• Titelbild
• Editorial
• das erste: Sich radikal in der eigenen Zurichtung fühlen können
• Über die Rückkehr des Proletariats.
• Escape-Ism / Lassie
• Linke Politik unter rechtem Kurs: Das Beispiel Österreich
• Die schwärzeste Grauzone
• Die Sächsische Schweiz braucht ein AZ!
• review-corner buch: Meinst du, der Feind meines Feindes ist mein Freund?
• position: Kritik der unkritischen Kritik
• doku: Vom Wert der Familienbande
• das letzte: #6: Alles für den Kiez
Der Kommunalwahlkampf ist inzwischen im vollen Gange. Schon zum Auftakt der Leipziger CDU äußerte sich deren Stadtratskandidatin Andrea Niermann bezogen aufs Conne Island: »Solange dort Aktivitäten der linken Gewalt ihren Ausgangspunkt haben, sind wir dagegen, nur einen einzigen Cent dorthin zu geben.«(1) Was sie damit meint und welche Aktivitäten darunter fallen, hat sie der LVZ nicht erläutert. Das Leipziger Boulevardblatt ging deshalb selbst in die Spur und ließ die Prügel, die ein mutmaßlich aufgrund seiner Kleidung als Neonazi identifizierter 23-Jähriger an der Bushaltestelle »Koburger Brücke« erhielt, kurzerhand »vor dem Conne Island« stattfinden.(2) Wir gehen ohnehin davon aus, dass das Conne Island im Wahlkampf noch des Öfteren zur Zielscheibe werden wird.. Das sollte nicht weiter überraschen, fordert die CDU doch auch in ihrem Wahlprogramm die »sogenannten [!] Kulturzentren, die vornehmlich politisch extreme Aktivitäten unterstützen und fördern, wie es in der Vergangenheit durch das Conne Island geschah«, nicht weiter finanziell zu unterstützen. Und weil auch das CDU-Stadtratsmitglied und -Spitzenkandidat im Wahlkreis 7 Alt-West, Michael Weickert, zuletzt gegenüber dem Studentenradio mephisto 97.6 forderte, »einem soziokulturellen Zentrum wie dem Conne Island, wo vermehrt Propaganda gegen Polizisten, gegen den Staat insgesamt und gegen die CDU als demokratische Partei gemacht wurde,« die öffentliche Finanzierung zu streichen,(3) möchten wir eins für den bekennenden Fanboy der britischen Königsfamilie klarstellen: wir kritisieren an der CDU tatsächlich vieles, aber sicherlich nicht ihre demokratischen Elemente.
Doch nicht nur die Union hat unseren Eiskeller als Wahlkampfthema entdeckt. Auch die AfD macht mit dem Connewitzer Kulturzentrum Stimmung für die eigene Klientel – ebenfalls zusammen mit der LVZ. Dort wird nämlich mit Bezug auf die sogenannte »Alternative« geschrieben: »Die AfD will auch Extremisten den Kampf ansagen: Finanzielle Unterstützung werde die freie Szene nur noch erhalten, wenn sie sich zum Grundgesetz bekennt, heißt es.«(4) Dass dies nicht nur im Conne Island übel aufstieß, sondern gleich alle freien Träger*innen der Kulturarbeit aufbrachte, war wohl eine wohl kalkulierte Eskalation. (Ob nun von der LVZ oder der AfD, sei mal dahingestellt.)
Jedenfalls ließ es sich die AG Soziokultur nicht nehmen eine eigene Erklärung zu veröffentlichen, in der sie sich – politisch völlig korrekt – gegen jedweden Extremismus ausspricht. Zitat: »Extremistische und diskriminierende Haltungen haben in unseren Häusern keinen Platz, und wir wenden uns in unserer Arbeit entschieden gegen jede Form von Gewalt, gleich ob in Wort oder in Tat.«(5) Nun ist der Extremismusbegriff selbst politische Ideologie und sollte gar nicht erst genutzt werden, aber wenn es um die finanzielle Förderung der eigenen Arbeitsstellen geht, darf durchaus mal ein Auge zugedrückt werden. Damit sollten die Orte, die sich in der AG Soziokultur organisieren, nun aber auch für Unionsanhänger*innen klargestellt haben, dass sie mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Die CEEIEH-Redaktion tut dies übrigens auch ;).
Doch nicht nur in Leipzig greift die intellektuelle Regression um sich. Auch in Bremens »linker Szene« wurde ein neues Level der Selbstverblödung erreicht.
Anlässlich einer Veranstaltung der Basisgruppe Antifaschismus zum Thema Islamismus fanden sich auf Indymedia einige »Antirassist*innen« zusammen, um ihren Unmut über diese rassistische Aggression kundzutun.(6) Unter dem wenig aussagekräftigen Namen Freier Zusammenschluss antirassistischer Menschen aus Bremen und Oldenburg werden dort steile Thesen vertreten, etwa: »Schon das Plakat ist für muslimisierte Menschen eine Drohung und befördert den rassistischen Diskurs: ›Kein Gott, kein Staat, kein Kalifat‹.« Nun ließe sich anmerken, dass es vor allem »muslimisierte« Menschen waren, die unter dem letzten realexistierenden Kalifat massiv gelitten haben und die über die Befreiung durch US-Truppen und deren kurdische Verbündete äußerst dankbar waren, aber so eine Perspektive ist sicher muslimfeindlich und eurozentristisch.
Andererseits gibt es Hinweise darauf, dass dieser Freie Zusammenschluss vielleicht gar keine größeren Probleme mit einem Kalifat hat und deswegen die Absage an dasselbe als Drohung auffasst. So wird im Text auf einen Artikel des Magazins IslamiQ verlinkt, das zum PLURAL Publications-Verlag gehört, der wiederum als inoffizielles Organ der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş gelten kann, welche zumindest eine längere Zeit dem legalistischen Islamismus zugerichtet wurde, sich nun aber mehr konform zur türkischen Religionsbehörde verhält – eine Wahl zwischen zwei schlechten Alternativen.
Dass dort auch der iranische Propagandabegriff der »Islamophobie« genutzt wird, ist dann auch keine Überraschung mehr.
Bleibt die Frage offen, ob es sich hier um eine geniale Satire hallischen Ursprungs handelt oder ob die ersten »Antirassist*innen« bereits die Selbstislamisierung vollzogen haben.
Gleichwohl bliebe im Anschluss an diese Verweigerung der eigenen Aufklärung zu fragen, wie solche Personen eigentlich zur kurzzeitig wieder eingeführten (und dann – nach internationalen Protesten – dauerhaft ausgesetzten) Todesstrafe für Homosexualität in Brunei stehen. In einem Brief an die EU(7) forderte das Sultanat nämlich »Toleranz, Respekt und Verständnis« die eigenen kulturellen – und gleichzeitig auch menschenverachtendenden – Traditionen. Ein konsequenter Antirassismus kann da doch nicht den westlichen Erklärbären spielen und den unterdrückten Muslimen andere Werte aufzwingen, oder?
Aber keine Sorge: Das CEEIEH bleibt haram.