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Aktuelle Termine

CEE IEH-ARCHIV

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#173, Februar 2010
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Aktuelles Heft

INHALT #176

Titelbild
Editorial
• das erste: Am Anfang war die Tat
Rockwell
The Chariot, I Wrestled A Bear Once, The Eyes of a Traitor
Im zweiten Anlauf…
TRASH – A never ending Story
Motorcitydubs
These Boots Are Made For Stomping...
Turbostaat
Die Welt ist sehr chaotisch geworden
Johnossi
la familia y amigos festival
Nichts Neues im Westen? Doch!
The Casting Out
Alkaline Trio
The Sonic Boom Foundation
The Bronx & Mariachi El Bronx
Veranstaltungsanzeigen
• doku: Mit der Rolle in der Wolle
• doku: In Bewegung – know your feminist history
• doku: And we're running down the backstreets – Oi! Oi! Oi!
• ABC: S wie Surrealismus
• review-corner film: Dreamworks statt teamWorx!!!
• kulturreport: Deutlich auf der Seite des Guten
Die verkürzte Deutschlandkritik
• doku: Eskalation in Sachsen
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• das letzte: Antirassismus

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Die verkürzte Deutschlandkritik

Eine ideologiekritische Intervention gegen die INEX-Broschüre „Nie wieder Revolution für Deutschland“

Die radikale Linke der Bundesrepublik stritt letztes Jahr um das zentrale Thema materialistischer Gesellschaftskritik: das Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen bei der Kritik kapitalistischer Verhältnisse: Wie verhält sich die allgemeine Kritik an vermittelter Ausbeutung und Unterdrückung zu ihren speziellen historischen und nationalen Ausprägungen? Bezüglich dieser Fragen standen sich anlässlich der Wendefeierlichkeiten die Berliner Gruppe „Theorie-Organisation-Praxis“ (TOP) und die Leipziger INEX, die „Initiative gegen jeglichen Extremismusbegriff“ gegenüber. Deutschland hätte sich, so TOP, trotz seiner nationalsozialistischen Vergangenheit, weitgehend modernisiert, ein Blick auf historische und nationale Besonderheiten erübrige sich daher weitgehend(1). Hingegen ist INEX „vielmehr daran interessiert, auch die konkrete Form und spezifische ideologische Verfasstheit im heutigen Deutschland zu verstehen und zu kritisieren“ (Broschüre, S.36). Deutschland hätte sich zwar einerseits liberalisiert, stünde aber andererseits immer noch in nazifaschistischer Kontinuität. Das erzwinge eine antikapitalistische und antideutsche Ausrichtung. Bei der Durchführung der Problematik rennt die Gruppe aber in Fallstricke, die ihre antideutsche Kritik fragwürdig werden lassen. Das soll im folgenden Text anhand der INEX-Positionen zu nationaler Mobilisierung (1), zum Gegenstand antideutscher Kritik (2), zu Ideologie (3), zur Extremismustheorie (4), zu den Hartz-IV-Gesetzen (5) und zur Kontinuität deutscher Geschichte (6) gezeigt werden, vertieft durch Überlegungen zu Rassismus und Antirassismus (7). Die These des Textes: INEX verfehlt eine antideutsche Kritik wesentlich (8). Der Text versteht sich zugleich als eine grundlegende Einführung in die materialistische Ideologiekritik anhand ausgewählter Modelle.

1. Nationalistische Mobilisierung?

Bereits mit dem ersten Satz der Broschüre „Nie wieder Revolution für Deutschland – Zur linken Kritik an den Wendefeierlichkeiten“ ist der Grundstein des INEX-Malheurs gesetzt: „Das Jahr 2009 steht im Zeichen einer nationalistischen Mobilisierung. Gefeiert wird die deutsche Nation (…)“. Alles Folgende kann nach einem solchen Satz nur falsch sein. Mag man sich vom Kitsch der Kerzenhalter, Menschenrechts- und Demokratiefetischisten genervt fühlen – um „eine ganze Armada“ von nationalistischem „Jubelrausch“ handelt es sich dort beim besten Willen nicht. Auf welchen „Volksfesten“ wurde die deutsche Überlegenheit behauptet? Welche „Staatsbankette“ propagierten Hass auf andere Nationen? Welche „Diskussionsrunden“ formulierten imperiale Kriegshetze, welche „Denkmäler“ forderten ein ‚Großdeutschland` in den Grenzen von anno dazumal? Lobten „Kulturveranstaltungen“ die faschistische Vergangenheit? Gab es „Festreden“ anlässlich deutscher Eroberungskriege? Nichts von alledem. Keine der Veranstaltungen im Wendejahr war primär nationalistischen, gar völkischen Charakters(2). Wenn das „Deutschland im Jahre 2009“ (Broschüre, S. 2) ist, dann geht davon keine Gefahr aus. Von einem aggressiven völkischen Nationalismus fehlt jede Spur.(3)
INEX denke nicht von ‚großer Theorie` aus, so ein Vertreter der Gruppe auf einer Diskussionsveranstaltung, vielmehr ginge es um Diskursanalyse. Wann schaut man sich endlich mal irgendeinen, wenigstens einen, blöden Diskurs an?

2. Was ist Deutsch?

Die GenossInnen von der INEX wissen im Grunde selbst von der Ungefährlichkeit der heutigen Bundesrepublik: „In der Tat, das heutige Deutschland ist nicht das ‚Vierte Reich` und gewiss nicht das größte Übel unter der Sonne“ (Broschüre, S. 2).
INEX verlagert den Drehpunkt antideutscher Kritik auf das geographisch umgrenzte Territorium der Bundesrepublik Deutschland und verharmlost so die Gefahr des deutschen Wesens, die angesichts der drohenden atomaren Bewaffnung des Iran, des Schulterschlusses der Schurkenstaaten Kuba, Venezuela, Syrien, Iran und Nordkorea, der vor antisemitischem Hass schier kollabierenden islamischen europäischen Community und ihrer Gesinnungsfreunde aus nahezu allen politischen Lagern. Was sind das für ‚Antideutsche`, die den Gegenstand ihrer Kritik „nicht“ als „das größte Übel unter der Sonne“ betrachten? Das Antideutsche ist ihnen nicht der Ausgangspunkt des Denkens, sondern je nach Bedarf anzuwendendes Anhängsel einer ansonsten ganz anderen Denkweise . INEX sind nur dann antideutsch, wenn sie auf ‚Biodeutsche` blicken. Aber antideutsche Kritik ist keine Frage des Standorts. Auch eine Kritik an der Armut brasilianischer Landarbeiter muss antideutsch sein. Sie ist entweder universell gültig oder prinzipiell zu verwerfen.
‚Deutsch` ist ein Bekenntnis. Es umfasst einen Modus kapitalistischer Akkumulation, eine Weise sich zum Staat zu verhalten und die Krisenlösung zu bewerkstelligen: sich mit Haut und Haar verschreiben, das Leben des Staates und des Wachstumsprozesses als das Eigene anerkennen. Antideutsche Kritik als „Lehre aus der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ bedeutet „ nicht ‚Nie wieder Krieg!` und auch nicht einfach ‚Nie wieder Deutschland!`, sie lautet: ‚Nie wieder negative Aufhebung des Kapitals!`“(4).
Antisemitismus erscheint in der Broschüre traut und einvernehmlich neben Rassismus, gleich jener linken Flugblattmanier, sich dienstbeflissen gegen ‚Rassismus, Antisemitismus und Sexismus` zu positionieren, ohne herauszuarbeiten, was das eine und was das andere bedeutet, außer dass es um ‚Diskriminierung` jeweils verschiedener Teile der Bevölkerung, gar um ‚Othering` und ähnlich grunzdummes Gerümpel geht. Vom deutschen Nationalcharakter konstatiert INEX ohne Umschweife, ihm wäre seine Freiheit und Demokratie rein äußerlich. Eine deutsche, postnazifaschistische Variation von Demokratie und Freiheit ist den Herausgebern keinen Gedanken wert. Und dann auch noch der „Terror kapitalistischer Verwertung“! Was macht der dort so hübsch und nett neben Rassismus und Antisemitismus? Warum müssen wir dies von jenen lesen, die uns etwas vom – wir werden es gleich sehen – seltsamen „Eigenleben der Ideologien“ erzählen wollen? Um die INEXsche Begriffsverwirrung zu komplettieren? Ein Versuch linksradikaler Diskursverschiebung? Ein Betätigungsfeld diverser ‚symbolischer Politiken`? Oder stellt man schlicht und ergreifend, entgegen allem bekundeten Willen, ‚alles auf eine Ebene`. Man kann ja immer noch den bösen und verteufelten ‚wertkritischen Ableitungsmarxisten` vorwerfen, ‚alles gleich` zu ‚machen`. Nicht wahr, ihr lieben Apostel der Vielfalt und Differenz?(5)

3. Die Ideologien und ihr geheimnisvolles „Eigenleben“

Gegenüber TOP wird von INEX der zentrale Stellenwert der Ideologien betont. Allein einen Begriff davon vermisst man bei ihnen. Stattdessen wird Ideologien „ein gewisses Eigenleben“ zugesprochen und zwar „bis heute“ (S. 3).
Ideologien sind eigenständige Reflexionen der Welt im Kopf von Theoretikern. Als falsche drücken sie eine Verkehrung aus. Als notwendige enthalten sie einen Wahrheitskern. Der Liberalismus des 19. Jhd. spiegelte die Gesellschaft individualistisch falsch wider und enthielt dennoch gerade das Versprechen von Wohlstand und Glück für Alle. Insofern war das gute alte Basis-Überbau-Schema immer falsch, da es Ideologien als abgeleitete Gebilde zu erfassen bestrebt war. Ein begrenztes Recht kommt ihm lediglich nachträglich zu: wenn im Nationalsozialismus der Antisemitismus zu einer Ideologie ganz anderer Qualität mutiert. Mit ihm halten sich die Deutschen in der Krise zusammen. Die gemeinsame Überzeugung ermöglichte im Nationalsozialismus Gesellschaft. Unter den Nazis wurde die Krise für die „Dauer des ewigen Deutschland“ zum zusammenschweißenden Moment „hypostasiert“ (Horkheimer). Nicht die Ideologien haben ein „gewisses Eigenleben“, sondern der Gesellschaft ist jetzt ein Eigenleben vor der nunmehr übermächtigen Ideologie zuzusprechen, insofern jene selbst im Nazifaschismus nichts umstandslos im Antisemitismus aufgeht. Die Wehrmacht mag tatsächlich auch von militärischen Eroberungsplänen motiviert gewesen sein, den ganzen Wahnsinn des Kriegs vielleicht nicht nur der Vernichtung wegen geführt haben, es gab auch wirklich Kapitalisten mit Profitmotiv, auch eine Bürokratie, die um die Karriere ihrer Angehörigen besorgt war(6). Aber ein „Eigenleben“ der Ideologien erledigt sich mit der Nazibarbarei. Sobald die deutsche Krisenlösung forciert wird, ist Ideologie bestimmend.

4. Extremismus von lechts und rinks

Das Hauptbetätigungsfeld der INEX ist der Kampf gegen einen Begriff, den des Extremismus. Durch dessen Verwendung würden Linke, Nazis und Islamisten völlig zu Unrecht auf eine Ebene gestellt. Dazu INEX: „Die Möglichkeit radikaler Gesellschaftskritik (...) wird unter das Damoklesschwert des Extremismusverdachts gestellt“ (CEE IEH #174, S. 47). An anderer Stelle: „Wenn Nationalsozialismus und so genannter Kommunismus im selben Bausch und Bogen verworfen werden, geschieht das immer unter Verweis auf das eigentlich Gute (...): die nationalstaatlich verfasste, bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft, bevorzugt in der Form der repräsentativen Parteiendemokratie“ (Broschüre, S. 20). Letztere hält INEX denn auch „generell“ für „einen ideologischen Rückschritt gegenüber der Idee einer Assoziation, in der die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“ (Broschüre, S. 7). Aus kommunistischer Perspektive sind parlamentarische Verhältnisse denen in der DDR vorzuziehen, da sich im Parlamentarismus der Entscheidungsspielraum des Individuums vergrößerte.(7)
INEX spricht gern über die Nähe der Mitte zum rechten Rand. Über die Überschneidungen zwischen der radikalen Linken und Rechten wird jedoch geschwiegen. „Aber die in der Extremismusformel enthaltene Gleichsetzung von sich als links verstehenden Aktivisten mit Nazis (...) verharmlost Nazis (...)“ (CEE IEH #174, S. 48f). Gemeinsamkeiten sind zahlreich und fangen mit Hass auf Israel und die USA lediglich an. Gemein ist Linken wie Rechten häufig ein direktes, ideologisch deutsches Demokratieverständnis. Anstelle vermittelter Herrschaft sollen ‚die da unten` das Sagen bekommen. Gegen derartigen Extremismus von links und rechts sind vermittelte Verhältnisse allemal verteidigenswert.(8) Ein Begriff des Kommunismus muss dem gerecht werden und darf nicht hinter den vermittelten Charakter repräsentativer Demokratie zurückfallen. Das trifft auf die meisten Linken nicht zu, weshalb sie durchaus in einem Atemzug mit rechten Extremisten nennbar sind. Darauf muss reflektieren, wer voreilig den Begriff des Extremismus für erledigt hält. Die Extremismustheorie ist daher, so bringt es Sören Pünjer auf den Punkt, „gegen ihre verfassungspatriotischen Liebhaber zu verteidigen“. Wohlgemerkt: gegen sie, denn auch die politische Mitte ist in Deutschland von den GRÜNEN und der SPD bis zur CDU/CSU von einem autoritären deutsch-ideologischen Demokratieverständnis durchdrungen. Die Extremismusforscher unterlassen es sträflicherweise, ihre Theorie auf sich selbst anzuwenden.
Aus der Sicht des ihn prägenden Staates ist der Begriff Extremismus allerdings allemal sinnvoll. Der Staat ist, mit Verlaub, nicht für die Förderung linker Projekte, sondern für deren Bekämpfung zuständig(9). Ein tiefer Widerspruch des INEX-Projektes tritt an dieser Stelle zu Tage: Man will zutiefst radikal sein und dafür vom Staat gefördert werden. Man will extrem sein, aber ja nicht so genannt werden. Man kämpft darum, vom Feind Number One als nett anerkannt zu werden und trotzdem radikal daher plappern zu dürfen.

5. Kapital, Staat und Arbeit – Verschärfung der gesellschaftlichen Widersprüche?

Auch beim Thematisieren der Hartz-IV-Gesetze kann INEX die konkrete Ausformung deutscher kapitalistischer Wirklichkeit nicht erfassen. Sie schreiben: „Durch die Hartz-IV-Gesetzgebung wurde die soziale Spaltung verschärft und Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit wurden verstärkt wahrnehmbar“ (Broschüre, S. 28). Wo es spannend werden könnte, klingt INEX so statisch wie TOP, der Gegenstandpunkt oder Michael Heinrich.
Hartz-IV ist eine kostenaufwendige staatliche Interventionsmaßnahme. Diese Gesetze zeigen die Kontinuität postfaschistischer Verhältnisse. Der Staat agiert mit ihnen erfolgreich gerade gegen eine soziale Spaltung. Der gesellschaftliche Antagonismus zwischen Lohnarbeit und Kapital hat sich mit diesen Gesetzen weder objektiv noch subjektiv verschärft. Niemandes Proletarität im Sinne eines revolutionären Klassenbewusstseins erwacht im Angesicht der Abschaffung des Rechtsanspruchs auf Sozialhilfe.
Stattdessen wird an den Staat appelliert, Arbeitsplätze zu schaffen, an das Kapital, das vorgeblich scheue Reh, auszubilden, einzustellen, zu investieren, sich nicht aus der Verantwortung zu ziehen (denn Eigentum verpflichtet, so steht es schon im Grundgesetz) und der ganze Kram. Das Hartz-IV-Gesetzespaket wird von Sarah Wagenknecht (Die LINKE) bis zu Holger Apfel (NPD) im Sinne eines volksgemeinschaftlich gedachten Sozialpaktes kritisiert. Wirft etwa die LINKE Guide Westerwelle vor, Klassenkampf von oben zu betreiben(10), so zielt diese Kritik implizit darauf, dass Westerwelle die Volksgemeinschaft untergraben würde, aber nicht auf ein erwachendes Klassenbewusstsein.
Hartz-IV steht nicht wesentlich für eine verschärfte Lohnknechtschaft, nicht für eine Intensivierung kapitalistischer Ausbeutung und nicht für eine Steigerung der Profitrate. Die Gesetze dienen primär der Zementierung von Herrschaft, sie zielen auf die Unterwerfung der (zukünftigen) Arbeitslosen unter staatliche Willkür, auf die Verbreitung von Angst und Schrecken durch Politik(11), was eine Zuspitzung der Ausbeutung, das massenhafte Herabdrücken der Löhne und die soziale Degradierung großer Bevölkerungsschichten nicht aus-, sondern explizit einschließt. Der Kern von Hartz-IV ist dies alles aber nicht, sondern viel schlimmer: Die Empfänger von staatlichen Transferleistungen werden unter Hartz-IV zu rechtlosen Wesen(12). Der Staat dieser Gesetze bedient im Neumannschen Sinne Momente des Behemoth – er schaltet die rechtliche Vermittlung zwischen Individuum und Gesellschaft aus(13).
Die Hartzgesetze drücken aus, worum es INEX gehen sollte, eine ‚deutsche Spezifik`. Nur liest man dazu nichts bei ihnen. Die Gruppe ist am schwächsten, wo im linken Diskurs ihre Stärken verortet werden. Ihr fehlt der Blick für die nationale Besonderheit Deutschlands, ein Verständnis von Ideologie, mithin ein Begriff vom Postfaschismus. Im Nationalsozialismus wurde der Gegensatz zwischen Lohnarbeit und Kapital unter Federführung des Staates eingeschmolzen. Letzterer entwickelte sich zu einem „Schutzpanzer“(14), der alle gesellschaftliche Gruppen in der totalitären Volksgemeinschaft integrierte. Alle rechtliche Vermittlung zwischen Individuen und Gesellschaft wurde ausgehebelt. Nach der militärischen Zerschlagung des Nazifaschismus wurde über dieser Gesellschaft ein Rechtsstaat installiert. Postfaschismus bedeutet, dass offener Faschismus nicht mehr nötig ist(15). Es reicht, das entsprechende Register zu ziehen, um den einst durch den Faschismus hergestellten Frieden erneut zu aktivieren. Mit Hartz-IV reagiert der postfaschistische Staates auf den ihn erfassenden Strudel der Krise.
Die Position der INEX zu Hartz-IV verkennt die postfaschistische Kontinuität. Ihr Blick auf die kapitalistische Gesellschaft ist statisch. Die kapitalistische Produktionsweise erscheint ihnen über alle Veränderungen hinweg als Gegensatz von Arbeit und Kapital, irgendwie vermittelt durch den Staat. Dran gepappt gibt es Ideologien samt ihrem „Eigenleben“. Außerdem ist das in Deutschland alles irgendwie anders, wegen Rassismus, Antisemitismus, autoritärem Nationalcharakter und so. Was das miteinander zu tun haben soll, bleibt großes INEX-Geheimnis. Die kapitalistische Gesellschaft ist keine stets gleiche Grundstruktur. Mehr als das es sich um verschleierte Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse handelt, lässt sich über sie nicht sagen. Wie diese erscheinen, unterliegt nicht nur historischem Wandel, sondern zielt direkt auf das Wesen dieser Gesellschaft.

6. Die gebrochenen Kontinuitäten Deutschlands

INEX bestreitet eine gelungene Modernisierung Deutschlands und will zeigen, dass hierzulande „Modernisierung eine gespaltene ist und dass sie noch immer keinen Grund liefert, sich von einer antideutschen Position zu verabschieden“ (Broschüre, S.3). Warum sollte sie? Gäbe es eine erfolgreiche Modernisierung, bestünde kein Grund für antideutsche Kritik, das ist die Crux, die diesen Ansatz so falsch macht.
INEX „stellen sowohl die vollkommene liberale Normalisierung als auch das Ereignis ‚Friedliche Revolution` in Frage“ (Broschüre, S.35). Für INEX ist undenkbar, dass die „vollkommene liberale Modernisierung“ der Grund für antideutsche Kritik sein könnte. Ist die Urteilskraft zu schwach, muss die Realität verbogen werden. Kann man den postfaschistischen Charakter der Modernisierung nicht erklären, macht man sich munter ans Zerpflücken gesellschaftlicher Zusammenhänge: „Die eigene Positionierung wird, angesichts einer Analyse, die weder die Kontinuität postnazistischer Elemente beiseite schiebt, noch kapitalistische Modernisierungstendenzen und Liberalisierungsprozesse leugnet oder feiert, zwangsläufig zur Gratwanderung. Linke Kritik und Politik mag das komplizierter machen. Doch die einfachen Antworten sind selten die besten“ (Broschüre, S.36). Einiges ist vom Nationalsozialismus laut INEX erhalten geblieben: Rassismus, Antisemitismus, autoritärer Charakter, Nazis auf den Straßen. Anderes wurde modernisiert. „Kritik“ macht eine derartige Zurechtstückelung der Wirklichkeit nicht „komplizierter“, sondern schlicht unmöglich. „Politik“ lässt sich damit trefflich betreiben. Man hat sich zu entscheiden: entweder Kritik oder Politik. „Politik“ jedweder Spielart, ganz besonders „linke“, ist nur als Gegenstand von Kritik tauglich.
Kontinuität und Wandel geht INEX schief an. Sie klatschen zusammen, was sie vordem eifrig zerpflückten. Von Dialektik weithin keine Spur. Aber gerade in den Brüchen der historischen Entwicklung vollzieht sich der Wandel. Man fragt sich bei der Lektüre: Wo ist die behauptete „Gratwanderung“? Dass man sowohl im Kapitalismus als auch in Deutschland lebt? Ich hätt`s fast vergessen. Die „Kontinuität postnazistischer Elemente“ verbirgt sich in den Modernisierungstendenzen. Das ist INEX wohl nicht kompliziert genug.
INEX kann die Modernisierung nicht als Kontinuität fassen. Deutschem Liberalismus fehlt jegliches Glücksversprechen. Er liefert den autoritären Staat gratis und ist postfaschistischer Neoliberalismus, mit dem Nazifaschismus als selbstverständlicher Grundlage. Happiness und wealth sind ihm so fremd wie Guido Westerwelle ein Grundrecht auf die soziale Hängematte.
Eine gründliche Modernisierung vollzog Deutschland bereits im Nationalsozialismus(16). Nichts Modernes war der Nazibarbarei fremd. Sie war Mythos auf hochmoderner Basis. Sein Fortleben vollzieht sich nicht gegen die Modernisierung, sondern in ihr und mit ihr.
Nicht nur ist der Bruch als Kontinuität, sondern auch die Kontinuität als Bruch zu fassen. Dass es immer noch Nazis, Rassismus, autoritäre Charaktere klassischen Zuschnitts und ewiggestrige Auschwitzleugner gibt, ist ein Bruch, der eine Kontinuität des deutschen Faschismus in ihrem Wirken behindert. Die modernisierte postfaschistische Gesellschaft schämt sich ihres Rassismus und der Nazis, sie ist durch und durch Multi-Kulti, Antira und kosmopolitisch, aber nichts desto trotz oder besser: gerade deswegen: deutsch bis auf die Knochen. Wo nicht modern, ist sie nicht deutsch.

7. Kontinuität des Rassismus oder des Antirassismus?

Die Problematik von Kontinuität und Wandel zeigt sich besonders deutlich am Thema Rassismus. Es gibt auch heute noch Menschen, die aus der Hautfarbe oder anderen körperlichen Merkmalen intellektuelle und psychische Eigenschaften und daraus eine positive oder negative Diskriminierung ableiten – bestimmt nicht die autonomen Nationalisten, aber vielleicht die Dorfdeppen aus Schnurpsheim, jedenfalls keine gesellschaftlich relevanten Kräfte, so dass es auch nur im Ansatz legitimiert scheinen könnte, die Bundesrepublik als einen ‚rassistischen Staat` zu bezeichnen(17) und daraus auch noch eine Kontinuität zum Nationalsozialismus abzuleiten. In staatlichen Verlautbarungen finden wir (scheinbar) ganz Anderes als Rassismus: die Bundeszentrale für politische Bildung, Organ der postfaschistischen Gesellschaft, doziert in einem Arbeitsblatt für Schüler zur antirassistischen Bildungsarbeit: „Rassen gibt es nicht. Aber es gibt Rassismus.“ – Preisfrage: Wer verkörpert die Kontinuität und wer den Wandel: Bundeszentrale oder Schnurpsheim? Antirassismus oder Rassismus? Ist Schnurpsheim kontinuierlich deutsch, die Bundeszentrale liberal und demokratisch modernisiert?
Der Antirassismus steht in nazifaschistischer Kontinuität. Aber war nicht Nazideutschland mit seiner Judenverfolgung ein rassistischer Staat? Es handelte sich bei der nationalsozialistischen Gesellschaft um eine Krisenbewältigung in Form ihrer Ablenkung auf die angebliche ‚Gegenrasse`. Gegen den krisenhaften Zerfall proklamierten und praktizierten die Nazis das Zusammenschweißen der Deutschen zur arischen Rasse gegen das jüdische Feindbild. Daran ist nichts ‚rassistisch` und nichts ‚biopolitisch`(18). Die ‚Rassenforschung` der Nazis erklärt sich nicht aus Rassismus, sondern strikt aus Antisemitismus. Ohne Zweifel spielte der Rassismus im Nazifaschismus eine entscheidende Rolle. Es handelte sich allerdings bei ihm nicht um jene die Gesellschaft als solche konstituierende Ideologie. Diese Rolle kommt einzig dem Antisemitismus zu.
Der Nazifaschismus war im Kern nicht rassistisch, sondern antisemitisch und er trug auch wesentlich antirassistische Komponenten: Eine ihrem Ursprung nach aufklärerische, die Menschen zwar klassifizierende, hierarchisierende, aber sie damit immerhin als Menschen anerkennende Kategorie Rasse musste ihm Probleme bereiten. Dass alle Menschen sein sollen, war ihm zutiefst zuwider. Er erklärte sie daher, ganz wie die heutigen poststrukturalistischen Antirassisten, zu einem Produkt von Konstruktionsprozessen. Die Bezeichnung der Nazibarbarei als rassistisch ist verharmlosend, da sie den Naziunstaat samt seiner systematischen Ermordungspolitik auf eine Stufe etwa mit dem ehemaligen südafrikanischen Apartheitsregime oder der Ausgrenzung von Afroamerikanern in den Südstaaten der USA bis in die 60er Jahre stellt, und leugnet seine Kontinuität.

8. Eingreifendes Denken gegen deutsche Ideologie

Das Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen bei der Kritik kapitalistischer Verhältnisse ist zu erfassen. In den Worten von INEX klingt das so: Es geht darum „die konkrete Form und spezifische ideologische Verfasstheit zu verstehen und zu kritisieren“ (Broschüre, S. 3).
An der Bestimmung der Wendefeierlichkeiten als nationalistisch zeigt sich zunächst, dass INEX keinen Begriff vom Nationalismus vorzuweisen hat.
Zu Unrecht beschränkt INEX die antideutsche Kritik auf das staatliche Deutschland.
Ideologien spricht INEX ein Eigenleben vor der Gesellschaft zu. Aber die Gesellschaft in ihren tragenden Kategorien ist heute selber Ideologie.
INEX verkennt, dass die Extremismustheorie wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen links und rechts ausdrückt, insbesondere ein besonderes, deutsches Verständnis von Demokratie, das auf der Ausschaltung gesellschaftlicher Vermittlung gründet. Die Extremismustheorie ist vor ihren verfassungspatriotischen Freunden zu verteidigen (vgl. Sören Pünjer, a.a. O.) und gegen sie zu wenden.
Mit den Hartz-IV-Gesetzen zog die rot/grüne Bundesregierung ein typisches postfaschistisches Register. Sie stehen für gewaltförmige Integration und volksgemeinschaftliche Integration mittels Verbreitung von Angst und Schrecken durch Politik. Für INEX reduzieren sie sich klassisch marxistisch auf eine Zunahme der sozialen Spaltung und eine Verstärkung des Klassengegensatzes, und ein weiteres Mal scheitert die Gruppe am Aufzeigen postfaschistischer Kontinuität.
Die fortwirkende nazifaschistische Kontinuität zeigt sich gerade am modernisierten Deutschland, welche die INEX einem anderen, faschistischer Tradition verhafteten Deutschland entgegensetzt. Für die Gruppe reduziert sich das besondere Deutsche letztlich auf archaische Überreste, die die Modernisierung überstanden haben. Damit em-pfiehlt sich INEX als Stichwortgeber der postfaschistischen Modernisierung Deutschlands.
Weder ist Deutschland ein rassistischer Staat, noch gar zeigt sich darin eine Kontinuität zum Nazifaschismus. Der Nationalsozialismus hatte wesentlich antisemitischen Charakter. Ihn als rassistisch zu bezeichnen ist ein zentrales Moment seiner Verkennung und Verharmlosung. Eine heutige Bezeichnung des Rassismus als angeblicher NS-Kontinuität führt zum Verkennen der nazifaschistischen Verbrechen.

Die besondere deutsche Form kapitalistischer Vergesellschaftung besteht im Verinnerlichen von Staat und Kapital. Die Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft, durch die die Ware sowohl als Gebrauchswert wie auch als Wert, der Mensch sowohl als Individuum als auch auf Subjekt auftritt, treiben sie in die Krise. Deutsche Ideologie versucht diese Widersprüche real zu verschleiern.
Daher ist Ökonomiekritik nach Auschwitz Ideologiekritik. Die tragenden Formen der Ökonomie: Wert, abstrakte Arbeit, Geld und Kapital, erscheinen nach dem Nazifaschismus als sich selbst verschleiernde Ausdrücke gesellschaftlicher Verhältnisse.
Sie sind ideologisch, weil unter dem Banne des Werts wirklich von den Produkten abgesehen wird, denn der Wert ist eine gesellschaftlich erzeugte und praktisch wirksame Verallgemeinerung. Aber, und das ist entscheidend: Erst aus der Perspektive von Auschwitz zeigt sich sein ideologischer Charakter: In der liberal-kapitalistischen Produktionsweise wurde zwar bereits real von Individuen und Produkten abstrahiert, dabei aber die Spannung zwischen sinnlich existierendem Produkt bzw. sinnlichem Individuum einerseits und der gesellschaftlich hinter den Rücken und durch den Kopf der Akteure durchgeführten Abstraktion andererseits gerade ausgehalten. Der Tausch abstrahiert von den Individuen ohne sie verschwinden zu machen. Ja er bringt die Individuen und ihren Reichtum in der Abstraktion überhaupt erst als konkrete hervor! Ohne Wert kein Gebrauchswert und ohne bürgerliche Subjektivität keine Möglichkeit zur Entfaltung von Individualität. Erst nachdem die Produkte universal als Waren erschienen, konnten sie von den Menschen als solche gedacht werden, die als Gebrauchswerte prinzipiell allen Menschen zugänglich sein müssen. Erst die Subjektform des einzelnen Menschen machte es möglich, die Menschen grundsätzlich als Individuen anzusehen, ihnen die Perspektive „völliger Freiheit“ (Adorno, vers une musique informelle(19)) zu eröffnen.
Aus dieser liberalen, kapitalistischen entstand eine andere Gesellschaft. In diesem „Produktionsverhältnis des Todes“ (ISF) wurden die Menschen selbst zu Abstraktionen und das brachte die Wahrheit über diese Gesellschaft in schrecklichster Weise ans Tageslicht(20).
Vielen gilt deutscher Faschismus fälschlich als vormodern.(21) Bereits Nazideutschland war aber hochgradig moderne Konsequenz der kapitalistischen Gesellschaft(22). So wie der Liberalismus den mörderischen Staat als letzte Konsequenz in der Tasche zu stecken hat(23), ist der Nationalsozialismus die Vollstreckung der liberalen Ideologie. Hier spitzt sich zu, was dem Keime nach bereits vorhanden war. Der einfache Warentausch, die Grundformel fetischistischer Verkehrung: x Ware = y Ware B, das von Marx zur Gleichung zusammen gezurrte liberale Denken, ist Auschwitz in Keimform(24). Der nationalsozialistische Terror, das heißt: Gerade nicht der liberale Kapitalismus, ist der Vollzug des Fetischismus. Indem der Fetisch der Ware sich zum Fetischismus der gesamten Gesellschaft ausweitet, ist die Marxsche Kritik vollkommen bestätigt und zugleich glattweg widerlegt. Im Nationalsozialismus erfolgte die völlige Zertrümmerung aller in der bürgerlichen Gesellschaft naturgemäß gewachsenen Zusammenhänge, der Klassen, Nationen, Verbände und Familien, in die die Individuen, wie ungerecht und hierarchisch auch immer, eingebettet waren. Sie wurden aus den Zusammenhängen, in denen sie sich überhaupt erst zu Individuen formten, herausgerissen, dadurch vollends vereinzelt und als Individuen zerstört. Als aufgelöste und zertrümmerte, durch und durch vom Wert durchwirkte, wurden sie mit aller Gewalt und aufgrund freier Entscheidung in die Synthese der totalitären Volksgemeinschaft gepresst.
In der Krise schwand den bekennenden Deutschen der Boden unter den Füßen, das Schlimmste also, was Deutschen passieren kann. Dem steuerten sie entgegen, indem sie sich zur Identität der in sich homogenen Volksgemeinschaft zusammen zu schmieden versuchten, indem sie die Juden in den Tod schickten.(25)
Diese spezifisch deutsche Form kapitalistischer Vergesellschaftung ist universalisierbar und wurde universalisiert. Es besteht keine Veranlassung, sie als auf das staatliche Deutschland begrenzt zu erachten.

Eingreifendes Denken, also Kritik, zielt darauf, den totalitären Zusammenhang, der aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgegangen ist, aufzubrechen. Kritik in diesem Sinne ist das explizite Gegenteil von Politik. Sie will niemanden zu irgendetwas ‚mobilisieren`, sondern ist bestrebt beim Einzelnen Erfahrungen freizusprengen, was eher noch einer Demobilisierung gleichkommt. Sie möchte mit einem Denken, dass so abstrakt wie möglich ist, Zugang zu verschütteten Gefühlen eröffnen, die so konkret wie möglich sind. Sie redet in verschwurbelten Begriffen wie Wert- und Subjektform und hofft damit darauf, erfahrene Angst anzusprechen. Sie zielt auf Leiden, die erlebt wurden etwa bei der teils erzwungenen teils freiwilligen Eingliederung in Kollektive, bei dem Gefühl, dass das eigene Leben ungenutzt und unbefriedigt vorbeistreicht und irgendwann vorbei ist oder bei der Ausgrenzung von gesellschaftlichem Reichtum. In diesem Sinne ist sie bestrebt, der Kunst verwandter zu sein als der Politik oder der Wissenschaft.

Martin Dornis

Sonnenblumen

Anmerkungen

(1) Die Broschüre von INEX kann man hier lesen: http://inex.blogsport.de/2009/10/03/nie-wieder-revolution-fuer-deutschland-unserstatement-zum-gedenkjahr/ Alle Zitate in „doppelten“ Anführungszeichen stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus dieser Broschüre.Die Argumentation der TOP wird in diesem Text allerdings nicht weiter verfolgt, da ich mich in meiner Kritik auf INEX beschränken möchte. Wen es interessiert, der mache sich kundig: http://www.top-berlin.net/

(2) Nationalismus ist keinesfalls prinzipiell das Bekenntnis zu einer Nation. Letztere geht Ersterem in jedem Falle historisch voran. Nationalismus meint eine völkisch-biologistische Sicht auf die Nation, verbunden mit imperialen Sehnsüchten nach territorialer Erweiterung sowie Hass und Aggression auf Angehörige anderer Nationen. Nationalistisch wäre etwa das Einfordern eines großdeutschen Staates in den Grenzen von 1936.Von derartigen Gedanken und Gefühlen waren die Veranstaltungen im letzten Herbst nicht motiviert.

(3) Vgl. hierzu auch: Sören Pünjer: Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. In Bonjour Tristesse #9.

(4) Johannes Knauss: Zwischen Skylla und Charybdis. In CEE IEH #172, S.48.

(5) Vgl. ebd.

(6) Vgl. Friedrich Pollock: Ist der Nationalsozialismus eine neue Ordnung?, in: Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftlicher Planung im Kapitalismus – Band 3, s`Gravenhage 1973.

(7) Vgl. hierzu: Sören Pünjer, a.a.O.

(8) Das ist kein ‚Rechtsstaathype`, wie sich zynischerweise vermuten ließe. Vielmehr geht es um die Verteidigung dessen, was die Bedingungen der Möglichkeit des Kommunismus genannt wurde. Zynisch ist die Unterstellung, weil sie zumeist Leute äußern, die sich für die Sache des Kommunismus den feuchten Kehricht interessieren, von Leuten, die besten Falls als linke Zivilgesellschaftler, Radikaldemokraten oder ähnliches durchgehen können.

(9) vgl. INEX: Gemeinsam gegen jeden Extremismus? Nicht mit uns. In: CEE IEH #174.

(10) Vgl. hierzu: http://www.zeitong.de/ng/da/2010/02/15/linkspartei-wirft-westerwelle-klassenkampf-von-oen-vor/

(11) Und das ist ihre Aufgabe. Aber INEX schreibt unters jüngstes Flugblatt sinngemäß: ‚Für das Politische'.

(12) vgl. hierzu: Frank Rentschler: Der Zwang zur Selbstunterwerfung. In: Exit #1.

(13) vgl. Franz Neumann: Behemoth, Struktur und Praxis des Nationalsozialismus. Frankfurt 1984.

(14) vgl. Hans Langerhans: Staatssubjekt Kapital, Halle/ Saale 2004

(15) Was nicht bedeutet, dass er ausgeschlossen ist.

(16) Vgl. Franz Neumann, a.a.O.

(17) Die menschenverachtende deutsche Asylpolitik erklärt sich nicht rassistisch, sondern politisch-ökonomisch, Rassismus heißt eben nicht Ausgrenzung. Darauf machte Hannes Gießler in diesem Heft (#169) aufmerksam und wurde von den Antirassisten als Menschenfeind verunglimpft. Allein die Unmenschlichkeit steht auf Seiten dieser Denunzianten, die mit ihrer Unterstellung, die Bundesrepublik sei ein rassistischer Staat, sowohl die Barbarei des Nazifaschismus relativieren: weil sie damit eine Identität von Staat und Gesellschaft unterstellen, die im Nationalsozialismus allerdings durchgesetzt war, aber heute angesichts rechtlicher und parlamentarischer Vermittlung gerade nicht gegeben ist, die unmenschliche Asylpolitik entwirklichen, tatsächlichen Rassismus verharmlosen, jeglichen Begriff von der kapitalistische Gesellschaft unmöglich machen und damit die Kritik am Umschlagen dieser Gesellschaft in die Barbarei verhindern. Der Antirassismus ist einer der gefährlichsten Bastionen des Antihumanismus innerhalb der Linken.

(18) Vgl. Giorgio Agamben: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt 2002.

(19) In Theodor W. Adorno: Musikalische Schriften, Band 3, GS 16.

(20) Vgl. dazu meinen Text im nächsten Heft: Einführung in die Kritische Theorie.

(21) Auch bei INEX klingt das so durch, wenn sie in ihrer Broschüre die Nazikontinuität einer Liberalisierung und Demokratisierung Deutschlands entgegenhalten zu können glauben.

(22) Vgl. Herbert Marcuse: Der Kampf gegen den Liberalismus in der totalitären Staatsauffassung.

(23) Deshalb ist es eine grundsätzlich falsche Konsequenz aus Auschwitz Liberaler sein zu wollen. Richtig ist es als Kommunist den Liberalismus gegen seine totalitäre Konsequenz zu verteidigen, was aber auch heißt, ihn als solchen abzulehnen und anzugreifen.

(24) Nach Marx ist die Anatomie des Menschen der Schlüssel zu der des Affen (Karl Marx: Einleitung in die Kritik der politischen Ökonomie, in: Grundrisse, Berlin 1953, S. 26). Das heißt vor allen Dingen: nicht umgekehrt: Niemand vermag aus dem Affen den Menschen zu erklären. Aus dem Affen hätte evolutionsgeschichtlich alles Mögliche entstehen können, der Mensch, so wie er heute ist, aber konnte nur aus dem Affen hervorgehen. Nicht ging aus dem Warentausch logisch der Massenmord hervor, sondern rückblickend betrachtet erweist er sich als Keim jener totalen Nivellierung des Individuums, welches er erst hervorbrachte. An den emanzipatorischen Seiten des Warentauschs ist gegen seine faschistischen Konsequenzen festzuhalten. Daher ist das Diktum, der Warentausch sei Auschwitz in Keimform, auch nicht deterministisch, fatalistisch oder pessimistisch zu verstehen. Auch ist Keimform eben Keimform und nicht ausgewickelte Sache selbst. Der Liberalismus wird erst dann zum Faschismus, wenn er sich zu seiner eigenen Formel zusammen zurrt. Er schlägt in sein Gegenteil um, wenn er ganz er selbst ist. Das muss er nicht zwangsläufig. Die Frage lautet nicht, warum er es in Deutschland getan hat und heute im Islam tut, sondern warum er es in den USA bisher nicht getan hat und in Israel niemals tun wird.

(25) Entgegen einem häufigen Missverständnis bedeutet dies nicht, dass der nazifaschistische Mord an den Jüdinnen und Juden für die Deutschen lediglich ein Mittel zum Zweck war. Im Gegenteil: Der Massenmord wurde von seinen Vollstrecker als Zweck angesehen. Mehr noch: Gerade weil er für die Mörder nichts als Zweck war, konnte er der Integration der Deutschen zur völkischen Mördergemeinschaft dienen.

 

22.04.2010
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