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Von wegen: Maßlosigkeit der Gewerkschaften |
Die nötigsten Anmerkungen zum (unterbliebenen) Arbeitskampf der Lokführer1. Was darf ein Streik wollen?Der Ablauf ist der Tagespresse entnommen und schnell erzählt: Das Nürnberger Arbeitsgericht hat der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) die Anwendung von Arbeitskampfmaßnahmen bis Ende September untersagt, nachdem für den 9. August ein vierstündiger Streik im Güterverkehr angekündigt worden war. Zuvor sprachen sich über 95 Prozent der rund 12.000 Gewerkschaftsmitglieder für einen Streik aus, die GDL wollte einen flächendeckenden Arbeitskampf führen. Schon seit Dezember 2006 versucht die Deutsche Bahn AG, Arbeitskampfmaßnahmen ihrer Angestellten gerichtlich durch Feststellungsklagen und einstweilige Verfügungen zu unterbinden erfolgreich, von Warnstreiks abgesehen. Grund für den Konflikt ist die Forderung der GDL nach einem mit deutlichen Lohnerhöhungen verbundenen eigenständigen Tarifvertrag für Lokführer der Bahn und das restliche Fahrpersonal. Die Bahn dagegen besteht auf Tarifeinheit, also den Einstieg der GDL in den mit den beiden anderen Bahn-Gewerkschaften Transnet und der Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamter und Anwärter (GDBA) Anfang Juli getroffenen Tarifabschluss, der jedoch nur eine Lohnerhöhung von 4,5 Prozent bedeutet. Das Verbot der Streiks erfolgte mit der Begründung, dass der deutschen Volkswirtschaft zur Hauptreisezeit ja ein enormer Schaden entstünde, wenn die Lokführer streiken sollten. (STERN-Online) Die Presse urteilte zusätzlich, die GDL sei von einer Maßlosigkeit getrieben, wegen der Deutschland ein Schienenchaos drohe. (Die WELT) Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung wurde mit seiner Befürchtung zitiert, es werfe kein gutes Bild auf die Bundesrepublik, wenn Urlaubern die Ferien dadurch vermiest werden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) warf ein: Solidarität kann nicht heißen, dass einzelne Berufsgruppen, die glauben, eine wichtige strategische Funktion zu haben, ihre Einzelinteressen durchsetzen. Dadurch würden Begehrlichkeiten geweckt und das in Deutschland ja durchaus sehr sensibel austarierte Tarifvertragssystem ernsthaft in Gefahr gebracht werden. (SPIEGEL-Online) So gaben Bahn, demokratische Öffentlichkeit und Gewerkschaften im Klartext zu verstehen:
2. Was will eine Gewerkschaft dürfen? Gewerkschaftliche Arbeit, wie überhaupt jeder Versuch, seine Interessen als Lohnabhängiger durchzusetzen, ist von vornherein vor objektive Widersprüche gestellt:
Umgekehrt: nur solche Forderungen sind angesagt, die nicht von denen von Wirtschaft und Nation abweichen und die nicht drohen, eine Abweichung z.B. durch einen tatsächlich erfolgreichen Streik zu produzieren. Im Zweifelsfall sind also statt der ökonomischen die eigenen Interessen durchzustreichen. Wie das praktisch funktioniert, weiß jeder anständige, nationalistische Demokrat und damit auch fast jeder Proletarier, den statt der nächsten Lohn-, Hartz IV- und BAföG-Kürzung im Einklang mit der Presse und Politik nur Sorgen um die deutsche und europäische Volkswirtschaft plagen. Es wundert daher nicht: Parteigänger dieser Gesellschaft zu sein ist die Grundbedingung einer gewerkschaftlichen Arbeit, die sich mit Erfolgen in ihrem konformen Unterfangen brüsten kann: Bescheidenheit. 3. Was begehrt ein Klassenkampf? Einem Klassenkampf, dem es nicht um den Erhalt von Arbeitsplätzen, sondern um eine Änderung der materiellen Stellung im Produktionsprozess zu tun ist, der also früher oder später darauf stoßen könnte, dass er diese Stellung sowieso nur erreichen und auf Dauer stellen kann, indem die Ökonomie dem Zweck, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, untergeordnet wird; indem er dabei ganz bewusst eine Begehrlichkeit gegen die staatliche Herrschaft und das aufgeherrschte Eigentum propagiert, ist damit wirksam vorgebeugt. Und der zwar zynische, aber wirklich gerechte Lohn für so viel Mitmachen ist, dass sich niemand beispielsweise über verspätete Züge ärgern muss. Die Gewerkschaften haben diese Logik nicht einfach durchschaut, sondern sie teilen sie voll und ganz und sie werben unter ihrer Klientel für ein Zurechtkommen mit den Verhältnissen und dem Gerichtsentscheid, der ihnen ihre Interessen verwehrt. Das ist beispielhaft für hiesige Verhältnisse: Das Ende vom Telekom-Streik war die Erfolgsmeldung der Gewerkschaft, eine einvernehmliche Einigung mit dem Arbeitgeber erzielt zu haben: weniger Lohn und mehr Arbeitszeit. Der Telekom-Konzern erreichte damit seine Personalsparziele und die Angestellten dürfen sich über den Erhalt ihrer Arbeitsplätze freuen, deren Outsourcing in einigen Jahren dennoch ansteht. Allerdings: Die Tatsache der Verrechtung des gewerkschaftlichen Verteilungskampfes ist kein Argument gegen Klassenkampf; denn damit ist umgekehrt gezeigt, dass die Notwendigkeit der rechtsförmigen Integration der Interessen der Lohnabhängigen auf einen vorangehenden Interessengegensatz hinweist, dessen Austragung Klassenkampf zu nennen wäre, dessen Unterbleiben aber die weitere Benutzung der Lohnabhängigen für den Reichtum des Kapitals und die Macht des Staates fortsichert. Eines lehren all diese gewerkschaftlichen Erfolge: die Frage von Kapitalismus oder Revolution entscheidet sich nicht zwischen Lohnstreik und Lohnverzicht, sondern sie stellt sich frühestens, aber dann wirklich, wenn die Lohnarbeitenden und die disponiblen Manövriermassen ihren nationalistischen Gehorsam aufkündigen, sie also bewusst aufhören, als Mittel kapitalistischer Akkumulation zu fungieren und bürgerliche Subjekte, marginalisiertes Menschenmaterial zu sein. Das geschieht nicht von alleine, sondern ist als Gegenstand einer vernünftigen Agitation Aufgabe derer, die sich abseits von Uni-Seminaren kritische Argumente gegen die Klassengesellschaft zurechtlegen, denen Was tun? nicht als rhetorische Frage unterkommt und die mit Klassenkampf keinen Un-Begriff vor sich sehen, sondern die richtigen Schlüsse ziehen und sich die nötigen Mittel zusammensuchen, den Laden auseinander zu nehmen. Freunde der Sowjetmacht http://sowjet.x-berg.de |
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