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Aktuelles Heft

INHALT #244

Titelbild
Großwetterlage
• das erste: Lückenbüßer
Apotheose des Revolutionärs - Che Guevara als Lichtgestalt der Linken
Vitamin X, Night Fever, Messerschießerei
Offenes Antifa Treffen
HVOB + Winston Marshall
Neck Deep
Swans + Baby Dee
Q. Szenische Lesung des Romans von Luther Blissett
Erhobenen Hauptes. (Über)Leben im Kibbuz Ma'abarot.
And So I Watch You from Afar + Fargo + Kid Dad
• doku: ZDF-Doku: Rechte Propaganda gegen Links
• review-corner event: Unversöhnlich in Wurzen
• das letzte: Ein Grusz aus der Zukunft1
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Lückenbüßer

Nachgetragenes zum Sommerloch

Mit dem alljährlichen Sommerloch muss ein jeder seinen eigenen Umgang finden. Zwei Jungen im bayrischen Erding entschieden sich beispielsweise im Juni dazu, den thailändischen König Maha Vajiralongkorn und sein Gefolge bei einer nächtlichen Fahrradtour mit Softair-Pistolen ins Visier zu nehmen. Der unverletzte Monarch rief, als sein Auto auf dem Heimweg erneut beschossen wurde, die Polizei, »erwies sich« laut dem Münchner Merkur jedoch »als gnädig« und zeigte »weiter kein Interesse an einer Strafverfolgung der beiden Burschen«. Die Staatsanwaltschaft Landshut nahm trotzdem Ermittlungen wegen Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung gegen den älteren 14-Jährigen auf. Dennoch können die Jungen froh sein, dass ihr Schicksal von der Gnade des Monarchen außerhalb dessen Herrschaftsbereichs nicht abhängig ist. Für ihren Altersgenossen Abhisit Chailee gilt dies nämlich nicht. Der Junge wird derzeit wegen des Vorwurfs der Majestätsbeleidigung ohne Kontakt zur Außenwelt in einem thailändischen Militärgefängnis festgehalten. Dort gilt für Majestätsbeleidigung, die selbst die Haustiere des königlichen Hofes einschließt, eine Strafe von mindestens drei, maximal 15 Jahren pro Delikt. Seit dem letzten promonarchischen Militärputsch vor drei Jahren hat sich die Verfolgung dissidenter Personen in dem unvermindert beliebten Urlaubsparadies noch einmal erheblich verschärft. So berichtete Amnesty International, dass Militärgerichte die gesetzlichen Bestimmungen weit auslegen und bei Majestätsbeleidigung Gefängnisstrafen von bis zu 60 Jahren verhängten, wenn ein Delikt mehrfach begangen wurde. Wie das Auswärtige Amt des für Thailand »mit Abstand wichtigsten Handelspartners« in der EU seine Bürger/innen über ihr beliebtestes Reiseziel in Asien informiert, hat sich die Sicherheitslage nach dem Militärputsch im Mai 2014 »grundsätzlich […] stabilisiert«, sodass das »öffentliche Leben« – die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit gehört anscheinend nicht dazu – »weitgehend normal« verläuft. Das gewährleistet auch Heckler & Koch’s Sturmgewehr G3, das Thailand Dank der Zustimmung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) seit 1971 in Lizenz herstellt. Mit den Waffen unterdrücken die thailändischen Militärregime damals wie heute nicht nur blutig Proteste im eigenen Land, sondern rüsteten bereits im Jahr des Putsches 1973 auch den chilenischen Diktator Pinochet auf. Das Reiseunternehmen TUI meldete zuletzt steigende Buchungszahlen von deutschen Thailand-Urlauber/innen. Auch so lässt sich dem heimischen Sommerloch entgehen.

Putzen macht keinen Lärm
In Leipzig konnte es eine städtische Behörde hingegen gar nicht erwarten, dass endlich nicht nur Ordnung, sondern auch Ruhe herrscht. Um ganz Connewitz einen Monat früher zur Krawallreise nach Hamburg zu bewegen, hatte das von Bürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) geführte Ordnungsamt dem angrenzenden Techno-Club Institut fuer Zukunft (IfZ) eine Sperrstunde zwischen fünf und sechs Uhr morgens auferlegt. Anlass dazu boten wiederholte Beschwerden eines Anwohners wegen nächtlichen Lärms. Bei Nachfragen der Betreiber, ob eigene Lärmpegelmessungen durchgeführt wurden und wie der Lautstärke mit einer einstündigen Pause abzuhelfen sei, bei der sich das Publikum vor dem Club aufhält und eine ganz eigene Geräuschkulisse produziert, zog sich das Ordnungsamt auf die Durchsetzung der allgemein im Bundesland für diese Zeit geltende Putzstunde des Gaststättengesetztes zurück. Dabei obliegt die Entscheidung über die Durchsetzung den Städten und Kommunen, und speziell die Stadt Leipzig warb bisher in Image-Broschüren und auf ihrer Website mit dem Satz: »das Beste: Das junge Leipziger Nachtleben kennt keine Sperrstunden.«

Für das IfZ, dessen Pforten an Wochenenden nicht vor Mitternacht öffnen und dessen Floors sich selten vor halb zwei füllen, wurde die Verhängung der Sperrstunde schnell als das bezeichnet, was sie ist: geschäftsschädigend und auf längere Sicht existenzbedrohend.
Obwohl Geschäftsführer Alexander Loth die Sperrstunde als bewusstes »Sanktionsmittel« gegen den Club verstand, suchten die Betreiber/innen den Dialog mit Behörden und Stadtrat. »Wir sind kein unwesentlicher kultureller Teil der Stadt«, bettete er gegenüber der Leipziger Volkszeitung (LVZ) adressatengerecht das überregionale Renommee des Clubs ins Standort-Portfolio des kulturindustriellen Kapitals ein. Was dem »IfZ-Macher« - so bezeichnet die LVZ gern Leipzigs junge Start-up-Unternehmer - »besonders sauer aufstößt, ist, dass die Stadt mit der jungen Szene und dem Nachtleben wirbt, ihnen dann aber aus ihrer Sicht Knüppel zwischen die Beine wirft.« Zustimmung gibt es sogar vom FDP-Jugendorganisationsvorsitzenden Rudi Ascherl, der sich in Pressemitteilungen gern selbst »JuLis-Chef« nennt. »Das ifz«, stieß er ins selbe Horn, »ist einer der besten Elektroclubs in Deutschland und damit eine wichtige Attraktion.« Und selbst für Stadträtin Juliane Nagel (Linke) gibt sich die Stadt Leipzig »mit der punktuellen Verhängung der Sperrstunde gegen einen einzelnen Club nicht nur eine bürokratische Blöße, sondern macht sich mit der Infragestellung wirtschaftsfreundlicher Aussagen wegen eines inzwischen medial beachteten Einzelfalls auch noch lächerlich.«(1)
Im Anschluss an diese Ableitung eines Anrechts auf die weiterhin uneingeschränkte Ausübung des eigenen Gewerbes aus den städtischen Image-Broschüren, erfolgte die Inszenierung als ehrbarer Geschäftsmann. Den Verweis des Ordnungsamtes auf Anwohner/innenklagen wegen Lärmbelästigung könne Loth »nur zum Teil nachvollziehen«, da »aus seiner Sicht [...] nicht geklärt« sei, »ob der nächtliche Sound nicht auch von illegalen Open-Airs im Umfeld kommen könnte.« Dass der angebliche Lärmpegel zwar Anlass, jedoch nicht Grund für die behördliche Auflage war, scheint angesichts der Chance, den Angriff auf's eigene Geschäft auf die illegale Konkurrenz abzuwälzen, zweitrangig zu sein. Auch L1-Besitzer Sebastian Seifert pflichtete bei Bild in Anbetracht der Erwägung, die Putzstunde fortan in allen Leipziger Clubs zu kontrollieren, bei: »Wenn die Leute nach 5 Uhr raus müssen, gehen sie zu illegalen Partys. Die Stadt sollte sich lieber darum kümmern.«

Die Open Airs, ein - man könnte sagen - nicht unwesentlicher kultureller Teil der Stadt, entziehen den Clubs in den Sommermonaten einen gewichtigen Teil an Kaufkraft und zwingen sie damit zu einer Spielpause. »Sobald die ersten Sonnenstrahlen kommen, wollen die Leute auch mal draußen abhängen«, vermenschelte IfZ-Booker Markus Krasselt die Konkurrenz im Gespräch mit dem Lokalradiosender mephisto 97.6. Nüchterner formulierte es der Pressesprecher der vom Sommerloch weniger betroffenen Moritzbastei, Torsten Reitler: »Die Clubbetreiber sagen sich: ›Ehe wir uns auf so eine Konkurrenz einlassen, die wir eh nicht schlagen können, machen wir im Sommer lieber eine Pause. Die Leute können im Park zum Rave gehen, und im Herbst kommen sie wieder zu uns zurück.‹« Die Konkurrenz besteht weniger im Tanzangebot unter freiem Himmel, welches Clubs mit Außenbereichen wie das So&So, die Distillery und das Conne Island ebenfalls anbieten, sondern im Abschöpfen der verbliebenen Kaufkraft: Wer als Getränkeselbstversorger/in ein Open Air besucht, hat einen berauschten Abend unterhalb der Club-Eintrittspreise, und selbst wer vor Ort seine Getränke erwirbt, dürfte sie nicht wesentlich überschreiten.
Wenn im Frühsommer »der erste ›Hype‹ um die Sonnenstrahlen abklingt,« zeigte Krasselt sich zuversichtlich, kommen die Feierwilligen auch wieder in den Club. Mit der verhängten Sperrstunde hatte das Ordnungsamt die Rückkehr ins IfZ jedoch unattraktiv gemacht und die Betreiber/innen vor ein Dilemma gestellt: Eine Sommerpause von mehr als sechs Wochen ist finanziell nicht tragbar und eine vorgezogene Sommerpause im Juli würde bereits Mitte August enden, wenn viele potenzielle Gäste noch im Urlaub, auf Festivals oder eben lieber auf Open Airs sind.

Vor diesem Hintergrund war eine schnelle Klärung nötig. Die Sturheit des Ordnungsamtes und die Ankündigung, die Putzstunde zukünftig in allen Clubs kontrollieren zu wollen, trugen dazu bei, dass von den Betroffenen eine politische Lösung angestrebt wird. Der Lobbyverband Interessengemeinschaft Leipziger Live-Musik-Spielstätten (IG Livekommbinat), in denen das IfZ neben anderen Leipziger Clubs, wie der Distillery und dem Elipamanoke, vertreten ist, wandte sich in einem offenen Brief an den Stadtrat. Darin verteidigte sie das Ordnungsamt als »unverhältnismäßig«, aber »prinzipiell rechtskonform« agierenden Lückenbüßer von Stadtoberen und -marketing, forderte die generelle Aufhebung der unzeitgemäßen Putzstunde und bot der Stadt »über die aktuelle Problemlage hinaus eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit an«, um »gemeinsam im Sinne unserer Stadt an einem Strang [zu] ziehen«.
Die begrüßenswert politisch gesuchte Lösung scheint erfolgversprechend: Für den Herbst wurde eine Stadtratssitzung zum Thema Putzstunde angesetzt. In ihrer Antwort auf eine Anfrage des Dezernats für Umwelt, Ordnung und Sport hatte die Stadt die Putzstunde bereits als den Veranstaltungsbetrieb unterbrechend charakterisiert(2) und Bedingungen für eine Aufhebung genannt. Die Fraktionen der Parteien Die Linke, B90/Grüne und SPD haben einen Antrag zur Aufhebung eingebracht, die städtischen Jugendorganisationen von FDP und CDU sprachen sich angesichts drohender finanzieller Einbußen für »unsere sehr stark ausgeprägte Gastronomie-, Bar- und Clubszene« ebenfalls gegen eine allgemeine Anwendung des Landesgesetzes aus.

So nachvollziehbar die Strategie des IfZ, das »unverkennbare« Standortimage - »Weltoffenheit, unternehmerische Attraktivität, Förderung von Kreativen und Kultur« -in Verhandlungen mit Behörden zur gemeinsamen Sache zu erklären und sich als geprelltes Unternehmen zu inszenieren, auch ist, kann sie, öffentlich unterschiedslos verfolgt, mittelfristig auch ins Gegenteil umschlagen. Wer keinen eigenen Interessen Geltung verschaffen will, sondern sich den Interessen des anderen andient, macht sich von deren Fortbestand abhängig, welcher außer ihm liegt. Das Vorgehen entspricht zwar dem realen Kräfteverhältnis,(3) bedarf deshalb jedoch der Reflexion, um sich für kommende Konflikte wappnen zu können. Sollte die Aufhebung der Sperrstunde nicht allgemein erfolgen, sondern die im Landesgesetz festgehaltenen Voraussetzungen eines öffentlichen Bedürfnisses sowie besonderer örtlicher Verhältnisse von den Clubs einzeln nachgewiesen werden müssen, bleibt die Sperrstunde als mögliches Druckmittel erhalten. So könnte beispielsweise eine Stadtratsmehrheit zukünftig zu dem Schluss gelangen, dass das IfZ kein wesentlicher kultureller Teil der Stadt (mehr) ist oder sich eine Behörde an dem von Jule Nagel in ihrer Pressemitteilung angeführten »aufgeklärten proaktiven Umgang mit Drogenkonsum« stört. Hier zeigen sich die Grenzen, wenn politische Lösungen allein in Gestalt parlamentarischer Mehrheiten gesucht werden. Der zu erwartende Erfolg bei der Aufhebung der Sperrstunde könnte sich als Pyrrhussieg erweisen, wenn durch ihn Vorbereitungen auf kommende Konfrontationen vernachlässigt werden.

So Jung kommen wir nicht mehr zusammen
Wie schnell man ins Visier von Politik und Behörden geraten kann, musste unmittelbar nach dem Hamburger G20-Gipfel einmal mehr das Conne Island erfahren. Auf das von Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU) ausgegebene Ticket, »man« könne »so etwas wie die Rote Flora, besetzte Häuser in Berlin und so etwas [sic!], was es in Leipzig Connewitz gibt« nicht hinnehmen, sprangen Politiker von CDU und AfD bereitwillig auf. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) mahnte die Ausarbeitung von Konzepten an, um »konsequenter gegen diese Umtriebe vorzugehen« und »gewisse Bündelungen und Konzentrationen [zu] zerschlagen«. Es blieb diesmal dem sächsischen AfD-Vizevorsitzenden Siegbert Droese vorbehalten, die Einstellung der städtischen Fördermittel für das Werk 2 und das Conne Island zu fordern. Dennoch titelte die LVZ »De Maizière will Treffs der linken Szene in Leipzig-Connewitz schließen« und schleifte das Thema durch den restlichen Leipziger Bundestagswahlkampf. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Frank Kupfer, vermeldete sogleich, er wolle sich »grundsätzlich sogenannte alternative Jugendzentren in Sachsen genauer anschauen. Egal ob in Leipzig, Dresden oder Chemnitz.« Für Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hingegen haben »Kriminelle Zellen […] mit diesen Clubs […] weiß Gott nichts mehr zu tun«. Ein früherer, auf den Jahresberichten des Inlandsgeheimdienstes basierender Verdacht, »dass es dort ein Schutzumfeld« für »autonome Machenschaften« gibt, habe sich nicht erhärtet. Stattdessen wolle er - »gerade im Conne Island« - »Einfluss auf die soziokulturelle Arbeit […] nehmen – im engen Dialog mit den Betreibern.« Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz (CDU Landesvorstand) widersprach ihm hingegen und forderte im Interview mit der LVZ: »Die Zeit des Redens muss vorbei sein!«. In Connewitz seien »rechtsfreie Räume« entstanden. Den Maßstab dafür setzt er sehr niedrig an.(4)

Die Aufklärungsarbeit des von Merbitz geleiteten polizeilichen Staatsschutzes (Operatives Abwehrzentrum) in rechtsfreien Räumen erfolgt anscheinend aus sicherer Entfernung mittels Satellitenbildern von Google Maps. Was er dort entdeckt haben will, ließ ihn dem Oberbürgermeister widersprechen: » Solange […] auf Dachflächen des Geländes am Conne Island ›Kill Cops‹ […] zu lesen ist, können öffentlich vorgetragene Zweifel an der Sozialverträglichkeit der unter diesem Dach durchgeführten Arbeit nicht einfach vom Tisch gefegt werden.« Es sei an dieser Stelle nur am Rande bemerkt, dass sich die Leipziger Polizei einen Pressesprecher leistet, der im Umgang mit Linksautonomen schon mal den Einsatz von Schusswaffen ankündigt.(5) Die Ansage Cops kill scheint akzeptabel zu sein. Das Kartenmaterial von Google muss jedenfalls älteren Datums sein, das Graffito befindet sich nicht mehr auf dem Dach.

Oberbürgermeister Jung hingegen bezweifelte im Gespräch mit dem MDR, dass es »rechtsfreie Räume« in Connewitz gebe und erklärte: »sollte es sie geben, dann ist es die Aufgabe der Polizei dafür zu sorgen, dass sie wieder hergestellt werden.« Dass Merbitz sich durch diese Aussage düpiert fühlen könnte, dürfte auch Jung ahnen. Bereits bei der Eröffnung des Polizeipostens im Stadtteil im Februar 2014 hatte er Merbitz öffentlich für die »geniale Idee« gelobt, weil die »unerträgliche Situation« »rechtsfreier Räume« nicht mehr zu erdulden gewesen sei. Und noch auf dem Neujahrsfest des Heeresausbildungskommandos vorletztes Jahr wetterte Jung, es könne nicht sein, »dass es in Connewitz Bereiche gibt, wo das Gewaltmonopol des Staates nicht mehr gilt«. Ob der Wahlkampf oder die persönlich Erfahrung aufgrund des Zuzugs ins polizeilich erklärte »Gefahrengebiet« seine Einschätzung ändern ließ, bleibt offen.

Seinen privaten Kleinkrieg mit der linksradikalen Szene des Stadtteils hatte Merbitz zum G20-Gipfel begonnen. Auf seine Anweisung hin wurde das exponierte Graffito »No Cops« von der Wand des Basketball-Platzes am Connewitzer Kreuz überstrichen. Seitdem wurde der Schriftzug wiederholt ersetzt und übermalt. Nach dem Zoro-Fest stand es 6:5 für die linksradikale Szene. Dabei ließ Merbitz die überstrichene Wand nachts seit Ende August von einem Einsatzwagen bewachen und führte damit wiederum Jung vor, der nach einer Vergewaltigung im Rosenthal den von Innenminister Markus Ulbig (CDU) vorangetriebenen Personalabbau bei der Polizei für den Anstieg der Straftaten verantwortlich machte. Die Zugehörigkeit der zum Wandschutz eingesetzten Beamten zum Fachdiensteinsatzzug Lebensbedrohliche Einsatzlagen unterstreicht den Ernst der Sache. Inzwischen konnten diese einen Teilerfolg verzeichnen: Gefasst wurde ein junger Mann im Bärenkostüm, als er die schutzwürdige Wand mit Deodorant besprühte. Es stellt sich die Frage, wieviele Polizeieinheiten Merbitz aufbieten will, sollte der Konflikt um die sechs Buchstaben nicht mehr allein an dieser Wand des Viertels ausgetragen werden.


shadab

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LOVE CAPS – HATE COPS

Anmerkungen

(1) Auch wenn sie kurz darauf erneut bemängelt, dass »Wirtschaftsförderungsinteressen […] scheinbar hinter bürokratischen Erwägungen zurückstecken« müssen, beteuert Nagel abschließend, dass es ihr »an der Stelle nicht um die Logik von Wirtschaft, Standort und den Ruf von Leipzig gehen« soll und bringt zumindest eigene politische Inhalte an.

(2) Auf die Frage, warum der bereits im Text zitierte Hinweis zur Nicht-Anwendung der Sperrstunde von der Homepage gelöscht wurde, entblödete sich die Stadt nicht zu folgender Antwort: »Damit, dass es in Leipzig keine Sperrstunde gibt, wurde seit den 1990-er Jahren geworben. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kommunen [...] konnte man in Leipzig bis zur Sperrstunde durchgängig aktiv sein. Die Sperrzeit, die für Reinigungszwecke angedacht ist, lag ›erst‹ in der Zeit von 5 Uhr bis 6 Uhr. Erst seit den völlig veränderten ›Ausgangszeiten‹, insbesondere von jungen Menschen und dem Entstehen von zahlreichen Clubs mit Betrieb bis in die Vormittagsstunden, liegt die Sperrstunde nunmehr mitten in den Betriebszeiten der Einrichtungen und unterbricht als Sperrzeit den Veranstaltungsbetrieb. Es ist demnach für eine gewisse Anzahl von gastronomischen Einrichtungen und Veranstaltungseinrichtungen nicht mehr zutreffend, von keiner Sperrstunde zu sprechen, weswegen der Zusatz von der Homepage der Stadt Leipzig genommen wurde.«

(3) Die Sperrstunde wirkte sich spürbar auf die Anzahl der Besucher/innen aus, die angesichts der Überkapazitäten auf dem Leipziger Elektroclubmarkt auf andere Clubs oder besagte Open Airs auswichen. Eine über die typischen Kanäle intensiv beworbene Online-Petition erreichte nicht die gewünschten 10.000 Unterschriften, sondern wurde gerade einmal von 5.846 Personen in Leipzig unterzeichnet. Angesichts der geringen Resonanz bei einem solch niederschwelligen Format politischer Willensbekundung brauchen weitergehende Aktionen, wie etwa spontane Nachttanzdemos während der Putzstunde, nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

(4) Bei Zeit Campus wurden unter Bezugnahme auf Merbitz folgende Beispiele angeführt: »Graffiti, die Lautstärke, die Leute, die in den Häusern wohnen, obwohl sie sich nicht bei den Behörden angemeldet haben; die Hunde, die keine Steuermarken haben«.

(5) Polizeisprecher Andreas Loepki erklärte Anfang vergangenen Jahres in einem MDR Fakt-Beitrag: »Man [sic] hat den Eindruck, dass es seitens verschiedener Linksextremisten auch darum geht, die Reizschwelle herauszufinden, wann der Schusswaffeneinsatz eines Polizeibeamten unausweichlich wird. Ich befürchte ein bisschen, dass dieser Tag irgendwann kommen wird, dass wir einen Angriff erleben, dem ein Polizeibeamter erliegt, […] und es ist nicht gesagt, wie ein Polizeibeamter am Ende reagiert um sich und seine Kollegen vor einer solchen Gefahr zu bewahren.«

04.10.2017
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