home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt
[26][<<][>>]

kick out the resignation, 1.8k

Die Goldenen Zitronen

Ende August stellte die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Jugendbeilage „Jetzt“ den Goldenen Zitronen „sieben saure Fragen“, die die Zitronen als ‘engagierte Rockmusiker’ ungewollt kontextualisierte (Ted Gaier ebenda: „Was machen wir noch außer Lichterketten? Okay, da fällt uns nichts ein, also gehen wir in unseren Club und nachher wieder nach hause.“). Einige Zentimeter darunter auf derselben Seite in der Rubrik „Wahrsager“ steht zu Tocotronic gedruckt: „Enterten mit jugendtümelndem Deutschrock die Charts. Lehnen nun aber Preise ab mit der Begründung: ‘Wir wollen weder jung noch deutsch sein.’ Strafe: Wer den Groove vergißt, den bestraft das Leben.“

schweizer schoenheit, 5.2k Nun, zu ergründen wes Geistes Kind die Macher der liberalen „Süddeutschen Zeitung“ sind, soll hier jetzt nicht Gegenstand sein. Interessanter ist da schon, daß, wüßten wir’s nicht besser, arge Zweifel angebracht wären, ob das Zusammenspiel von Manipulation und der Helfershilfe dank „schlauer“ Antworten der Zitronen genau das ist, wozu sie sich auf ihrer neuen Platte „Economy Class“ bekennen.

„Deshalb schlittert unsereins ständig durch das Kollektiv, um wieder bei sich ankommen zu müssen.“

Fragt man so rum, hat sich die Meinung festgesetzt, daß die neue Scheibe „musikalisch unwichtig“ aber als Manifest umso wichtiger sei. Und das genau deshalb, weil sie eben nicht mehr den Anspruch des Zitronschen Manifestierens erhebt. Die Resignation weggekickt zu haben, ist genau jenes Verdienst, dem unisono mit Jochen Diestelmeyer beizupflichten ist: „Der letzte Schrei des 20.Jahrhunderts.“
Warum dieser Schrei den Schliff der ästhetischen Unfreiheit nicht braucht, beantwortet sich mit der vorgegebenen Kategorie des Improvisierens. Ohne auf Pop zu verzichten. Ob nun Adorno oder Hip Hop oder beide ihnen die Möglichkeit der mehrdeutigen Bestimmung von „richtig“ und „falsch“ eröffnete - klar ist, daß das Hipstertum hier seinen Abgesang vor der Geschichte erlebt, was in Kürze die Frage legitimiert, ob links oder Hipster, weil beides nicht mehr gehen wird.
promobild, 7.2k
„Links oder Hipster, beides wird nicht mehr gehen.“
Der Individualisierungsschub der Postmodernität stellt uns ja allenthalben vor das Problem, die Subjektbildung nicht mehr so richtig nachvollziehen zu können. Deshalb schlittert unsereins ja auch ständig durch das Kollektiv, um wieder bei sich ankommen zu müssen. Nur, und das unterscheidet die Zitronen von so vielen, darf daraus nicht der Rückzug ins Private folgen.
Die Erkenntnis, die mir die Goldies nahe gebracht haben, ist der Widerstand gegen das Hängenbleiben. Weder an der Uni, weder in der Musik, weder in der politischen Kleingruppe noch in der „Süddeutschen Zeitung“.
Ted Gaier: „Der beste Weg zur Veränderung ist doch Analyse. Oder?“ Und ich frage mich, was an dieser Aussage wohl das Primat besitzt. „Analyse“? Falsch. Es ist das „Oder“. Ralf

home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt |
[26][<<][>>][top]

last modified: 28.3.2007