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CEE IEH-ARCHIV

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Aktuelles Heft

INHALT #210

Titelbild
Editorial
• das erste: Nicht ohne Verluste
Skindred + special guests
Lesung aus „Gedenken abschaffen!“ zum Diskurs um den 13. Februar
Defeater, Caspian, Landscapes, Goodtime Boys
Kylesa, Sierra, Jagged Vision
Ja, Panik
No Bragging Rights, Light Your Anchor, To The Wind
Klub: Electric island. DJs: Kim Brown, Falke, Elin
Caféshow: Die Nerven + Support
Filmriss Filmquiz
The Ocean, Der Weg einer Freiheit
Benefizdisco
Ugly Heroes (Apollo Brown, Verbal Kent, Red Pill)
Dritte Wahl, Diva­ kollektiv, Auf Bewährung
FAQ: Conne Island
• inside out: Zur Auseinandersetzung mit der Band „Thy Art Is Murder“
• interview: ...mit der Band „Thy Art Is Murder“
• position: Über die Arbeit in Sexarbeit
• doku: German Abstiegsangst.
• doku: Die alternativlose Universität
• doku: Lampedusa – über die öffentliche Diskussion zur europäischen Flüchtlingspolitik
Anzeigen
• das letzte: Faschismus!!!

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Nicht ohne Verluste

– Zum wahrscheinlichen Aus für das Alternative Jugendzentrum Leisnig

Am 27. Dezember 2013 erschien in der Döbelner Allgemeinen Zeitung der Artikel „Leisniger Jugendzentrum: Rückzug ohne Erwähnung“, der den Höhepunkt einer beispiellosen Stadtpolitik darstellte. Das Alternative Jugendzentrum (AJZ) Leisnig öffnete im Jahr 2000 seine Türen und stellte für viele junge LeisnigerInnen einen Rückzugsraum in der vorherrschenden Nazipräsenz dar.
Vorangegangen waren Jahre der Dominanzkultur von Rechts.
Leisnig liegt genau an der Grenze zu Wurzen und galt für viele AntifaschistInnen als „Pufferzone“ gegenüber Döbeln, Rosswein oder auch Mittweida. Bereits 1991 gründete sich vor Ort der Jungsturm Leisnig (JSL), welcher von verschiedenen Gruppierungen abgelöst oder ergänzt wurde. Die JSL verübte eine Vielzahl von Anschlägen auf das damals existierende Flüchtlingsheim und eine Serie von Übergriffen auf alternative Jugendliche(1). 1997 kam es im Landkreis Döbeln zur Gründung des Kreisverbandes der NPD. Die JN organisierte ihren Stützpunkt im Jahr 2005 in Klosterbuch, etwa 5 km von Leisnig entfernt gelegen. Aber auch AntifaschistInnen vor Ort waren zu der damaligen Zeit präsent und überließen Leisnig nicht einfach den Nazis. 2005 gründeten sich die Nationalen Sozialisten Leisnig, welche personell gleichzusetzen mit der Gruppe Schober waren und 2007 durch das Bündnis für Deutschland ersetzt wurden. Jens Schober war Hauptprotagonist im Schauspiel der rechten Szene der folgenden Jahre in Leisnig.
In verschiedenen Chroniken lässt sich vernehmen was in und ab den 90ern in Leisnig und Umgebung los war(2).
Demgegenüber gab es den Mut und die Willenskraft einiger AntifaschistInnen, sich den Nazis entgegenzustellen und für die eigenen Freiräume zu kämpfen. Eine von AntifaschistInnen angekündigte Demonstration gegen die rechte Hegemonie wurde 1998 kurzerhand vom Oberverwaltungsgericht Bautzen mit der Begründung verboten, dass es möglicherweise zu einer von Nazis durchgeführte Gegendemonstration kommen könnte(3).
Erfolgreich waren Initiativen in den umliegenden Städten, die kulturelle Freiräume und Alternativen zur rechten Jugendkultur bieten wollten, so wie 1995 das Jugendhaus Rosswein oder auch 1997 das Treibhaus Döbeln e.V. mit dem Café Courage. Dadurch wurden zumindest theoretisch Orte für sich und die nachfolgende Generation geschaffen, die eine gewisse Partizipation, eine Streitkultur, den politischen Diskurs aber auch einfach Freizeitgestaltungsmöglichkeiten boten.
Was geschah aber nach der Etablierung dieser Einrichtungen? Die Nazis zumindest schliefen nicht: 2005 gründet sich die Division Döbeln, der Sturm 34 in Mittweida und die bereits erwähnten Nationalen Sozialisten Leisnig. Am 25. November 2006 kommt es in Leisnig zu einer Spontandemo der Nazis um Jens Schober. Am 10. Februar 2007 kommt es zu einem wiederholten Überfall auf das Café Courage, für den später Mitglieder des Sturm 34 aus Mittweida verurteilt werden. Am 01. Mai 2007 demonstrieren rund 200 Nazis vor dem Jugendhaus Rosswein, wobei feststellbar ist, dass das Jugendhaus zu diesem Zeitpunkt nur wenig politisches Engagement zeigte. In Döbeln fanden am 1. November 2008 und am 6. November 2010 Nazidemonstrationen statt. Im Anschluss an die im Jahr 2010 aus Sicht der Nazis nicht ganz so erfolgreiche Demonstration fanden sich 40 Nazis zu einer Spontandemo in Leisnig zusammen. Am 05. Oktober 2013 wurde wiederholt zur Demo nach Döbeln geladen(4). Für die politischen Verantwortlichen kann nun zumindest festgestellt werden, dass in diesem Zeitraum eine Stärkung der demokratischen Kultur durch die Stärkung der Anti-Nazi-Arbeit zumindest vorgegeben wurde. Allerdings war dies nicht von Dauer, denn schon im Dezember beschloss der überwiegende Teil der Stadtratsabgeordneten, vor allem aus CDU und SPD, die Mittel für das Treibhaus Döbeln für das Jahr 2014 um 1/3 zu kürzen.
Der Träger des AJZ Leisnig war der Förderverein für Kinder- und Jugendfreizeit e.V. Leisnig, der zum Jahresende wegen Überalterung abtrat, woraufhin jetzt die Stadt übergangsweise wieder als Träger einspringt. Dies geschieht allerdings nicht ohne Verluste. Neben der fachkundigen Presse, die in prominenten Artikeln über die Hausbeschmierer aus dem AJZ oder auch über die Generationsstreitigkeiten im AJZ berichtete, kommt dem Bürgermeister und der Mehrheit des Stadtrates die Situation wie gelegen. Zunächst wurden den Jugendlichen in einer Niederschrift vom 12. Dezember 2013 unter anderem diese Festlegungen mitgeteilt:


und daran wird geknüpft:


Die Stadt versucht ihrer Verantwortung zu entgehen. Zum einen befürwortet sie ganz vehement einen offenen Jugendclub, um gleichzeitig das Problem mit den ‚Linken‘ loszuwerden. Auf der anderen Seite sucht sie einen selbstständigen Träger für das AJZ.

Die Verantwortlichen der Stadt diskutieren aktuell, ob der Verein ‚Spielträume e.V.‘ das Projekt übernehmen soll. Der Verein ‚Spielträume e.V.‘ arbeitet bisher ausschließlich auf dem Gebiet der Kinderförderung, wie der Homepage(5) des Vereins zu entnehmen ist. Außerdem wird in einer Selbstbeschreibung geschrieben:
„Spielträume e.V. betont und fördert auch die ‚Intelligenz des Herzens‘ (emotionale und soziale Intelligenz) und die ‚Intelligenz der Sinne‘ (Wahrnehmungsfähigkeiten)“, zum Thema Jugendarbeit oder der Bereitschaft zur Schaffung und Erhaltung von Alternativen Freiräumen findet sich nichts.
Die Jugendlichen vor Ort haben demgegenüber bereits einen eigenen Verein gegründet und stehen im engen Kontakt mit dem ‚Regenbogenbus e.V.‘ aus Chemnitz. Das Selbstverständnis wird auf der Homepage folgend ausgedrückt: „Der Regenbogenbus e. V. engagiert sich auf sozialem Gebiet vorrangig für junge Menschen und leistet damit einen Beitrag zur Stärkung des Gemeinwesens und Weiterentwicklung der Region“(6). Als Ziele der mobilen Jugendarbeit werden u.a. aufgeführt: Weiterentwicklung der Jugendarbeit im ländlichen Raum, Kooperation mit den Gemeinden oder auch das Demokratieverständnis fördern.
Schon auf den ersten Blick passt dieser Verein wesentlich besser zum Anspruch der Jugendlichen vor Ort und auch zur Erhaltung eines alternativen Charakters des Jugendzentrums in Leisnig.

Wie es weitergeht wird sich am 30. Januar 2014 in der nächsten Stadtratssitzung zeigen, bei welcher eine endgültige Entscheidung angestrebt werden soll.

Die Jugendlichen aus dem AJZ Leisnig haben in der Zwischenzeit einen Offenen Brief versendet mit ihrer Forderung: „Wir erwarten, dass die Interessen und Bedürfnisse von Jugendlichen aus Leisnig und Umgebung bei der Entscheidung eine Rolle spielen und eine gerechte Jugendarbeit mit Perspektiven für das Alternative Jugendzentrum Leisnig geschaffen und gesichert wird!“(7)

Dieser Brief ging an alle Leisniger Stadtratsabgeordnete, an verschiedene Landtagsabgeordnete, an die Presse und an alle alternativen und sozio-kulturellen Projekte im Raum Sachsen.

Doch Leisnig ist nicht das erste alternative Projekt, das vor ein mögliches Aus gestellt wird:

Als dem Conne Island Leipzig 2003 die Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt aberkannt werden sollte, demonstrierten 1.000 Menschen unter dem Motto „Hände weg vom Conne Island“ in Leipzig für den Erhalt alternativer Projekte.

Und auch als 2009 dem AJZ Talschock in Chemnitz die finanziellen Mittel erheblich gekürzt werden sollten, demonstrieren rund 700 Menschen unter dem Motto „AJZ bleibt“.

Die Jungen Nationalisten aus der Umgebung haben am 16. Januar 2014 zu einer Kundgebung nach Rosswein aufgerufen und sind auch sonst in den sozialen Medien recht aktiv unterwegs.

Dagegen findet sich auf der Seite des AJZ Leisnig, als einzigem Ort der Gegenkultur und als einziger wirklicher Alternative zur vorherrschen rechten Hegemonie in Leisnig, derzeit unter Neuigkeiten:

„Das AJZ ist derzeit geschlossen.
Für bevorstehende Veranstaltungen oder Informationen schauen Sie bitte auf unsere Facebook Seite oder hier später noch einmal vorbei.
Danke – Ihre AJZ Leisnig Crew“.


Μαρικα

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Anmerkungen

(1) www.spiegel.de/spiegel/print/d-13488261.html
(2) www.chronikle.org
de.indymedia.org/2007/04/173039.shtml
aargb.blogsport.de/
(3) ardl.blogsport.de/2006/10/22/dokumentationsmaterial-zur-geplanten-antifaschistischen-demonstration-neonazis-den-naehrboden-entziehen-1998/
(4) jule.linxxnet.de/index.php/2013/10/review-dobeln-am-5-10-antifaschistischer-protest-rabiate-polizei-fast-ungestorte-nazidemo/
(5) www.spieltraeume.de
(6) www.regenbogenbus.de
(7) www.dielinke-mittelsachsen.de/politik/detail/article/fuer-ein-selbstverwaltetes-ajz-leisnig/

04.02.2014
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
Tel.: 0341-3013028, Fax: 0341-3026503
info@conne-island.de, tickets@conne-island.de