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• Darkest Hour, Protest the Hero (II)
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• La Colombe-Tour
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• Wooohooooooo!
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• Eher ein schlechter als ein (r)echter Konsens
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• cyber-report: Neues aus dem Kasperletheater der Toleranz
• doku: Infantile Inquisition
• doku: Kultur als politische Ideologie
• doku: Bye, bye Multikulti – Es lebe Multikulti
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In CEE IEH #182 versprach Susanne der Leserschaft einen kleinen Einblick in ihre „Tausend gute Gründe“ gegen eine Veranstaltung mit Justus Wertmüller im Conne Island. Dazu einige Anmerkungen.
1. Wo komm`n all die Argumente her?
Susanne schreibt, Justus Wertmüller und seine Genossen hätten
offenbar keine Argumente für ihre harsche Kritik an der Linken und
dem Feminismus. Dies wird aus der Tatsache geschlussfolgert, dass die Genannten
einen aggressiven Stil pflegen und zu rigidem Freund-Feind-Denken neigen. Der
Schluss ist nichtsdestotrotz falsch, denn nur weil Leute nicht immer nett sind,
lässt sich daraus nicht folgern, dass sie mit diesem Mittel inhaltliche
Defizite zu verbergen suchen.
Das postautonome Jungle World-Milieu zeigt sich zwar gerne pikiert über
die unfeinen Manieren von Wertmüller & Co, die ihre Texte weder durch
akademische Höflichkeitsfloskeln noch durch das postmoderne Allzweckmittel
der Ironie verwässern; doch ändert alle Indignation nichts daran,
dass man bei den Rüpeln argumentativ tief in der Kreide steht. Die
eigenen, stolz gegen modernisierungsresistente Linke in Anschlag gebrachten
Argumente hat dieses Milieu der Bahamas zu verdanken, ohne dies
vielleicht im Einzelnen zu ahnen. Gerade die inzwischen relativ populäre
Israelsolidarität` wäre ohne die polemischen Einlassungen der
Bahamas wohl kaum sehr verbreitet. Der Unterschied zwischen Berlin und
den Epigonen besteht darin, dass Letztere die Polemik mit Versatzstücken
kurrenter sozialwissenschaftlicher Ansätze anreichern, um sie dann in den
Duktus autonomer Flugblattliteratur zu pressen, wodurch ein ungenießbarer
Phrasenbrei entstand, in welchem selbst die besten Argumente zur Parole
erstarrten. Die Bahamas hat die Diskussionen angestoßen, in denen
es wirklich um etwas ging die sogenannten Diskussionen, die
Susanne einfordert, sind dagegen nichts als die immer gleichen
Selbstversicherungen der Linken, auf der Seite der Guten zu stehen, und zwar
reflektiert`. Auseinandersetzung ja; aber bitte ohne
Konfrontation! Diese Forderung bedeutet aber gerade das Ende von
Diskussionen, in denen es tatsächlich um neue Erkenntnisse ginge.
2. Diskussion als Farce oder: Mein Hausrecht als dogmatischer Abbruch
Von der Vorstellung gekränkt, Justus Wertmüller könne im Conne
Island eine Polemik gegen Linke und Feministen vortragen, kontert Susanne
auftrumpfend: Wir sind zu überhaupt nichts verpflichtet (
) Wir
müssen keine Stellungnahmen schreiben und weder die Saal- noch die
Cafétür aufschließen, wenn wir keine Lust dazu haben. Aber
natürlich muss man mit Konsequenzen von Entscheidungen rechnen. Vielleicht
geht man pleite oder verliert ein paar Gäste. So ist das halt. Ist das
wirklich so einfach? Und wäre Susannes Text dann nicht ein performativer
Widerspruch? Gesellschaftskritik unterstellt eine ideale
Gesprächssituation, das heißt eine Art der Auseinandersetzung, in
der nur die ausgetauschten Argumente und nicht Rücksichtsnahmen anderer
Art Autoritäten, partikulare Interessen, Traditionen usw.
eine Rolle spielen sollen. Auch wenn dieses Selbstverständnis nicht immer
expliziert wird, so dient es in gesellschaftskritischen Kreisen doch implizit
als Norm. Und auch in Susannes Text kommt dieses Vertrauen in die Stärke
der Vernunft bereits im Titel zum Ausdruck, in dem sie nichts anderes als eine
vernünftige, eben begründete Rechtfertigung der CI-Entscheidung zu
geben verspricht. Doch merkwürdig: Während sie zunächst die
Gründe in den Mittelpunkt rückt, gerät diese
anfängliche Versicherung im Laufe des Texts zusehends ins Zwielicht. Denn
auf einmal wird trotzig verkündet, dass man im Zweifelsfall gar nichts
müsse, weil man im eigenen Laden eh die Schlüssel d.h. die
Macht in Händen hält. Traut Susanne der Qualität ihrer
eigenen Argumente am Ende so wenig über den Weg? Oder warum würde
jemand, der tausend gute Gründe hat, so offen damit kokettieren,
dass er am Ende gar keine Gründe braucht, um Missliebiges zu verbieten?
3. Zitate und Zitate.
Susanne führt im dritten Abschnitt eine Reihe von Textbrocken an, die sie
für Zitate Justus Wertmüllers zu halten scheint. Quellen gibt sie
dafür keine an. Warum? Was hatte sie zu befürchten? Auch das Conne
Island Plenum, das sich auf seine angeblich so textnahe Diskussion von
Wertmüllers Thesen viel zugute hält, nimmt an dieser Praxis keinen
Anstoß und bestand nach dem Motto Hauptsache ein Text gegen
Wertmüller auf dem Abdruck von Susannes Text. Es ist besonders
vor dem Hintergrund einer extrem erhitzten Auseinandersetzung um
Wertmüllers Person mehrfach kam es im Laufe der letzten Monate zu
tlw. brutalen Überfällen und anderen Behinderungen seiner
Veranstaltungen eine Selbstverständlichkeit, dass die seit Jahren
von Indymedia & Co kolportierten Gerüchte über vermeintliche
Aussagen Wertmüllers nicht auch noch im Conne Island weiter ausgebreitet
werden dürfen.
Genau das tut aber Susanne. Mit erstaunlicher Kreativität hat sie Teile
aus Aussagen Wertmüllers herausgelöst und neu zusammengepuzzelt, oder
bei Bedarf gleich ganz neu erfunden. Das geht zum Beispiel so:
Susanne schreibt: Statt Inhalte zu kritisieren, wird Frauen [von
Wertmüller; J.K.] vorgeworfen, hässlich zu sein. Sich negativ auf
Körper von Frauen zu beziehen und das Argument verstanden wissen zu wollen
[sic], ist nicht nur blöd, sondern in einer Gesellschaft mit hohem
Normierungs- und Schönheitsdruck auch sexistisch.
In welchem Zusammenhang hat Wertmüller wirklich über
hässliche Linke gesprochen? Anlässlich der Anti-G8-Proteste
2007 in Heiligendamm hat er dem Hallischen Radiosender Corax ein Interview
gegeben, in welchem er Folgendes sagte:
Frage Interviewer: Was ist denn so hässlich an der radikalen
Linken?
Antwort Wertmüller: Na ja, fangen wir doch einfach mal mit den
Äußerlichkeiten an. Der innere Kern der radikalen Linken besteht ja
nun aus relativ verwahrlosten Elendsgestalten, denen man gar nicht zutrauen
würde, dass sie einen solch erheblichen Avantgarde-Einfluss auf die
Geschehnisse in der Republik haben. Bei der radikalen Linke ist alles stehen
geblieben, was auch schon, als es noch neu war, nicht besonders toll war: Immer
noch trägt man diese schrecklichen Dreadlock-Wursthaare, immer noch ist
man auf dem veganen Trip, immer noch ist man auf dem Kreativ-Trip, obwohl man
zu nichts in der Lage ist, weder in der Kunst, noch im Schreiben, noch im
Reden, noch in der Beziehung, immer noch hält man sich für etwas
besseres, obwohl einen das psychische und physische Elend schier aus dem
Knopfloch heraus angrinst. So gesehen ist natürlich die radikale Linke,
also alles jenes, was sich Autonom, Antifa, nehmen wir mal diese beiden Dinger,
oder Ex-K-Grüppler oder was es da so noch gibt, die Antirassisten und
Antisexisten natürlich nicht zu vergessen, die von ganz besonderer
Hässlichkeit sind, etwas Abstoßendes und schon deswegen eigentlich
ein Personenkreis, zu dem man auf Abstand geht.(1)
Wo ist hier vom Körper von Frauen (Susanne) die Rede? Was bitte ist
an diesen Aussagen sexistisch? Es ist sehr bequem, jemandem etwas erst in den
Mund zu legen, um es danach zu verurteilen. Besonders redlich ist es nicht.
Ein weiteres Beispiel: Susanne behauptet in ihrem Text, Wertmüller
verteidige Thilo Sarrazins Rede von weniger intelligenten Muslimen. Nun
weiß jeder, der die Debatte um Sarrazin sporadisch verfolgt hat, dass
dieser das schlechte schulische Abschneiden von Kindern aus türkischen
oder arabischen Familien damit begründet, dass menschliche Begabung
zu einem Teil sozial bedingt ist, zu einem anderen Teil jedoch erblich.(2) Jeder
weiß daher auch, dass Rassismus` der beliebteste Vorwurf gegen
Sarrazin ist, und zwar sowohl im bürgerlichen Feuilleton als auch in der
linken Auseinandersetzung. Jeder, der auch nur über das dürftigste
Kontextwissen verfügt, wird also aus Susannes Behauptung schlussfolgern
können, dass Wertmüller es mit Rassisten halte oder vielleicht sogar
selber einer sei. Und dieser Vorwurf wurde dann ja auch in der
Conne-Island-Plenumsdebatte geäußert. So wie Susanne Wertmüller
zitiert, legt sie diese Einschätzung ebenfalls nahe. Was aber hat
Wertmüller tatsächlich in seinem Text geschrieben? Er deutet die
empirischen Daten über die mangelhaften Schulerfolge der in Rede stehenden
Gruppen und sucht seinerseits Gründe zu geben, die diesen Sachverhalt
erklären. Er spricht in seinem Text Frei nach Thilo Sarrazin(3) von
kulturell und religiös begründete Ressentiments und einer
ungute[n] Mischung aus sozialer Deklassierung, Moscheeverein und
Agenturen des Türkentums, die immer bedenklicher zu einer
Selbstethnisierung führt. Auch in der Bildungs- und Integrationspolitik
sieht er Ursachen: das miserable Niveau Berliner Schulen, der
skandalöse Umstand etwa, dass ein Berliner Hauptschulabschluss häufig
keine Gewähr für den halbwegs korrekten Gebrauch der deutschen
Sprache ist, und die Geschichte der misslungenen Integration von
Ausländern (
), denen man, statt sie zu fördern, Zeugnisse
für Leistungen, die sie nicht erbracht haben, hinterherwirft, was wiederum
dazu führt, dass immer mehr von ihnen in der Berufsschule versagen und
keinen Abschluss erhalten.
Was aber sagt er zu den brisantesten Äußerungen Sarrazins, die die
Debatte um ihn hochkochen ließen, seinen Anleihen bei der erbbiologischen
Intelligenzforschung? Folgendes: Ob, wie und bei wem Intelligenz erblich
ist, kann man nicht nachweisen, auch wenn es seit Jahrhunderten immer wieder
versucht wird.(4)
Wertmüller akzeptiert die Datengrundlage, nicht aber den
Erklärungsansatz Sarrazins. Warum will Susanne ihm dennoch mit ihren
vagen, suggestiven und falschen Behauptungen in die geistige Nähe
Sarrazins rücken? Warum würde jemand, der doch tausend gute
Gründe hat, sich an die fadenscheinigsten, längst widerlegten
Gerüchte klammern, Zitate fälschen und auf eine präzise
Widergabe von Wertmüllers Äußerungen und Positionen verzichten?
Nachdem ich an diesen Beispielen die Konstruktionsweise von Susannes
Zitaten` offen gelegt habe, überlasse ich es der Leserschaft, zu
entscheiden, ob sie Susannes restlichen unausgewiesenen (tlw. indirekten)
Wertmüller-Zitaten` Glauben schenken will oder nicht. Für die
Redaktion ist es jedenfalls nicht tragbar gewesen, einen Artikel zu drucken,
der sich so unbekümmert jeder journalistischen Sorgfaltspflicht zu
entledigen meinen konnte.
4. Wer schießt wen ab und wie?
Um was geht es eigentlich in Susannes Text? Es geht um eine Neuziehung der
Grenzen des Sagbaren im Conne Island. Zu diesem Zweck müssen bestimmte
Sprecher ausgeschlossen, verworfen werden. Zum Beispiel Justus Wertmüller.
Man könnte auch sagen, dass er unmöglich gemacht, ja, verurteilt
werden soll. Oder noch drastischer ausgedrückt: Dass mit scharfer
Munition, auf der in fetten Lettern RASSISEXISMUS prangt, geschossen wurde.
Dennoch wird Susanne nicht müde, sich selbst als Opfer zu inszenieren. Sie
klagt, ihr sei durchaus bewusst, dass ich mich mit diesem Text in die
Schusslinie bringe. Hier sehen wir die verfolgende Unschuld in Aktion!
Natürlich exponiert man sich der Kritik Anderer, wenn man etwas
Kontroverses veröffentlicht. Die begründete öffentliche Kritik
an eigenen Positionen aber schon im Vorfeld als Anschlag auf die eigene
Persönlichkeit zu inszenieren, ist nach meiner Auffassung eine arglistige
Abwehrstrategie.
Susanne hat recht, wenn sie Wertmüller eine Härte des Umgangs
bescheinigt. Doch sind die Mittel, mit denen sie Wertmüller
abzuschießen gedenkt, nicht viel gemeiner als die immer wieder monierte
Polemik?
5. Über Strukturellen Antisemitismus und Strukturellen
Antisexismus
Susannes Text ist darin originell, dass sie Wertmüller nicht
nur Sexismus und Rassismus nachsagt, sondern auch noch einen
Antisemitismusvorwurf in ihrem Text unterbringt. Vielleicht ist das aber auch
einfach Leipziger Lokalkolorit. Auf jeden Fall meint sie, in Wertmüllers
Erklärung in Halle(5) eine veritable Verschwörungstheorie entdeckt zu
haben. Dort werde nämlich wie folgt argumentiert: ein paar wenigen,
ominösen im Dunkelnbleibenden wird die Macht zugesprochen, die Fäden
im Hintergrund zu ziehen, und andere als ihre Marionetten auftreten zu lassen,
die nur den Willen der Menschen im Hintergrund ausführen.(Susanne) Und
weil das so sei, scheint die Auseinandersetzung mit Antisemitismus
innerhalb der bahamas-Redaktion wohl doch nicht weit her. Würde in
Wertmüllers Erklärung tatsächlich stehen, was Susanne dort
vermutet, dann könnte man tatsächlich von einer Nähe zur
Argumentationsweise des Antisemitismus sprechen. Aber was sagt Wertmüller
über die Praxis seiner Gegner? Von Verschwörungen im Dunklen und
dergleichen ist in seinem Text nicht die Rede. Statt dessen spricht er von
offenen Drohungen des Szenemobs nicht nur gegen ihn, sondern etwa auch
gegen potentielle Raumvermieter. Dieses grobe Gebaren entspricht aber
keineswegs dem Bild der jüdischen Verschwörer`, die die
Fäden im Hintergrund ziehen (Susanne).
Des Weiteren verwendet Wertmüller den Ausdruck der Gender-Platzkuh,
um die Kritikerinnen der Veranstaltung zu charakterisieren. Platzkuh, das ist
purer Sexismus, findet Susanne. Das Wort ist aber nichts anderes die
gendered version von Platzhirsch. In seinen besseren Momenten gelingen
Wertmüller gerade solche Perlen feinster Ironie, in diesem Fall eine
Entwendung antisexistischer Sprachpolitik, ohne dass die Angegriffenen zu
merken scheinen, dass sie hier mit den eigenen Mittel geschlagen werden. Und
was schwingt in einem Begriff wie Platzhirsch nicht alles mit:
Revierkämpfe, Profilierungsbedürfnisse, dominantes Verhalten,
Einschüchterung durch Körperlichkeit, Agression etc.
Auf antisexistisch könnte man auch sagen, dass Platzhirsche Macker
sind. Wenn daher Justus Wertmüller seinen Gegnerinnen von denen
dahin gestellt sei, welchen Anteil sie an dem Veranstaltungsverbot
tatsächlich hatten vorwirft, sich als Platzkühe zu verhalten,
dann ist das zwar nichts weniger als strukturell antisemitisch, sehr wohl aber
strukturell antisexistisch.
Johannes Knauss