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Aktuelles Heft

INHALT #181

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Editorial
• das erste: Was die LVZ Sonntagabend vom Tatort lernen könnte...
Fear and loathing im Moseltal
Runes, Hang the Bastard, Coldburn
65daysofstatic
Einen aufs Haus
MODESELEKTION Vol. 1
Shrinebuilder
Pantéon Rococó
Blood Red Shoes
„Trilingual Dance Sexperience“
dd/mm/yyyy, Women, Baths
»You are stronger than you think«
»Freunde im Groove«
Casper
Rise and Fall, Nails, Harms Way
Winds of Plague u.a.
Veranstaltungsanzeigen
• kulturreport: Campy Panzerluft und antisemitischer Kitsch
• ABC: G wie Gewalt
• review-corner film: Jud Süß – Ein Film ohne Anspruch
Linker Irrtum, schwerer Irrtum
Konzentriertes Ressentiment
Das ist doch alles nicht so einfach...
• doku: Oben bleiben. Weiter gehen.
• doku: Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie Scheiße ist Deutschland?
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• das letzte: Viel Spaß für wenig Geld

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Linker Irrtum, schwerer Irrtum

Es war ja gut gemeint. Die Intention von Hannes Gießlers „Das Erste: Linke Sprache, schwere Sprachen“ des CEE IEHs #179 möchte ich ja gar nicht in Frage stellen. Die Wahllosigkeit und das Ressentiment in der Argumentation schon. Eine Replik.

Zu den drei Thesen Gießlers.

Ich verstehe mich nicht als Anhängerin des linguistic turn; zumindest bin ich nicht der Meinung, dass Sprache allein wirklichkeitsbildenden Charakter hat, dazu sind materielle Verhältnisse einfach zu wichtig, der Diskursbegriff zu verwischend. Dennoch bin ich der Meinung: Es ist gut, es ist schön, eine Blase zu schaffen, in der einzelne sich weniger diskriminiert fühlen als in der Mainstreamgesellschaft (zur 1. These Gießlers), auch durch „korrekte Sprache“, wenn dies nur immer reflektiert wird. Denn diese Blasen – man kann das auch Freiräume nennen – stärken die Möglichkeit zur Kritik an der Gesellschaft und erhöhen nicht zuletzt auch den Genuss des Alltags, indem sie etwa die Unversehrtheit der Einzelnen und die Freiheit im Geiste erweitern. Wenn ich mich etwa beim abendlichen Nachhausekommen nicht als begutachtetes Stück Fleisch fühlen muss, nur weil ich ein Bier trinken war und in der Bar „als Frau“ kategorisiert und behandelt wurde oder wenn ich nicht zum fünften Mal auf einer Party das Gerücht aus der Welt schaffen muss, ich kenne mich mit Ananas aus, nur weil manche meinen Namen nicht buchstabieren können, so ist das ein enormer Spaßgewinn (oder zumindest Frustvermeidung).
Das Sprache bewusstseinsbildend und insofern auch wirlichkeitsformend ist, möchte ich gar nicht in Frage stellen. Doch bin auch ich der Meinung, dass Sprache nicht alles ist, bzw. politisch korrekte Sprache nicht unvermittelt korrekte Verhältnisse herstellt. Umso verwunderlicher erscheint es mir, dass umgekehrt gerade politisch korrekte Sprache im Stande sein soll, Menschen aus (linken) Zusammenhängen auszuschließen, da sie „umständlich“ oder „eingebildet“ klingt (2. These Gießlers).
Und letztendlich ist mir die affektkontrollierte Stimmung (3. These Gießlers) in einem der spießigen Bioläden Schleussigs oder Connewitz` zwar auch unerträglich. Aber wenn ich wählen muss zwischen einem kleinen Imbiss in einem Biorestaurant in Kreuzberg oder einer Currywurst im Stammlokal der Frauenwitze reißenden Fußballcrew des Roten Sterns, so steht mir der erste Ort offen, der zweite nicht, wenn ich mich am Ende nicht ohnmächtig und schlecht fühlen will.
Aber noch einmal von vorne.

Feministisch und anti-rassistische Argumentation reloaded.

Über was reden wir hier eigentlich? Über das Bedürfnis, Menschen endlich wieder so nennen zu können, wie es uns zuerst ins Hirn kommt? Also, Zitat Gießler, herzlich „Fotze“ oder „Schwuchtel“ zu sagen? Was fällt hier auf? Es gibt keine solche Bezeichnung für den weißen, westlichen, heterosexuellen Deutschen. (Fast ein wenig traurig ist es, dass dieser nur bei seinem Namen und nicht, was doch viel herzlicher wäre, mit einer ordentlichen Beschimpfung begrüßt werden muss.) Der, danke Robert Kurz, MWW(1) wird nicht bezeichnet nach Geschlecht, sexueller Orientierung oder Staatsangehörigkeit irgendeines Vorfahren. Dieser ist das Subjekt, er hat Eigenschaften, diese zählen. Er hat etwa einen Beruf, Hobbies, kurze Haare, lange Haare, Hip Hop-Klamotten oder anderes. Er ist massenhaft vertreten in der linken Szene Leipzigs und er will das Problem nicht bei sich suchen müssen, wenn „die Anderen“ in der Szene fehlen, sich also augenscheinlich in seiner Nähe nicht wohl fühlen. Lieber macht er, was in Deutschland Usus ist(2): Er verkehrt das Täter-Opfer-Verhältnis. „Viele Migranten kennen den linguistic turn nicht“, sie müssen ausgeschlossen bleiben aus linken Zusammenhängen, „weil ihnen der manierliche Umgang nicht gegeben ist oder schlicht und ergreifend auf den Sack geht“. Ihnen mangelt es also an Manierlichkeit und Wissen. Das Problem, wie auch immer gut gemeint hier Gießlers Ursachenforschung sein mag, ist also wieder bei den Migranten zu suchen (oder, wahlweise, auch bei Frauen oder Juden, wie seine Einleitung suggeriert?). Interessant ist das Bild des Migranten, das hier gezeichnet wird: Es ist jemand, der in engen Räumen lebt, gerne Kampfsport macht und nicht auf die Uni geht. Die Rechnung: „Ausländer können nicht gut Deutsch – kommen in der Bildung nicht weit – sind in der Unterschicht“ ist so linear aber nicht zu machen. Die Frage kann auch lauten: Wieso ist Deutschen aus ärmsten Verhältnissen Anfang des 20. Jahrhundert in den USA und Chile der berufliche Aufstieg und Zugang zu Bildung möglich gewesen? Wieso gibt es auch in der EU Länder, in denen türkische Jugendliche nicht im Regelfall auf der Hauptschule landen? Denn abgesehen davon, dass es diese Schulform in anderen Ländern nicht gibt, sind die Chancen für Menschen mit Migrationshintergrund in anderen Ländern ja tatsächlich besser – wie wir spätestens seit der PISA-Studie wissen. Liegt das wirklich daran, dass die Belgier etwa weniger „politisch korrekte“ Sprache verwenden? Und außerdem: Wie ist das denn mit dem Durchschnittsmann der antideutschen Szene? Ist er nicht mit 90% Wahrscheinlichkeit (klein-)bürgerlicher Herkunft? Worüber reden wir also? Statistisch sind weniger Arbeiterinnen und Arbeitslose in der progressiven Linken als Bürgerliche. Da in Deutschland Migranten öfter in der Unterschicht landen, bedeutet dies, dass weniger Migranten in der Linken sind als sie proportional zur Mehrheitsgesellschaft sein müssten. Ja, das ist ein Problem, bedarf aber eines anderen Fokus als den auf gegenderte Sprache – meine These lautet, dass diese Sprache Leute weder aus der Szene fernhalten noch sie besser integrieren wird. Weg vom linguistic turn, hin zu den Klassenverhältnissen!


Ein paar Nachdenklichkeiten.

Hannes Gießler befindet die Bezeichnung eines Lehrers als Lehrer für genauso diskriminierend wie beispielsweise die Belegung eines Jenaer afrodeutschen Jugendlichen mit Begriffen, die eine einschlägige rassistische Geschichte haben. Bei kurzem Nachdenken springt jedoch ins Auge, dass Eigenschaften, die man sich im Laufe seines Lebens aneignet, nicht dasselbe sein können wie zugeschriebene Eigenschaften, gegen die man sich von Geburt an wehren muss. Wir leben glücklicherweise nicht mehr in einer Ständegesellschaft, in der Verfolgung, Kerker oder Schlimmeres drohen, sollte sich eine Bauerntochter entscheiden, in die Stadt zu ziehen und Krankenschwester (aka Hexe) zu werden. Dieses Argument ist so offensichtlich, dass es mir fast überflüssig erscheint, es zu nennen. Doch da Gießlers Text folgendermaßen argumentiert: „Dass die Differenz von Grundschullehrern und Gymnasiallehrern […] in der Bezeichnung ‚die Leher_innen' hinten runter fällt, stört ja auch niemanden. Warum also ist gerade die geschlechtliche Identität so wichtig, dass man sie neuerdings überall mit erwähnen muss?“, scheint ein erneutes Bemühen um eine kohärente feministische Argumentation nötig. Ich möchte sie darum gerne beantworten.

Es gibt (zugespitzt) zwei Möglichkeiten des feministischen / antisexistischen Umgangs mit der Frage nach der Bezeichnung nach Geschlecht:

Entweder das gender issue ist ein Diskurs, der durch Macht gezeichnet und sprachlich de/konstruierbar ist und der/die Einzelne muss sich darum immer fragen, wie er/sie selbst an der diskursiven Produktion von Wissen beteiligt ist. Dann wird mensch versuchen, möglichst wenige Zuschreibungen sprachlich festzuklopfen, besonders nicht solche, die auf gender und sex zielen. Nach dieser Idee wäre es dann wichtig, nicht „Lehrer“ zu sagen, sondern „Lehrer_innen“, weil damit die Möglichkeit anderer Geschlechter erst diskursiv geschaffen wird, anstatt alles (wie es etwa die These des Ein-Geschlecht-Modells für die vorbürgerliche Gesellschaft besagt(3)) unter das eine, das männliche Geschlecht zu subsumieren. Dies ist eine feministische Meinung, wenn auch nicht ganz meine.(4)

Oder – und das ist die zweite Möglichkeit – man versteht das Geschlechterverhältnis als gesellschaftliches Verhältnis. So ist zwar Sprache in ihrem bewusstseinsbildenden Charakter zu hinterfragen. Aber die Unterdrückung der Frau lässt sich dann nicht durch Sprachdekonstruktionen lösen, sondern muss in ihrer Materialität durch die gesellschaftliche Tat aufgehoben werden. Um diesen Akt der menschlichen Emanzipation überhaupt zu erwirken, ist die politische Gleichstellung der Frau und mehr zu erkämpfen(5) (es ergeht sich also nicht in Haupt- und Nebenwiderspruch). Geschlecht wird jedoch nicht durch individuelle Bezeichnungen allein als Kategorie an Wichtigkeit verlieren. Vielmehr ist zu befürchten, dass die Nichtnennung des Geschlechts von Menschen auch die Möglichkeit der Kritik am Geschlechterverhältnis verhindert. Darum also, um die Frage oben ein zweites Mal zu beantworten, ist es wichtig, nicht „Lehrer“ zu sagen, wenn man „Lehrerinnen“ meint, denn Geschlecht als eine Kategorie, nach der ein heftiges Machtgefälle existiert, zu verschweigen, befördert nur dessen Verschleierung.

Anders gefragt: Wozu genau ist gegenderte und sog. „politisch korrekte“ Sprache da? Gießlers Text suggeriert, sie sei zur Integration von MigrantInnen und (anderen) Frauen etc. da (jedoch, das ist ja sein wackelig konstruierter Hauptpunkt, nicht erfolgreich, sondern kontraproduktiv). Und natürlich ist es wichtig, andere nicht durch Bezeichnungen zu verletzen. Aber zuallererst ist diese Sprache dazu da, bewusst zu machen, dass nicht normal ist, was uns als normal vorgesetzt wird: Dass es nicht cool ist, „Fam. Hans Rüdiger Meier“ auf den Brief zu schreiben, weil darin Annegret und auch Kleinpeter unter den Papa subsumiert werden. Dass Grundschullehre vor allem von Frauen gemacht wird und es also bescheuert klingt(6), wenn es baden-württembergischen „Referendaren“ nicht erlaubt ist, Kopftücher in der Schule zu tragen, weil das am Problem vorbei geht. Dass wiederum Diktatoren zu 99% Männer sind, und linke Texte sich hier das Gendern besser verkneifen sollten. Dass jemand, die sich als people of color (poc) sieht und nicht als fremd und anders (wer tut das schon?), das Recht hat, im täglichen Umgang nicht diskriminiert (i.S.v. anders benannt, anders behandelt) zu werden, sondern so, wie sie sich sieht. Dies sollte nach einem halben Jahrhundert Emanzipationsbestrebungen von Schwarzen (z.B. in den USA), in denen es u.a. auch um jene Bezeichnung ging, an der Gießler sich erfreut, möglich sein.

Das Deutsche „spinnt“ zugegebenermaßen und netterweise im Bezug auf Artikel; viele, die diese Sprache nicht von Geburt auf lernen, verzweifeln leider daran (es ist der Tisch, aber die Tür etc.). Dies heißt jedoch nicht, dass die deutsche Sprache einfach durcheinander sei und nicht sexistisch, so wie es Gießler als Konsequenz daraus behauptet. Im Gegenteil ist gerade diese Sprache nach Aussage der in Fußnote 3 genannten habilitierten Feministin besonders patriarchal(7).
Durch gegenderte Sprache kann jedoch die sprachliche Unsichtbarkeit und Ohnmacht von Frauen und queers behoben werden, was umgekehrt wiederum sicherlich auch Einfluss auf unsere Gesellschaft hat. Das Gendern von Sprache soll aber nicht nur selbstreflexiv Sprache geschlechtlich öffnen, dies wäre ja von vorneherein redundant. Es soll reale Verhältnisse problematisieren, in denen es eben eine Promotionsordnung mit Doktoranden gibt, jedoch in einer Edeka-Stellenanzeige explizit nach einer Kassiererin gesucht wird. Denn generisches Maskulinum und rassistische Ausdrücke sind ja nicht nur in der Sprache vorhanden: Sie spiegeln die patriarchale und rassistische Welt wider, in der wir leben.

Schlussfolgerung

Bewusstes Gendern und das Nichtfestlegen auf irgendwie nicht-biodeutsches Aussehen können helfen, der Mainstreamgesellschaft oder dem bürgerlichen Subjekt bewusst zu machen, dass es sich als das Normale und das Andere als die Ausnahme sieht. Dabei hilft es nicht, alles in einen Topf zu stecken und mal schön provokant zu verrühren. So sollte nicht vergessen werden, dass Frauen keine Minderheit sind. Und dass Deutsche jüdischer Konfession aufgrund politisch korrekter Sprache aus der linken Szene ausgeschlossen bleiben, ergibt auch keinen Sinn (noch nicht einmal als falsches Argument). Zudem können Bezeichnungen, wie ich sie hier nicht wiederholen will, verletzen, sie können an all die rassistischen Situationen erinnern, die einem Afrodeutschen in seinem Leben widerfahren sind. Das ist kein Spaß und erst recht nicht herzlich! Dass viele Menschen sich selbst auch irgendwann, da sie auch in diese Gesellschaft geboren sind, rassistisch oder sexistisch behandeln, ja häufig auch homophob, ist wiederum ein anderes Thema – es heißt Ideologie.
Kurz zusammengefasst fallen die Thesen Gießlers also bei näherem Hinschauen substanzlos in sich zusammen: Denn einerseits wird hier („korrekter“) Sprache verdammt viel Macht zugesprochen, also sehr idealistisch in der Position des linguistic turns verharrt, wobei genau diese Position eigentlich verachtet wird. Materielle Verhältnisse werden andererseits sträflich vernachlässigt: Aus welchem Milieu, welcher Schicht jemand kommt, welche Voraussetzungen man zum Großteil mitbringen muss in die linke und antideutsche Szene, wird nicht historisch-materialistisch und kritisch-theoretisch, sondern erfahrungsbezogen und im schlechtesten Sinne meinungsbetont untersucht. Psychoanalytische Elemente der Problematik (das Beispiel des Bioladens und der Affektkontrolle) werden zwar angedacht, aber der Analogieschluss „wer aus schwierigeren Verhältnissen kommt, hat es schwerer mit der Selbstkontrolle“ geht so linear nicht auf und also verliert sich auch dieser interessante Aspekt in Küchentischpsychologie hinter dem Schutzschild der Polemik und der eigenen Erfahrung.(8) Oder, wie eine Freundin von mir sagte: „Es ist nicht provokant oder besonders kritisch, ein Thema oberflächlich und ein bisschen polemisch zu behandeln, da das von denen, die nicht davon betroffen sind, sowieso entweder vergessen, belächelt und/oder abgelehnt wird. DAS ist kontraproduktiv.“

Korrekte Sprache kann hässlich klingen, was ihr (auch von Gießler) oft vorgeworfen wird. Tatsächlich sind viele erste wackelige Versuche im Umgang mit dieser Sprache, die versucht, weniger diskriminierend zu sein, häufig nicht sehr hübsch anzusehen. Dieses Argument ist so wenig neu wie frei von Ideologie. Ich möchte ihm entgegenhalten, dass etwa 90% aller Spiegelartikel in schlechtestem, hässlichstem Jargon verfasst sind und dass ein kreativer Umgang mit (gegenderter/ politisch korrekter) Sprache einfach eine Frage der Eloquenz des Autors ist. Und der Autorin.
Diese mit Kreativität zu üben und herzlich zu sein jenseits von Stammtischsprüchen und Klischees, dazu fordere ich alle auf, die immer noch wie ihre Szeneväter in den 70ern jegliche Fehlbarkeit von sich weisen. Mit (ideologie)kritischer Differenziertheit reale Verhältnisse und also auch Sprache auseinander zu nehmen, wo dies von Nöten, andererseits manches auch zu bewahren, das uns lieb und teuer ist(9), bleibt die Aufgabe jeder emanzipatorischen Linken und sollte nicht einfach über Bord geworfen werden.

Virginia Spuhr (Redaktionsmitglied „outside the box“)

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Anmerkungen

(1) So nennt Robert Kurz das (ursprüngliche) bürgerliche Subjekt, also den weißen, westlichen Mann in: Der Alptraum der Freiheit. Perspektiven radikaler Gesellschaftskritik. Essays, Kritiken, Polemiken.

(2) Vgl. „Institutionelle Diskriminierung“ Prof. Flam

(3) Vgl. das Ein-Geschlecht-Modell von Thomas Laqueur in seinem Hauptwerk: Auf den Leib geschrieben. Die Inszenierung der Geschlechter von der Antike bis Freud. Campus Verlag, Frankfurt a. M. und New York 1999.

(4) In der ersten Ausgabe der outside the box hat Kristina Biene Holme zwar über Judith Butler richtig stellen wollen: „Ziel dieser Theorie ist es nicht, „Männer“ und „Frauen“ zu negieren, sondern die Vorstellungen von Geschlecht so zu erweitern, dass das Leid und die Gewalt, die von der momentan so rigiden Geschlechternorm ausgehen, verringert werden.“ Doch behaupte ich, dass die Praxis eine andere ist.

(5) Vgl. Emanzipation. Überlegungen zu Notwendigkeit und Wesen menschlicher Emanzipation. In: outside the box #1, Dezember 2009. PDF online unter: http://outside.blogsport.de bzw. unter http://issuu.com/outside.the.box

(6) Dieses Beispiel stammt aus einer witzigen Glosse der Feministin Luise F. Pusch in ihrem Band: Das Deutsche als Männersprache: Aufsätze und Glossen zur feministischen Linguistik. Will man sich mit (feministischer) Sprachkritik beschäftigen (Linguistik ist ein akademisches Fach für sich), so sollte man nicht das Rad neu erfinden (gerade als Laie), sondern evtl. bei ihr nachlesen: http://www.luisepusch.de/sprache.html

(7) Vgl. Das Deutsche als Männersprache. Luise F. Pusch. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1984. Kurz gesagt habe die deutsche Sprache im Vergleich etwa zum Englischen gerade durch die Veränderung von Adjektiven nach Geschlecht bzw. die Unterteilung der Artikel in „die“, „der“ und „das“ die Kategorisierung nach Geschlecht besonders ausgeprägt.

(8) Zu untersuchen wäre auch, dass es in „harten Theorieartikeln“, wie es etwa der Text von Hannes Gießler „Von der Volksgemeinschaft zur Weltgemeinschaft“ im CEE IEH #173 wieder zeigt, nicht üblich ist, über eigene Gefühle und Erfahrungen mit dem beschriebenen Thema zu sprechen. Geht es aber plötzlich um Psychologie, Sexismus, Antirassismus – in vielen Politgruppen klassische „Frauenthemen“ – so können sich plötzlich Hinz und Kunz auf ihre ureigensten Erlebnisse berufen, obwohl es auch hier „harte Theorie“ gibt, auf die man Bezug nehmen könnte.

(9) Aus den „Materialien für Aufklärung und Kritik“ (Halle), in denen eine Philosophievorlesung zitiert wird: „Aufheben im Sinne von ‚zerstören`, im Sinn von etwas – hier in negativer Form – ‚auf eine höhere Stufe heben` und im Sinn von ‚bewahren`. Dem Kritiker bleibt derzeit nicht viel mehr, als zu hoffen, dass nicht nur die Kälte des bürgerlichen Subjekts, sondern auch einige Grundlagen für Empathie und Erfahrungsfähigkeit bewahrt wurden.“ Zu finden unter: Die schlechte Aufhebung der bürgerlichen Gesellschaft.Thesen zur Diskussion mit der Leipziger Gruppe in Gründung (GiG), Juni 2006. Siehe: http://www.materialien-kritik.de/archiv/Thesen.htm
Dies lehnt sich an Horkheimers Verständnis von Kritik an, wonach diese nicht nur Tradition in Frage stellen und negieren, sondern auch (in ihren richtigen Momenten) hochhalten soll.

28.10.2010
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