat und auch niemals geben wird. Dank dieser Äußerungen wird mir sicherlich zuteil, Popanz des Kulturpessimismus zu sein. Doch denke ich, daß genau die positive Eroberung eines kulturpessismistischen Begriffes ein politisches Feld eröffnet, auf dem destruktives Reden und Handeln dringend möglich werden muß. Wie man es in der Endkonsequenz nicht macht, das haben uns zum Glück bereits die Situationisten verraten. Brüllen Les Robespierres |
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