In Berlin brannte in der Nacht zum dritten Oktober ein
Supermarkt. Für die FAZ Anlaß genug, mit den Autonomen ein neuerliches Gespenst umgehen zu sehen:
Aber auch in diesem Milieu scheint mittlerweile manches
zusammenzuwachsen, was bisher getrennt war. Gerade unter den Jüngsten, den
Schülern im Osten wie im Westen, sollen die Autonomen heute viel Zulauf
haben. Radikal zu leben und zu denken, steht offenbar wieder hoch
im Kurs. Bei einem Chè-Guevara-Kongreß am vergangenen Wochenende
an der Humbold-Universität war ein Großteil des Publikums noch keine
zwanzig, als Veteranen des revolutionären Kampfes in Lateinamerika auf
hochabstraktem Niveau über das System und das ganz Andere sprachen.
Vielleicht übernimmt der junge Osten, der die DDR nicht mehr bewußt
erlebt hat, mit den Konsummustern des Westens auch dessen Überdruß.
Es wäre ein nicht sehr erbauliches Signal aus dieser Nacht der deutschen Einheit.
Wenn dem tatsächlich so ist, daß die Autonomen heute viel Zulauf haben,
so lassen diejenigen, die keine zwanzig sind, leider nichts gutes erahnen. Den
heute viel Zulauf MAX-Oktoberausgabe |
Veteranen des revolutionären Kampfes in Lateinamerika auf hochabstraktem Niveau
zuzuhören, ist dann tatsächlich den Konsummustern
geschuldet. Denn Chè taugt zur Pop-Ikone. Das wissen letztlich die, die über
das ganz Andere sprachen genauso wie die, die als die die Jüngsten gelten.
Die taz ist sich sicher, daß es ruckeln und zuckeln muß im Land:
Gefragt ist jetzt eine differenzierte Lohnerhöhungs- und
Arbeitsumverteilungspolitik, gepaart mit einer Neuauflage der
Bündnis für Arbeit-Initiative. Reine Lohnkämpfe
führen uns nicht weiter. Höher, schneller, weiter.
Und immer differenzierte Denkmuster unterm Schädel. Obwohl der Ansatz ja nicht mal falsch ist. Denn
reine Lohnkämpfe führen uns nicht weiter.
Wie wäre es denn mit der Abschaffung der Lohnarbeit, hm? Als differenzierte Abschaffung für alle, versteht sich.
Das Magazin Max steht bekanntlich für die Dummheit der westlichen
Hemisphäre. So muß auch Chefredakteur Uwe Killing mit nationalem Pathos zum Schwerpunkthema
Generation D Junge Deutsche über sich, ihre Heimat, Sex und Liebe der Oktoberausgabe losledern:
Deutschland ist ein durchaus exotisches, manchmal unberechenbares
Land. Die Max-Reporter haben das auf ihrer Überraschungsreise
durch die Republik zu spüren bekommen.
Die Künstler, die eigens für Max ihr Deutschland-Bild
gestalteten, haben sich dem Thema sinnlich wie intellektuell genähert.
I. Ich schäme mich meines Landes BILD vom 21.10.1997 |
Max will ein Forum sein für alle, die Mut zur Veränderung haben.
Ich will auch ein Forum sein. Ein Forum- scheck
zum Beispiel. Der ermöglicht so schön Exotisches.
Zum Beispiel Geld verdienen mit einer Überraschungsreise. Sinnlich wie intellektuell.
Gregor Gysi, enfant terrible der CDU/CSU/FDP-Koalition, auf die Frage von konkret, was heute noch links sei:
Das Vermögen der 137 Dollar-Milliardäre enspricht in
etwa den Sozialprodukten der 45 ärmsten Staaten in dieser Welt.
Spätestens hier müßten sich viele Menschen fragen, warum sie
(noch) nicht links, keine Sozialistinnen und Sozialisten sind. Und
II. Ich schäme mich meines Landes BILD vom 22.10.1997 |
spätestens hier müßten sich viele Menschen fragen,
wie sozialistisch waren die National- Sozialistinnen und Sozialisten wirklich?
Grasshopper zum ersten: Günter Grass anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels:
Ich schäme mich ... meines Landes. Die BILD zu Grass:
Patriotisch war das nicht. Ich so zu mir: Hä, wie jetzt?
Grasshopper zum zweiten: Günter Grass hat zur Nation gesprochen und die deutsche Nation verweigert die Annahme. Die FAZ stellt klar, warum:
Darf man keine realistische Asylpolitik betreiben, nur weil
rechtsradikale Schläger das mißverstehen? Diese werden immer alles
mißverstehen. Deutschland hat noch vor kurzem achtmal so viel Bosnier
aufgenommen wie andere Länder zusammen. Zeugt das von fremdenfeindlicher Politik?
Nun, wer achtmal soviel für die ethnische Parzellierung tut
wie andere Länder zusammen, der versteht auch, welchen Nutzen
so viel Bosnier mit sich bringen. Ralf |