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Musik for the masses?

Seit geraumer Zeit sehen wir uns in der Leipziger Clublandschaft einer Entwicklung ausgesetzt, die eigentlich musikalischen (und außerdem weitestgehend kulturellen) Idiotenklubs wie Moritzbastei oder naTo zumindest beachtenswertes serviert. In der naTo läuft die „Jazzblind“-Reihe und in der MB „Mixing Society“, die sich am breiten Backkatalog der Club-Dance-Music versuchen. Desweiteren laufen in Clubs wie Mühlstraße, EX-Victo Jara oder gar Beyerhaus ähnliche Geschichten in etwas kleinerem Maßstab.Die dummdreiste Lüge von der „Partyhauptstadt des Ostens“, die Leipzig angeblich ist, könnte also, nähme man nur die Fakten der Veranstaltungen als solche, gar keine sein. Doch sie bleibt es.
Die Kuckuckseier, die da in die Strukturen der oben erwähnten Clubs gelegt werden, sind gefährlich. Sie sind es deshalb, weil dort Musik als der Soundtrack zu TEMPO, WIENER oder MAX verstanden wird. Zeitgeistkacke, die Bewußtsein als Meterware zum Konsumieren pfeil bietet und den Nerv für die Feinheiten des Ganzen abtötet. Der Versuch der Sterilisation ganzer Musikgenres, d.h., die Gefügigmachung für den Massengeschmack bedeutet nichts anderes als deren Overkill.
Es darf nicht sein, daß die Strukturen, aus denen das Clubmovement entspringt, eine Trennung zwischen meinetwegen Betreibern und Veranstaltern so sehr als gegeben hinnimmt, daß da eigentlich gar nichts, aber wirklich gar nichts zusammengeht. Natürlich ist es schwierig, entsprechende Locations gegebenenfalls gar aus dem Boden stampfen zu müssen, und die Versuchung, sich ins gemachte Nest zu setzen, mehr als natürlich.
Die Konsequenzen jedoch sind verheerend. Spekulationen, den kulturellen Horizont oder Ansatz durch Unterwanderung verschieben und verändern zu können, sind in aller Regel zum Scheitern verurteilt. Schon deshalb, weil das Kräfteverhältnis innerhalb der jeweiligen Strukturen nicht paritätisch sein wird.
Einzigsten Ausweg stellt das Funktionieren im Kollektiv dar, das sich unter ganz bestimmten kulturellen Prämissen zusammenfindet. Beispiele in Leipzig sind da die Distillery und die Elastic und im größeren Maßstab das Conne Island. Und es könnten durchaus einige mehr sein, würden sich meinetwegen das Könich Heinz, die Lichtwirtschaft oder gar das ZORO in dieser Hinsicht öffnen und ein Profil (!) finden (wollen). Akzeptable Ansätze gab es auch in Plagwitz (BSE, Narcosis).
Doch die Initiative der Leute, die gemeinhin „Szene“ genannt werden, läßt viele Wünsche offen. Aus unerklärlichen Gründen rennt man lieber in die naTo oder MB, kotzt sich dort über die Blödheit der anwesenden Gäste aus (,was ja nun wirklich berechtigt ist,) und zieht nicht die Konsequenz, sich von diesen Blödianen zu verabschieden.
Sicherlich gibt es im kulturellen Verständnis hier in Leipzig einen Berg von Defiziten. Auch befördert durch, sagen wir, beispielsweise Donis (in Leipzig geschätzt und respektiert für seine Kenntnisse im Metier Musik), der sich nicht der Verantwortung stellt, genauer zu hinterfragen, was er da manchmal schon penetrant via Turntable auf die Masse schleudert. (Von seinem Part bei T.A.M. ganz zu schweigen.) Doch des Rätsels Lösung liegt nun mal im Auferstehen „eigener“ Clubs und nicht im Eindringen in falsche Gefilde. Die Frage des Niveaus muß komplex gestellt werden. Sie darf sich nicht auf die „Freude beim Auflegen“ beschränken. Und sicherlich ist es auch eine Frage der Politik, ob ich die Massen dort abholen will, wo sie stehen oder ob man verlangt, daß sie gefälligst zu einem kommen. Mit der Konsequenz, daß einige fernbleiben. Ralf

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last modified: 28.3.2007