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Aktuelles Heft

INHALT #178

Titelbild
Editorial
• das erste: Die Allmacht des Kapitals
John Robinson, Lewis Parker
Delphic
Zurück in den Club
Spectrasoul
Sommer Tischtennis Turnier
Pagdalan, CN Roundhouse Kick
Fritz Bauer - Tod auf Raten
Maggots and Men
2cl Sommerkino
Little Sista Skate Cup
Veranstaltungsanzeigen
• ABC: W wie Wirtschaftswissenschaft
• review-corner buch: Welche Freiheit?
• review-corner buch: Der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen
Zur Lage Israels
Jahresbericht des Projekt Verein e.V.
• doku: Cronstadt
• doku: Free Gaza from Hamas!
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• das letzte: [sic]

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[sic]

Eine wahre Begebenheit

Der oft weniger angenehme Teil der Arbeit eines Bookers besteht u.a. darin, sich durch die Schweinereien aller möglichen Kulturverrückten zu wühlen. Und obwohl das Internet schrecklicher ist als jede Fantasie und dem gemeinen Nutzer desselben schon so einige Abscheulichkeiten bekannt sein dürften – das Zeug, das von den schützenden Händen der Booker von euren Lieblingsbühnen fern gehalten wird, bewegt sich manchmal weit jenseits der ohnehin schon zu Üblem fähigen Vorstellungskraft. Zugegeben – diese schützende Hand (in dieser Eigenschaft ihrer Verwandten, der unsichtbaren Hand, nicht unähnlich) kann auch schon mal wild um sich schlagen oder das Fingerspitzengefühl verlieren – wenn z.B. KIZ im Conne Island spielen dürfen, DIE MÄCHTIGEN KASSIERER aber wegen angeblichem Sexismus (keine Ironie!) gemieden werden – aber diese Geschichte soll hier nicht erzählt werden.(1) Zurück zum Anfang oder besser noch einen Schritt weiter. Es ging ja um unangenehme Arbeit. Was macht ein Booker also mit solchen Zusendungen? Richtig! Er reicht sie weiter an einen Autoren des CEE IEH, der sowieso nie weiß, wie man eine Seite beschreibt, ohne hinterher ein schlechtes Gewissen zu haben.

Und so geschah es, dass mir eine Mappe in die Hände fiel, in der die wiedergegründete Punkband IMPOTENZ(2) über sich selbst in der dritten Person spricht. Unter anderem vorne drauf: die unprofessionellsten bösen Gesichter seit MYRA, eine Gitarre ohne Kabel drin, eine Sportsonnenbrille mit lila Gläsern, ein weißer Künstlerschal und – logisch – Knasttatoos. Diese Acessoires sind an fünf alten Männern befestigt – einer von ihnen ist Yogi der Große, angeblich Deutschlands größter Schlagzeuger. Könnte ja ganz lustig sein, denkt man. „Punkrock habe ich auch mal gemacht“ fällt einem ein. Da geht es wenigstens nicht um was Ernstes. Auch die Mappe ist nicht billig gedruckt – jemand will es wirklich wissen. Und dann passiert es doch ein weiteres Mal: Dort wo die Satire lahm wird, die Füße lüftet und die Musik ausschaltet, beginnt die Realität zu tanzen. Zwar auf dem Grab der Aufklärung, aber: Hey – geschenkt! Die Mappe geht auf, Seite eins, Times New Roman, Schriftgröße 80:

„Nur eine deutsche Band hat den Mut. Die Wahrheit über den Krieg in Afghanistan zu sagen:“

„Stimmt doch gar nicht!“ meldet sich da die Logik zu Wort, sieht aber gleich wieder ein, dass diese Schlacht nicht von ihr gewonnen werden kann.
„Meinen die nun EINE deutsche Band oder eher eine DEUTSCHE Band“ hakt die linke Hirnhälfte nach (die blöde Sau lässt immer das Sprachzentrum raushängen).
„Wäre beides falsch“ probiert es die Logik nochmal. Diesmal aber deutlich defensiver. Wer macht weiter? Natürlich: die niederen Körperfunktionen: Beißholz in den Mund, Pupillen weiten, leichte Autoagression. Seite zwei, Times New Roman, Schriftgröße 80

„Die Band IMPOTENZ mit dem Song ,Afghanistan: Tödliche Grüße vom Taliban`“(3)

Möglicherweise war es die Verzweiflung, vielleicht auch die Resignation – was auch immer die vernünftigste Instanz nach der Logik sein mag – irgend etwas sagte: „Weiter Blättern! Entweder es wird schlimmer, dann geht die Welt eben vor die Hunde. Oder es wird besser, dann gehen wir vielleicht mit der Logik noch ein Bier trinken. So bleiben kann es jedenfalls nicht!“ Und was soll ich ihnen sagen?

„Impotenz machte über den Tod eines Soldaten in Afghanistan einen packenden Song“ bzw. „präsentiert“ ich wiederhole „präsentiert zum Krieg in Afghanistan einen Punkrocksong“

„Impotenz existiert seit 1980 und kommt aus dem 2000jährigen Augsburg, einst gegründet als römisches Militärlager. Die Stadt, aus der auch Jakob Fugger, Bert Brecht und Roy Black kamen.“


Interview

„Neue Szene4:Über Afghanistan macht Impotenz einen Song. Ist das nicht gewagt?
Impotenz: Wer nicht wagt der nicht gewinnt, das gilt auch im Musikbusiness [...]
Neue Szene: Ja, Ja. Impotenz kann nicht ohne Skandale und Randale...
Impotenz: Momento, der einzige Skandal ist unser Wahnsinns-Live-Sound, mit dem wir alles überrocken und überrollen. Wer Mut hat, der kommt.“


Dann der tatsächliche Songtext:

„Mitten im Mohn irgendwo
In Afghanistan
Hats unsern Kurt erwischt
Den braven guten Bundeswehrmann
Und sein Blut
Vergossen weit weg von Kandahar
Tränkte viele rote Blumen
Opium blüht wunderbar

Afghanistan, Afghanistan
Tödliche Grüsse vom Taliban
[...]
Mein Bruder Kurt kommt zurück
Aus Afghanistan
Im schwarzrotgoldnen Sarg
Das schau ich mir im Fernsehn an
Es tut gut
Wenn Tränen ertränken den Verstand
Und ich geb mir einen Schuss
Aus der eignen Hand
[...]
Mitten im Mohn irgendwo
In Afghanistan
Hat's unseren Franz erwischt
Den braven guten Bundeswehrmann
Und sein Blut
Vergossen weit weg von Kandahar
Tränkte viele rote Blumen
Opium blüht wunderbar“


Die Welt geht vor die Hunde!

Kain Bough

Impotenz

Anmerkungen

(1) http://www.conne-island.de/nf/88/19.html

(2) Die folgenden kursiven Zitate, falls nicht anders gekennzeichnet, stammen aus der Pressemappe der Band. Ohne Scheiß!

(3) Das Video zum Lied http://www.youtube.com/watch?v=uujAJqt-0xk

(4) Laut Wikipedia „heute eines der größten bayerischen Stadtmagazine“, zufällig gegründet von Arno Loeb, dem Frontmann von Impotenz. Apropos Wikipedia. Das steht dort über den Impotenz-Song: „Der Song beschäftigt sich kritisch mit dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan“ http://de.wikipedia.org/wiki/Arno_L%C3%B6b

08.07.2010
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