#301, Februar 2025
Aktuelles Heft
• Titelbild
• Editorial
• das erste: Der ultimative CEEIH-Wahlratgeber Teil IV: Die vorgezogene Bundestagswahl
• SCHWARZ ROT BRAUN 1 Jahr nach der CORRECTIV-Recherche zum Geheimplan gegen Deutschland
• Brettspielenachmittag
• review-corner buch: Fleischeslust und -unlust
• Redakteur*in gesucht! (m/w/d)
• Spieleabend im Lixer
• das letzte: The Art to Lynch Women
Da auch nach dem Jahresbeginn von 2025 kein außergewöhnliches Ereignis die us-amerikanische Politik erschütterte, wurde Donald Trump am 20. Januar als 47. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Abgesehen von einem Haufen regressiver Erlasse (›executive orders‹), die er kurz darauf erließ, weckte vor allem ein Ereignis Aufmerksamkeit: Der Hitlergruß von Elon Musk nach dessen Rede zur Amtseinführung.
Schnellstmöglich sprangen viele ein, um die »kontroverse Handgeste« zu verteidigen bzw die größte mediale Gaslighting-Aktion dieses Jahrtausend zu starten. Auch aus mehreren Winkeln in diese Geste eindeutig und die Versuche, diese als »römischen Gruß« (womit auch nur der italienisch-faschistische Gruß gemeint sein kann) oder bellamy salute(1) zu vertuschen, wirken eher peinlich, zumal us-amerikanische Rassist*innen und Nazigruppe die Geste eindeutig verstanden und entsprechend darauf reagierten.
Warum ist das für die deutsche Politik und die kommende Bundestagswahl interessant? Abgesehen davon, dass Musk die AfD-Chefin Alice Weidel auf X interviewt hat und sich mehrmals für die Wahl der sogenannten ›Alternative‹ ausgesprochen hat, wurde er beim Wahlkampfauftakt in Halle per Video dazu geschaltet und unterstrich nochmal seinen Support für die neofaschistische Formation in Deutschland. Dabei ist Musk – leider – nicht nur irgendwer, sondern der reichste Mensch der Welt, der ein soziales Medium nach Gutdünken autoritär für seine Zwecke nutzt. Versuche, die Bundestagswahl im eigenen Sinne zu beeinflussen, sind also nicht nur aus Russland zu erwarten.
In diesem Zusammenhang nervt es auch immer mehr, dass – zumindest im englischsprachigen Internet – mehr und mehr Diskurse über Medien sich auf die Frage »Is it woke?« herunter brechen lassen. Anstatt Filme, Serien oder Spiele kritisch zu betrachten und zu diskutieren, verlieren sich Pseudo-Kritiker*innen und Content-Creators immer mehr darin, vermeintliche »Wokeness« aufzudecken und damit die kulturindustriellen Produkte zu verwerfen. Abgesehen davon, dass »Wokeness« nicht ansatzweise konsistent definiert ist, ist diese reduzierende Sichtweise schädlich für einen kritischen Diskurs über Medien.
Und das nervt nur noch. Kaum gibt es einen neuen Trailer zu einem Film, einer Serie, einem Spiel oder wasauchimmer, so findet sich mit an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit in der Kommentarspalte dazu irgendwer, um über die vermeintliche »Wokeness« des Franchises abzuhaten. Dazu reicht es schon, wenn People of Color oder queere Personen (oder weibliche Hauptfiguren) vorkommen. Mit Rassismus, Sexismus oder Homofeindlichkeit der Kommentator*innen hat das selbstverständlich gar nichts zu tun.
Im Gramsci‘schen Sinne zeigt das die Niederlage progressiver Kräfte im Stellungskrieg um die kulturelle Hegemonie. Denn selbst wenn viele Produkte der Kulturindustrie noch progressive Inhalte vermitteln wollen, so hat sich der Diskurs verschoben. Es ist also zu erwarten, dass nach den Tech-Milliardären, die sich freiwillig der neugewählten Trump-Administration anbiederten und wie Meta etwa eigene Diversitätsprogramme abschaffen wollen, die großen Unternehmen der Kulturindustrie bald folgen werden.
Hoffen wir also auf eine Besserung der Verhältnisse unter dem zukünftigen Bundeskanzler Friedrich Merz.
Hat noch nicht ganz aufgegeben,
eure Redaktion