• Titelbild
• Editorial
• das erste: Die islamistische Rechte. Teil 1: Die Muslimbruderschaft und der legalistische Islamismus
• kulturreport: Die Stadt als Zelle – Gedanken zu graffiti writing und darüber hinaus
• interview: Kein Dancefloor ist ein Safe Space
• interview: Interview mit Hot Topic!
• position: Conne Elend: ein Nachgesang
• position: Der Ignorant bist Du!
• review-corner buch: Ignoriert die Befindlichkeiten der Männer!
• review-corner buch: Rezension: tapis-Magazin – Analyse zur islamistischen Rechten
• doku: What's Right?
• doku: Die hochtrabenden Fremdwörter
• das letzte: Je te présent: Françoise Cactus
MÄNNER LOL
#menaretrash
Diesen Text widme ich allen FLINTA, hier euer Asterisk: *. Bitte seht mir nach, dass im folgenden Text dieser Stern nicht vorkommt; auf eine Formdiskussion werde ich mich nicht einlassen. Fühlt euch bitte von mir gesehen, verstanden und unterstützt. Wir sind vereint im Schmerz und Leid, im Angesicht der Gefährdung durch viele gewaltausübende Männer. Für unsere Befreiung, gegen die Unterdrücker.
Zum Buch und seiner Rezeption
Pauline Harmanges Essay hat in den Feuilletons eine merkwürdige Kontroverse ausgelöst, und die Forderung eines Verbotes von einem einzelnen französischen Beamten machte es erst transnational bekannt. Der Gegenstand ihres Buches bewegt sich dennoch in einem legalen Rahmen. Dr. Berit Völzmann verteidigte in ihrem juristischen Verständnis die freie Meinungsäußerung Harmanges äußerst treffend: »Die Untersagung der Verbreitung eines Buches über Männerhass ist nach diesen Einschränkungen absurd. Männer (als solche – dies mag sich für jüdische, muslimische und/oder schwarze Männer freilich ganz anders darstellen) sind bisher weder in Frankreich noch sonst irgendwo alles andere als eingeschränkt in ihrer gesellschaftlichen Stellung und der Teilhabe am Diskurs; anders als etwa Frauen, die sich aufgrund von sexistischen Beleidigungen und der Androhung körperlicher Übergriffe mittlerweile verstärkt aus medialen Diskussionen zurückziehen (siehe dazu etwa hier(1), hier(2) und hier(3)). In Frankreich hing sich der Regierungsmitarbeiter nun an dem Wort ›Hass‹ auf und wollte es gerade der Angehörigen einer Gruppe strukturell benachteiligter Menschen versagen, über ihre Enttäuschung und Erschöpfung und mögliche Wege daraus – auch – mit drastischen Worten zu schreiben(4): Nämlich über einen stärkeren Fokus auf Frauen und darüber, sich nicht verpflichtet zu fühlen, mit Männern zu verkehren oder sich für sie zu kompromittieren. Ein rein formales, kontextloses Diskriminierungsverständnis wird der Realität ganz offensichtlich nicht gerecht. In den Worten(5) von Pauline Harmange: »On ne peut pas comparer misandrie et misogynie, tout simplement parce que la première n’existe qu’en réaction à la seconde.« (»Misandrie und Misogynie sind nicht zu vergleichen, weil Ersteres nur als Reaktion auf Letzteres existiert.«)
Mit meinem Text unterstütze ich die Autorin, denn auch ich fühle ihre Ohnmacht und kenne den politischen und persönlichen Zwiespalt, der wie auch immer geartete, aber feministische, gleichberechtigte Beziehungen zu Männern schwierig gestaltet.
Es brennt an vielen Stellen
Wut ist besser als Hass. Mit Wut lässt sich die Welt noch verändern, sie ist die treibende Kraft hinter guten und weniger guten Aktionen und verhindert den Einschluss in die Schranken einer Ideologie. Klar, nicht alle Männer sind bösartige, frauenhassende Vergewaltiger. Wir Frauen wollen prinzipiell alle Männer als Verbündete gewinnen, als die vielbeschworenen Allies, sofern sie uns auch tatsächlich unterstützen; die Alliierten, die mit uns zusammen aus dem für alle Beteiligten auf lange Sicht zerstörerischen Patriarchat ausbrechen wollen. Aber wir sind misstrauisch, und das zurecht: #metoo, Donald Trump, Friedrich Merz, die CDU, die CSU, die AfD, Kapitalismus, Liberalismus, Incels, von Männern getötete, geschlagene und unbewusst dominierte Frauen und die dazugehörigen Femizid-Statistiken(6) überall auf der Welt.
Gegen den Vorwurf, Feminismus sei rotzig und unversöhnlich, werde ich niemals auch nur einen Satz schreiben. Ich hasse Diplomatie, wenn ich wütend bin. Weshalb müssen Frauen sich ihrer Wut entledigen, um die Männer auf ihre Seite zu ziehen? Es ist einfach zum Kotzen. Wenn ich das Wort »Eigenverantwortung« in Bezug darauf höre, weibliche Interessen in Politik und Gesellschaft weiterzubringen, möchte ich am liebsten mit schweren Blumentöpfen um mich werfen; gewalttätige Frauen sehen oft in kulturellen Darstellungen nicht aus wie ein schicker, männlicher Fight im Boxring und meine Fantasien sind sowieso individuell, also lebt damit.
Ich möchte, dass ihr an meiner Wut erstickt! Allen Frauen, ob bewusst oder nicht, geht es schlecht mit Sexismus, (internalisierter) Misogynie und Männern, die ihnen die Räume streitig machen. Es ist zwar aberwitzig zu glauben, dass im Kapitalismus die Menschen einen allgemeinen Anspruch auf Sichtbarkeit, Gleichberechtigung, ihre Würde und so weiter haben, aber das führt hier einfach zu weit.
Was wollen wir? Hier Spaltungsgrund einfügen
Ein Feminismus, der für Gleichberechtigung kämpft und laut streitet, trägt die sexistische Last auf den eigenen Schultern. Die meisten Männer haben es noch immer nicht begriffen, sie scheren sich meist nicht um die Ungleichheiten, denn die Welt lebt noch immer in androzentrischen Verhältnissen. Es gibt meiner Auffassung nach auch keine nennenswerten Fortschritte in den Institutionen, ob Polizei, Presse oder Justiz – die Berichte sind haarsträubend. Vielleicht sollten wir da etwas dran ändern, wie wäre das? Vielleicht sollten Frauen andere Frauen nicht in Buchrezensionen persönlich angreifen, sondern bei der Sache bleiben? Schönen Gruß an die NZZ. Umso bizarrer ist es auch, im Nachgang des internationalen feministischen (Frauen-)Kampftages stattdessen auf den üblichen Social-Media-Kanälen über interne Kindereien zu lesen: Cis-Feminismus und Queerfeminismus, LibFems, Terfs, keine Ahnung. Erschreckend, wie brutal sich (Trans-)Frauen und (Cis-)Frauen gegenseitig im Internet zerfleischen. Was ist das bitte für eine Ebene? Können wir uns darauf einigen, dass wir alle unter (Cis-)Männern leiden? Können wir uns zusammenschließen, ohne vorher erst einmal Identitätspolitik zu betreiben? Können wir uns bitte ein einziges Mal nicht wegen irgendwelcher Formalien spalten lassen? Meine Wut gilt der Ungerechtigkeit, die ich als Frau ertragen muss. Ich werde mich keinem formalen Diktat beugen und preisgeben, wie vielfach ich als Individuum diskriminiert werde. Es sollte nicht erheblich sein, welche Art von Frau oder Mensch ich sein muss, um einen Kampf gegen das mich geistig und körperlich zu Grunde richtende Patriarchat zu führen. Es ist im Interesse aller, die Wut nicht gegen die eigenen Leute zu richten.
An dieser Stelle – danke Dir, Pauline Harmange, für die literarische Erinnerung an die Möglichkeit der bedingungslosen Liebe und Unterstützung zwischen allen Frauen, auch, wenn diese aktuell noch sehr voraussetzungsreich scheint.
Für Schwesternschaften! Gegen toxische Diskurse in der feministischen Bewegung! Rauft euch mal zusammen!
Grete