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Unter dem Motto Für antiimperialistische Solidarität, Frieden und Freundschaft fanden Anfang August auf Kuba die XIV. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt. Glaubte man sich, bedingt durch die 89er Wende, von solchen Massenspektakeln erlöst, so belehrten uns die Bilder vom Solidaritätsmarsch der antiimperialistischen und progressiven Jugendlichen der Welt in Havanna eines anderen. Ein Beitrag zur Kontinuität einer dogmatischen Veranstaltung, unter besonderer Berücksichtigung der Berichterstattung der jungen Welt1947 erstmals in Prag ausgetragen, gehen die Weltfestspiele auf die Initiative des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ), eines unter Eindruck des Zweiten Weltkrieges gegründeten Jugendverbandes zurück. Waren hier bedingt durch die Mitarbeit religiös gebundener, liberal und gewerkschaftlich orientierter, als auch kommunistischer Jugendgruppen noch strömungsübergreifende Inhalte bestimmend, entwickelte sich das weltweite Treffen mit dem einsetzenden Kalten Krieg in Austragungsorten wie Berlin, Bukarest und Moskau schnell zur Möglichkeit bekannter sozialistischer Selbstdarstellung. Konnte man in Nachwendezeiten davon ausgehen, daß mit den letzten Spielen in Pjöngjang 1989 die von Beteiligten (im Nachhinein?) als der Gipfel der Selbstbeweihräucherung eingeschätzt worden waren dieses Kapitel ein Ende gefunden hatte, beweist uns die Neuauflage 1997 das Gegenteil. Oder ist mit dem Festivalprogramm, daß neben Kultur- und Sportangeboten, Großveranstaltungen und jugendlichem Frohsinn vor allem Diskussionsforen zu Themen wie Frieden, Antiimperialismus und Demokratie bietet, mehr als ein Jubelfest zu erwarten?
Die junge Welt war neben dem Neuen Deutschland die einzige Tageszeitung, die sich den Spielen ausführlich widmete. Die Krönung solcher Ausführungen bekam man in der einstimmenden achtseitigen Beilage zu lesen, die in Duktus und Aufmachung stark an die Berichterstattung von Vorwendejahren erinnerte: Themen wie Ideale bewahren, Feste, Spiele, Klassenkampf und Berichten, was aus uns geworden ist, eingerahmt von Darstellungen vorangegangener Weltfestspiele geben neben der unkritischen Auseinandersetzung mit dem Thema auch Zeugnis für das neue Profil der Zeitung. Großen Raum in der täglichen jW-Serie Unser Mann in Havanna nahm ein Vorfall ein, der sich bei der Eröffnungsveranstaltung in Havanna ereignete: Vor der Haupttribüne hatte ein Mitglied einer autonomen Gruppe versucht, zwei Jusos ihre bundesdeutsche Flagge zu entreißen. Die Anti-Nationalen lehnten eine Entschuldigung mit der Begründung ab: Zu Hause reißen wir die Fahne auch runter, und hier rennen wir ihr nicht hinterher. Einer von etlichen jW-Kommentaren dazu: In Teilen der deutschen Delegation treibt der Schwachsinn besondere Blüten.(1) Tiefergehende Auseinandersetzungen mit dem Charakter der Spiele wurden kaum betrieben. Weder die starke nationale Komponente der Spiele wie z.B. der obligatorische Einmarsch der Länder unter ihrer jeweiligen Flagge noch die Übertragung der überkommenen Traditionen auf die jetzigen Spiele das eingangs erwähnte Motto ist seit 1973 beibehalten worden wurden hinterfragt. Anstelle dessen gab es eine einseitige
Demnach sollte es fernliegen, die XIV. Weltfestspiele der Jugend und Studenten als beispielhaftes und förderliches Treffen der antiimperialistischen und progressiven Jugend der Welt zu deklarieren, wie es von oben genannten Zeitungen und dem Großteil der deutschen Linken mit Freude suggeriert wurde. Betrachtet man die Intentionen und Ausgangslage der Spiele, erweist sich die folgende Einschätzung als treffender: Nichts weiter als ein realsozialistisches Woodstock. Philipp Anmerkungen: |