Auf dem Weg zur Macht?Die NPD veranstaltet am 7. Februar in Passau ihren
Bundeswahlkongreß. Dabei geht es der derzeit erfolgreichsten
Nazi-Organisation weniger um parlamentarische Ambitionen, vielmehr möchte
man den Mitgliedern und der potentiellen Massenbasis den neuen
Schwung und die jugendliche Dynamik präsentieren. Die
Rolle als radikalste Führungskraft, als Original einer nationalen
Bewegung soll eindrucksvoll bekräftigt werden. Eine
Verbotsverfügung ist nicht zu erwarten, so kann wahrscheinlich nur noch
die Antifa den Nazis die Suppe versalzen.
Passau |
Die Ästhetik des Veranstaltungsprogrammes spricht
Bände. Auf der Deckseite prangt ein Ewiges Feuer, oben und
unten eingerahmt vom Motto der Veranstaltung: Organisierter Wille
bedeutet Macht. Tag des Nationalen Widerstandes. Die Stele des
Ewigen Feuers wird von einem NPD-Emblem verziert, sie trägt
die Schale mit dem Feuer, dessen Lichtschein eine aufgehende Sonne
symbolisiert. Die Analogie, ja Kongruenz zur NS-Symbolik ist offensichtlich und
bestätigt äußerlich das politische Programm. In letzter Zeit
wird allerdings immer ungenierter auf die nationalsozialistischen Wurzeln
zurückgegriffen; der Erfolg der Partei (enorme Mitgliederzuwächse in
den neuen Bundesländern, die Kampagne gegen die Wehrmachtsausstellung etc.) scheint hier handlungsleitend zu sein.
Der 7. Februar soll nicht nur ein Tag des Nationalen Widerstandes
sein, sondern die NPD erhofft sich die größte
Saalveranstaltung des nationalen Lagers seit 1945. Mehr als 5.000
Kameraden werden mittlerweile erwartet, über 80 Busse sind
bereits angemietet. Es spricht alles dafür, daß die Veranstaltung
ekelerregende Ausmaße annimmt. Das Programm versucht die Interessen alter
und junger Nazis gleichermaßen anzusprechen. Von der Vorstellung der
NPD-Fernsehwerbung über Volkstanz, Redebeiträge, Liedermacher (die
üblichen Langweiler, Rennicke und Hähnel) bis zu Diskussionsforen
über das Internet u.a. reicht das Angebot. Doch am meisten dürfte
sich die Parteibasis wohl von der Vorstellung locken lassen, die eigene
Stärke und Masse sinnlich wahrzunehmen. Ein riesiger Stammtisch wird da
organisiert, ein Nazi-Aufmarsch im Sitzen. Die Vorstellung, wie der Mob die
dritte Strophe des Deutschlandliedes intoniert (und dabei wird es nicht
bleiben), legitimiert wohl einiges an Gewaltphantasien.
Zu dem Antifa-Aktionstag am 7. Februar wird ein Bus
aus Leipzig fahren. Infomationen über den Kartenverkauf, die Abfahrtszeit
und den Ort, sowie News zu den geplanten Aktionen gibt es u.a. beim
Antifa-Plenum (Donnerstag, 20.00 Uhr im Conne Island) oder sind den Plakaten
und Flyern zu entnehmen. |
Es deutet derzeit nicht viel daraufhin, daß der NPD bei den
Bundestagswahlen die Überwindung der 5%-Hürde gelingt. Bis jetzt
konnte man sich diesbezüglich auf die Spaltung im Nazi-Lager verlassen.
Ja, die Parteistrategen sind sogar vorsichtig genug, um mit zu optimistischen
Wahlprognosen der Anhängerschaft einen Ernüchterungseffekt zu
bescheren, der sich auf die Aktivisten motivationshemmend auswirken
könnte. Aber, wie gesagt, es geht weniger um den Wahlkampf, der nur im
Osten, besonders in Sachsen einige Aussicht auf Erfolg hat. Nein, wie schon in
München ist auch in Passau das Medium ein guter Bestandteil
der Botschaft. Die durch Blut und Parteibuch geschmiedete Gemeinschaft soll
zelebriert werden, der Anspruch nach außen getragen, der ehrlichste und
radikalste Vertreter der nationalen Interessen zu sein. Wer in München die
braunen Horden marschieren sah, kann sich ein Bild davon machen, was für
ein fürchterliches Happening in Passau ansteht. Das Wahlkampfbrimborium
ist ein vernachlässigbarer Bestandteil, ein Zugeständnis der Nazis an
das Grundgesetz, welches nicht den Blick dafür trüben sollte,
daß die Partei auf die Bewegung, auf die Macht der
Straße setzt. Jede öffentlichkeitswirksame
Präsentation der NPD führt den nächsten rassistischen
Überfall, den nächsten Anschlag auf einen Punk etc. im Gepäck.
Und in was für einem Ambiente diesmal gehetzt und gewettert werden soll.
Im letzten verfügbaren Großbau des Nationalsozialismus, der
Nibelungenhalle, die schon für sich als Bauwerk ein deutliches Sieg
Heil manifestiert, in der seit 16 Jahren die Deutsche Volksunion ihre
Parteitage abhält und in der sich alljährlich die CSU zum politischen
Aschermittwoch versammelt, finden die NPD-Nazis die passende Kulisse. Die
miefige Atmosphäre der bayrischen Provinzstadt rundet das ganze ab.
Es sei denn, der antifaschistischen Gegenmobilisierung ist einiger Erfolg
beschieden. Natürlich verheißen die Erfahrungen mit den
Antifa-Aktionen gegen die DVU-Parteitage in Passau nichts Gutes. Das USK, die
berühmt-berüchtigte Spezialeinheit aus Bayern ließ in der
Vergangenheit nicht viel anbrennen. Und für den 7. Februar kündigte
die Polizei bereits an, sich selbst zu übertreffen. Zwei Bullen auf einen
Antifa, mit diesem Verhältnis muß gerechnet werden. Dazu die engen
Gassen einer Innenstadt von den Ausmaßen eines Fußballfeldes. Es wird eng für die Antifa.
Ein Naziaufmarsch im Sitzen. |
Die antifaschistischen Gruppen, welche die Gegenaktivitäten
maßgeblich organisieren, zeigen sich davon relativ unbeeindruckt. Ihr
Konzept für einen Aktionstag mit Mahnwachen, Blockadeversuchen und einer
großen Demonstration verfolgt ganz offen das Ziel, die Naziveranstaltung
wirksam zu behindern. Manche mögen diesen Intentionen angesichts der
Passauer Zustände (5.000 Nazis, 5.000 Polizisten, verpisste Kleinstadt)
einen utopischen Charakter bescheinigen; vorauseilender Gehorsam
läßt sich jedenfalls nicht erkennen und das ist prinzipiell auch gut so.
Um so mehr kuschen die potentiellen Bündnispartner (Grüne,
Gewerkschaften und Sozialdemokraten) vor Ort. Ganz im Sinne des
unsäglichen Extremismus-Ansatzes distanzierten sie sich bereits von den
Autonomen, wollen jedoch mit einer eigenen Blockadeaktion (Passauer Aktion Zivilcourage) ebenfalls Akzente setzen.
Die politische Ausrichtung der geplanten Antifa-Aktionen geht bei beiden
Spektren mehr oder weniger am Thema vorbei. Während das
Bürgerbündnis (Autonomenslang) vor allem um den guten Ruf
des lokalen Tourismusstandortes besorgt ist und sich deshalb zu einem
oberflächlichen Anti-Nazi-Konsens hinreißen ließ, der sich nur
gegen eine klar eingrenzbare Organisation richtet, wird zwar bei der autonomen
Mobilisierung inhaltlich weiter ausgeholt (gegen NPD-Kongreß, gegen
Polizeistaat, gegen rassistische Hetze), des Pudels Kern bleibt aber auch hier
verborgen. Die Autonomen scheuen sich nach wie vor, den rechten Konsens
hierzulande in seiner gesamten Dimension deutlich zu benennen. Wenigstens gibt
man sich einige Mühe ihn zu umschreiben. So verweist der Aufruf der
Autonomen auf den Rassismus, der aus der Mitte der Gesellschaft kommt und die
Koalition von law and order, die nicht nur von eindeutig
faschistischen und nationalsozialistischen Gruppierungen gebildet wird, sondern
auch die sogenannten etablierten Parteien umfaßt. Um den Umstand,
daß sich diese Koalition so widerstandslos bilden konnte und weiterhin
profiliert, daß die besagten Organisationen in der jüngsten
Vergangenheit nur ein Problem hatten, nämlich mit der rassistischen und
nationalistischen Stimmung der Bevölkerung auch programatisch Schritt zu
halten, und daß auch die NPD mit ihrer völkischen Propaganda,
besonders mit ihrer populistischsten Variante à la Arbeit zuerst
für Deutsche, eine politisch bewußte Massenbasis
repräsentiert, drückt man sich immer noch ein bißchen herum.
Nichtsdestotrotz kann sich der Antifa-Protest in Passau lohnen, und dies schon,
wenn es gelänge, den schlechten Ruf der NPD als Sammelbecken von
Rechtsextremisten erneut zu bekräftigen. Ihrer Rolle als
forcierender Faktor innerhalb des rechten Mainstreams wäre damit ein
Steinchen in den Weg geschoben. Einem gesellschaftlich relevanten
antifaschistischen/antirassistischen Impuls, kommt man damit keinen Schritt
näher, denn selbst der eben beschriebene Erfolg der
Antifamobilisierung bleibt ein Pyrrhussieg, läßt er sich doch nur durch die Bestätigung des schlechten Rufes als
Linksextremisten erkaufen. Sei es drum. xxx |