• Titelbild
• Editorial
• Errata
• das erste: Inside Syria: Letters from Aleppo – Teil 1
• Neaera, Bury Tomorrow, Counterparts, The Last Witness, The Defiled
• Messer, Dikloud (Cafékonzert)
• Long Distance Calling, Solstafir, Audrey Horne
• Filmriss Filmquiz
• Border Weeks - Electric Island: James Holden, Wesley Matsell, Steffen Bennemann
• Lesung: Antiziganistische Zustände 2
• Lesung: "Ein repressiver Kreuzzug im Namen bestehender Verhältnisse"
• Lesung: Was tun mit Kommunismus? Zur linken Kritik an Bolschewismus und Realsozialismus.
• King Rocko Schamoni
• The Riots (Cafékonzert)
• Textor (Kinderzimmer Productions)
• For the fallen Dreams, Dream On, Dreamer
• DOOM TIL DAWN Aftershowparty
• Kvelertak, Truckfighters, El Doom & The Born Electric
• Edit pres. Zambon, Pinz & Kunze
• ...And You Will Know Us by the Trail of Dead, The Coathangers
• review-corner film: Hannah Arendt und ihr Urteil
• review-corner film: Und es gibt Brandenburg!
• position: „Heute gibt es den Stempel, keinen Stern mehr“1
• doku: Rede von Fathiyeh Naghibzadeh
• das letzte: Wieso ich Schwaben lieber mag – Einige Überlegungen
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Kaum eine Band hat es mir so wenig angetan wie Frei.Wild. Schon als ich im zarten Alter von 17 Jahren das erste Mal das Konterfei der Südtiroler Bumsbanausen im Bandworm Records-Katalog sah, wo sie (sinngemäß) als „die vielversprechendste Deutschrock Band der neueren Zeit” gepriesen wurden, war mir im tiefsten Inneren schlagartig bewusst, dass ich meinen Rock lieber mit weniger oder gar keinem Deutsch genießen möchte. Was ich damals jedoch noch nicht wusste, war, worüber diese Band überhaupt singt, außer darüber „anders” und „Rebell” zu sein. Von wahnwitzigen Ideologiesprüngen eines deutschen Südtirols und ähnlichem 20er-Jahre-Freikorpsjargon(2) ist mir tatsächlich erst seit ein paar Jahren bekannt. Und genau diese hanebüchenen Forderungen sind es, die dieser Band ein rechtes, zeitweise auch gerne chauvinistisches Image verpasst haben. Zu Recht, denn beschäftigt man sich eingehender mit der Band und ihrer Geschichte (Was hier nicht getan werden soll, dafür kann auch Wikipedia herhalten), sieht man, dass so was eben von so was kommt.
Warum also gerade jetzt ein Text zu dieser unfeinen Thematik? Grund ist das With Full Force-Festival bei Leipzig/Roitzschjora, welches sich, um ein Zeichen „für Toleranz und gegen Hexenjagd”(3) zu setzen, kurzerhand eben jene rechtspopulistischen Almdudler eingeladen hat, damit diese zum 20-jährigen Jubiläum froh zum Tanze/Marsch aufspielen mögen.
Dass es beim Full Force schon seit geraumer Zeit nicht mehr mit rechten Dingen (bzw. gerade mit diesen) zugeht, ist kein Geheimnis. Dafür muss man nur fünf Minuten am Let`s-Fight-White-Pride-Stand stehen geblieben sein oder mit der Skateforce an der Rampe gesessen haben. Aber dass Stumpfheit ansteckend ist und sich von unliebsamen FestivalbesucherInnen auf die Festivalleitung übertragen kann, ist dann nicht mehr verschmerzbar. Und das Ganze dann auch noch mit einer dümmlich-deutschen „Man-wird-ja-wohl-noch-sagen-dürfen”-Mentalität zu begründen, ist der Gipfel der Unvernunft.
Doch auch hier gibt es noch Licht am Ende des Tunnels: Das Visions-Magazin hat dem WFF die Kooperation gekündigt und fungiert nicht mehr länger als Partner.(4) Man darf nur hoffen, dass weitere folgen. In den Social Networks jedenfalls werden bereits unzählige der gebuchten Bands über das Line-up informiert und um Stellungnahme gebeten – mit anschließender Diskussion, versteht sich, denn was nicht weit weg ist, wenn es darum geht, dass „Jemandem verboten wird, sein Land zu lieben” etc., sind die auf Grundschulniveau herumpöbelnden BauerInnen des subkulturellem Sumpfes. Und diese sind doch weit gefährlicher als eisenharte BefürworterInnen und Fans von Frei.Wild, bedenkt man ihre unscheinbare Präsenz und die hohe Akzeptanz, die sie in ihren jeweiligen Szenen auf Grund von Desinteresse genießen.
Dazu ein offensichtlich intelligenztechnisch besser betuchter Facebook Nutzer:
„Dass sich das Publikum eines selbsterklärten ‚Hardcore`-Festivals offenbar zu großen Teilen aus Idioten rekrutiert, die kein Problem mit Nationalflaggengeschwenke haben, ungeniert gegen ‚Linksextremisten` zetern und einem Indifferenz gegenüber nationalistischer Scheiße als ‚Toleranz` verkaufen wollen, ist wirklich nur noch zum Kotzen.” (sic)
Die Frechheit des WFF sollte ein Aufruf an alle Sponsoren, Booker und potentielle Festivalbesucher sein, die sich an einem linken Lifestyle orientieren. Zumindest einen Zugewinn gibt es aber in dieser ermüdenden Diskussion um die Onkelz 2.0: Endlich einmal eine herausragende Menge an subkulturell interessierten Leuten, die vom einfachen Gegen-Nazis-Sein abweichen und eine echte Diskussion mit inhaltlicher Tiefe starten. Es ist nicht selbstverständlich, dass so eine große Zahl von Beteiligten sich derart kritisch mit dem deutschen Nationalismus beschäftigt und argumentativ hochwertig gegen die Windmühlen von Roitzschjora rennt.
jiddl