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• das erste: Kollektives PMS
• Querschnitt Feminismus I
• Querschnitt Feminismus II
• King Gizzard & The Lizard Wizard im Conne Island
• Die Rackets und die Souveränität
• Vom Körper - Feministische Perspektiven auf Text
• The Millionaires Club - Comic- und Grafikfestival
• Feministisch streiten – Texte zu Vernunft und Leidenschaft unter Frauen
• Our Piece of Punk - Ein queer_feministischer Blick auf den Kuchen
• Offenes Antifa Treffen
• doku: Österreich: Mit permanenten Tabubrüchen wird eine neue Normalität geschaffen
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• das letzte: Deutschland wird fair …
Bereits vor zwei Jahren hat das städtische Ordnungsamt damit begonnen im Leipziger Nachtleben für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Schon bevor es im vergangenen Sommer vermehrt Open Airs, das IfZ(1) und kurz vor Jahresende das Klaushaus(2) traf, hatte die Behörde die Öffnungszeiten der hiesigen Spätis im Visier. Zum Jahresbeginn traf dann das Kiez-Kontor auf der Zweinaundorfer ein Bußgeld von 1.000 Euro.
Wo es keinen Anstoß und kein Störpotenzial für die öffentliche Ordnung gibt, weil Open Airs wie Spätis unter der Bevölkerung gemeinhin so akzeptiert sind, dass sie mittlerweile selbst vom lokalen Klatschblatt zum städtischen Kulturerbe gezählt werden,(3) greift die Behörde durch, damit man in Leipzig nicht allzu schnell vergisst, dass es in Sachsen liegt.
Streitpunkt sind die Öffnungszeiten der Spätis, die sich der Natur der Sache nach nicht an das Sächsische Ladenöffnungsgesetz halten können. Denn dieses sieht für Verkaufsstellen lediglich die Öffnung an Montag bis Samstag von 6-22 Uhr vor.
Doch anstatt das objektive Elend als Nischenfüller neben Einzelhandelskonzernen für Kunden, die die Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht bis zum nächsten Tag organisieren können, zu thematisieren, werden rechtliche Lücken gesucht. So soll die Funktion, die Spätis als sozialem Treffpunkt zukommt, in eine Art Barbetrieb oder Gastronomie überführt werden, wie sie beispielsweise schon das Ventil auf der Zschocherschen betreibt. Die Not, in Zeiten zu öffnen, in denen andere Ruhe von Arbeit genießen, und das Streben nach langen Öffnungszeiten, das im kleinen Einzelhandel ein Zeichen für mangelnde Rentabilität ist, wird damit zur Tugend erklärt. Und es ist leider auch nicht das erste Mal, dass kleine Privatunternehmer die materielle Basis für die Ideologie des (hier: Handels-)Kapitals bilden.
Die Vereinnahmung des Themas durch die FDP-nahe Jugendorganisation Junge Liberale ließ deshalb nicht lange auf sich warten. Der Kreisvorsitzende Rudi Ascherl forderte sofort eine Abschaffung jeglicher Vorgaben zu Ladenöffnungszeiten.(4) »Der Staat nimmt sich heraus, wie die Leute ihren Tagesablauf gestalten sollen«, lautete seine vorgeblich antiautoritäre Begründung. Diese Einschränkung der unternehmerischen Freiheit darf selbstverständlich nicht sein, denn über Zeit und Dauer des Arbeitstages von Angestellten im Einzelhandel soll im Kapitalismus derjenige frei verfügen können, zu dessen Profitinteresse das ganze Geschäft betrieben wird.
Manch ein Späti-Eigentümer tritt da schon in große Fußstapfen, zumindest in der Selektion der eigenen Kundschaft. »Wir haben für Sterni und Pfeffi den Preis erhöht,« erläuterte Markus Wittpenn, Besitzer des Spätis Ahoi Lindenau in der Merserburger und Geschäftsführer von Movement Security bereits vor zwei Jahren der LVZ, »um uns unangenehme Kundschaft vom Hals zu halten«.
Im Conne Island scheint man, das zeigen etwa die gelegentlichen Wortmeldungen des Roten Salons, noch uneinig über den Gegenstand zu sein, hat sich für Ende März jedoch vorsorglich die Philosophen einer Zeitschrift mit dem vieldeutigen Namen Narthex eingeladen, um dem Publikum unter dem irreführenden Veranstaltungstitel »Marx im Klassenkampf« die »sanfte, den Narzissmus [...] kultivierende Macht des Marktes und das Leistungsprinzip als Grundpfeiler humanen Fortschritts« predigen zu lassen.(5)
Abgesehen von diesen Unzumutbarkeiten hat die Überschrift dieses Editorials noch eine weitere Bedeutung, die sich den meisten auch unmittelbar erschließen sollte: Das Ergebnis des #Mitgliedervotums der SPD für eine erneute »große Koalition« wurde an einem Sonntag bekannt gegeben. Das Ergebnis verwundert kaum, ist doch mehr als die Hälfte der heutigen Mitglieder nach 2004 in die seither von der Agenda 2010 geprägte Partei eingetreten. Schafft sich die SPD endlich ab? Spätestens mit der Wahl Thilo Sarrazins zum neuen Parteivorsitzenden ...
Eure Red Action