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Gewalt gegen Frauen im Nationalsozialismus und ihre Rolle im Erinnerungsdiskurs

Veranstaltungsreihe vom AFBL

Sexzwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern

Vortrag und Diskussion mit Christa Paul
07.02.08, 19:30 Uhr
Conne Island, Koburger Str. 3

Zwangsarbeiterinnen in Ravensbrück

Lesung und Filmmaterial mit Loretta Walz
21.02.08, 19:30 Uhr
Conne Island, Koburger Str. 3

Die Frauen von Ravensbrück

Dokumentarfilm von Loretta Walz
26.02.08, 20:00 Uhr
UT Connewitz, Wofgang-Heinze-Str. 12a

Vergewaltigung im deutschen Opferdiskurs

Vortrag und Diskussion mit Regina Mühlhäuser
18.03.08, 19:30 Uhr
Conne Island, Koburger Str. 3
In den Veranstaltungen werden verschiedene Aspekte von Gewalt gegen Frauen im NS diskutiert und das Verhältnis von Tabuisierung und Instrumentalisierung geschlechtsspezifischer Gewalt im Erinnerungsdiskurs über den NS ausgeleuchtet.
Die Wahrnehmung, Beschreibung und Repräsentation der nationalsozialistischen Vertreibungs- und Vernichtungspolitik im kollektiven Gedächtnis werden auch durch Geschlechterkonstruktionen strukturiert.
Vorstellungen und Hierarchisierungen von „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ führen nicht selten dazu, bestimmten Erfahrungen und Erinnerungen einen nur marginalen, wenn nicht gar keinen Platz im Gedenken zuzuweisen. So bleiben geschlechtsspezifische Aspekte der Verfolgung und Diskriminierung von Frauen weitestgehend unerforscht.
Die Bezugnahme auf geschlechtsspezifische Aspekte im aktuellen deutschen Erinnerungsdiskurs ist äußerst ambivalent. Auf der einen Seite steht hier die Verschränkung von Tabuisierung sexualisierter Gewalt im Erinnerungsdiskurs und der Tabuisierung individueller Gewalterfahrung von den betroffenen Frauen, z.B. in der Debatte um Entschädigungszahlungen. Auf der anderen Seite erfolgt eine Instrumentalisierung geschlechtsspezifischer Gewalt für ein nationales Erinnerungskollektiv, wie sich in der starken Bezugnahme auf Vergewaltigungen durch Angehörige der Roten Armee im deutschen Opferdiskurs feststellen lässt.

Sexzwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern

Vortrag und Diskussion mit Christa Paul
07.02.08, Conne Island, 19:30 Uhr

Kriminalisierung, Kasernierung und Verfolgung von Prostituierten waren die eine Seite nationalsozialistischer Politik. Die andere Seite war die von staatlichen Institutionen initiierte Errichtung eines Netzes von Bordellen unterschiedlicher Kategorien: Bordelle für Wehrmachtsangehörige, Bordelle für Fremd- und Zwangsarbeiter und Bordelle für Häftlinge in Konzentrationslagern.
In den Bordellen für Häftlinge der Konzentrationslager mussten Frauen aus den Konzentrationslagern Ravensbrück und Auschwitz-Birkenau arbeiten. Sie hofften auf eine in Aussicht gestellte Entlassung aus den Konzentrationslagern oder auf bessere Überlebensbedingungen im Konzentrationslager.
Die staatlich errichteten Bordelle waren Teil des nationalsozialistischen Terrors und Teil der Geschichte sexualisierter Gewalt an Frauen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die staatlich errichteten Bordelle tabuisiert. Dadurch konnten die Frauen, die in den Bordellen arbeiten mussten, ihre Erfahrungen nirgendwo erwähnt finden. Nur vereinzelt sprechen Frauen über ihre Zeit in einem KZ-Bordell. Die meisten Frauen schwiegen, weil es sexualisierte Gewalt war, die sie erlitten, und weil sie befürchteten, diskriminiert zu werden. Der Bericht einer Frau, die in einem KZ-Bordell arbeiten musste, wird vorgestellt. Beleuchtet wird auch die Entschädigungspolitik, insbesondere in Hinblick auf ihre Bedeutung für das Schweigen über die Lagerbordelle.

Christa Paul ist Autorin des Buchs „Zwangsprostitution: Staatlich errichtete Bordelle im Nationalsozialismus“.

Zwangsarbeiterinnen in Ravensbrück

Lesung und Filmmaterial mit Loretta Walz
21.02.08, Conne Island, 19:30 Uhr

In einer Mischung aus Lesung und Filmausschnitten stellt Loretta Walz Überlebende des Frauen-KZs Ravensbrück vor. In diesem Lager nördlich von Berlin waren über 130.000 Frauen und Kinder inhaftiert. Zehntausende wurden systematisch ermordet oder starben auf Grund der Lagerbedingungen.
Die meisten der Überlebenden haben nie von der Schreckenswelt des Konzentrationslagers gesprochen. Gegen Hunger, Tod und Verzweiflung täglich neu ums Überleben zu kämpfen, schließlich mit der Erinnerung an die tiefste Erniedrigung weiterzuleben – jahrzehntelang wollte es niemand wissen.
Loretta Walz befragt in Ihrem Buch „Und dann kommst du dahin an einem schönen Sommertag“ Überlebende nach ihrem ganzen Leben, nicht nur den Jahren in Ravensbrück.
Neben der Arbeit der Referentin und ihren Erfahrungen bei den Interviews wird der Schwerpunkte der Veranstaltung auf Inhaftierte als Zwangsarbeiterinnen in den SS-Werkstätten und Siemenswerken liegen.

Loretta Walz ist Autorin und Regisseurin. Sie beschäftigt sich seit 1980 mit den Lebensgeschichten von Überlebenden aus Ravensbrück. Insgesamt führte sie 200 Interviews

Die Frauen von Ravensbrück

Dokumentarfilm von Loretta Walz
26.02.08 UT Connewitz, 20:00 Uhr
Regie: Loretta Walz, Buch: Loretta Walz & Thomas Walther, Musik: Jens Uwe Bartholomäus, D, 2005 90 min.

„Die Frauen von Ravensbrück“ ist der erste umfassende Dokumentarfilm über das größte Frauen-Konzentrationslager der NS-Geschichte.

Vergewaltigung im deutschen Opferdiskurs

Vortrag und Diskussion mit Regina Mühlhäuser
18.03.08, Conne Island, 19:30 Uhr

Regina Mühlhäuser diskutiert die Bedeutungen sexueller Gewalt durch alliierte, insbesondere sowjetische Soldaten in den Erinnerungsdiskursen in beiden Teilen Deutschlands und nach 1990. Dabei geht es auch um Vergewaltigungen durch Wehrmachtssoldaten, die bis heute ein Tabu darstellen.
In aktuellen Debatten – z.B. über den ARD-Zweiteiler „Die Flucht“ oder das Tagebuch „Eine Frau in Berlin“ – ist oft zu hören, sexuelle Gewalt durch Soldaten der Roten Armee sei bis jetzt ein Tabuthema gewesen. Für die Nachkriegsgeschichte der DDR kann man dies sagen. Ein Blick auf die BRD zeigt jedoch, dass die Vergewaltigungen ab den 1950er Jahren zur Metapher wurden, um Deutschland als „Opfer der Russen“ zu stilisieren. Darin kamen die konkreten Gewalterfahrungen von Frauen allerdings nicht vor. Die Vergewaltigungen wurden als nationale Erfahrung entsexualisiert. Frauenorganisationen, die dies als Mangel thematisieren, landen schnell auf der Seite der Vertriebenenverbände. Die Referentin diskutiert außerdem, auf welche Weise sich betroffene Frauen dazu äußern, und wie im Laufe der autobiografischen Erzählung der Konflikt zwischen Zeitzeuginnenschaft und Erinnerungskultur an Reibung gewinnt.

Regina Mühlhäuser ist Mitglied der AG „Krieg & Geschlecht“ am Hamburger Institut für Sozialforschung. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Sexuelle Gewalt im Krieg sowie Gender und Sexualität im Nationalsozialismus.


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last modified: 22.1.2008